Daniel Mack

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Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht heute um den Einsatz von Mobiltelefonen, von Smartphones und des Internets zur Information über Katastrophen und Gefahren. Das ist eine im Grunde vernünftige und sinnvolle Sache. Deshalb sind auch wir GRÜNE dafür, Warnmeldungen über Mobilfunknetze zu verbreiten.
Der vorliegende Gesetzentwurf der amtierenden Regierungsfraktionen ist gut gemeint, denn er will dazu die Voraussetzungen schaffen. Gut gemeint ist aber nicht immer gut gemacht. Der schönste Warnservice nutzt nämlich nichts, wenn er keinen erreicht. Ich will das Beispiel Schwalm-Eder-Kreis nennen. Dort wurde das System KATWARN bereits installiert, und von den 200.000 Einwohnern des Kreises haben sich gerade einmal 4.000 für das System angemeldet – und zwar trotz einer aufwendigen Werbekampagne.
Nun gibt es Leute, die sagen: Das macht nichts, den Rest erledigt Twitter; die Leute werden die Meldung schon kopieren, posten und dann retweeten. – All das ist durchaus möglich. Aber bei aller Liebe zur digitalen Individualkommunikation und zu sozialen Netzwerken: Darin kann auch eine Gefahr liegen. Die unkontrollierte, ungeprüfte und ohne Weiteres manipulierbare grenzenlose Verbreitung von Katastrophenmeldungen ist durchaus geeignet, mehr als unerwünschte Nebenwirkungen auszulösen. In der Anhörung war von „Katastrophentourismus“ die Rede, und mir graut auch – einige der Anwesenden erinnern sich vielleicht noch an die Rundfunkausstrahlung von „The War of the Worlds“ von Orson Welles im Jahre 1938 –
vor Massenpanik weit über das ursprünglich betroffene Gebiet hinaus. Die exakte räumliche Begrenzung einer Katastrophenwarnung ist in einer solchen Struktur einer der heikelsten und wichtigsten Aspekte. Will man das nämlich den unkontrollierten Netzen überlassen, dann kann eben auch an der Stelle eine Unkontrollierbarkeit eintreten. Falls Sie also wirklich darauf bauen, Warnungen digital zu versenden, müssen Sie unbedingt sicherstellen, dass diese nicht ohne Weiteres verfälscht und über die betroffene Region hinaus gestreut werden können. Das ist aus meiner Sicht bei KATWARN nicht der Fall – ganz zu schweigen davon, dass auch die folgenden Aspekte ungelöst sind, wie uns das die Branddirektion der Stadt Frankfurt schön aufgelistet hat:
Erstens. Eine Alarmierung über Mobiltelefon muss ohne vorherige Notwendigkeit einer Registrierung in dem System möglich sein.
Zweitens.... Die Aussendung von „Massen-SMS“ ist ungeeignet, da bei der Aussendung mit dem sogenannten Silvestereffekt, also der stark verzögerten Aussendung der SMS, zu rechnen ist.
Drittens. Als räumliches Abgrenzungskriterium müssen die Zellen des Mobilfunknetzes dienen können....
Fünftens. Das Alarmsystem muss eine Schnittstelle zu den Systemen … des Bundes verfügen …
All das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, es kann aber durchaus Sinn machen, Twitter und soziale Netzwerke einzusetzen. Gerade hier ist Verlässlichkeit gefragt. Während bei der Warnung
vor Katastrophen über soziale Netzwerke die Gefahr von Fehlinformationen besteht, macht die Nutzung sozialer Netzwerke bei der nachträglichen Katastrophenhilfe durchaus Sinn. Das zeigt die Verwendung von Updates, Posts und Bildern in sozialen Netzwerken infolge der dramatischen Katastrophe durch den Taifun Haiyan. Durch das gezielte Auswerten und Filtern von Tweets und Bildern wurden von Hilfsorganisationen Karten erstellt, die eine Menge Informationen liefern konnten, wo Straßen versperrt, wo Ortschaften abgeschnitten, wo Straßen unpassierbar waren, wo die Stromversorgung unterbrochen war, wo Medikamente fehlten. Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, in der Katastrophenhilfe bietet das Netz Chancen. Was aber seine Nutzung als Kommunikationsmittel zur Warnung vor Gefährdungslagen betrifft, gibt es zu viele ungelöste Probleme.
Weil wir die grundsätzliche Intention dieses Gesetzentwurfs aber teilen, werden wir GRÜNE uns diesem Gesetzentwurf nicht in den Weg stellen, sondern uns der Stimme enthalten. Wir hoffen, dass die von mir skizzierten Hürden und Schwierigkeiten in Zukunft gelöst werden.
Gemäß dem Breitbandatlas, der Ende des Jahres 2012 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erstellt wurde, haben nur 15,8 % der Haushalte in Hessen in den ländlichen Gebieten einen Breitbandzugang mit mehr als 50 MBit/s, in halb städtisch geprägten Gebieten nur 40 %, während in städtischen Gebieten 83,7 % der Haushalte versorgt sind. Stimmen Sie mir zu, dass das Ziel der Landesregierung, bis zum Jahr 2014 75 % der Haushalte mit mehr als 50 MBit/s zu versorgen, gerade in den ländlichen und halb städtischen Gebieten verfehlt wird?
Herr Minister, warum haben Sie diese Äußerung nicht schon gestern gemacht?
Wir hatten eine Redezeit von 30 Minuten pro Fraktion, die auch für Sie galt. Was hat Sie gestern daran gehindert, solch schöne Äußerungen zu den Fanprojekten und zur Sicherheit im Stadion zu machen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenminister prahlt mit einer Regierungserklärung zum Thema Sport, um sich im Glanz anderer zu sonnen.
Eigenlob – wir alle wissen, wie es sich damit verhält. Denn gäbe es die olympische Disziplin „Untersuchungsausschüsse überleben, Postengeschachere und Planlosigkeit“ – diese Landesregierung hätte den Medaillenspiegel längst gewonnen.
Sie alle haben sicher auch die wichtigste und neueste Erfolgsmeldung der Landesregierung zum Thema Sport gestern gelesen. Ich zitiere:
Die Hessische Landesregierung hatte im Rahmen der Aktionswochen „Sport“, die unter dem Motto „Wir handeln: Sicherheit und Zukunft in der hessischen Sportpolitik“ stehen, beim Landessportbund getagt. … Dabei konnte sich der Ministerpräsident mit dem Weltklasse-Tischtennisspieler Timo Boll in einem packenden Spiel messen, und der Laufstil des Chefs der Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, wurde von der deutschen Rekordhalterin im Hochsprung, Ariane Friedrich, beispielhaft analysiert. Marco di Carli und Jan-Philip Glania, beides Teilnehmer an den Schwimmwettkämpfen der Olympischen Spiele 2012 in London, stellten den Kabinettmitgliedern Möglichkeiten der Schwimmtechnikverbesserungen mit modernen diagnostischen Möglichkeiten vor.
Meine Damen und Herren, wie peinlich ist das denn? Selbst wenn man den Ironiemodus einschaltet, muss man sich für so viel Promigeilheit und Namedropping ins Bodenlose fremdschämen.
Sehr geehrte Damen und Herren, Frau Wolff, wir alle sind erfreut über die Erfolge der hessischen Sportlerinnen und Sportler. Man ist immer gern bereit, sich mit den Erfolgreichen zu identifizieren, mit denen man zumindest einen kleinen gemeinsamen Nenner hat, sei es nur die Herkunft oder sei es die Residenz in der gleichen Region. De facto ist es aber deren Erfolg. Nehmen wir etwa die drei WM-Ti
tel des Heppenheimer Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel. Das ist kein Erfolg hessischer Sportpolitik, und ich hoffe, Sie bilden sich das auch nicht ein.
Umso mehr sollten wir uns über Siege und Titel freuen und müssen uns doch immer klarmachen: Wir sollten Erfolg nicht daran messen, wer Medaillen oder Titel gewinnt. Denn gerade im Sport gilt: Der Weg ist das Ziel.
Ein jeder, der sich selbst zu sportlicher Aktivität und Leistung überwindet, ist erfolgreich und verdient unsere Anerkennung. Denn Sport ist gut für jede und für jeden, weil sportliche Aktivität das Herz-Kreislauf-System und damit die Gesundheit in Schwung hält, weil sportliche Leistung uns zeigt, dass wir besser werden, etwas schaffen und Ziele erreichen können, wenn wir bereit sind, dafür zu arbeiten, und weil uns der sportliche Wettkampf Fairness und Respekt lehrt, auch wenn es manchmal schwerfällt.
Wegen dieser vielen positiven Aspekte des Sports ist es auch eine Aufgabe des Staates, den Sport zum Wohle der Bevölkerung zu fördern; denn der Sport hat auch gesellschaftliche Funktionen. Als Breitensport dient er der Gesundheit und der Bildung eines jeden Einzelnen, als Spitzensport schafft er Vorbilder und stiftet Identität, und als Massenveranstaltung ist er Kultur und Entertainment. Das sind ganz unterschiedliche Phänomene und Bereiche des Sports, die jeweils wichtige Bedeutung haben und die man dementsprechend auch mit spezifischen Ansätzen unterstützen muss.
Wir freuen uns sehr darüber, dass die erfolgreiche Sportfördergruppe der hessischen Polizei Athleten die Möglichkeit gibt, ihren Sport konsequent und erfolgreich auszuüben und das nicht nur mit einer beruflichen Qualifikation, sondern auch mit einer Karriere zu verbinden.
Meine Damen und Herren, das ist nicht mehr sehr vielen Spitzensportlern möglich und war früher auch anders. Aber seit die Leistungsdichte in der Spitze so enorm gestiegen ist und die Sporthilfe so erheblich gekürzt wurde, kann man an eine erfolgreiche Verbindung von Studium und Sport gar nicht mehr denken.
Fragen Sie einmal die hessische Leichtathletin und Olympiateilnehmerin Gesa Krause. Sie hat gerade in der „FAZ“ erklärt, dass sich die Anforderungen eines Bachelorstudiums mit Training und Wettkampf auf internationalem Spitzenniveau nicht erfolgreich vereinbaren lassen. Sie wird das Studium erst einmal aussetzen.
Leider ist der Job nicht alles; denn auch von anderen Olympiateilnehmern kann man ganz erhebliche Klagen hören. So ist insbesondere das Trainingszentrum der Leichtathleten einerseits überlastet und andererseits in einem so bedauernswerten Zustand, dass das Training wegen baulicher Mängel oft nicht möglich ist. Von dem in den Medien vermeldeten Nager-Befall in einer Frankfurter Hochsprunganlage will ich gar nicht weiter reden.
Ich will mir auch nicht vorstellen, wie Hochspringerin Ariane Friedrich im Winter ihre Läufe mit einer Berglampe absolviert, weil es für sie keine Sportanlage mit Flutlicht zum Trainieren gibt. Sie sagt, das sei mehr als blöd. Ich kann ihr dabei nur recht geben.
Leider nimmt man Hessen und den hessischen Sportminister aber generell nicht dort wahr, wo es um solche Interessen der Athleten geht, die nicht als Glanz von Medaillen auf ihn abstrahlen.
Hat irgendwer ein Wort von ihm gehört, als das Internationale Olympische Komitee beschlossen hat, die olympische Kernsportart Ringen aus seinem Programm zu streichen? Eine Sportart, die Regel und Kampf verbindet, die nicht nur fit hält, sondern deren Wurzeln europäische Identität bis in die Antike definieren? Eine Sportart, die Breitenund Spitzensport vorlebt? Herr Minister, haben Sie eine Vorstellung, wie viele Ringer es in Hessen gibt? Es sind über 7.000. Mehr als 7.000 Menschen, die trainieren, kämpfen, Wettkämpfe organisieren und ihr Vereinsleben pflegen, die wichtige Basis- und Integrationsarbeit leisten, obwohl ihr Sport in der medialen Wahrnehmung quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. 7.000 ist eine stattliche Zahl, und das ist Sport. Es wäre schön, wenn Sie als Sportminister zumindest eine Solidaritätsadresse an die hessischen Ringer gesendet hätten.
Nehmen wir ein anderes Thema: das Thema Doping. Das aktuelle System unangemeldeter Kontrollen außerhalb des Wettkampfs zu jeder vorstellbaren Tages- und Nachtzeit ist absolut unmenschlich. Dass sich Amateursportler einer permanenten Meldepflicht unterwerfen sollen, sich Eingriffe in die Intimsphäre und körperliche Integrität gefallen lassen müssen und der zuständige Minister – anders, als es etwa der Hessische Datenschutzbeauftragte tut – dieses System nicht einmal öffentlich kritisiert, zeigt, dass es Ihnen eigentlich nicht um die Athleten geht, sondern nur um deren Medaillen.
Gerade an dieser Stelle hätten Sie ansetzen können, Herr Minister. Das haben Sie aber nicht. Ich muss sagen, diese Landesregierung ist ein sportpolitischer Chancentod.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedauere es sehr, dass wir gerade einmal 30.000 € für Dopingprävention ausgeben. Diese Summe ist ein Witz; denn Prävention ist das Wichtigste, weswegen mehr Mittel in die Prävention investiert werden müssen. Hat dazu irgendwer einmal irgendetwas von dieser Landesregierung gehört? Wurde irgendetwas Innovatives getan, und sei es nur eine Kampagne gegen Doping und pro Fair Play? Immerhin wird der Keim des Dopings im Spitzensport bereits in der Jugend gelegt, wenn dort als einzig relevante Maßstäbe Siege und Bestleistungen gepredigt werden.
Meine Damen und Herren, die Fakten liegen auf dem Tisch. Laut einer aktuellen Studie der Stiftung Deutsche Sporthilfe haben 6 % der Sportlerinnen und Sportler in Deutschland zugegeben, regelmäßig Dopingmittel zu nehmen. 40 % der Befragten sind einer Antwort ausgewichen. Herr Minister, Sie sind beim Anti-Doping-Kampf in den Startblöcken stecken geblieben.
Was wir bräuchten, wäre eine Zukunftskonzeption für die Entwicklung von Sportstätten und Bewegungsräumen, in der der demografische Wandel und neue Formen der Bewegung und Bewegungskultur berücksichtigt werden, eine Konzeption, in der auch ökologische Fragen wie Klimawandel und Klimaschutz mit bedacht und vor allem auch entwickelt werden. Ganzheitliche Aspekte aber haben in Ihrem Politikverständnis bekanntlich wenig Platz – warum sollte es gerade beim Sport anders sein, wo man so schön Erfolge, Titel und Athleten zählen kann?
Doch auch im organisierten Breitensport muss man leider feststellen: Es ist so, dass einige der zentralen politischen Projekte dieser Landesregierung dem Breitensport in Hessen nicht helfen, sondern ihm Schaden zufügen.
Zum einen ist das die nicht überraschend vor dem Staatsgerichtshof beklagte Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs. Indem Sie die Mittel für die hessischen Gemeinden um rund 400 Millionen € reduzieren, verursachen Sie mittelbar einen katastrophalen Kahlschlag in den kommunalen Sportanlagen. Woher – der Kollege Rudolph hat es gesagt – sollen die anteiligen Gelder für deren Instandhaltung oder gar Ausbau kommen, wenn die Gemeinden gar nicht mehr in der Lage sind, überhaupt irgendwelche freiwilligen Leistungen zu erbringen?
Sportplätze und Räume für Sport sind aber für ganz viele und gerade für junge Menschen und speziell auch im ländlichen Raum von überragender Bedeutung, ganz besonders auch als kultureller und sozialer Ort.
Wo keine Sportplätze existieren, ist auch kein Sport möglich. Wenn ich mir die nächste sportpolitisch wirksame Maßnahme dieser Landesregierung anschaue, dann frage ich mich beinahe, ob hinter ihrer Politik nicht ein sportfeindlicher Plan steckt.
Frau Wolff, wenn Sie schon dafür sorgen, dass es für Kommunen so schwierig ist, Sportplätze zu erhalten, dann macht es keinen Sinn, dass es auch Sportler gibt; denn so existiert ein Mangel. Das ist genau das, was Ihre krachend gescheiterte Schulreform, bekannt unter dem Namen G 8, verursacht hat.
Eine Generation von Schülern hat keine Zeit mehr, sich im Sport zu engagieren – weder aktiv noch als Betreuerin oder Betreuer. Denn wer denselben Stoff in kürzerer Zeit bewältigen muss, der muss nicht nur nachmittags Unterricht besuchen, der muss auch erheblich mehr lernen – und das in jüngeren, aber sportlich entscheidenden Jahren. Wie die freiwilligen Leistungen der Kommunen bleiben bei den Kindern im Zweifel die freiwilligen Engagements insbesondere im Sportverein oder in der Musik auf der Strecke. – Meine Damen und Herren, G 8 war ein gigantischer Plan zur Vernichtung des Jugendlichensports.
Die Chance, schulische Nachmittagsangebote mit den Sportkreisen und -vereinen zu etablieren, sodass die Kinder wenigstens über solche die Möglichkeit haben, aktiv Sport zu treiben, hat Ihre Regierung auch nicht geschafft. Das haben Sie schön der lokalen Ebene überlassen: Wo es klappt, klappt es, und wo nicht – Pech gehabt.
Herr Minister, dass der Sport aber auch eine überragende soziale und ganz besonders integrierende Funktion hat, wissen Sie, das haben Sie gesagt. Dafür aber auch funktionierende Bedingungen zu schaffen, dazu sind Sie nicht bereit. Möglicherweise hat das viel weniger mit Ihnen selbst als vielmehr mit Ihrem Vorgänger, dem Herrn Ministerpräsidenten, zu tun.
Meine Damen und Herren, ich fiel fast vom Glauben ab, als Volker Bouffier der besten deutschen Fußballnationalmannschaft seit 20 Jahren – gespickt mit großartigen Spielern mit Migrationshintergrund – vorgeworfen hat, dass nicht alle die deutsche Nationalhymne singen würden bzw. nicht laut mitgesungen hätten.
Meine Damen und Herren, dass die siegreichen Spanier alle nicht laut mitgesungen haben, weil ihre Hymne gar keinen Text hat, das haben Sie wohl vergessen.
Ja, Herr Rhein, wir haben einen Text, wir haben einen Hymnentext. – Aber das war eine der unbedachtesten und gefährlichsten Aussagen, die ich je in diesem Zusammenhang von einem führenden Politiker einer demokratischen Partei gehört habe.
In dieser Mannschaft haben deutsche Spieler mit Migrationshintergrund wie Mesut Özil oder Sami Khedira herausragende Rollen. Sie spielen schönen und erfolgreichen Fußball für Deutschland, weil sie sich dafür entschieden haben, für Deutschland zu spielen.
Keiner hat sie dazu gezwungen, Herr Reif, im Gegenteil. Es gibt viele andere Spieler mit Migrationshintergrund, die ihren Eltern und Familien zuliebe für deren Herkunftsländer und eben nicht für Deutschland spielen. Mesut Özil ist aber der erste türkischstämmige Fußballer, der eine herausragende Rolle in der deutschen Nationalmannschaft spielt. Er wird nicht der letzte sein; denn da werden noch viele folgen. Aber nur dann, wenn wir ihnen zeigen und sagen, dass sie dazugehören, und sie eben nicht ausgrenzen.
Denn genau das tut Herr Bouffier, wenn er in der Hoffnung auf Zustimmung von rechts Spieler mit Migrationshintergrund kritisiert, die die deutsche Hymne nicht laut mitsingen. Sie sagen denen: Ihr gehört nicht dazu, wenn ihr nicht genau das macht, was wir so machen. – Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass Sie sich weiterhin gegen eine Mehrstaatlichkeit für junge Deutsche mit Migrationshintergrund wenden, damit jeder Doppelstaatler, der nicht aktiv für den
deutschen Pass optiert, ihn verliert. Deutsch auf Zeit bedeutet das, und Sie rufen den Özils und Khediras von morgen zu: Ihr gehört nicht dazu, geht doch dorthin, wo ihr herkommt.
Meine Damen und Herren, Herr Bellino, das ist keine Integrationspolitik. Das ist auch keine gute Sportpolitik. Aber tatsächlich ist das Ausdruck der Sportpolitik dieser ideenlosen Landesregierung von gestern.
Immerhin fallen hier Ihr unsägliches Gerede und Ihre Politik nicht auseinander; denn nichts liegt Ihnen ferner, als Integration im Sport zu fördern. Ich möchte hier ein paar Zahlen sprechen lassen.
In Hessen.
Die Gesamtaufwendungen der Hessischen Landesregierung für den Sport betrugen im Haushaltsjahr 2011 ca. 51 Millionen €.
Im Jahr 2012, Herr Bellino, waren es 48 Millionen € einschließlich der Aufwendungen anderer Ressorts, beispielsweise beim Kultusministerium für den Schulsport und beim Wissenschaftsministerium für den Hochschulsport.
Herr Bellino, von den 51 Millionen € wurden für besondere Programme, also Sport und Gesundheit, Soziales und Integration, ganze 600.000 € im Jahr 2011 zur Verfügung gestellt. Wenn man aus den Reihen der Regierung noch einmal hört, der Sport leiste einen wichtigen Beitrag zur Integration, weiß man nicht, ob man lachen oder ob man weinen soll.
Immerhin ist es bei denen, die sich kompetent mit Sport befassen, bekannt. Ich zitiere aus der öffentlichen Anhörung der Enquetekommission „Migration“ Herrn Frank Eser von der Sportjugend Hessen:
Um auf die Mittel zurückzukommen...: Das Programm „Integration durch Sport“ ist ein Bundesprogramm … und wird zu 100 % aus Mitteln des BMI gefördert. Die Mittel, die wir aus dem erhalten, was die Hessische Landesregierung für die Integration von Kindern und Jugendlichen bereitstellt, sind eher bescheiden – um nicht zu sagen: nicht vorhanden.
Aua.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich frage mich auch, wo die Kampagne des Landes Hessen gegen Homophobie im Sport ist.
Ich frage mich, wo diese Kampagne ist. Das fängt bei den Vorbildern im Spitzensport an; denn die Beispiele von sich outenden aktiven Sportlerinnen und Sportlern kann man an einer Hand abzählen. Zur Fußball-WM der Frauen im vorletzten Jahr wurde eine repräsentative Umfrage
wir wollen niemanden zwingen – veröffentlicht mit dem Ergebnis: 86 % ist es egal, ob eine Spielerin der deutschen Nationalmannschaft homosexuell ist. – Tatsächlich ist das auch Ausdruck der zeitgenössischen Fankultur, die Sie niemals als kreativen Teil des deutschen Sports erleben, sondern in Ihrer Panikmache nur als Sicherheitsrisiko wahrnehmen können, und der Sie mit den Mitteln des Zwangs begegnen statt mit Deeskalation und mit Mitteln des Dialogs.
Herr Müller, ich weiß, dass das nicht einfach ist. Aber ich weiß auch, dass die Kosten der Polizeieinsätze bei Profispielen in den vergangenen Jahren um 2,5 Millionen € gestiegen sind.
Ich weiß auch, dass ein Fanprojekt im Profifußball mindestens drei Personalstellen benötigt, aber dass die von Ihnen groß verkündete finanzielle Verbesserung der Fanprojekte dies nicht leistet, sondern ein Tropfen auf den heißen Stein ist.
Denn statt Prävention lassen Sie lieber Ganzkörperkontrollen durchführen, Intimkontrollen, bei denen nichts gefunden wird, stattdessen die Demütigung und Radikalisierung jugendlicher Fußballfans erreicht wird, wenn sie in Polizeizelten die Hosen runterlassen müssen.
Meine Damen und Herren, ich habe keine Lust, in der „Frankfurter Rundschau“ von Analkontrollen bei Fußballfans in Hessen lesen zu müssen.
Ich habe aus der „Frankfurter Rundschau“ zitiert, Frau Kollegin Lannert. – Wenn es darin steht, ist es ein sehr trauriger Fakt, obwohl in Wirklichkeit gerade einmal 1 % der Fußballfans überhaupt potenziell gewalttätig ist. Das ist 1 % zu viel, aber auch eine Quote, die beim Oktoberfest locker getoppt wird. Aber da ist die Hauptdiskussion bei Ihnen zur Sicherheit im Stadion.
Meine Damen und Herren, nichts gegen Meinungswettstreit – aber wo soll es nun in der hessischen Fanpolitik langgehen? Sind wir uns nicht einig, dass die 6,2 Millionen € für die Polizeieinsätze im Rahmen von Fußballspielen zu hoch sind? Wollen Sie diese noch einmal erhöhen, damit jetzt überall Zelte für Ihre Nacktuntersuchungen aufgestellt werden können?
Waren die Intimkontrollen in Darmstadt nur ein Test in der 3. Liga? Soll es das demnächst auch bei Spielen von Eintracht Frankfurt geben?
Meine Damen und Herren, damit es klar ist: Diskriminierung, Rechtsextremismus und Gewalt haben beim Fußball nichts zu suchen. Das Abschießen von Feuerwerkskörpern ist verboten, und Gewalt muss verfolgt werden, und zwar mit rechtsstaatlichen Mitteln.
Ja, Herr Bauer, mit entschlossener Polizeiarbeit ohne Kollektivstrafen. Dialog und Prävention müssen im Vordergrund stehen.
Man muss sich aufeinander zubewegen, um Gegensätze mittelfristig aufzubrechen. Herr Ministerpräsident – es ist schade, dass Sie nicht da sind –, Sie sagten in einem Interview des „Darmstädter Echos“ zur Fankultur,
man könne den Einsatz von Fußfesseln zur Vorbeugung diskutieren.
Damit stellen Sie Fußballfans auf eine Stufe mit verurteilten Verbrechern. Ich sage Ihnen: Hier wäre mehr Sachlichkeit angebracht. Weder Verharmlosung noch Dramatisierung hilft hier weiter. Das müssen Sie endlich einsehen.
Meine Damen und Herren, Herr Dr. Müller, wir lehnen eine überbordende Reglementierung für Fußballfans ab, da sie vor allem die ganz überwiegende Mehrheit friedlicher Besucher trifft. Durchgängige Leibesvisitationen und Nacktkontrollen sind unverhältnismäßig und nicht geeignet, die Sicherheit im Stadion objektiv zu erhöhen.
Das Zünden von Explosionskörpern und das verbotene Abbrennen bengalischer Feuer müssen individuell unterbunden und verfolgt werden.
Meine Damen und Herren, das sehen wir genauso wie die GdP. Typisch ist, dass sich die Landesregierung jetzt hinstellt und sich im Abglanz der großen Sportler Hessens sonnt. Sie hat inhaltlich auch wenig zu bieten, dessen sie sich rühmen könnte. Dass gestern gerade der Innenminister eine Pressemitteilung mit der lächerlichen Überschrift „Sicherheit und Zukunft in der hessischen Sportpolitik“ verschickt, ist wirklich komisch. Zum einen fragt man sich, ob Sie wirklich so ideenlos und verbraucht sind,
dass Sie jetzt sogar über eine Mitteilung zum Thema Sport groß „Sicherheit“ schreiben müssen. Ich frage mich, was das denn damit zu tun hat. Aber gut, es ist ja Wahljahr. Offenbar glauben Sie, durch die regelmäßige Wiederholung des Wortes Sicherheit gewinnen zu können. Herr Rhein, doch gerade bei Ihnen fragt man sich,
ob Sie nie aus Ihren Fehlern lernen. Sie haben erst vor Jahresfrist in Frankfurt genau mit diesem Mantra „Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit“ als Werbespruch eine krachende Niederlage erlebt,
weil Sie dort wie hier an den wahren Problemen der Menschen vorbeireden.
Genauso erleben wir Sie hier in der hessischen Sportpolitik. Sie reden an den wahren Problemen und Herausforderungen vorbei, weil Sie diejenigen sind, die schuld daran sind: am G-8-Debakel, an der Integrationspolitik und am finanziellen Ausbluten der Kommunen.
Herr Bauer, Hessen braucht neue Ideen und innovative Konzepte, um eine ganzheitliche Sportpolitik zum Erfolg zu führen. Von dieser Landesregierung ist es nicht zu erwarten. Die sonnt sich im Erfolg von anderen. Ihnen fällt dazu nichts ein. Ihr Eigenlob ist nicht weiter zu ertragen.
Meine Damen und Herren, sportlich ist bei dieser Landesregierung nur der Umgang mit den eigenen Fehlern und Versäumnissen, und das taktische Foul ist mittlerweile zur gängigen politischen Praxis geworden. Um es mit einem großen Strategen zu sagen: Schwarz-Gelb hat fertig – die Regierung ist schwach wie Flasche leer. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grausamen Wahrheiten zuerst. In Hessen findet Netzpolitik nicht statt.
CDU und FDP haben den digitalen Wandel entweder verschlafen oder keine Kraft, ihn zu gestalten.
Das dokumentiert überdeutlich Ihr Antrag, der eine technische Frage behandelt, die Sie politisch lösen wollen. Ich sage Ihnen: Die Frage nach dem Breitbandausbau ist eine politische Frage, die technisch gelöst werden muss. Gerade deshalb reicht es nicht aus, so zu tun, als könnten schon wirklich viele hessische Haushalte und Unternehmen auf breitbandiges Internet zurückgreifen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Wahrheit ist doch ganz anders. Das kann man auch sehen. Nur dann, wenn man die Definition der Hessischen Landesregierung benutzt, haben 99 % der Haushalte und Unternehmen in Hessen Breitbandzugang. Denn die Hessische Landesregierung glaubt immer noch, 1 Mbit/s sei schon so etwas wie eine Breitbandversorgung.
Das ist – das haben Sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drucks. 18/5992 ausgeführt –„die von der Landesregierung kommunizierte Grundversorgung“.
Herr Dr. Arnold, 1 Mbit/s ist keine Breitbandverbindung. Das ist ein Scherz, und zwar ein ziemlich schlechter.
Herr Kollege, mit dieser Geschwindigkeit wäre es nicht möglich, sich den Livestream dieser Debatte im Internet überhaupt flüssig anzuschauen.
Das ist so, als würde man von den vielfältigen Möglichkeiten eines Smartphone diskutieren und schwärmen und den Menschen dann Morseapparate anbieten.
Herr Kollege, Sie sprechen von maximalen Downloadraten. Das zeigt, dass Sie die wirtschaftliche Bedeutung der Thematik nicht verstanden haben oder dass Sie sie nicht verstehen wollen. Denn für die Wirtschaft zählt der Upstream. Wie hoch ist der denn bei 1 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit? Nicht mehr als 128 kbit. Versuchen Sie einmal, mit dieser Geschwindigkeit ein Urlaubsfoto zu verschicken.
Über die Kreativwirtschaft und IKT-Unternehmen – Sie haben es angesprochen – müssen wir da gar nicht reden.
Herr Kollege, was sagt der Digital Hub Frankfurt dazu? Heute in der „FAZ“: „Weniger als 10.000 Gebäude in der Rhein-Main-Region sind an Glasfasernetze angeschlossen, während es in Hongkong jedes Haus ist.“ Und das am größten Internetknoten der Welt.
Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, an der Frage des Breitbandausbaus entscheidet sich nicht nur die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit, sondern auch ganz erheblich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land.
Während Sie immer glauben, der Markt würde alles regeln, beweist der Ausbau des Breitbandes in Hessen genau das Gegenteil: Ihre Breitbandstrategie ist gescheitert.
Sie haben die digitale Spaltung zwischen Stadt und Land nicht überwunden, sondern, im Gegenteil, Sie haben sie verschärft. Sie hatten ein Ziel: Bis 2010 wollten Sie eine flächendeckende Versorgung gewährleisten; und das haben Sie nicht erreicht.
Jetzt setzten Sie sich ein neues Ziel: Bis 2014 sollen 75 % der Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s versorgt werden. Wir fragen uns an dieser Stelle ganz konkret: Was ist mit dem restlichen Viertel? – Vergessen Sie diese 25 % der Hessen?
Warum haben Sie keine Strategie für Breitband im ländlichen Raum?
Sie werden Ihre Ziele voraussichtlich nicht erreichen, und irgendwann müssen Sie einmal anerkennen, dass Sie ohne die Universaldienstverordnung nicht weiterkommen. Die Verordnung heißt nichts anderes, als dass jeder einen An
spruch auf einen Internetanschluss hat und die Anbieter eben ausbauen müssen. Ohne eine vernünftige Bandbreite ist Homeoffice – und das ist heute eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – genauso wenig möglich wie überhaupt die Direktvermarktung kleinerer Betriebe. Als Abgeordneter des Kreisverbandes Fulda wissen Sie, wovon ich spreche. Davon abgesehen, verlieren auch Grundstücke ohne Breitbandanschluss ihren Wert.
Ich möchte an der Stelle auch gern über aktuelle Zahlen sprechen. Wenn nur 10 % aller Haushalte in ländlich geprägten Gebieten Zugang zum Hochgeschwindigkeitsnetz von über 50 Mbit/s haben, dann gibt es in Hessen eben gewaltige Lücken, was den Netzausbau angeht. Es gibt zahlreiche Ortschaften, in denen es keine oder vor allem keine akzeptable Internetverbindung gibt. Ich frage mich nach Ihrer Rede, ob Sie überhaupt wissen, wie es dort ist.
Herr Dr. Müller, wissen Sie, wie es z. B. in Jossgrund oder in Flörsbachtal im östlichen Main-Kinzig-Kreis ist? – Dort gibt es in einigen Ortsteilen keine Verbindungen über 2 Mbit/s. Dort gibt es auch nicht wirklich mobiles Internet. LTE können Sie dort vergessen. Bestenfalls gibt es dort schwaches UMTS, und Videotelefonie ist mit so einer Verbindung für den Gesprächspartner bestenfalls eine Diashow.
Die Leute haben heute Smartphones, sie nutzen Tablets, und sie wollen auch einmal ein Foto verschicken. Wie soll das dort gehen, wo das Mobilfunknetz nicht ausreicht und es vor Ort kein Breitband gibt? Wie soll das funktionieren? Wo ist hierfür Ihre Strategie? – Es gibt viele Unternehmen, denen eine gute Versorgung mit schnellem Internet deutlich wichtiger ist als eben der vierspurige Ausbau einer Kreisstraße.
Wer als Grafikdesigner, als Fotograf oder in einem anderen Beruf arbeitet, in dem regelmäßig größere Datenmengen verschickt werden müssen, verzweifelt an solch einer Anwendung.
Ja, Herr Noll, wissen Sie denn, was Architekten machen, die dort wohnen? – Die nehmen ihr Notebook, setzen sich ins Auto, fahren über die hessisch-bayerische Grenze und verschicken ihre Daten dann von dort, weil es dort nämlich LTE gibt. So, wie ich es beschrieben habe, ist es im digitalen Niemandsland, und auf diese Situation im digitalen Niemandsland haben Sie keine Antwort.
Meine Damen und Herren, Orte, wie ich sie im östlichen Main-Kinzig-Kreis beschrieben habe, gibt es überall in Hessen, und ganze Umgebungen scheiden derzeit für einige Branchen aufgrund mangelnder Infrastruktur als Standort aus. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis Ihrer Regierung, sondern es ist vor allem die Bilanz Ihrer Breitbandstrategie. Wer zieht denn dorthin, wo man das neue iPad nicht benutzen und die Bundesliga nicht über das Internet verfolgen kann? Was erzählen Sie denn älteren Damen und Herren, die nicht mit den Enkeln skypen können, weil die
Verbindung zusammenbricht? – Das sind Fragen, auf die Sie keine Antworten haben.
Herr Dr. Arnold, ich kenne die Breitbandgesellschaft des Main-Kinzig-Kreises, die Sie angesprochen haben. Bei mir zu Hause regiert eine rot-grüne Koalition, die Zukunft gestalten will.
Das begrüße ich, und Herr Minister Rentsch begrüßt das in einer Antwort auf meine Kleine Anfrage ebenfalls. 50 Millionen € ist die Höhe des Darlehens durch die WIBank für diese Breitbandgesellschaft. Sie wollen aber 200 Millionen € zur Verfügung stellen, um 75 % der hessischen Haushalte mit 50 Mbit/s zu versorgen. Spätestens an der Stelle müssen Sie doch merken, dass das hinten und vorne nicht reicht, wenn bereits ein Landkreis ein Viertel davon verbraucht.
Was ist denn jetzt zu tun, sehr geehrte Damen und Herren?
Erstens. Es braucht eine Koordination und Organisation dessen, wie ausgebaut wird, und es muss gefragt werden: Auf welche Bandbreite wird überhaupt ausgebaut, wie im Main-Kinzig-Kreis auf 25 Mbit/s oder auf über 50 Mbit/s? Machen das Landkreise mit eigenen Gesellschaften, oder lässt das Land weiterhin zu, dass sich einzelne Anbieter Filetstücke heraussuchen und extrem ländlich geprägte Gemeinden hinten runterfallen? Lassen Sie weiter zu, dass dann etwas versucht wird, von dem am Ende überhaupt nie jemand weiß, wie das Ganze ausgeht?
Zweitens. Die finanzielle Unterstützung reicht offensichtlich nicht aus, wenn schon ein Landkreis ein Viertel davon verbraucht. Die 200 Millionen €, die Sie dafür einsetzen, sind zu wenig. Hätten Sie die fast 300 Millionen €, die Sie für Kassel-Calden in eine Betonpiste investiert haben, in Datenautobahnen investiert, dann wären wir heute weiter.
Die Hessinnen und Hessen wären zufriedener, und Sie hätten dann zudem das gemacht, was Sie immer vorgeben und nicht erreichen: Sie hätten Arbeitsplätze geschaffen, mindestens jedoch gesichert.
Das Thema, das Sie überhaupt nicht entdecken, ist das Marketing – mit der Lupe nicht zu entdecken und überhaupt nicht vorhanden. Der Breitbandausbau rechnet sich überhaupt erst nur dann, wenn die Leute die Chancen des Netzes nutzen wollen. Wo ist denn Ihre Kampagne für schnelles Internet?
Ohne vernünftiges, offenes und direktes Marketing werden nicht ausreichend Hessen ihren Anbieter wechseln und auf schnelles Internet umsteigen. Leider muss man feststellen, dass die Landesregierung weder die Kraft noch das Know
how hat, diese Aufgaben anzugehen, und das ist eine weitere vertane Chance für Hessen.
Meine Damen und Herren, Slow Motion ist keine Breitbandstrategie; wir brauchen eine grundlegende Neuorientierung. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Greilich, ich fahre auch ab und zu mit dem Fahrrad. Dazu braucht man Radwege. – Herr Dr. Büger, Netzpolitik findet in Hessen eben nicht statt, vor allem nicht für alle Bürger, weil Sie überhaupt nicht an alle Bürger denken.
In dem Moment, in dem Sie von 75 % aller Hessinnen und Hessen sprechen und sich die aktuellen Zahlen anschauen, nach denen im ländlichen Raum und in ländlich geprägten Gemeinden nur 10 % aller Haushalte überhaupt Zugang zu Breitband in Höhe von 50 Mbit/s haben, zeigen Sie, dass Sie 25 % vergessen.
Ich frage mich an dieser Stelle, was mit diesen 25 % ist. An dieser Frage des Breitbandausbaus entscheidet sich die Frage nach der Gleichheit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land.
Wenn Sie die Geräte, die Sie auf Ihrem Tisch liegen haben, hier benutzen können, anderswo in Hessen aber nicht, dann gibt es ein Problem. Das ist ein Problem, das man angehen muss.
Das von Ihnen genannte Stichwort lautet Breitbandstrategie. Eine Breitbandstrategie für Hessen betrifft 100 % der Hessen und nicht 75 % der Hessen. Wenn Sie sich anschauen, was der Verband, den Sie gerne zitieren – Digital Hub FrankfurtRheinMain – heute in der „FAZ“ sagt, dass er davon spricht, dass in der Rhein-Main-Region nur 10.000 Haushalte überhaupt an Glasfaser angebunden sind, die Rhein-Main-Region aber gleichzeitig der Standort in Europa mit den meisten Rechenzentren ist, mit der digitalen Wirtschaft und IKT-Unternehmen, dann müssen Sie doch spätestens an dieser Stelle erkennen, dass Ihre Strategie selbst im urbanen Raum nicht funktioniert, dass Sie dort scheitern und dass der Breitbandausbau in Frankfurt auch nicht so vorankommt, wie er vorankommen müsste.
Vor allem müssen Sie erkennen, dass Sie nicht wissen, wie Sie die 25 % der Hessinnen und Hessen erreichen, die Sie vergessen, und wie Sie überhaupt die Unternehmen erreichen, mit denen Sie ständig werben. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines vorweg: Ein Ruhmesblatt hessischer Regierungspolitik ist die Bekämpfung der Internetkriminalität bislang definitiv nicht,
auch wenn der vorliegende Entschließungsantrag von CDU und FDP dies behauptet. Ich will versuchen, Ihnen zu erklären, warum und weshalb das so ist.
Zunächst einmal sprechen die offiziellen Zahlen eine ganz unmissverständliche Sprache. Ich beziehe mich auf die polizeiliche Kriminalstatistik des Landes Hessen aus dem Jahr 2011. Danach hat die Zahl der registrierten Internetstraftaten in Hessen kontinuierlich von rund 16.500 auf knapp 18.000 zugenommen. Die Dunkelziffer dürfte enorm hoch sein. Im gleichen Zeitraum ist die Aufklärungsquote kontinuierlich gesunken, nämlich von guten 81 % auf nur noch 65 %.
Das sind die Zahlen. Sie sind nicht gut, und sie sind kein Grund zur Freude. Das ist eine Tatsache.
Dabei ist die Bekämpfung der Internetkriminalität gerade jetzt überaus wichtig. Wir dürfen davon ausgehen, dass mit dem zu erwartenden weiteren Bedeutungswachstum der digitalen Wirtschaft leider auch eine Zunahme der internetspezifischen Kriminalität einhergeht; denn dort, wo Geld gemacht wird, wachsen seit jeher auch die Begehrlichkeiten.
Aber gerade bei einem nicht nur wachsenden, sondern auch verhältnismäßig jungen Betätigungsfeld der Menschen mit krimineller Energie muss man frühzeitig und überlegt eingreifen. Man muss sich Gedanken darüber machen, wie das Entstehen dieser Kriminalität zu verhindern ist. Hier gilt für uns GRÜNE: Vorsorgen ist besser als Nachsehen.
Vorbeugende Verbrechensbekämpfung ist Prävention. Ganz besonders beim Internet bedeutet das definitiv, dass wir Konzepte dafür brauchen, wie wir die User fit machen. Ich will versuchen, auch das anhand von Beispielen für die Internetkriminalität nachvollziehbar zu machen.
Ausweislich der PKS für Hessen 2011 haben insbesondere das Ausspionieren von Daten und der Computerbetrug außerordentlich hohe Steigerungsraten und extrem schlechte Aufklärungsraten. Man muss sich also Gedanken darüber machen, mit welchen Methoden man diesen spezifischen Delikten erfolgreich begegnen kann. Computerbetrug und Datendiebstahl sind definitiv Delikttypen, die ganz besonders von der Art- und Sorglosigkeit – von mir aus auch der Einfalt – der User profitieren. Es sind die Unkenntnis und
die Unsicherheit vieler User, die dazu führen, dass sie auf die billigen Betrugsversuche im Internet hereinfallen.
Nehmen Sie z. B. die auch in der PKS aufgeführten Fälle der sogenannten Behördentrojaner. Kein einigermaßen internetkompetenter Mensch kommt auf die Idee, dass das BKA einen Computer direkt sperrt, um ihn später gegen die Zahlung von 500 € wieder freizuschalten. Wenn man also die User frühzeitig und eindringlich über die Vorgehens- und Funktionsweise solcher Trojaner informiert und bei den potenziellen Opfern Präventionsarbeit leistet, kann man sicherlich davon ausgehen, dass eine Vielzahl solcher Delikte schon im Versuchsstadium scheitert und dass sie verschwinden, sobald sie sich nicht mehr lohnen.
Doch diese Aufklärungsarbeit leistet die Landesregierung nicht. Diese Aufklärungsarbeit leistet bestenfalls die freie Web-Community. Die Entstörungsprogramme kommen von Websites, die man erst einmal suchen und auch finden muss. Der Staat ist dort nicht vorhanden – die Hessische Landesregierung auch nicht.
Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnologie geht davon aus, dass bereits 80 % der Cyberangriffe abgewehrt werden können, wenn übliche Schutzmaßnahmen, z. B. eine aktuelle Antiviren- und Firewall-Software, angewendet werden.
Um zu erfahren, wie das funktioniert, welche Angebote es gibt und wo man das bekommt, bedarf es der Hinweise der Landesregierung und staatlicher Behörden: eine zuverlässige, aktuelle und kompetente Aufklärungswebsite, die über Anlaufstellen und aktuelle Gefahren aktiv und populär informiert. Eine solche Website, auf der nicht nur Informationen bereitgestellt, sondern auch Fragen beantwortet werden und über die man mit den Leuten in den Dialog tritt, wäre eine gern angenommene Präventionsmaßnahme, die auch dabei helfen könnte, weitere Fälle zu erfassen und – vor allem – aufzuklären.
Das hat einen ganz einfachen Grund: Der User, dessen Computer von einem Trojaner befallen ist, denkt nämlich zunächst gar nicht daran, die Polizei zu informieren. Es könnte sogar sein – auch das muss man an dieser Stelle bedenken –, dass er das Virus von einer illegalen Website hat. Diese User suchen vor allem Hilfe, um die Seuche wieder loszuwerden.
Übrigens sind Computerbetrug und Datendiebstahl auch die beiden Delikttypen, bei denen es laut PKS seit Jahren extrem schlechte Aufklärungsquoten gibt. Aktuell wird nur ein Drittel der festgestellten Straftaten aufgeklärt. Was lernen wir daraus – wahrscheinlich hilft Prävention hier mehr als Repression.
Gleichzeitig ist allerdings festzustellen, dass, auch ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik für Hessen 2011, die Zahlen für zwei Fallgruppen seit dem Jahr 2007 erfreulicherweise ganz erheblich zurückgegangen sind: Die Zahl der Straftaten gegen das Urheberrecht ist um rund 80 % zurückgegangen, und die Verbreitung pornografischer Schriften hat um über 50 % abgenommen.
Meine Damen und Herren, das ist erfreulich, und es lohnt sich auch, sich zu überlegen, wie das kommt. Das sind zwei originäre Kernbereiche der internetspezifischen Kri
minalität. Gerade die Verstöße gegen das Urheberrecht sind ursprünglich in einem erheblichen Maße nicht aufgrund des Vorhandenseins bedeutender krimineller Energie, sondern vor allem aus mangelndem Unrechtsbewusstsein – ich würde sagen: auch aus Ignoranz und Dummheit – begangen worden.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es gerade bei strafrechtlich relevanten Urheberrechtsverletzungen nicht um eine unglaublich konsequente Strafverfolgung geht – die es auch nicht wirklich gibt. Wer, außer Kim Schmitz von Megaupload, sitzt schon wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet ein? – Es ist also nicht die ins Leere laufende Strafandrohung, die insbesondere junge Menschen davon abhält, im Internet illegal up- oder downzuloaden.
Nein, ein durch Aufklärung gestiegenes Unrechtsbewusstsein und zivilrechtliche Konfliktregelungen sind die Gründe, weshalb illegales Downloaden an Attraktivität verliert: Wer das macht, ist nicht cool. Wessen Eltern einmal ein anwaltliches Abmahnschreiben über 500 € bezahlen mussten, hat verstanden, dass man das nicht darf, und überlegt sich sehr genau, wie viele Songs er für dieses Geld eigentlich kaufen könnte.
Das ist allerdings eine sehr rustikale Art der Aufklärung. Ich glaube, dass es auch anders geht, insbesondere durch eine verbesserte Medienkompetenzbildung bei Kindern und Jugendlichen, die derzeit auf dem Weg in das nahezu komplett unregulierte World Wide Web allein gelassen werden. Sie werden insbesondere dann ganz allein gelassen, wenn sie aus bildungsfernen Schichten kommen und ihre Eltern es nicht gewohnt sind, das Internet zu nutzen oder den Computer täglich zu bedienen.
Ich kann Ihnen nicht sagen, was diesen Jungs und Mädels im Internet begegnet oder wem sie begegnen. Ihre Eltern können das sicherlich auch nicht sagen. Ich kann Ihnen aber zusammen mit allen Experten sagen: Medienkompetenz ist der beste Jugendschutz.
Medienkompetenz ist auch der beste Laienschutz. Um die Internetkriminalität wirksam zu bekämpfen, müssen wir die Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, aber auch ansonsten unsichere User, fit für das Web machen. Doch leider müssen wir erkennen, dass Sie weder bei der Medienkompetenzbildung noch bei der präventiven Information der Bevölkerung über aktuelle Gefahren und ihre Bekämpfung oder in irgendeinem anderem Bereich der Bekämpfung der Internetkriminalität in Hessen innovativ oder vorne oder Spitzenreiter oder Vorreiter sind – wie auch immer CDU und FDP das in ihrem Jubelantrag nennen. Ganz im Gegenteil: Die Maßnahmen, die der Innenminister ergriffen hat und die die Regierungsfraktionen bejubeln, sind keineswegs innovativ oder wirklich vorbeugend wirksam.
Ich komme zum Schluss. – Ihre Ideen sind ganz und gar altmodisch, altbacken und de facto, ausweislich der PKS, wirkungslos.
Sie wollen sich als netzaffin ins Gespräch bringen. Sie wollen diejenigen sein, die in puncto Internet die guten Ideen haben. Die haben Sie aber nicht. Sie haben keine Ideen, Sie haben keine guten Konzepte, und Sie haben auch keinen konkreten Plan dafür, wie das Land auf den Anstieg der Cyberkriminalität reagieren muss. Ich rufe Sie vielmehr auf: Ziehen Sie ihn zurück.
Es wäre gut, wenn Sie sich mit Experten Gedanken darüber machen, wie eine wirksame Präventivstrategie zur Bekämpfung aussehen könnte. Ich sage Ihnen: löschen statt sperren, Datenschutz statt Personalisierungswahn, Prävention statt Repression; Medienkompetenz ist der beste Jugendschutz. – Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Wie bewertet sie die Verkehrs- und Sicherheitssituation um das Frankfurter Waldstadion, insbesondere vor und nach Großveranstaltungen?
Wie unterstützt die Landesregierung die positiven und stimmungsvollen Aktionen der organisierten Fanszene rund um Fußballspiele im Waldstadion?
Welche deeskalierenden Maßnahmen sieht der Einsatzplan der Polizei bei Großveranstaltungen, insbesondere bei Fußballveranstaltungen, im Frankfurter Waldstadion vor?
Ich frage die Landesregierung:
Warum dauert die Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucks. 18/5796 betreffend Polizeieinsätze bei Fußballspielen über drei Monate an?
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Reichtum für alle, Freibier für alle und freies WLAN für Hessen, Internet für alle einfach so durch die Luft, ein freies, kostenloses und flächendeckendes WLAN-Netz, das einen schnellen Internetzugang zu jederzeit und an jedem Ort bietet,
schon hat man nach den Vorstellungen der LINKEN hervorragende Ansiedlungspunkte für Unternehmen. Für sie ist Hessen Estland. Estland hat Standortvorteile durch WLAN, also braucht es auch WLAN in Hessen, weil Hessen dann wie Estland ist.
Hessen ist aber nicht Estland, und Hessen wird nie Estland sein. Der Unterschied zwischen Hessen und Estland ist wahrscheinlich auch eine Linkspartei, die zwar alles will, aber nicht weiß, wovon sie spricht und wovon sie schreibt.
Auch das Internetkonzept von Estland haben Sie nicht verstanden. Kein freies und kostenloses WLAN wird in Estland garantiert, sondern lediglich ein kostenloser Zugang zum Internet. Das ist ein Unterschied – und zwar ein bedeutender Unterschied.
Von Estland zurück nach Hessen. Wir stimmen Ihnen zu, Herr Wilken, dass ein Internetzugang wichtig ist und dass das Internet Möglichkeiten der Partizipation bietet. Das Internet bietet die Möglichkeit der Transparenz, und das Internet bietet weltweite Kommunikationsmöglichkeiten. Kurzum, das Internet prägt unser alltägliches Leben.
Gerade deshalb sollte jeder Bürger Zugang zu zeitgemäß schnellem Internet haben, egal ob er in Frankfurt, in Offenbach, im Odenwald, im Main-Kinzig-Kreis oder im Werra-Meißner-Kreis lebt. Moderne Politik muss den Internetzugang als ein Grundbedürfnis und als Teil der öffentlichen Infrastruktur anerkennen. Es bringt uns nichts, immer wieder auf die Chancen des Internet hinzuweisen, wenn wir den Menschen nicht die technischen Mittel zur Verfügung stellen, diese für sich zu nutzen.
Es bringt uns nichts, wenn wir Medienkompetenz in den Schulen vermitteln wollen und die Kinder zuhause nicht einmal auf die Seite der Landtagsfraktion der Linkspartei gehen können, um sich deren realitätsfernen Konzepte und Anträge zum Internetzugang anzuschauen.
Im digitalen Zeitalter gehört der Zugang zum Internet ebenso zur Daseinsvorsorge wie die Abfallwirtschaft, die Abwasserentsorgung, die Wasserversorgung, der öffentliche Verkehr und die Krankenhäuser.
All das sind Dienstleistungen, für die die Bürgerinnen und Bürger bezahlen müssen und die sie nicht kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen.
Wie der Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt, so kommt auch das Internet nicht einfach aus dem Funknetz. Es bedarf einer Infrastruktur, die nicht nur gebaut, sondern im Folgenden auch gewartet werden muss.
Wir haben in Hessen schon Schwierigkeiten damit, flächendeckend eine Breitbandverbindung anzubieten. Daher ist es vollkommen illusorisch anzunehmen, das Land könne jederzeit flächendeckend von Neu-Eichenberg im Norden bis Neckarsteinach im Süden freies WLAN organisieren. In Städten und dicht besiedelten Regionen mag dies unter Umständen noch möglich sein. Alles Weitere ist pures Wunschdenken.
Um ein WLAN-Netz aufzubauen, muss mindestens der Access Point mit dem Breitbandkabelnetz verbunden sein. In den weißen Flecken der Breitbandabdeckung nutzt auch das Aufstellen eines WLAN-Routers nicht. Da die Reichweite eines Routers je nach Bebauung nur etwa 50 bis 100 m beträgt, wäre für das Vorhaben der LINKEN schon aus technischen Gründen eine sehr hohe Dichte von Access Point notwendig. Für Berlin haben Experten errechnet, dass ca. 100 solcher Access Points pro Quadratkilometer nötig wären, um eine ausreichende Funkabdeckung dieses Gebietes zu erzielen. Haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, was das für ein Flächenland wie Hessen bedeuten würde, oder wollen Sie die privaten Haushalte in Hessen gängeln, ihre eigenen Router zur Verfügung zu stellen?
Auch wir sind der Meinung, dass der Zugang zum Netz nicht vom Geldbeutel abhängen darf. Deshalb sind freie Internetterminals in öffentlichen Gebäuden oder freie WLAN-Netzwerke in Zentren und Dörfern ein in der Tat anzustrebendes Ziel.
Das ist auch technisch umsetzbar. Es gibt aber einen Unterschied zwischen einem WLAN-Zentrum in einem Ort oder einem kleinen Dorf und einer kompletten WLAN-Abdeckung in einem Bundesland.
Es ist technisch nicht möglich. Ich habe Ihnen erklärt, dass ein Router eine Reichweite von nur 50 bis 100 m hat. Wie wollen Sie das schaffen? Wollen Sie die Leute dazu zwingen, ihre Router zu öffnen? Ich sage dazu Nein.
WLAN-Zentren in Dörfern sind in der Tat ein anzustrebendes Ziel und auch technisch umsetzbar. Im Übrigen: Die Situation in Estland ist genau diese; dort gibt es lediglich in großen Städten wie Tallin flächendeckendes WLAN, und in der Peripherie, wo dies nicht ohne Weiteres zu leisten ist, gibt es eine Vielzahl gut ausgeschilderter öffentlicher Zugangspunkte. Ich glaube, das kann ein Modell für Hessen sein.
Meine Damen und Herren, ich möchte einen weiteren Gedanken anführen. Bisher gilt auch für das Internet die klassische Störerhaftung. Wer einen Internetanschluss bezahlt, der haftet auch für dessen Missbrauch. Aus diesem Grunde haben viele Geschäfte und Hotels, die freies WLAN als zusätzliche Serviceleistung angeboten haben, dieses Angebot wieder eingestellt. Soll das Land nach Ihrem Modell z. B. für jede Urheberrechtsverletzung haften, die über das freie WLAN begangen wird? Da nutzt es auch nichts, personalisierte Nutzerkonten einzurichten und die Datenströme mittels virtueller privater Netzwerke zu übertragen. Solange der Grundsatz der Störerhaftung gilt, ist Ihr Vorstoß unverantwortlich.
Statt wie die LINKE freies WLAN für alle zu fordern und sich wieder einmal über die praktische Umsetzung keine Gedanken zu machen, müssen wir gezielt und planvoll die Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen vorantreiben, speziell auch der ländlichen Gebiete. Sowohl für die Bürger als auch für den Wirtschaftsstandort Hessen sind schnelle Internetverbindungen und eine durchdachte, an den wirklichen Bedürfnissen der Gründer orientierte Start-up-Förderung viel entscheidender als die realitätsfernen Wunschträume der LINKEN nach dem Motto „Alles für alle, und zwar umsonst“.
Zu glauben, mit freiem WLAN könne man Unternehmer magnetisch anziehen, greift entschieden zu kurz. Wer Freibier für alle will, der muss sich zumindest ein Mal über den Zapfhahn Gedanken machen.
Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Schaus, der von Ihrem Kollegen Wilken angesprochene Förderverein Freie Netzwerke e. V. macht es in seinem Konzept für Berlin eigentlich ganz gut deutlich. Dort steht nämlich ausdrücklich: Freifunknetze sind Selbstmachnetze. Jeder potenzielle Teilnehmer kann daher selbst entscheiden, ob er seine technische Infrastruktur auf eigenes Risiko in seinem Umfeld zur Verfügung stellt oder eben nicht. – An dieser Stelle die Landesregierung aufzufordern, das „mal eben so“ umzusetzen, konterkariert nicht nur das Konzept der Freifunker, es unterstreicht auch das Freiheitsund Staatsverständnis der LINKEN.
Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Wilken, ich glaube, Sie haben mir nicht zugehört, oder Sie haben nicht verstanden, was ich gesagt habe.
Ich habe nichts gegen die Breitbandversorgung im ländlichen Raum gesagt. Ich bin sehr wohl der Meinung, dass man, wenn ein Marktversagen festgestellt wird, gerade im ländlichen Raum Initiativen ergreifen und sich überlegen muss, wie man die Menschen dort mit einem schnellen Internetanschluss versorgen kann, also mit einem Anschluss, der schneller ist als 25 MBit.
Ich glaube aber nicht, dass man das lösen kann, indem man WLAN-Router irgendwohin stellt – an eine Tankstelle, an einen Hochsitz oder auf einen Laternenmast. Ich glaube, dass es unsicher ist, diese Netzwerke flächendeckend anzubieten. Ich möchte, ehrlich gesagt, auch nicht mit anderen Menschen in einem solchen Netzwerk surfen.
Diesen Sicherheitsaspekt spielen Sie hier herunter. Das Internet ist nichts, in das man einfach hineingeht, um dort irgendetwas zu machen. In dem Moment, da man ein offenes WLAN-Netzwerk hat, in dem jeder sein Unwesen treiben kann und jeder meint, er könne, weil er anonym ist, irgendetwas herunterladen – genau so wäre es nämlich, wenn wir das hätten, was Sie in Ihrem Antrag fordern –, muss irgendwer für die Störerhaftung aufkommen. Entweder ist es das Land Hessen – das hätten Sie gern –, oder es schließen sich Bürger zusammen und machen das.
Wenn Sie sich also dieses Themas annehmen wollen, setzen Sie sich doch dafür ein, dass man sich überlegt, wie man mit der Störerhaftung umgeht. Beschäftigen Sie sich
mit der Bundesratsinitiative des Landes Berlin, das zusammen mit Hamburg diese Störerhaftung abmildern und im Bundesrat einen Lösungsvorschlag erarbeiten möchte, wie man diese Gesetzeslücke schließen kann. Aber sagen Sie nicht: Wir machen WLAN für alle, stellen ein paar Router auf, und am Ende ist alles gut. – Wer Freibier möchte, muss sich auch Gedanken über den Zapfhahn machen. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade Fans im Stadion und Millionen Zuschauer an den TV-Geräten halten den Atem an, wenn der Ball auf die Eckfahne zurollt und ungewiss ist, ob er sie links oder rechts passieren wird. Denn es ist ein Unterschied, ob es eine Ecke oder einen Einwurf gibt.
Fußball ist mehr als nur ein Spiel. Eine Fußballeuropameisterschaft ist ein Fest der europäischen Einigung und ein Fest des Miteinanders.
Für junge Menschen hierzulande sind Fußballer wie Mario Götze und Mesut Özil ebenso wichtige Vorbilder, wie es für frühere Generationen Jürgen Grabowski und Anthony Yeboah waren.
Das ist bei Andrij Schewtschenko in der Ukraine genauso. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Deutschland und der Ukraine. Es existieren keine Rechte für die demokratische Opposition. Demonstrations- und Freiheitsrechte werden missachtet.
Man kann zu Frau Timoschenko stehen, wie man will. Jedenfalls ist die Art, wie sie von der Führung der Ukraine behandelt wird, nicht das, was wir unter Rechtsstaat und ordnungsgemäßem Verfahren verstehen.
Selbst das der Diplomatie verpflichtete Auswärtige Amt hält fest:
Korruption, Folter und Polizeiübergriffe sind in der Ukraine stark verbreitet.
Seit der Amtsübernahme durch Herrn Janukowitsch mehren sich die Berichte über die Einschränkung der Pressefreiheit. So steht z. B. das Fernsehen ganz überwiegend unter staatlicher Kontrolle.
Es kann daher niemandem gefallen, wenn sich der dafür verantwortliche Herr Janukowitsch bis zum Finale am 1. Juli 2012 neben Herrn Platini, neben Zidane und Franz Beckenbauer im Glanz des europäischen Fußballs sonnt. Es ist wichtig, dass wir Aktionen wie die Absage der Reise des Herrn Bundespräsidenten Gauck begrüßen. So wird der Blick auf die demokratischen Defizite in der Ukraine gelenkt.
Es braucht auch jetzt, einige Wochen vor der Europameisterschaft, deutliche Worte. Sie gibt es. Es gibt sie vom Präsidenten des FC Bayern, Uli Hoeneß,
und vom Kapitän der Fußballnationalmannschaft, Philipp Lahm.
Es gibt andere, die sich klarer hätten positionieren können. Da frage ich mich: Was macht da Herr Bouffier?
Fußball ist international und politisch. Deshalb haben auch wir als Politiker und Fans aus Hessen das Recht und die Pflicht, dazu Stellung zu nehmen. Das gilt ganz besonders deshalb, weil unsere Jungs dort für Deutschland am Start sind und wir am 1. Juli 2012 um den Titel Europameister mitspielen wollen.
Es ist wichtig, dass wir an den Deutschen Fußballbund appellieren, in den Gremien der UEFA aktiv zu werden. Der europäische Fußballverband ist der Ausrichter des Turniers in Polen und in der Ukraine. Wer die Europameisterschaft minutiös regelt und von der Beleuchtung über die Werbung bis zur Musik bestimmt, darf sich nicht um die Frage drücken, wie mit einer Regierung umzugehen ist, die auf dem Weg zur Diktatur ist.
Wie das geht, hat eindrucksvoll ein ganz Großer gezeigt. César Luis Menotti gewann als Trainer 1978 die Fußballweltmeisterschaft für Argentinien und verweigerte seinem Diktator den Handschlag.
Solcher Mut und solche Haltung sind auch dieses Jahr in der Ukraine gefragt. – Vielen Dank.