Heinrich Heidel
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Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir nun zur Aussprache über die Große Anfrage zum Thema Landwirtschaft in Hessen kommen – wiederholt angesetzt und wiederholt verschoben –, bedanke ich mich als Erstes recht herzlich bei der Landesregierung für die umfangreiche und detaillierte Beantwortung dieser Großen Anfrage.
Ich glaube, dass wir als hessische und als deutsche Landwirtschaft schon eine Standortbestimmung brauchen. Wir brauchen eine Standortbestimmung, die uns auf der einen Seite hilft, eine gemeinsame Position mit der Europäischen Kommission, aber in Teilen auch gegen die Europäische Kommission bei der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 zu finden.
Ich bin der festen Überzeugung, dass – anders, als man es verkünden zu müssen glaubt – auch Bundesländer noch einen agrarpolitischen Spielraum haben. Sie können noch gestalten, und diese Möglichkeiten sollten wir, auch wenn sie begrenzt sind, nutzen.
Deshalb bin ich als Erstes dankbar, dass alle Vorredner der hessischen Landwirtschaft ein Lob ausgesprochen haben. Alle haben das Wirken der hessischen Landwirtinnen und Landwirte gelobt. Das ist etwas, worauf die Landwirtschaft stolz sein kann.
Wenn wir heute über die weiteren Gestaltungsspielräume diskutieren, so tun wir dies vor dem Hintergrund, uns überlegen zu müssen: Zum Ersten, wie die Stellung der hessischen Landwirtschaft in unserem Wirtschaftsgefüge aussieht. Zum Zweiten, wie das Potenzial für eine regionale Nahrungsmittelproduktion für unsere hessischen Mitbürgerinnen und Mitbürger darzustellen ist. Zum Dritten, was die Landwirtschaft als Beitrag zur Energiewende oder auch bei dem Thema der dezentralen Energieversorgung in Hessen leisten kann. Einiges dazu ist bereits im vorherigen Tagesordnungspunkt gesagt worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir Landwirtschaftspolitik nur an Stichworten festmachen, etwa wie hoch ihr Anteil am Bruttosozialprodukt, an der Wirtschaftskraft oder an der Wertschöpfung ist, dann werden wir der Landwirtschaft nicht gerecht. Wir haben auch in den Redebeiträgen zuvor gehört, wie wichtig es ist, Landwirtschaft innerhalb der Wertschöpfungskette in unserem Bundesland in den vor- und nachgelagerten Bereichen zu sehen – den sogenannten Agrobusiness-Berei
chen, vom Saatguthersteller bis zum fertigen Brot in der Ladentheke – und festzuhalten, welche Rolle Landwirtschaft dabei spielt, welche Wertschöpfung sie dabei hat und auch anderen Berufszweigen in unserem Bundesland ermöglicht; das darf man nicht vergessen. Letztendlich ist Landwirtschaft ein äußerst wichtiger Faktor im Wirtschaftskreislauf, ganz besonders der ländlichen Räume.
Landwirtschaft ist im ländlichen Raum nicht nur ein Produzent, nein, sie ist auch etwas, das Dienstleistungen nachfragt und Aufträge vergibt. Und Landwirte reisen in der Regel mit dem von ihnen erwirtschafteten Geld nicht nach Mallorca, um es in der Sonne zu verbraten, sondern investieren es in ihre Betriebe, in ihre Maschinen und ihre Gebäude – das ist Wirtschaftsförderung für den ländlichen Raum hoch drei.
Dazu kommen unbezahlte Leistungen, die von Herrn Lotz angemahnt worden sind, welche die Landwirtschaft schon heute erbringt, nämlich die in dem vorhin hier – vielleicht widerrechtlich – hochgehaltenen Buch zur Energiewende gezeigten Landschaftsbilder. Wer hat diese Landschaft denn gestaltet? – Das waren Land- und Forstwirte. Das ist eine Selbstverständlichkeit für die Landwirtschaft.
Wer pflegt diese Landschaften? – Das sind auch die Landund Forstwirte, die damit ein lebenswertes Umfeld schaffen – darauf komme ich nachher noch einmal zurück –, und sie tun das in weiten Teilen kostenlos für die Allgemeinheit.
Wenn wir über Fördermittel und die Verteilung von Fördergeldern sprechen, sollten wir das in einem Stil tun, bei dem wir nicht sagen, dass es eine gute oder eine schlechte Förderung ist. Nein, wir müssen dem Steuerzahler – dem gegenüber ist die Landwirtschaft ganz offen – deutlich machen, was wir wollen, wohin die Reise gehen kann, und dürfen ihm kein X für ein U vormachen, in welchem wirtschaftlichen Umfeld sich auch die hessische Landwirtschaft befindet.
Frau Schott, ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass wir uns in einem weltweiten Agrarmarkt befinden. Das kann man wollen oder nicht wollen, aber das ist nun einmal so. Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Damit muss sich auch die hessische Landwirtschaft auseinandersetzen. Dennoch werbe ich an dieser Stelle für faire Preise für landwirtschaftliche Produkte in der gesamten Welt. Das gilt aber auch für die Landwirte in Hessen. Auch das muss man einmal ganz deutlich sagen.
Es ist abstrus, wenn ich den Preis von einem Liter Sprit, von einem Liter Super oder von einem Liter Diesel, mit dem Preis von einem Liter Milch oder anderer Produkte vergleiche. Ich glaube, dass Nahrungsmittel in ihrer Wertstellung innerhalb der Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten ganz klar benachteiligt worden sind. Es sollte immer nur Billigware sein. Es sollte nicht mehr das sein, was es eigentlich einmal war, nämlich Mittel zum Leben, also Lebensmittel. Der Kollege May hatte dies dankenswerterweise angesprochen.
Die Europäische Union ist unter anderem deshalb gegründet worden, um die Menschen in Europa satt zu ma
chen, aber nicht nur hin und wieder, sondern jeden Tag. Das ist dankenswerterweise gelungen.
Das ist dankenswerterweise auch deshalb gelungen, weil Landwirte so gearbeitet haben, wie sie gearbeitet haben. Damals hat ein Landwirt zwischen fünf und zehn Leute ernährt. Heute ernährt ein Landwirt – je nachdem, wie man rechnet – zwischen 130 und 160 Personen. Das ist Tatsache. Diese Ernährung geschieht auf einem qualitativen Niveau, das es noch nie zuvor gegeben hat.
Die Ernährung erfolgt heute zu Preisen – das kann ich mit Blick auf eigene Abrechnungen sagen –, die heute das Niveau von 1954 wieder erreicht haben. In den vergangenen Jahren haben wir dieses Niveau sogar unterschritten. Wenn man über Landwirtschaft redet, muss man auch das berücksichtigen.
Man muss aber auch die gesellschaftliche Diskussion über Verbraucherschutz und über Qualitätssicherheit von Nahrungsmitteln berücksichtigen. Ich warne davor, zu sehr zwischen Biowaren und konventionell hergestellten Waren zu unterscheiden. Ich glaube, die vergangenen Jahre haben bewiesen, dass der Verbraucher den Fokus etwas verschiebt. Er will wissen, woher die Ware kommt. Kommt die Ware aus der Region? Diese Frage wird heute öfter gestellt als die Frage, ob die Ware Bio ist oder konventionell erstellt worden ist.
Dann kommen wir zur gesellschaftspolitischen Frage: Warum ist der Apfel aus Neuseeland, auf dem „Bio“ draufsteht, was aber niemand nachvollziehen kann, wertvoller als der Apfel aus dem Taunus, der vor der Haustür wächst und von dem jeder weiß, wo er herkommt? Diese Frage müssen sich der Markt und auch die Gesellschaft insgesamt stellen. Horst Klee kennt das und kann aus eigener Erfahrung berichten.
Wenn wir über Selbstversorgungsgrade reden, dann muss man doch die Frage stellen, ob wir zu jeder Zeit jedes Lebensmittel brauchen. Brauchen wir Erdbeeren zu Weihnachten? Ich will das niemandem verbieten, aber diese Frage muss man sich einmal stellen.
In Hessen haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 54 % bei Milch, von 50 % bei Rindfleisch, von 20 % bis 30 % bei Schweinefleisch und – man höre und staune – von 20 % bei Eiern. Daran erkennen wir, dass wir auf Warenströme aus anderen Bereichen angewiesen sind.
Wenn wir wollen, dass die hessische Landwirtschaft in diesem Konzert mitspielt, dann müssen wir auch die Potenziale für die hessischen Bauern nutzbar machen. Ich will zwei gravierende Punkte nennen.
Da der erste Punkt, nämlich der Flächenverbrauch, bereits angesprochen worden ist, will ich dazu nichts weiter sagen. Das kann ich nur bekräftigen. 40 % der Flächen sind aber mit Auflagen versehen. Diese unterliegen Naturschutz-, Wasserschutz- oder sonstigen Auflagen, sodass Landwirte nicht so wirtschaften können, wie sie wollen. Dabei sind sie an Vorgaben gebunden, Herr Kollege Lotz.
Lassen Sie mich den zweiten Aspekt nennen.
Ein Abschlusssatz, der damit beginnt, dass ich den Beginn meiner Rede noch einmal aufgreife.
Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir so offen, ehrlich, aber auch fachlich und sachlich miteinander diskutieren. Das werden wir in der nächsten Sitzung des Umweltausschusses fortsetzen. Gegebenenfalls werden wir dann wieder im Parlament vorstellig werden, wenn wir daraus weitere Forderungen ableiten. – Ich bedanke mich, dass ich überziehen durfte.
Herr Präsident, meine werten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dieser Diskussion bisher sehr interessiert gefolgt.
Ich will noch einmal festhalten: Ja, was da ein Unternehmen gemacht hat, ist kriminell. Das hat eine Riesenausstrahlung gehabt. Das war wie ein Schneeballsystem, weil diese Komponenten in viele andere Futtermittelwerke geliefert worden sind. Diesen kriminellen Machenschaften muss das Handwerk gelegt werden. Das muss bestraft werden. Das ist auch nach heutigem Recht möglich.
Ja, auch da gebe ich Ihnen recht: Wir müssen schauen, was nach der Kommunalisierung mit den Lebensmittel- und Futtermittelkontrolleuren passiert ist. Das müssen wir überprüfen. Das ist unsere Aufgabe.
Das Land trägt letztendlich die Verantwortung dafür. Wir müssen den Kopf dafür hinhalten. Deshalb müssen wir auch wissen, was da passiert.
Ein drittes Ja: Es ist eindeutig richtig, dass die Futtermittelkontrolle in Hessen an der Stelle funktioniert hat. Herr Kollege May, da spreche ich Sie an. Herr Frömmrich kennt einen von ihnen ganz persönlich. Die haben an dem fraglichen Wochenende am Samstag und am Sonntag gearbeitet. Ich weiß das. Ich denke, da sollten wir sagen: Hut ab. Da haben diese Damen und Herren gute Arbeit geleistet.
Aber all das reicht nicht aus, um zu sagen, dass man jetzt die ganze Landwirtschaftspolitik, die ganze Agrarpolitik auf den Kopf stellen muss. Landwirte sind Unternehmer. Sie stellen sich dem Markt. Ich glaube, das ist unstrittig. Landwirtschaft produziert, was der Markt verlangt. Ja, in Hessen erfolgt ein weiterer Umstieg auf Ökolandwirtschaft. Das ist gut so. Wenn der Markt dafür da ist, sollen die Landwirte auch biologisch produzieren. Wenn der Verbraucher das kauft, wollen wir das gerne unterstützen.
Das tun wir auch als eines der wenigen Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland.
Ich sage aber gleichzeitig: Diese Diskussion schwappt immer hoch, wenn wieder einmal ein sogenannter Skandal war, ob das Gammelfleisch, BSE oder Mais aus der Ukraine war.
Das war übrigens im Biosektor. Auch da haben wir darüber diskutiert. Aber der Verbraucher ist sehr flüchtig. Die letzten Marktuntersuchungen, die ich gesehen habe, besagen, dass der Anteil derjenigen, die Bioprodukte kaufen wollen, von 19 auf 16 % zurückgegangen ist. Herr Kollege Al-Wazir, da bin ich bei Ihnen: Wir müssen den Menschen wieder deutlich machen, was ein Lebensmittel ist: ein Mittel zum Leben. Lebensmittel müssen einen Wert haben. Es ist unerträglich, dass das Stück Rinderfilet billiger ist als Hunde- oder Katzenfutter. Das müssen wir als Gesellschaft kritisieren.
Aber das ist ein langwieriger Prozess, weil wir über viele, viele Jahre dem Verbraucher vorgemacht haben: Lebensmittel dürfen nichts kosten. Ihr müsst das Geld ausgeben für einen zweiten, dritten Fernseher, für einen Laptop, für ein drittes Auto oder für was auch immer. Meine Damen und Herren, das ist unsere Aufgabe. Da brauchen wir nicht darüber zu streiten, ob der eine oder der andere Teil besser kontrolliert ist. Letztendlich geht es darum – das glaube ich an dieser Stelle doch noch festhalten zu können –, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland und damit auch in Hessen Lebensmittel produzieren, die noch nie so gesund und gut kontrolliert waren wie derzeit und die nach meiner Auffassung vor allem auch viel zu billig sind.
Deshalb meine ich, lassen Sie uns dem Verbraucher von hier aus sagen: Ja, er kann wieder unbesorgt essen. Er soll auch reichlich essen. Er soll aber schauen, was er einkauft. Er soll selbst entscheiden, welche Produkte er will. Er soll nicht nur auf den Preis schauen, sondern er soll auf die Qualität schauen. – Mittlerweile schaut er auch auf die Regionalität. Das ist etwas, was wir in Hessen vorangetrieben haben.
Lassen Sie uns nicht von Skandalen reden, sondern lassen Sie uns davon reden, dass wir Lebensmitteln in der Gesamtheit wieder eine höhere Wertstellung in der Gesellschaft geben müssen. – Herzlichen Dank.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Rudolph, wenn es Ihnen um die Sache gehen würde, hätten Sie vorhin nicht diese Nummer nach dem Motto abgezogen: Wir verunglimpfen jetzt erst einmal alle, die in der Welt unterwegs sind.
Als Erstes will ich sagen: Die Stiftung Kloster Eberbach leistet hervorragende Arbeit. Das wollte ich als Erstes einmal festhalten.
Wer sieht, was dort in den letzten Jahren in die historischen Gebäude investiert wurde, der sieht, dass dort gute Arbeit geleistet wird.
Herr Kollege van Ooyen, es geht nicht um die Staatsweingüter. Es geht um die Stiftung Kloster Eberbach. Darüber haben wir uns heute Morgen unterhalten.
Meiner Meinung nach geht es auch nicht um den Fall Stiftung Kloster Eberbach, sondern es geht um den Fall Markus H. Wir reden heute über den Fall Markus H.
Ich weiß nur das, was in den Unterlagen steht, die mir zugegangen sind. Danach ist festzustellen, dass es nach derzeitigem Wissensstand – das ist das, was mir vorliegt – keine Zuweisungen an die CDU in Rheinland-Pfalz gegeben hat.
Herr Kollege Günter Rudolph, es hätte mich gefreut, wenn Sie bei der Gelegenheit einmal darüber diskutiert hätten, was am Nürburgring geschehen ist. Das Geld dafür haben wir über den Länderfinanzausgleich geliefert.
Ich stelle weiterhin fest, dass ein externer vereidigter Buchprüfer alle Zahlungsflüsse umfangreich nachgeprüft hat. Das ist geschehen. Das Geld ist zurückgeflossen. Der Stiftung ist also wohl kein materieller Schaden entstanden.
Der Geschäftsführer wurde verurteilt. Auch das ist Fakt. Die Staatsanwaltschaft hat die Akte wieder aufgemacht. Wir werden sehen, was die Staatsanwälte ermitteln. Dem können wir und sollten wir auch nicht vorgreifen.
Unserer Auffassung nach kann es doch nur darum gehen, dass alles auf den Tisch kommt und dass alles aufgeklärt wird, was noch aufzuklären ist. Da setzen wir auf die Staatsanwaltschaft. Es kann aber nicht darum gehen, eine gut arbeitende Stiftung zu verunglimpfen.
Vielmehr sollten wir Wert darauf legen, dass die letzten Zweifel möglichst schnell und umfassend beseitigt werden.
Von einem Skandal zu sprechen ist natürlich immer leicht. Noch besser ist es, am frühen Morgen etwas zu skandalisieren. Herr Kollege Rudolph, ich glaube, wir sollten das mit etwas Gelassenheit aufarbeiten.
Wir sollten gegebenenfalls die Ergebnisse dann in den entsprechenden Gremien beraten. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es bedauerlich, dass am Ende der Ausführungen von Frau Schott stand, dass sie dem Gesetzentwurf auf keinen Fall zustimmen werde. Ich habe gedacht, wir üben jetzt einen neuen Stil, einen neuen Landtag, und wir gehen offen in die Anhörung zu der Naturschutzgesetzgebung,
Herr Kollege Rudolph, in der wir vor allem die Menschen mitnehmen wollen.
Darum geht es. Naturschutz gegen die Menschen zu machen, das wird nicht möglich sein. Ich habe es an diesem Pult schon des Öfteren gesagt: Wir müssen den Naturschutz in den Köpfen der Menschen verankern. Das muss das Ziel einer Naturschutzgesetzgebung sein.
Wenn die Menschen mitmachen, können wir den Naturschutz auch umsetzen. Ich will es Ihnen an ein paar Beispielen deutlich machen.
Die Ministerin hat eben ausgeführt, dass es die EU-Gesetzgebung und bundesgesetzliche Regelungen zur Föderalismusreform gibt. All das wirkt hierauf ein. Herr Kollege Görig, aber in diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung – deshalb vorhin auch mein Beifall –,
auch wenn er von der Großen Koalition war,finden wir einiges wieder,was wir im Hessischen Naturschutzgesetz im Jahre 2006 verankert haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen sollten wir auch darangehen,das fortzuführen,was sich in diesen Jahren als praktikabel und umsetzbar erwiesen hat. Das, was wir den Menschen nicht verdeutlichen können, sorgt dafür, dass die Menschen den Naturschutz nicht ernst nehmen und ihn nicht fördern, sondern sich abwehrend verhalten. Dazu gehört auch, was Frau Schott als Beispiel angesprochen hat, dass wir es den Menschen nicht verdeutlichen können, dass für einen Kammmolch 10.000 c ausgegeben werden müssen, wenn es denn so ist, wie es Herr Minister Posch darstellt. Deshalb ist hier schon mehrfach die Aufforderung erwähnt worden: praktikablen und umsetzbaren Naturschutz und Kooperation statt Konfrontation.
Vor ordnungspolitischen Maßnahmen möchten wir auch das Thema Vertragsnaturschutz ganz oben sehen. Ich will auch das an einem Beispiel deutlich machen. Die Rheinauen in Trebur sind damals als Ausgleichsmaßnahmen der FAG angelegt worden. Ich rate nur allen, dorthin zu gehen und sich anzuschauen, was aus diesem sogenannten Naturschutzgebiet geworden ist. Hier hat der verordnete Naturschutz am Ende versagt, weil sich alle nach drei Jahren aus der Fläche zurückgezogen haben und sie sich selbst überlassen haben, und die Naturschutzziele, die angedacht waren, können jetzt bei Weitem nicht erfüllt werden.
Frau Kollegin Hammann,Sie kennen das.Ihnen brauche ich das nicht zu erklären. Wir waren gemeinsam da. Ich will Sie auch deshalb ansprechen, Frau Kollegin Hammann, weil Sie gerade dazwischenrufen. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie hier vorne an das Pult gehen underst einmal ein Lob an die Landesregierung sagen.
Gerade in diesen Tagen, wenn wir in diesem herrlichen Plenarsaal sein dürfen
hören Sie doch zu –, ist die Kommission zum Thema Weltnaturerbe unterwegs, um zu prüfen, ob der Nationalpark Kellerwald als Weltnaturerbe anerkannt werden kann. Nun kennt jeder meine Meinung zu diesem Nationalpark.Aber,ich finde,es wäre eine große Auszeichnung, wenn der Weltnaturerbe werden würde. Daher hätte ich von Ihnen erwartet, dass Sie einmal sagen: „Prima gemacht, Landesregierung, das war eine gute Maßnahme.“
Ich denke, an der Stelle sollten wir alle ein Stückchen abrüsten.Wir sollten jetzt eine Anhörung machen – da gebe ich Frau Schott wieder recht, es ist alles schwer zu durchforsten: die europäische Gesetzgebung,Artenschutzrecht, Natura 2000, Vogelschutzrichtlinie und all das, was dort zusammenkommt –, in die wir unvoreingenommen hineingehen, wo wir aber sagen: Wir wollen das, was in der bisherigen hessischen Landesgesetzgebung gut war, fortschreiben. Dort, wo es aber Verbesserungen geben sollte, werden wir auch dafür offen sein.
Meine Damen und Herren, deshalb noch einmal meine Bitte: Lassen Sie uns bei all diesen Diskussionen, die wir beim Thema Naturschutz teilweise sehr emotional führen, in diese Anhörung gehen und dann gemeinsam die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus ziehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dann zu einem neuen Naturschutzgesetz kommen werden, das allen Ansprüchen und vor allen Dingen dem Anspruch gerecht wird, der besagt: Der Mensch ist auch ein Stück dieser Natur. Das sollten wir bei allen Diskussionen nicht vergessen. Der Mensch hat über viele Jahrhunderte und Jahrtausende diese Natur auch mitgestaltet. Das ist so, ob wir es wollen oder nicht, und dem müssen auch wir Rechnung tragen. Lassen Sie uns diese Aufgabe deshalb pragmatisch in Angriff nehmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dass wir uns heute Morgen Gedanken über das Thema Milch machen müssen, hat einen Vorteil: Milch ist gesund. Milch schmeckt hervorragend. Milch tut jedem von uns gut, wenn er sie trinkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Als Erstes sollten wir doch Melanie, die erste Milchkönigin von Hessen heute Morgen hier herzlich begrüßen. Herzlich willkommen.
Die Milch machts. Hessens Milchbauern brauchen eine Chance.
Die Gebrüder Aldi haben am 6. August des vergangenen Jahres bei einem Milchpreis von 68 Cent in einer ganzseitigen Anzeige erklärt: Wir müssen den Bauern eine Chance geben. Milchwirtschaft in Deutschland muss erhalten werden. Darum bitten wir Sie alle, die wir Verbraucher sind, um Verständnis, dass diese 68 Cent gezahlt werden müssen.
Heute sind die Gebrüder Aldi – und das sage ich wirklich ganz bewusst – diejenigen, die die Landwirtschaft und die Milchwirtschaft in Deutschland zum Ruin führen. Denn die Gebrüder Aldi sorgen derzeit bei einem Milchpreis von 42 Cent dafür, dass die Milchwirtschaft in Hessen und in Deutschland keine Chance mehr für die Zukunft hat.
Ich sage das an dieser Stelle bewusst. 365 Tage im Jahr – das sind 8.760 Stunden – ist jeder Milchbauer für seine Tiere da. Er kümmert sich um seine Tiere. Er hegt und pflegt sie. Das tut er 365 Tage, also 8.760 Stunden.
Da sind Silvester, Ostern und der Heilige Abend mit einbezogen.
Auch an diesen Tagen wollen die Tiere versorgt werden.
Frau Tierschutzbeauftragte Martin hat festgestellt, dass das so ist. Wir haben das in einem Gespräch geklärt. Ein Milchpreis von 20 Cent für den Landwirt bedeutet,dass er für diesen Preis keine Milch erzeugen kann.Er erzeugt sie im Moment. Denn er kann bei seiner Kuh den Hahn nicht zudrehen. Milch wird gemolken und muss gemolken werden, weil die Tiere das wollen und brauchen. Aber wenn wir heute sehen, dass wir uns vor eineinhalb Jahren, im Jahr 2007, über einen Milchpreis von 68 Cent unterhalten haben und dass wir heute darüber reden, dass 42 Cent gezahlt werden, müssen wir feststellen, dass das nicht sein kann.
Ein Päckchen Butter kostet derzeit im Laden 65 Cent – egal wo. Ein Päckchen Kaugummi, das daneben liegt, kostet 70 Cent. Auf dem Kaugummi kann man zwar länger herumkauen, aber ich glaube, dass der, der sich einmal richtig Gedanken darüber macht, zu dem Ergebnis kommt, dass wir uns klarmachen müssen, welche Wertvorstellungen diese Gesellschaft in Zukunft hat.
Wenn die Wertvorstellungen, die diese Gesellschaft hat, so ausgelegt werden, dann wird es in Zukunft in Deutschland keine Milchwirtschaft mehr geben. Es wird auch in Zukunft keine Landwirtschaft mehr geben, die vieles macht und vieles kann. Die Landwirtschaft kann alles: Sie erzeugt hervorragende Nahrungsmittel. Sie kann Energie erzeugen, und sie pflegt diese Kulturlandschaft, die wir derzeit alle sehen können, wenn wir durch das Land fahren.Aber für einen Milchpreis von 20 Cent geht das nicht.
Lassen Sie mich noch einmal einen Vergleich heranziehen. Ich kann es selbst nicht mehr nachvollziehen. Herr Kollege Rudolph,
der Liter Milch kostet 42 Cent. Der Liter Benzin kostet drei- bis viermal so viel.
Ich denke, mit einem Liter Milch kann man wesentlich länger überleben als mit einem Liter Benzin.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gestern darüber debattiert, und wir werden heute noch darüber debattieren
Herr Präsident, ich komme zum Schluss –, wie wir den ländlichen Raum stärken können. Ich will an dieser Stelle zwei Bemerkungen machen. Ein Cent an Milchgeld, das hessische Landwirte mehr erhalten,bedeutet fast 50 Millionen c für die hessische Landwirtschaft. Mit diesen 50 Millionen c werden hessische Landwirte nicht nach Mallorca fahren. Hessische Landwirte werden das wieder investieren. Das ist eine Förderung für den ländlichen Raum, die besser ist als jede andere. Deshalb lautet meine Bitte an Sie alle: Wir alle sind Verbraucher. Wir alle können durch unser Kaufverhalten dazu beitragen, dass diejenigen, die für einen fairen Milchpreis eintreten, die Chance haben, das auch in Zukunft umzusetzen. Deshalb bitte ich Sie alle: So kann es nicht weitergehen. Der ländliche Raum stirbt aus, wenn die Bauern am Ende sind und zu diesen Preisen keine Milch mehr produzieren können.
Gestatten Sie mir noch einen Schlusssatz. – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle ist es sehr ernst.Wir dürfen uns darüber auch gar nicht lustig machen. Wenn diese Chance für die Milchproduktion in
Hessen und für die Erzeugung für den Verbraucher vor Ort nicht genutzt wird, werden wir auch als Hessen im ländlichen Raum sehr große Probleme haben. Deshalb bitte ich Sie alle: Helfen Sie mit. Kaufen Sie dort, wo hessische Landwirtschaft leben kann.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Haushalt 2009 setzt auch im Einzelplan 09 andere Akzente als im Jahre 2008. Ich will einige andere Punkte aufgreifen.Der Kollege hat schon darauf hin
gewiesen. Es geht nicht darum, Gesetze, Verordnungen und Zwangsbeglückungen zu betreiben, sondern es geht darum, Gesetze in diesem Bereich des Haushalts 2009 mit Umweltschutz,Klimaschutz,Naturschutz in die Köpfe der Menschen hineinzubringen.
Frau Kollegin Hammann, nur wenn wir die Menschen mitnehmen, kann es uns gelingen, dass wir gemeinsam etwas auf den Weg bringen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle auf einen Schwerpunkt eingehen, den ich Ihnen vortragen möchte. Herr Kollege Görig, dann komme ich gleich zu Ihnen. Dann will ich das gleich abarbeiten, damit das nicht hier stehen bleibt. Sie haben sich hier vorne hingestellt und so getan, als passierte im Klimaschutz und im Umweltbereich in Hessen überhaupt nichts. Sie haben alles madig gemacht. Sie haben alles danieder geredet. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Sie stellen sich hierhin und reden von Technologiefeindlichkeit. Das ist nun der Witz des Jahrhunderts. Schöne Grüße an Luftschutz-Hermann. Ich erinnere an KasselCalden, was Sie dort vorhatten.
Günter Rudolph, ich habe es nicht provoziert. Das kam von der Seite.
Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen machen. Nachhaltigkeitsstrategie, Nachhaltigkeitskonferenz – das Mitnehmen der Menschen habe ich angesprochen. In vielen Bereichen geben wir Anstöße. Es sollen auch mit diesem Haushalt Anstöße gegeben werden,um Klimaschutz,aber auch Energieeinsparung zu erreichen, um Umweltbelastung zu verringern. Das sind Punkte, die wir angehen.
Wir haben eine Energieanhörung von zweieinhalb Tagen in diesem Hause gehabt. Diese Energieanhörung hat uns sehr viele Aufschlüsse gebracht. Die gilt es umzusetzen. Das geht nicht von heute auf morgen. Es muss kontinuierlich abgearbeitet werden, was dort zutage gekommen ist. Ich will sagen, was wir gemacht haben. Wir haben HeRo installiert, wir haben ISET, wir haben die HessenEnergie. Wir haben „Energieförster“, falls das noch nirgendwo angekommen ist. So macht sich diese Hessische Landesregierung Gedanken darüber,
wie wir zu dem Thema Energie autark werden können, wie wir in der Lage sein wollen, in Zukunft einen Energiemix zu haben, zu dem derzeit auch noch die Atomkraft gehört.Das will ich deutlich sagen.Es ist uns ein Anliegen, immer mehr aus dieser Energie aussteigen zu können.Wir wollen einen breiten Energiemix, der sich im Wettbewerb behauptet. Das unterscheidet uns in Teilen von den Fraktionen auf der linken Seite, die den alternativen Energien das Wort geredet haben.Wir müssen auch überlegen, welche Energien die sinnvollsten und wirtschaftlichsten sind.
Es ist nicht damit getan, zu sagen: „Ich installiere gerade einmal Solaranlagen“, wenn keine Sonne scheint.
Es ist nicht damit getan, zu sagen: „Ich stelle gerade einmal Windmühlen auf“, wenn kein Wind weht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Diskussion sollten wir an dieser Stelle nicht führen.
Ich habe Ihnen eben vorgetragen, welche Möglichkeiten wir geschaffen haben. Die hat diese Landesregierung geschaffen, nicht Sie. Sie reden viel davon, aber das Handeln müssen andere bewerkstelligen.
Ich will noch den Bereich Landwirtschaft ansprechen. Morgen früh werden wir eine Aktuelle Stunde zum Thema Milchwirtschaft haben.
Ja, in der Agrarpolitik gibt es für ein Bundesland begrenzte Möglichkeiten. Aber die Möglichkeiten, die Hessen hat, gerade auch bei der Umstrukturierung der EUFörderung, dieser zweiten Säule, werden in Agrarumweltprogrammen genutzt. Diese sind in weiten Teilen jetzt so aufgestellt, dass sie auch von der Landwirtschaft genutzt werden können. Hier gab es nämlich einen gewissen Nachholbedarf.
Das ändert aber alles nichts an der Situation, die wir vorfinden. Das Agrarpreisniveau ist unterste Schublade. Wir haben eine Marketinggesellschaft gegründet und sie auch finanziell ausgestattet, die hessische Agrarprodukte am Markt positionieren soll. Denn es geht nur über den Markt.
Ich meine, hier müssen wir in Zukunft noch verstärkt hinschauen – damit es uns gelingt, unsere hessischen Produkte auch auf die hessischen Verbrauchermärkte zu bringen. Unsere Verbraucher sitzen im Rhein-Main-Ballungsgebiet, und es muss uns gelingen, dort unsere Produkte zu vermarkten.
Herr Kollege Häusling, dabei geht es um 21.000 hessische Betriebe,hinter denen 21.000 Familien stehen,und die haben derzeit mit Existenzproblemen zu kämpfen. Ich meine, es wäre gut, wenn wir gemeinsam etwas Gehirnschmalz darauf verwenden würden, wie wir hier vieles voranbringen können.
Die Verbraucherzentrale ist vom Kollegen angesprochen worden. Das Thema Hessen-Forst will ich nur kurz streifen. Ich glaube, es war richtig, diesen Landesbetrieb zu installieren. Das zeigt sich immer mehr, je länger er ungestört arbeiten kann.
Der Landesbetrieb Landwirtschaft und das Beratungskuratorium, das wir im Jahr 2001 auf den Weg gebracht haben, sind wichtige Institutionen, die der hessischen Landwirtschaft helfen können, sich in den Bereichen zu positionieren, wo es darum geht, landwirtschaftliche Produktionen auf den Weg zu bringen und landwirtschaftlich etwas zu produzieren, das wir am Markt verkaufen können.
Es ist nicht Ziel und Zweck einer hessischen Landwirtschaft, von Staatsgeldern zu leben, sondern Ziel einer hessischen Landwirtschaft ist es,von der Vermarktung dessen zu leben, was auf Grund und Boden und in den Ställen produziert wird. Ich meine, dabei muss Politik helfen.
An dieser Stelle haben wir vieles angestoßen. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg, auch mit dem Haushalt 2009, der jetzt vorgelegt worden ist. Denen, die sich damit zwar kritisch auseinandersetzen, aber doch in vielen Bereichen auch etwas bewegen wollen, im Umweltschutz und auch in der Landwirtschaft, kann ich nur empfehlen, diesem Haushalt 2009 zuzustimmen. – Herzlichen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Ist der Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bekannt, dass einige Ökolandwirte die Impfung ihrer Tiere gegen die Blauzungenkrankheit verweigern?
Um wie viele Landwirte handelt es sich?
Ich nehme die Wahl an.