Protocol of the Session on January 30, 2013

Ich begrüße Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitglieder des Kabinetts, die Zuschauerinnen und Zuschauer! Seien Sie alle herzlich willkommen. Wir beginnen die 128. Plenarsitzung am heutigen Mittwoch, dem 30. Januar 2013.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung. Die Punkte 1 bis 4 und 60 sind erledigt. Die parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf geeinigt, die Tagesordnungspunkte 35, das ist der Setzpunkt der Fraktion DIE LINKE, und 41, das ist der Setzpunkt der Fraktion der FDP, im zeitlichen Ablauf zu tauschen. Somit wird heute nach der Mittagspause Tagesordnungspunkt 35 aufgerufen. Tagesordnungspunkt 41 ist morgen nach der Aktuellen Stunde eingeplant.

Zum Ablauf der Sitzung. Wir tagen heute bis gegen 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 32: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Fahndungsdruck auf Steuerhinterzieher erhöhen. Danach folgt Tagesordnungspunkt 39: Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetze. Nach der Mittagspause beginnen wir, wie eben angekündigt, mit Tagesordnungspunkt 35.

Ich darf mitteilen, dass entschuldigt fehlen: Herr Staatsminister Grüttner, Herr Staatsminister Boddenberg, Frau Kollegin Henzler und Herr Kollege Frankenberger.

Ich weise darauf hin, dass Sie eingeladen sind, zu Beginn der Mittagspause in der Ausstellungshalle des Plenargebäudes an der Eröffnung der Ausstellung „200 Jahre Illustrationen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“ teilzunehmen.

Ich freue mich, Herrn Weimar zum Geburtstag gratulieren zu dürfen. Herr Weimar, herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf Ihnen stellvertretend für das ganze Haus ein gesundes, glückliches neues Lebensjahr wünschen; alles Gute für Sie.

(Schriftführerin Abg. Astrid Wallmann überreicht einen Blumenstrauß.)

Blumen kommen auch; das ist schön.

Wie vereinbart, kommen wir zum Setzpunkt der Fraktion der SPD, Tagesordnungspunkt 32:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Fahndungsdruck auf Steuerhinterzieher erhöhen – Aktionsprogramm Steuerehrlichkeit schaffen – Drucks. 18/6858 –

Dazu wird aufgerufen:

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucks. 18/6922 –

Ich darf Herrn Schäfer-Gümbel, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, das Wort erteilen.

(Peter Beuth (CDU): Wenn er heute wieder so schlecht ist wie gestern!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Weimar, zunächst auch meinerseits alles Gute zum Geburtstag. Ich hoffe, dass Sie heute mit uns allen gemeinsam eine freudige Feier in diesem Landtag haben.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Dann geben Sie sich mal Mühe! – Minister Jörg-Uwe Hahn: Wir auch! Ich weiß, was sich gehört!)

Wenigstens an der Stelle bin ich mir noch mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten einig. Das ist sehr gut; das freut uns. Herr Weimar, vielleicht können wir das später bei einer Tasse Kaffee gemeinsam mit Herrn Hahn vertiefen.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Muss es Kaffee sein?)

Herr Hahn, zumindest ich trinke bis abends immer nur Kaffee oder Wasser.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Sie haben ja nicht gesagt, wann das ist! – Weitere Zurufe von der FDP)

Offensichtlich regt das gleich Ihre Fantasie an. Das ist schon einmal gut. Ich wäre froh, wenn das an anderen Stellen auch der Fall wäre.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach inoffiziellen Schätzungen entgehen der öffentlichen Hand jährlich 150 Milliarden € allein durch Steuerhinterziehung in unterschiedlichster Form. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Steuerhinterziehung ist eine Straftat, in manchen Fällen auch eine schwere Straftat, und sie ist ganz ausdrücklich ein Anschlag auf die gesellschaftliche Solidarität, weil es nicht akzeptabel ist, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dass Bürgerinnen und Bürger Schulen, Kindergärten, Theater, Straßen und öffentliche Infrastruktur nutzen, auf der Grundlage dieser Infrastruktur Gewinne erwirtschaften oder Geld verdienen und anschließend vor allem dieses Geld ins Ausland schaffen. Deswegen ist es auch ein Akt der gesellschaftlichen Solidarität, Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will das ausdrücklich sagen: Deswegen befremdet es mich, dass ausgerechnet immer wieder diejenigen, die ansonsten Law and Order das Wort reden, weich werden, wenn es um die Bekämpfung der Steuerhinterziehung geht.

(Günter Rudolph (SPD): Kein Pardon für Falschparker!)

Die Frage ist: Warum ist das eigentlich so? Warum unterstützen Sie beispielsweise ein Steuerabkommen mit der Schweiz, nach dessen Abschluss all diejenigen, die dort draußen jeden Tag hart arbeiten – die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Handwerk, die Unternehmerinnen und Unternehmer, der Mittelstand –, mehr Steuern zahlen müssen als diejenigen, die ihr Geld ins Ausland verschoben haben?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU): So ein Unfug! Es ist unfassbar!)

Warum schützen Sie eigentlich Steuerflüchtlinge?

(Peter Beuth (CDU): Das ist eine böswillige Unterstellung! – Zuruf von der FDP: Das will doch niemand!)

Natürlich tun Sie das. – Der Kern des Abkommens mit der Schweiz, so wie es heute vorliegt, ist nichts anderes als der Versuch, Steuerhinterziehung nicht entschieden zu bekämpfen. Das ist der Kern dieses Abkommens.

(Peter Beuth (CDU): Sie verhehlen 200 Millionen € an Steuereinnahmen! Das ist Ihre Märchenstunde!)

Deswegen werden wir das Abkommen mit der Schweiz nicht ratifizieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU): Märchenstunde!)

Sehen Sie, Sie nehmen doch ganz offensichtlich nicht zur Kenntnis, dass Banken bereits heute im Lichte Ihres Steuerabkommens, das Sie mit der Schweiz ausgehandelt haben, längst in andere Richtungen beraten, dass es inzwischen Seminare gibt, wie man sich selbst anzeigt, organisiert von Banken und Rechtsanwaltskanzleien in der Schweiz, um in Deutschland möglichst straffrei wegzukommen. Ich sage Ihnen: Sie können dort draußen niemandem mehr erklären, warum Sie bei Steuerhinterziehung Straffreiheit gewährleisten, auch noch Tauschbeträge anbieten, und warum dann am Ende Menschen, die ihr Geld ins Ausland verschoben haben, weniger Steuern zahlen als diejenigen, die hier arbeiten. Das geht nicht.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Wenn Sie es mit der Bekämpfung der Steuerhinterziehung ernst meinen, bieten wir Ihnen heute ein Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung an, um diese Gerechtigkeitslücke zu schließen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich dazu verhalten. Die Vorschläge sind einfach und konkret.

Unser erster Vorschlag ist, 100 zusätzliche Ausbildungsplätze im Bereich der Steuerfahndung und der Betriebsprüfung zu schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Dort, wo wir den Kontrolldruck und den Fahndungsdruck nicht erhöhen, werden wir am Ende genau diejenigen, die wir treffen wollen, nicht erreichen. Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir dort Handlungsbedarf haben.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Das uns regelmäßig entgegengehaltene Argument ist, dass uns als Bundesland die Einnahmen aus der Steuerfahndung nicht zugutekommen. Das ist aber ein Pfund, das man in Verhandlungen mit anderen Ländern über den Länderfinanzausgleich einführen kann. Ich bin ziemlich sicher, dass das ein interessantes Argument wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens sind wir der Auffassung, dass wir auch die Arbeitsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaften in diesem Bereich verbessern müssen, weil die Verfahren zu lang sind,

weil sie zu langwierig und zu kompliziert sind. Deswegen auch hier der Vorschlag: Lassen Sie uns die zuständigen Staatsanwaltschaften verstärken, um den Fahndungsdruck zu erhöhen.

Drittens – das ist hier eigentlich eine ganze Zeit lang Konsens gewesen, wird allerdings in den letzten eineinhalb Jahren deutlich hinterfragt – wollen wir auch weiterhin, dass angebotene Steuer-CDs geprüft und nach Prüfung angekauft werden, damit wir endlich diejenigen, die ihr Geld ins Ausland verschafft haben, zur Verantwortung ziehen können.