Bärbl Mielich

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! In der Tat ist es gelungen, mit dem Abschlussbericht der Pflegeenquete ein Ergebnis vorzu legen, das deutlich macht, dass wir uns in wesentlichen Punk ten sehr gut angenähert haben. Zentrale Botschaften sind in diesen Enquetebericht eingeflossen. Eine Botschaft von uns war: in Würde alt zu werden, keine Angst davor zu haben, die Autonomie zu verlieren, wenn ein Leben mit Unterstützung notwendig ist, und dafür die entsprechenden Wege aufzuzei gen. Die Sicht der Betroffenen ist in den Mittelpunkt zu stel len.
Diese Ziele haben wir mit der Pflegeenquete verfolgt, und es ist gelungen, diese auch tatsächlich wie einen roten Faden – das hat Herr Rüeck ja eben auch schon deutlich formuliert – in dem Abschlussbericht der Pflegeenquete deutlich zu ma chen.
Wir trauen den Menschen zu, selbst zu entscheiden, wo und wie sie alt werden wollen und wo und wie sie leben wollen. Dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, das ist eine der Kernaussagen, die wir treffen wollten und die wir mit diesem Abschlussbericht auch getroffen haben.
Dabei ist völlig klar geworden – das haben meine beiden Vor redner auch schon ausgeführt –, dass Pflege eine gesamtge sellschaftliche Aufgabe ist, dass es eben nicht darauf an kommt, dass bestimmte Einrichtungen oder bestimmte Infra strukturen vorhanden sind, sondern es eine Botschaft an die gesamte Gesellschaft ist, dass die Sorgearbeit, die Care-Ar beit von allen geleistet werden muss und dass wir alle ange sprochen sind.
In der Tat werden 70 % der Menschen nach wie vor zu Hau se betreut und auch zu Hause gepflegt. Es ist klar, dass das kein Zukunftsmodell sein kann, sondern ein Istzustand ist, der die Herausforderungen deutlich macht, die entstehen, wenn das nicht mehr geleistet werden kann.
Wir brauchen niedrigschwellige Unterstützungsstrukturen, die die Pflege zu Hause erleichtern. Wir brauchen aber eben auch – auch darin liegt der gesellschaftliche Auftrag – auf diesem Gebiet den Aufbruch aller, die mit ins Boot kommen müssen. Wir brauchen z. B. die Vereinbarung zwischen Betrieben und Gesellschaft, wir brauchen aber auch ambulante Dienste, um bessere Arbeitsverhältnisse, andere Arbeitszeitmodelle zu schaffen und dafür zu sorgen, dass Menschen, die Pflegear beit leisten, in ihrem Beruf entlastet werden. Das ist die CareArbeit, die geleistet wird. Hierüber muss es einen gesamtge sellschaftlichen Konsens geben.
Wir haben – darauf bin ich stolz – in der ganzen Diskussion in der Enquete immer wieder deutlich gemacht, dass der Ort, wo Pflege stattfindet, die Dörfer, die Kommunen, die Städte sind und dass – das ist in den vorherigen Reden deutlich ge worden – das Leben in den Quartieren stattfinden muss. Das bedeutet, dass Quartiere anders geprägt sein müssen. Natür lich werden Quartiere nicht neu geschaffen – Quartiere sind da –, aber sie müssen mit Leben gefüllt werden und brauchen eine entsprechende Infrastruktur. Sie brauchen den erforder lichen Rahmen, damit Menschen mit Unterstützungsbedarf dort auch leben können.
Das bedeutet ganz konkret: Wir brauchen dort z. B. einen öf fentlichen Nahverkehr, wir brauchen eine wohnortnahe Da seinsvorsorge, und wir brauchen ambulante Dienste. Ferner brauchen wir Menschen, die bereit sind, im Zuge der Nach barschaftshilfe Menschen mit Unterstützungsbedarf zu unter stützen.
Das ist ein Mehr an Qualität, das allen zugutekommt. Es kommt den Familien insgesamt zugute, es kommt den Men schen im Quartier zugute. Wir wollen ein Mehr an Miteinan der, ein Mehr an sozialem Leben, ein Mehr an lebendigem So zialraum schaffen, wodurch es lohnenswert wird, im Quartier zu leben.
Ich habe dafür ein konkretes Beispiel aus meinem Wahlkreis – das habe ich hier auch schon einige Male vorgestellt –, und zwar die Gemeinde Eichstetten, eine Gemeinde am Kaiser stuhl mit 2 500 Einwohnern. Dort gelingt es. Da ist es mit dem Bürgerdialog, mit einer aktiven Bürgergemeinschaft tatsäch lich gelungen, ein lebendiges Dorf zu schaffen, in dem die Menschen sich umeinander kümmern, in dem es z. B. mög lich ist, eine Wohngruppe für Menschen mit Demenz einzu richten. Es gibt dort betreutes Wohnen und ein inklusives Ca fé. Diese Wohngruppe für Menschen mit Demenz zeichnet sich dadurch aus, dass das Leben dort sehr familiär ist, dass es dort ganz normal ist, dass gegessen und gekocht wird, dass auch ein Wein getrunken wird, dass Karten gespielt wird, dass alle Beteiligten sich dort wohlfühlen können, aber auch die Besucher dort einbezogen werden. Das gelingt jetzt seit 15 Jahren.
Diese Form des Miteinanders unterstützen wir sehr. Das ist im Enquetebericht auch deutlich zum Tragen gekommen.
Es ist wichtig, noch einmal zu sagen, dass das Wohn-, Teilha be- und Pflegegesetz, das im Jahr 2014 eingeführt worden ist, den Rahmen setzt, der notwendig ist, um diese selbstverwal teten Wohngruppen deutlich zu stärken. Es ist nicht so, dass es schwierig wäre, dies zu tun. Es stellt sich jetzt heraus, dass die landesweite Beratungsstelle, die FaWo, eine sehr gute Ar beit leistet und es eine Menge Gemeinden gibt, die bereit sind, sich da auf den Weg zu machen und eben ihre Quartiere bzw. ihre Dörfer zu aktivieren und Wohngruppen für Menschen mit Pflegebedarf und Demenz einzurichten.
Wir müssen – auch das ist ein Teil des Berichts der Pflegeen quete – das Quartiersmanagement fördern, indem wir Infra strukturen schaffen, indem wir professionelle Strukturen auf den Weg bringen. Das muss logistisch und finanziell geför dert werden.
Bei der Arbeit in der Enquetekommission ist klar geworden, dass die Betreuung, Begleitung und Unterstützung von Men schen, die alt werden und Unterstützung brauchen – egal, ob sie in Wohngruppen leben oder ob sie im Pflegeheim leben oder ob sie zu Hause leben –, sichergestellt werden muss. Hierzu braucht man einen Mix an Begleitung, professionel len Hilfen, aber eben auch bürgerschaftlichem Engagement. Alles zusammen braucht allerdings Zeit. Doch Zeit ist etwas, was gerade bei professionellen Pflegediensten, aber eben auch in Pflegeheimen immer weniger vorhanden ist, weil sich die Arbeitszeiten immer mehr verdichten.
Ich nehme jetzt einen Bereich ganz besonders heraus; das ist der Bereich der ambulanten Pflegedienste. Da ist sehr deut lich geworden, dass die niedrigschwelligen Dienste, die bei der Unterstützung der Menschen vor Ort, in den Familien ei ne sehr wichtige Arbeit erledigen, ein Riesenproblem haben, weil sie chronisch unterfinanziert und sozusagen von der Schließung bedroht sind. Es ist uns ein Anliegen – das haben wir auch so formuliert –, dass ambulante Pflegedienste finan ziell deutlich besser ausgestattet werden müssen und dass Ta rifsteigerungen mit in die Pflegesatzverhandlungen aufgenom men werden müssen. Das ist eine Forderung, die wir auch ganz deutlich an die Bundesebene stellen.
Ich habe jetzt gerade von den Menschen gesprochen, die Pfle ge in Anspruch nehmen, und komme nun zu denjenigen, die Pflege leisten. Es ist immer wieder deutlich geworden, dass die Personengruppe, die Pflege leistet, natürlich eine sehr wertvolle Arbeit macht, aber eben auch eine sehr harte Arbeit. Dass diese Arbeit so hart ist, führt dazu, dass die Pflegenden häufig nur für sehr kurze Zeit in ihrem Beruf verweilen. Das ist eine Entwicklung, die wir in keiner Weise akzeptieren kön nen und der wir ganz massiv entgegenwirken müssen.
Wie können wir das am besten tun? Völlig klar ist: Wir brau chen andere Arbeitszeitkonzepte; wir brauchen aber auch ei ne andere Bezahlung. Da sehen wir zwei Stränge. Der eine Strang sieht so aus: Pflegekräfte in der stationären Altenpfle ge müssen stärker in Fachgruppen oder in Berufsgruppen ein gebunden werden, die die Möglichkeit zur Weiterbildung er halten. Es darf nicht sein, dass die Arbeit in erster Linie von nicht entsprechend weiterqualifizierten Pflegekräften geleis tet wird.
Bei der Akutversorgung in den Krankenhäusern ist es uns ein großes Anliegen, festzustellen, dass die Kosten für die Pflege bei der Abrechnung bzw. in den Abrechnungssystemen der Krankenhäuser separat aufgeführt werden müssen. Das, was in den letzten Jahren durch die Einführung der DRGs passiert ist, nämlich, dass die Krankenhäuser versucht haben, ihre De fizite auf Kosten des Personals zu reduzieren, hat eine Spira le in Gang gesetzt, die unbedingt gestoppt werden muss. Sie kann nur dadurch gestoppt werden, dass die Personalkosten eine eigene Säule bei der Abrechnung oder im Abrechnungs system der Krankenhäuser bilden. Auf diese Weise – davon sind wir überzeugt, und das haben auch die Anhörungen ge zeigt – ist es möglich, den Abbau von Personal zu stoppen und so die Personalausstattung insgesamt zu sichern.
Das betrifft die längerfristige Perspektive. Dazu wollen wir eine Initiative im Bundesrat starten. Dies wird natürlich eine
Weile dauern; das ist ganz klar. Es ist ein Bohren dicker Bret ter, wenn es darum geht, mehr Geld für die Pflege bereitzu stellen. Als Sofortmaßnahme haben wir uns darauf verstän digt, ein Sofortprogramm zu fordern, das sich als Richtschnur an einem Personalausstattungsprogramm orientiert, wie es En de der Neunzigerjahre gegeben war. So ist die Botschaft, die von diesem Bericht an die Pflegekräfte ausgeht, ganz klar: Wir haben verstanden, dass es wichtig ist, dass ihr besser ausge stattet werdet, dass es mehr Pflegekräfte gibt, damit ihr mehr Zeit habt, um die Arbeit zu erbringen, für die ihr ausgebildet seid, und so auch eine höhere Zufriedenheit erlangen könnt.
Denn auch das ist ganz deutlich geworden: Diejenigen, die in der Pflege tätig sind, üben diesen Beruf alle sehr gern aus und leiden darunter, dass sie ihre Tätigkeit nicht in entsprechend qualifizierter Weise ausüben können, weil sie eben entschie den zu wenig Zeit haben.
Damit sind wir beim Thema Ausbildung. Hier komme ich zu einem sehr zentralen Punkt, der auch schon von meinen Vor rednern angesprochen worden ist. Was die Ausbildung von Pflegekräften insgesamt betrifft, müssen wir unserer Meinung nach deutlich sagen: Die dreijährige Fachausbildung, die wir haben, bleibt eine wichtige Säule und bleibt die Basis für die berufliche Bildung. Aber wir brauchen in der Tat auch eine Teilakademisierung. Ein bestimmter Prozentsatz der in der Pflege tätigen Personen sollte akademisch ausgebildet wer den; denn Pflege wird immer komplexer und immer schwie riger. Die Patienten kommen mit immer komplizierteren Krankheitsbildern in die Kliniken. Daher ist es wichtig, die Möglichkeit zu schaffen, einen Teil der Pflegekräfte auch aka demisch auszubilden.
Wir stellen uns bei dieser Gelegenheit vor, dass wir die Aus bildung nicht nur akademisch ausrichten, sondern sie auch kombiniert in der Weise gestalten, dass sie innerhalb eines ge meinsamen Campus stattfindet, in dem die Ausbildung für al le Gesundheitsberufe in Verbindung mit medizinischen Stu diengängen stattfinden kann. Auf diese Weise kann jeder von den Professionen der anderen jeweils profitieren und kann die se kennenlernen. So ist es möglich, das von uns ebenfalls ver folgte Ziel, nämlich die Einrichtung interdisziplinärer Versor gungsteams, zu erreichen.
Ich sehe, dass meine Sprechzeit bereits abgelaufen ist,
möchte mich aber namens meiner Fraktion kurz noch dem Lob anschließen, das meine Vorredner zum Ausdruck gebracht haben. Auch ich meine, dass unsere Zusammenarbeit sehr konstruktiv war. Wir haben uns bemüht, viel voneinander zu lernen und vieles beizutragen, und das Ergebnis zeigt, dass wir die Kernbotschaften wirklich gut formulieren und heraus arbeiten konnten. Wir konnten zum Ausdruck bringen, dass wir das Thema Pflege sehr ernst nehmen und dies für ein zen trales politisches Thema halten, das wir angehen müssen, für das wir viel Energie, aber auch einiges an finanziellen Mitteln brauchen und für das wir auch eine Menge Fantasie brauchen.
Ich bedanke mich ganz besonders bei meiner grünen Gruppe: bei Manfred Lucha, Charlotte Schneidewind-Hartnagel und Thomas Poreski und natürlich bei unseren beiden parlamen
tarischen Beraterinnen, Kirsten Koners und Tanja Urban. Da rüber hinaus schließe ich mich dem Lob meines Kollegen Kunzmann ausdrücklich an.
Herzlichen Dank.
Irgendwie dachte ich immer, dass ich gar nicht so zart aussehe, dass man mich so ohne Wei teres übersehen kann. Aber da werde ich jetzt eines Besseren belehrt.
Herr Staatssekretär, bei diesem Ausbau der Studiengänge ist das zentrale Kriterium ja die Un terscheidung, dass bei der ersten Tranche ausdrücklich fest geschrieben worden ist, dass bestehende Studiengänge um ei nen Anteil aufgestockt werden sollen, dass aber bei der zwei ten Tranche neue Studiengänge eingerichtet werden sollen.
Ist es richtig, dass ein ganz zentrales Auswahlkriterium der zweiten Tranche – auch das ist die Umsetzung der Empfeh lung des Wissenschaftsrats – die Schaffung von Studiengän gen vor allem in Verbindung mit Universitäten ist, um den Austausch zwischen den medizinischen und nicht medizini schen Gesundheitsberufen deutlich zu forcieren mit dem Ziel, dass es eine Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe insge samt geben kann?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Frau Ministerin! Wenn es um die Betreuung der Flüchtlinge geht, ist ja bekannt, dass der Markt an Sozialarbeitern kom plett leergefegt ist. Es ist von Ihrer Seite auch gesagt worden, dass es enorm wichtig ist, dass Sozialarbeiterinnen und Sozi alarbeiter in den Einrichtungen sind. Gibt es von Ihrer Seite z. B. eine Initiative in Form einer Weiterbildung, um Men schen zu qualifizieren, die Sozialbetreuung zu übernehmen?
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja nett, wenn wir das jetzt so hören. Ich bin sehr froh, Herr Haußmann, dass Sie zu Beginn Ihrer Rede sagten, wie groß artig die Versorgungsstruktur in Baden-Württemberg ist. Ich muss sagen, es ist wunderbar, dass Sie die Landesregierung so loben für die Arbeit, die wir in den letzten vier Jahren hier gemacht haben.
Denn wir haben in der Tat dafür gesorgt, dass die Kranken häuser eine deutlich bessere Ausstattung haben, dass sie deut lich besser dastehen, als das noch vor vier Jahren der Fall war.
Das Krankenhausstrukturgesetz ist auf den Weg gebracht wor den. 6,2 Milliarden € soll es kosten, sagen die Krankenkas sen. Was sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmäch tigte für Pflege, Herr Karl-Josef Laumann, als er dieses Ge setz kommentierte? Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Es wird sicherlich die eine oder andere Krankenhaus schließung geben. Viele kleine Krankenhäuser unter 200 Betten haben es schon heute oftmals schwer.
Was heißt das? Das Krankenhausstrukturgesetz ist in Wahr heit ein Krankenhausschließungsgesetz. Eine solche Situati on hatten wir schon einmal, nämlich bei der Einführung der DRGs. Auch damals ist gesagt worden: „Wir werden die Be triebskostenfinanzierung nicht zu 100 % machen, sondern nur zu 90 %; wir werden auf diese Weise Synergieeffekte errei chen und werden natürlich auch erreichen, dass Krankenhäu ser, die nicht mehr wettbewerbsfähig sind, vom Netz genom men werden können.“ Das ist der falsche Weg. Es ist kein po litischer Weg. Das hat vor zehn Jahren nicht funktioniert, und das wird auch jetzt nicht funktionieren.
Jetzt wird davon gesprochen, dass Qualitätskriterien erarbei tet werden sollen. Die sollen aber in den nächsten Jahren erst erarbeitet werden und sind noch gar nicht da. Es wird sugge riert, dass Krankenhäuser keine Qualitätskriterien hätten, de nen sie unterliegen. Das ist der falsche Weg, und das ist auch der falsche Ansatz; denn wir haben sehr wohl Qualität in un seren Krankenhäusern.
Wir wissen doch, wo die Probleme liegen. Das wird überhaupt nicht angesprochen, bzw. da werden keine Maßnahmen ergrif fen. Dazu haben Sie von FDP/DVP und CDU gerade in Ihren Stellungnahmen auch viel zu wenig gesagt. Es wird das Pfle gestellenförderprogramm von 660 Millionen € angesprochen. Herr Lauterbach – da muss ich jetzt die SPD schon einmal kri tisieren –
sagt: „Na ja, jetzt haben wir festgestellt, dass es einen deutli chen Zusammenhang zwischen der Mortalität und der Aus
stattung mit Pflegepersonal gibt. Also stocken wir das jetzt noch auf perspektivisch 1,32 Milliarden € auf.“ Das alles wird aber nicht reichen, weil es letztlich für baden-württembergi sche Kliniken drei bzw. sechs Personalstellen pro Klinik be deutet, und auch die sind unterfinanziert; sie sind nur zu 90 % finanziert. Das heißt, dass die Kliniken auch dafür wieder Geld in die Hand nehmen müssen, um diese Personalstellen refi nanzieren zu können. Das ist der falsche Ansatz.
Ich hätte in der Tat von einer Großen Koalition in Berlin er wartet, dass sie dieses große Rad dreht und sagt: „Wir haben seit zehn Jahren die DRGs. Es wird Zeit, dass wir dieses Fi nanzsystem auf den Prüfstand stellen, dass wir uns anschau en, ob es wirklich tauglich ist, ob es wirklich das richtige In strument ist, um die Betriebskostenfinanzierung der Kranken häuser zu sichern.“
Herr Teufel, Sie sagen, dass Sie eine auskömmliche Betriebs kostenfinanzierung haben wollen. Dann müssen Sie sich da für in Berlin auch einsetzen und darum kümmern, dass es tat sächlich passiert.
Das immer nur im Land zu fordern, aber nichts dafür zu tun, erinnert an einen zahnlosen Tiger.
Wenn Sie dann die Ministerin mit dem Vorhalt angreifen, dass sie nicht in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe gewesen ist, muss ich sagen: Wichtig ist, dass sie hier im Land eine gute Politik für die Krankenhäuser abliefert. Sie hat die Position der ba den-württembergischen Krankenhäuser vertreten und die Ver sorgung hier im Land aktiv nach vorn gebracht, indem sie ganz beherzt entsprechende Anträge im Bundesrat gestellt hat mit dem Ziel, den Versorgungszuschlag in den Landesbasis fallwert zu überführen.
Das war eine gute Initiative, und hierfür möchte ich ihr aus drücklich danken. Das ist die richtige Initiative, die auch hier in diesem Haus insgesamt von allen Parteien mitgetragen wird.
Das alles ändert nichts an den eigentlichen Problemen, die wir haben. Wir haben ein großes Problem bei der Pflege, bei der Pflegeversorgung. Wir haben zu wenige Pflegekräfte. In den letzten zehn Jahren wurden zu viele Pflegekraftstellen abge baut, und zwar bundesdurchschnittlich etwa 11 %. Im Pflege bereich herrschen total verdichtete Arbeitsabläufe, die Pflege kräfte sind überlastet. Das haben wir in den Anhörungen der Enquetekommission „Pflege“ immer und immer wieder zu hö ren bekommen. Die Pflegekräfte sind unzufrieden, weil sie viel zu wenig Zeit haben, um wirklich gut pflegen zu können. Sie können ihre Qualifikation nicht mehr so ausleben, wie sie es gelernt haben.
Das führt dazu, dass wir in der Tat auf einen Pflegenotstand zusteuern, dem wir uns ganz massiv entgegenstellen müssen. Wie können wir das tun? Es reicht nicht, zu sagen: „Wir schät
zen die Pflege mehr wert.“ Wir müssen vielmehr deutlich sa gen: „Wir haben die Signale verstanden.“ Wir müssen unsere Aktivitäten darauf richten, eine eigene Finanzsäule innerhalb der Betriebskostenfinanzierung, innerhalb der DRGs zu schaf fen. Wir nennen sie „Nursing Related Groups“, das heißt NRGs.
Ja, das ist ein schwieriger Begriff, aber dieser ist durchaus bekannt, Kollege Wolf.
Wir wollen eine eigene Finanzsäule, die nur die Pflegekosten abbildet, um deutlich zu machen, dass in den Krankenhäusern keine Refinanzierung durch den Abbau von Pflegestellen mehr stattfindet. Unsere Antwort muss eine gute Betriebskostenfi nanzierung sein, die auch einen großen Schwerpunkt auf die Pflege setzt.
Sie haben gesagt, Kollege Haußmann, was wir alles im Land gemacht haben. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass uns dieses Krankenhausstrukturgesetz wirklich nicht hilft. Das, was wir machen wollen, geht deutlich darüber hinaus. Wir machen genau das, was dringend geboten ist. Wir gehen in eine ganz klare Strukturplanung. Wir gehen in eine verbind liche Krankenhausplanung. Wir haben ein Modellprojekt auf gelegt, das genau untersuchen soll: Was braucht es, welche Kriterien müssen erarbeitet werden, damit wir eine Kranken hausplanung auf den Weg bringen, die für das Land tauglich ist und die über die eigentliche Krankenhausplanung hinaus eine Gesundheitsplanung darstellt? Diese müsste genau das erreichen, was Sie alle fordern, wofür Sie aber hier nie aktiv werden.
Wir wollen die Sektoren überwinden, wir müssen den ambu lanten und den stationären Bereich besser miteinander verzah nen. Wir müssen auch viel stärker in die Vernetzung und Ver zahnung aller Gesundheitsberufe gehen. Es reicht doch nicht mehr, allein auf die Krankenhäuser sowie die Ärztinnen und Ärzte zu setzen. Wir haben auch kompetent ausgebildete Phy siotherapeuten, Hebammen, Pflegekräfte, Ergotherapeuten usw. All diese Kompetenzen müssen wir bündeln und zusam menbringen und in ein Versorgungssystem einbringen, das in der Fläche funktioniert. Nur so kann es gehen. Das werden wir auf den Weg bringen. Dazu haben wir uns jetzt auf den Weg gemacht, und das werden wir in der nächsten Legislatur periode fortsetzen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Teufel, ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht, dass Sie nun noch einmal for dern, wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass der Versor gungszuschlag in den Landesbasisfallwert überführt wird. Es ist doch nun wirklich von sämtlichen Rednerinnen und Red nern und nicht zuletzt auch von der Ministerin sehr engagiert vorgetragen worden, dass genau das bereits passiert ist, und es ist klar, dass man das jetzt nicht noch einmal nach vorn bringen muss. Das halte ich jetzt für etwas überflüssig.
In dieser Debatte ist doch Folgendes deutlich geworden: Es geht um zwei Bereiche. Es geht zum einen um die Betriebs kostenfinanzierung. Das ist Sache des Bundes. Die Investiti onskostenfinanzierung auf der anderen Seite ist Sache der Länder, und dies wird unterschiedlich gehandhabt; da haben Sie völlig recht. Es gibt Länder, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen. Wir in Baden-Württemberg tun dies aber, und es muss doch auch einmal anerkannt werden, dass wir unter der grün-roten Regierung diesen Investitionsstau weitestge hend abgebaut haben. Das ist ein Riesenerfolg und bedeutet eine große Entlastung für unsere Krankenhäuser.
Aber wir müssen in der Tat bei der Betriebskostenfinanzie rung den Druck auf die Bundesregierung deutlich erhöhen, damit diese sich dieser großen Aufgabe auch wirklich stellt. Es muss eine Neujustierung geben. Es kann doch nicht sein, dass wir bei den DRGs und bei der Systematik bleiben und dass wir nach wie vor dabei bleiben, dass die Betriebskosten nur zu 90 % refinanziert werden. Das bedeutet nämlich, dass es immer eine Unterfinanzierung gibt, und dies führt dazu, dass die Krankenhäuser immer weiter geknebelt werden und dass ihnen die Luft zum Atmen genommen wird. Das muss verändert werden, und dazu braucht es einen überparteilichen Konsens. Hier brauchen wir ganz stark die Unterstützung des Bundesgesundheitsministers.
Herr Haußmann, ich möchte Ihnen sagen: Ich finde es groß artig, wie Sie sich hier in Baden-Württemberg dafür engagie ren, dass die Krankenhauslandschaft gut aufgestellt ist. Sie wissen auch genau, dass Sie damit bei uns offene Türen ein rennen. Aber so zu tun, als hätte die FDP mit der Gesundheits politik in den letzten Jahren nichts zu tun gehabt, das ist doch ein Scherz.
Die FDP hat zweimal den Bundesgesundheitsminister gestellt, und diese haben nichts, aber auch gar nichts dazu beigetragen,
dass wir diese gravierenden Probleme in der Gesundheitsver sorgung systematisch angehen. Das jedoch wäre wirklich ei ne ganz zentrale Aufgabe gewesen.
Herzlichen Dank.
Verehrter Herr Präsident, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Pflegefachkraft mit mittlerer Reife und dreijähriger Ausbildung verdient 37 748 € pro Jahr. Ein Facharbeiter, ein Maschinenschlosser mit mitt lerer Reife und dreijähriger Fachausbildung, verdient 44 158 €, ein Feinblechner 42 793 €. Das sind konkrete Bei spiele, die deutlich machen, wie die Lohnunterschiede ausse hen und wie ungerecht es ist, dass Männer in ihren Berufen mehr verdienen als Frauen.
Wir fordern nach wie vor: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit.
Das ist die bereinigte Lohnlücke in Höhe von 7 %, von der meine beiden Vorrednerinnen eben auch gesprochen haben. Da ist es in der Tat wichtig, dass die Politik interveniert, dass die Politik eingreift. Da greift auch das Entgeltgleichheitsge setz von Frau Schwesig.
Frau Kollegin Gurr-Hirsch, Sie finden es völlig in Ordnung, dass das Gesetz nur für Betriebe mit mindestens 500 Beschäf tigten gilt. Diese Aussage finde ich eigenartig; das muss ich schon sagen. Denn das bedeutet ganz konkret für Baden-Würt temberg, dass das Gesetz eigentlich fast nirgendwo greift.
Ich würde einmal sagen: Die Mehrheit der Betriebe in Ba den-Württemberg hat deutlich weniger als 500 Beschäftigte. Das heißt, für all diese Betriebe greift dieses Gesetz nicht. Das ist, finde ich, ein Problem. Das ist auch eine Schwachstelle dieses Gesetzes.
Dennoch finden wir, dass es ein guter Ansatz ist, für Transpa renz bei Personalentscheidungen, aber z. B. auch bei den Kri terien zu sorgen und zu fragen: Was führt denn letztlich dazu, dass Frauen und Männer in den entsprechenden Betrieben un terschiedlich bezahlt werden? Wir hoffen, dass die Konse quenz ist, dass Lohnmess- und Arbeitsbewertungsverfahren eingeführt werden, um diese Transparenz auch nach außen deutlich zu machen.
Deswegen: Unter dem Strich ist das Entgeltgleichheitsgesetz ein guter Ansatz, aber er greift deutlich zu kurz.
In der Tat ist es so, wie Sie, Frau Gurr-Hirsch, es eben schon angesprochen haben: Die Grünen fordern, das Entgeltgleich heitsgesetz mit einem Verbandsklagerecht zu verknüpfen. Was heißt das denn? Wenn eine Einzelperson das Gefühl hat, dass sie ungleich, schlechter bezahlt wird als z. B. ein männlicher Kollege, traut sie sich dann, individuell zu klagen? Und wann macht sie das? Macht sie das, während sie den betreffenden Job noch ausübt, oder macht sie das erst, wenn sie diesen Be trieb längst wieder verlassen hat?
Ich finde es höchst problematisch, sozusagen diesen Rahmen zu schaffen, dann aber nicht zu schauen, wie man ihn tatsäch lich umsetzen und durchsetzen kann. Deswegen wird das Ent geltgleichheitsgesetz erst dann seinen wirklichen Charme und seine Wirkung entfalten, wenn es mit einem Verbandsklage recht verbunden wird.
Sie haben eben deutlich davon gesprochen, dass es zwei Lohn lücken gibt. Es gibt zum einen die bereinigte Lohnlücke. Es gibt zum anderen aber auch die unbereinigte Lohnlücke, und das ist die eigentlich spannende. Sie anzugehen ist für die Po litik – auch für die Landespolitik – sehr wichtig. Das ist die Gesamtentgeltlücke von 22 %, die strukturelle Hintergründe hat. Frau Wölfle und Frau Gurr-Hirsch haben schon deutlich angesprochen, was die Hintergründe dafür sind. Aber diese müssen wir noch einmal deutlich beleuchten und dann schau en: Was können auch wir, das Land, tun, und was haben wir bereits getan?
Frauen arbeiten in der Tat am häufigsten in den Branchen, in denen Sorgearbeit, Care-Arbeit, geleistet wird. Wir haben ei ne Pflegeenquetekommission eingesetzt, die noch einmal sehr deutlich macht – das war auch in der Anhörung der Fall, die wir am letzten Freitag, am Equal Pay Day, durchgeführt ha ben –, wo wir uns um die häusliche Krankenpflege geküm mert haben. Dabei ist sehr deutlich geworden, dass dort z. B. die tariflichen Bezahlungen überhaupt nicht funktionieren. Ta rifsteigerungen werden in den Gehältern also überhaupt nicht abgebildet.
Da hat sich mittlerweile eine Diskrepanz von 20 % aufgetan. Die Sozialstationen sind unterfinanziert, weil die Krankenkas sen nicht bereit sind, die Tarifkostensteigerung zu überneh men. Das ist ein Skandal. Da muss dringend nachgebessert werden. Da ist die Politik gefragt, und da können wir auch et was tun.
Insgesamt muss unser Anliegen sein, dass die Branchen, in denen Frauen hauptsächlich arbeiten, in denen Care-Arbeit geleistet wird, aufgewertet werden. Dies darf aber nicht nur dadurch geschehen, dass sie eine höhere Wertschätzung er fahren. Eine höhere Wertschätzung ist immer das Erste, was uns einfällt, denn sie kostet ja nichts. Vielmehr darf es dabei nicht aufhören. Es muss weitergehen. Wir müssen den Rah men für die Arbeitsbedingungen verändern. Wir müssen auch in diesen Branchen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessern.
Das Thema ist längst nicht mehr „Kindererziehung und Be ruf“. Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet zuneh
mend auch Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Es ist eine große Herausforderung, die sich auch an die Arbeitgeber rich tet, für Arbeitsbedingungen zu sorgen, die es Frauen und Män nern ermöglichen und sie auch dabei unterstützen, diesen un terschiedlichen Anforderungen tatsächlich gerecht zu werden.
Frauen arbeiten nach wie vor – das ist eben so; gerade wur den auch schon die steuerlichen Hintergründe angesprochen – schwerpunktmäßig in Teilzeitjobs, wenn sie Familie haben, oder sogar in Minijobs. Das hat natürlich auch steuerliche Hintergründe.
Es geht um die Steuerklasse V, aber es geht auch darum, dass das Steuerrecht einen Teil der Verdiener nach wie vor eher be günstigt. Es gibt nach wie vor ein Ehegattensplitting, bei dem es z. B. für Frauen, die deutlich mehr verdienen, überhaupt nicht mehr attraktiv ist, Mehrarbeit zu leisten, weil sich dies im Geldbeutel letztlich überhaupt nicht mehr niederschlägt.
Das heißt, auch wir fordern ganz klar ein individuelles Steu errecht und ein Abschmelzen des Ehegattensplittings. Das ist auch mir ein ganz besonderes Anliegen. Denn in anderen Rechtsbereichen und in anderen Gesetzen bildet sich längst eine andere gesellschaftliche Wirklichkeit ab. Das Familien recht hat sich so verändert, dass Frauen im Scheidungsfall auf jeden Fall keinen Unterhalt mehr bekommen, wenn ihre Kin der drei Jahre alt sind; von ihnen wird vielmehr erwartet, dass sie dann dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung stehen.
Das heißt, die gesellschaftliche Wirklichkeit, die sich im Fa milienrecht zunehmend abbildet, muss sich auch in der Steu ergesetzgebung deutlich abbilden, und dafür kämpfen wir.
Fazit: Wir können sagen, dass es Lohndiskriminierung gibt. Diese müssen wir abschaffen. Das können wir mit dem Ent geltgleichheitsgesetz tun. Aber es gibt auch eine strukturelle Diskriminierung. Diese wiederum können wir nur abschaffen, indem wir auch politisch hier im Land für eine bessere Ver einbarkeit von Familie und Beruf, von Pflege und Beruf sor gen. Dafür haben wir in den letzten Jahren einiges getan, in dem wir z. B. nicht nur bessere Infrastrukturmaßnahmen ge schaffen, sondern auch den Pakt mit den Kommunen geschlos sen haben. Mit ihm haben wir dafür gesorgt, dass Einrichtun gen für die Kleinkindbetreuung deutlich leichter geschaffen und besser finanziert werden können.
Wir haben da noch eine Menge zu tun. Ich finde, wir sind in diesem Bereich in den letzten vier Jahren in Baden-Württem berg einen deutlichen Schritt nach vorn gegangen. Es bleibt trotzdem noch einiges zu tun. Das müssen wir auf den Weg bringen. Dafür braucht es eine Fortsetzung der Arbeit der grün-roten Landesregierung.
Herzlichen Dank.
Wunderbar. – Frau Ministerin, es ist jetzt in den verschiedenen Beiträgen immer wieder die Rede davon gewesen, dass die Vorgabe zu den Einzelzimmern in der Landesheimbauverordnung seit 2009 gilt. Wir haben jetzt das Jahr 2015. Die ganzen Bedenken, die jetzt formuliert werden, wonach die Umsetzung für die Heimaufsicht mit mehr Arbeit verbunden wäre und möglicherweise Brand schutzmaßnahmen nicht mitfinanziert würden, möchte ich jetzt gern von der Möglichkeit in die Realität holen. Gibt es Erkenntnisse darüber, wie viele Heimträger bisher diese Um baumaßnahmen bereits durchgeführt haben? Denn es hätte be reits ab 2009 durchaus die Möglichkeit gegeben, diese Um baumaßnahmen durchzuführen. Ist Ihnen bekannt, ob es da zu derartigen Problemen gekommen ist?
Das Zweite: Glauben Sie, dass es durch das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, das wir im letzten Jahr verabschiedet ha ben, nicht mehr zu einem linearen Anstieg der Zahl der not wendigen stationären Plätze kommt? Glauben Sie, dass wir durch diesen Paradigmenwechsel hin zu den ambulant betreu ten Wohngruppen ein gutes neues Angebot schaffen, das die Betreuung und Unterstützung von Menschen mit Pflegebedarf beinhaltet?
Herzlichen Dank. – Frau Prä sidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie sieht die Zukunft der kommunalen Krankenhäuser aus? Gibt es diese Zukunft überhaupt, und was müssen wir tun? Wir sind sozu sagen am Ende der Legislaturperiode bzw. im letzten Jahr der Legislaturperiode.
Es ist an der Zeit und es bietet sich nun auch die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz dessen zu ziehen, was wir mit der grünroten Landesregierung bisher erreicht haben, wenn es darum ging, den großen Investitionsstau bei den Krankenhäusern ab zubauen. Wir haben einen riesigen Investitionsstau vorgefun den – insgesamt 1,2 Milliarden € – und haben mit einer gro ßen finanziellen Anstrengung insgesamt 35 % mehr Mittel in den Haushalt eingestellt, um den Investitionsstau abzubauen. Wir haben den Investitionsstau mehr als halbiert und haben auf diese Weise erreicht, dass wir bereits geplante Projekte zeitnah umsetzen können. Das ist ein großer Fortschritt.
Dennoch bleibt das Defizit bei den Krankenhäusern nach wie vor bestehen. Das hat sich am letzten Freitag noch einmal sehr deutlich gezeigt, als der Landkreistag und ver.di in einer ganz neuen Allianz eine gemeinsame große Veranstaltung genau zu dieser Frage durchgeführt haben: Wie sieht die Zukunft der kommunalen Krankenhäuser aus? Eines ist dabei ganz beson ders deutlich geworden: Es gibt nicht nur die strukturellen De fizite in den Krankenhäusern, sondern es gibt vor allem das große Problem der übergroßen Belastung beim Personal.
Bei dieser Tagung – sie hat leider zeitgleich mit der Sitzung der Pflegeenquete stattgefunden, sodass von uns Sozialpoliti kern nicht sehr viele an der Tagung teilnehmen konnten – ist
deutlich geworden, dass mit den Protesten, die das Thema Pflege zunehmend in die Öffentlichkeit bringen, mit den Ak tionen – „Pflege liegt am Boden“ – ein großer Hilferuf zum Ausdruck gebracht wird. Wir müssen uns darum kümmern, dass Pflege deutlich besser ausgestattet wird – dass sie nicht nur finanziell besser ausgestattet wird, sondern dass auch die Arbeitszeiten anders gestaltet werden.
Wir wollen in der Pflegeenquete Antworten zu der Frage er arbeiten, wie die Pflege in den Krankenhäusern insgesamt ent sprechend unseren Vorstellungen gestaltet werden kann. Denn wir wissen mittlerweile längst – es gibt hierzu aussagekräfti ge Studien – um den engen Zusammenhang zwischen guter Pflege und dem Prozess des Gesundwerdens oder auch der Mortalitätsrate. Jeder, der einmal richtig krank war, weiß, wie wichtig Zuwendung als Bestandteil der Pflege ist. Die Pflege kräfte haben jedoch immer häufiger keine Zeit mehr für Zu wendung. Das führt nicht nur zu einem Ausgebranntsein, son dern es führt auch dazu, dass sie überaus unzufrieden sind und zunehmend dem Beruf den Rücken kehren.
Was ist zu tun? Die Große Koalition in Berlin hat eine BundLänder-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen und gesagt: „Wir kümmern uns einmal um die Krankenhausfinanzierung insge samt in Deutschland.“ Man hat mit dieser Allianz, den Bund sowie die rot oder schwarz geführten Länder an einen Tisch zu bringen, natürlich einen richtig guten Coup gelandet, weil man dadurch die Diskussion insgesamt auf breite Füße ge stellt hat.
Diese Idee ist gut. Denn Gesundheitspolitik kann nur funkti onieren, Reformen können nur auf den Weg gebracht werden, wenn dies mit einer großen Allianz untermauert wird. Daher ist die Frage, die dort gestellt worden ist – „Wie können wir Krankenhausfinanzierung auf breite Füße stellen?“ – erst ein mal eine gute Frage.
Bei den Eckpunkten, die jetzt vorgestellt und auch verabschie det worden sind, ist deutlich geworden, dass die Länder – das begrüßen wir ausdrücklich – in der Krankenhausplanung in ihrer Gestaltungshoheit gestärkt werden. Es soll auch deutlich mehr Gewicht z. B. auf Qualität und Qualitätssicherung ge legt werden. Dies wiederum wirft die große Frage auf: Was ist denn Qualität? Wie messen wir Qualität bei den Kranken hausleistungen? Darüber wird es mit Sicherheit eine große Diskussion geben. Ich bin mir nicht so sicher, dass dabei wirk lich etwas richtig Gutes herauskommt und bei diesem sehr komplexen und kontroversen Sachverhalt nicht nur große Worte verwendet werden.
Ich finde, dass es z. B. wichtiger wäre, zu überprüfen: Wie ist das Entlassmanagement in den Kliniken? Wie ist die An schlussbehandlung? Wie sind der ambulante und der stationä re Bereich vernetzt? Wie ist z. B. auch das Zusammenwirken von Akutversorgung und Reha? Das wäre ein Punkt, der mir bei den Qualitätskriterien sehr wichtig ist.
Das Eckpunktepapier der Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll insgesamt die Finanzierung auf neue Füße stellen. Das ist mei ner Meinung nach auch überaus notwendig, gerade wenn es darum geht, die besonders prekäre Situation beim Personal neu zu justieren.
Vor zehn Jahren wurden die DRGs – die Fallpauschalen – ein geführt. Bei den DRGs bestand von vornherein eine Unterfi
nanzierung, weil man auf diese Weise erreichen wollte, dass sich die Krankenhauslandschaft sozusagen selbst in eine an dere Form „zurechtruckelt“. Das war an sich keine schlechte Idee, aber die Zusammensetzung der DRGs ist – das stellt sich jetzt, nach zehn Jahren, heraus – einem falschen Ansatz ge folgt. Schon damals ist klar gewesen, dass die Personalkosten nicht entsprechend abgebildet sein würden. Das muss sich auf jeden Fall deutlich verändern.
Die Tatsache, dass die Personalförderung ein großes Thema ist, hat auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe erkannt. Sie set zen jetzt ein Programm zur zusätzlichen Personalstellenför derung im Umfang von 660 Millionen € auf, ziehen das aber über drei Jahre. Dann bleibt dabei nicht wirklich viel übrig. Wenn man die Mittel herunterrechnet, erkennt man, dass es eine zusätzliche Stelle pro 130 Beschäftigten im ersten Jahr ist, eine Stelle pro 65 Beschäftigten im zweiten Jahr und eine Stelle pro 43 Beschäftigten im dritten Jahr. Das ist keine mess bare Entlastung. Das ist wirklich ein Tropfen auf den heißen Stein. Da muss sich deutlich etwas ändern.
Es muss sich auch deswegen etwas ändern, weil sich natür lich die Zusammensetzung der Gesamtheit der Patienten in den Krankenhäusern völlig verändert. Zunehmend haben Menschen mehrere Erkrankungen – „Multimorbidität“ nennt man das –, und zunehmend leiden viele der kranken Menschen auch an Demenz. Das heißt, der Personaleinsatz und das Be treuungserfordernis für Patienten im Krankenhaus ist jetzt viel intensiver als in den letzten Jahren.
Das heißt, wir müssen viel schneller handeln, als dies die Bun desregierung plant. Die Bundesregierung will erst bis zum En de des Jahres 2017 klären, ob man überhaupt zusätzliches Per sonal an den Krankenhäusern braucht. Das reicht uns nicht. Wir wollen auf jeden Fall deutlich schneller zu Ergebnissen kommen. Mit einem Bundesratsantrag haben wir einen ersten Aufschlag gemacht. Wir wollen das Thema Mindestpersonal bemessung erneut auf die Tagesordnung setzen und kämpfen dafür, dass es im Bundesrat die entsprechenden Mehrheiten gibt, wenn das Bund-Länder-Eckpunktepapier zu einem Ge setz wird.
Wir wollen – das ist jetzt mein letzter Punkt – in Baden-Würt temberg gestalten, wir wollen es nicht von den Zufälligkeiten abhängig machen und es nicht den Mitteln des Marktes über lassen. Vielmehr wollen wir die Zukunft der Krankenhauspla nung in die eigenen Hände nehmen, indem wir inhaltliche Kri terien auf den Weg bringen, Strukturen entwickeln. Wir wol len nicht nur eine Krankenhausplanung auf den Weg bringen, sondern sozusagen eine ganzheitliche Gesundheitsplanung machen. Die soll darin gipfeln, dass wir eine Versorgung auf den Weg bringen, die Krankenhäuser als ganz zentrales Ele ment beinhaltet. Wir wollen aber eben darüber hinaus auch die Sektorengrenzen überwinden, indem wir den ambulanten und den stationären Bereich miteinander vernetzen. Zudem wollen wir es hinbekommen, dass die nicht medizinischen Be rufe im Gesundheitswesen eine deutlich stärkere Rolle erhal ten, als es bisher der Fall war.
Das Ziel ist eine qualitativ gute Versorgung für die Menschen im Land, gerade auch im ländlichen Raum. Das wollen wir als Modellprojekt bald auf den Weg bringen; dafür haben wir auch Gelder im Haushalt bereitgestellt, um möglichst schnell Ergebnisse zu erhalten und mit einer qualitativ guten Weiter entwicklung der Krankenhausplanung starten zu können, um die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Baden-Württem berg zu sichern.
Schönen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat eine re gionale Debatte, die wir hier führen. Es geht in erster Linie um die B 31 West und nicht um den Verlauf insgesamt, und es geht um die Frage, wie es mit dem zweiten Bauabschnitt weitergeht. Ich habe mir schon meine Gedanken gemacht, als ich den Titel dieser Aktuellen Debatte gelesen habe, und ich muss sagen, Herr Dr. Rapp: Das, was Sie hier gebracht haben, ist irgendwie schon eine krasse Nummer. Ich habe das Gefühl, Sie haben überhaupt nicht verstanden, wie die Verkehrspoli tik der grün-roten Landesregierung funktioniert –
und das, obwohl Sie wirklich pausenlos Kleine Anfragen an die Landesregierung richten und immer wieder ausführliche Antworten bekommen.
Sie haben immer noch nicht begriffen, dass es mit diesem grün geführten Verkehrsministerium erstmals möglich gewesen ist – weil konzeptionell an die Sache herangegangen wurde –, Kriterien zu entwickeln, die insgesamt verlässliche Leitlinien ermöglichen und die auch nachprüfbar sind. Dies findet nun zum allerersten Mal statt, und das ist, finde ich, bereits ein großer Erfolg.
Das ist das eine.
Das Zweite: Die B 31 West, erster und zweiter Bauabschnitt, ist doch eine „never ending story“. Das hat Frau Splett eben wieder sehr ausführlich dargelegt. Dass es diese Straße noch nicht gegeben hat, hängt doch nicht damit zusammen, dass jetzt die Grünen und die Roten regieren, sondern damit, dass die Schwarzen ewig lange regiert haben und nichts auf die Reihe gebracht haben.
Sie haben alles versprochen, aber nichts gehalten.
Dass es diesen Brückenkopf gibt, geht nun wirklich auf eine ganz besondere Spezialität des damaligen Regierungspräsi denten, Herrn von Ungern-Sternberg, zurück, der selbstherr lich entschieden hatte, diesen Brückenkopf sozusagen als Denkmal in die Landschaft zu setzen, um damit Fakten zu schaffen. Damit müssen wir uns jetzt herumschlagen. Das ist das Zweite.
Sie haben gesagt: „Alle Menschen in der Region wünschen sich diese Straße.“ Das ist doch gar nicht wahr. Es ist jetzt schon klar, dass einige Gemeinden den Planfeststellungsbe schluss wollen, damit die Voraussetzung besteht, dass sie kla gen können – namentlich Ihringen und Wasenweiler. Diese Gemeinden stellen die geplante Streckenführung infrage. Der Naturschutzbund stellt die Streckenführung infrage, weil sie durch ein einmaliges Naturschutzgebiet führen wird. Das heißt, es ist völlig klar, dass die Straße, selbst wenn sie plan festgestellt sein wird, in keiner Weise realisiert wird. Das muss man auch einmal sagen.
Frau Dr. Splett hat die Projektgruppe schon angesprochen. Ich war an der Projektgruppe beteiligt, die sich bemüht hat, ein alternatives Verkehrslenkungskonzept auf den Weg zu brin gen. Ein Kriterium war, dass ein Gutachten in Auftrag gege ben worden ist, für das noch einmal die aktuellen Verkehrs ströme gemessen wurden. Dabei ist festgestellt worden, dass zum einen der Individualverkehr zurückgegangen ist. Es ist zum anderen festgestellt worden, dass der Lkw-Verkehr an teilig zurückgegangen ist und dass – man höre und staune – 40 % des gemessenen Lkw-Verkehrs auf Traktoren zurück gingen. Die werden von einer Umfahrung entlang der B 31 West niemals profitieren. Das heißt, es handelt sich aus schließlich um Ziel- und Quellverkehr.
Die Voraussetzung für solch ein gigantisches Projekt, das sehr teuer und in der Tat 14 km lang ist, ist also überhaupt nicht gegeben. Ich finde den Weg, den die Landesregierung und das Verkehrsministerium jetzt eingeschlagen haben, sehr richtig, nämlich: Sie haben an den Bund geschrieben und erwarten, dass das Bundesverkehrsministerium eine eindeutige Haltung einnimmt und eine Entscheidung trifft. Dann werden wir mit dieser Entscheidung umgehen. Ich bin sehr neugierig, wie das Bundesministerium angesichts der veränderten Verkehrszah len antworten wird, wie es die Verkehrszahlen und die Not wendigkeit bewertet, die Straße zu bauen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Patientenmobili tätsgesetz ist ein sehr sinnvolles Gesetz, weil es für mehr Ver braucherschutz und für mehr Patientensicherheit insgesamt sorgt. Das wird von uns ausdrücklich begrüßt.
Mit diesem Gesetz wird eine Informationspflicht installiert. Das bedeutet, dass Patientinnen und Patienten, die im Aus land medizinisch versorgt werden wollen und können, das Recht erhalten, zu erfahren, was passiert und ob die Behand lung, die sie dort erfahren, optimal ist oder ob eine andere Möglichkeit gewählt werden könnte.
Das Einzige, worum es in puncto Umsetzung der Patienten mobilitätsrichtlinie letztlich noch ging, war die Frage der Haftpflichtversicherung. Dies ist jetzt durch eine Reform des Heilberufe-Kammergesetzes der Landesärztekammer gere gelt. Damit wird dafür gesorgt, dass es eine engmaschige Überprüfung für den Fall gibt, dass Ärztinnen oder Ärzte kei ne Haftpflichtversicherung haben. Das Regierungspräsidium Stuttgart kann in einem solchen Fall aufgefordert werden, die Betriebserlaubnis zu entziehen.
Dies ist also ein Gesetz, das für Sicherheit sorgt, das für Trans parenz sorgt und das im Sinne des Verbraucherschutzes von uns sehr begrüßt wird.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung erstens: Im Zuge des runden Tisches, der 2012 eingeführt wurde, ist ein Verkehrskonzept entwickelt worden, um zu prüfen, ob es eine Verkehrslen
kungsmöglichkeit gibt. Hierzu wurde ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Können Sie uns zu den wesentlichen Merkmalen des Gutachtens etwas sagen?
Meine zweite Frage: Würden die aktuellen Verkehrszahlen, die in diesem Verkehrsgutachten enthalten sind, bei der Fort setzung des Planfeststellungsverfahrens in dieses Verfahren einfließen?
Ja, das ist schon richtig. Ich habe jetzt aus dieser Diskussion heraus eine Zusatzfrage. Da her stimmte das mit dem Streichen.
Ich möchte gern noch einmal auf die interdisziplinären Palli ative Care Teams für Kinder eingehen. Sie haben deutlich aus geführt, Frau Ministerin, wie insgesamt die Situation für Men schen ist, die zu Hause sterben wollen, die älter sind oder alt sind, die chronisch krank sind. Aber es gibt auch den Bedarf an Palliative Care Teams für Kinder. Da stellt sich ganz be sonders die Schwierigkeit, dass sie interdisziplinär zusammen gesetzt sind. Auch gibt es Schwierigkeiten, diese Care Teams insgesamt überhaupt zu bilden.
Ich möchte gern wissen: Gibt es Initiativen der Landesregie rung, die Sie planen, um das zu fördern?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In weiten Teilen kann ich mich dem Redebeitrag meiner Vorrednerin, Frau Dr. Engeser, anschließen,
wenn es darum geht, deutlich zu machen, wie wichtig es ist, dass wir eine Ethikkommission bekommen, die verantwort lich besetzt ist.
Ich möchte aber noch ein paar Sätze dazu sagen. Wir sind ja heute beim letzten Tagesordnungspunkt mit Redezeit ange kommen. Wir alle wollen jetzt entweder nach Hause oder auf das Landtagsfest, und ich finde es schade, dass wir zu wenig Zeit haben, um diese Diskussion wirklich so zu führen, wie sie eigentlich geführt werden müsste. Denn es ist ein hoch emotionales sowie ein hoch moralisches und ethisches The ma, das eigentlich mehr Aufmerksamkeit bedürfte.
Ich möchte noch einmal deutlich machen: Im Bundestag ist diese Diskussion geführt worden. Sie ist auch unter Aufhe bung des Fraktionszwangs geführt worden; das heißt, es gab verschiedene Diskussionsansätze. Wir müssen dieses Thema natürlich auch vor dem Hintergrund der Frage diskutieren: Was ist medizinisch möglich, aber was ist auch ethisch ver tretbar? Das ist eine, denke ich, ganz wichtige Balance, die gehalten werden muss. Genau diese Balance zu halten wird Aufgabe der Ethikkommission sein.
Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, einen allgemein an erkannten Staatsvertrag zu schaffen, an dem mehrere Länder beteiligt sind. Die Benennung der in der Ethikkommission vertretenen acht Mitglieder wurde unter den Ländern einver nehmlich abgestimmt. Die Messlatte ist sehr hoch. Das be deutet auch, dass die entsprechenden Entscheidungen mit ei ner sehr großen Verantwortung getroffen werden.
Es ist vorgesehen, dass dem Sozialministerium jährlich be richtet wird. Ich könnte mir vorstellen, dass z. B. auch wir, der Landtag, die Möglichkeit erhalten, diese Informationen zu bekommen, um auf diese Weise beteiligt zu werden.
Ich finde, dass die Ethikkommission so, wie sie jetzt zusam mengesetzt ist, auch ein sehr gutes Beispiel dafür ist, dass wir die Verantwortung in wissenschaftliche Hände, in moralischethische Hände geben und durchaus auch delegieren. Wir ma chen es also nicht so wie beispielsweise Bayern: Dort wird die Ethikkommission nur für den Freistaat Bayern eingesetzt, und der Landtag als politische Ebene behält sich ein Vetorecht vor. Das kann nicht in unserem Sinn sein. Ich finde, wenn man eine solche Ethikkommission einrichtet und sie umfassend und hochkarätig besetzt, muss man auch das Vertrauen haben, dass dort nach den entsprechenden Grundsätzen entschieden wird.
Insofern sind wir froh über dieses Konstrukt, das da jetzt ent standen ist, und unterstützen die Landesregierung dabei, die sen Staatsvertrag zu ratifizieren.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kunzmann, ich möchte doch ganz gern, dass Sie wieder auf den Boden der Tatsachen kommen,
wenn es darum geht, dieses Pflegestärkungsgesetz so zu lo ben, wie Sie das gerade getan haben. Also: Das sind Vor schusslorbeeren, die ich nicht gerechtfertigt finde.
Es ist richtig – das hat auch Kollege Hinderer deutlich ge macht –, dass es deutliche Verbesserungen für pflegende An gehörige geben wird. Ich finde auch, dass es richtig und gut ist, zu sagen: Flexible Leistungen und z. B. Wohnumfeldver änderungen sollen deutlich unterstützt werden. Das alles sind richtige Ansätze. Kollege Hinderer, die Aussage, wir schaffen gute Arbeit für pflegende Angehörige, ist griffig und stimmt ja auch. Es ist richtig und es ist auch gut, dass in Pflegehei men verstärkt Betreuungskräfte eingesetzt werden sollen. Wir müssen schauen, ob es dann diese Betreuungskräfte auch tat sächlich gibt. So weit, so gut.
Aber das ist es dann auch schon. Genau die Aufgabe, die ei gentlich in Angriff genommen werden sollte, nämlich eine dauerhafte Finanzierung der steigenden Pflegebedürftigkeit, wird nur ansatzweise in Angriff genommen.
Ich möchte jetzt einmal die Beitragssatzerhöhung um 0,3 Pro zentpunkte ab 2015 und um 0,2 Prozentpunkte ab 2016 an sprechen. Das wird ja mit einer Erhöhung aller Leistungsbei träge um 4 % gekoppelt. Das heißt, auf der einen Seite möch te der Bundesminister die Stärkung der ambulanten Angebo te vor den stationären Angeboten deutlich forcieren. Gleich
zeitig werden aber nach dem Gießkannenprinzip alle Leis tungsbeiträge erhöht. Das heißt, es findet eben keine Steue rung statt, und es findet keine strukturelle Einflussnahme statt.
Es gibt nach wie vor eine Unterfinanzierung bei der Pflege. Sie, Herr Kunzmann, haben den Vorsorgefonds angesprochen. Bei diesem Vorsorgefonds, in den das Aufkommen von 0,1 % der Beitragssätze fließen soll, ist jetzt schon klar, dass er über haupt nicht die Erwartungen erfüllen wird, die an ihn gestellt werden. Das ist längst durchgerechnet. Es ist auch keine neue Idee. Es ist eine ziemlich alte Idee, und diese ist von sämtli chen Fachleuten längst verworfen worden, weil sich das über haupt nicht rechnet. Das heißt, die Summe, die dort letztend lich angesammelt wird, die dafür sorgen soll, dass die gebur tenstarken Jahrgänge, wenn sie denn einmal pflegebedürftig oder zumindest alt sind – ob alle Personen dieser Jahrgänge pflegebedürftig werden, bleibt ja noch dahingestellt –, ver sorgt werden, wird überhaupt nicht reichen. Das ist das eine.
Das Zweite ist, dass in diesem Vorsorgefonds natürlich eine gigantische Summe deponiert wird, wobei ich einmal fragen möchte, ob Sie alle wirklich die Hand dafür ins Feuer legen können, dass damit auch wirklich nichts anderes gemacht wird, sollte es in Deutschland konjunkturell einmal nicht so gut aussehen.
Der Vorsorgefonds ist insgesamt also keine gute Idee. Viel besser wäre es gewesen, das grüne Konzept der Bürgerversi cherung in der Pflege umzusetzen.
Das wäre eine dauerhafte Finanzierung gewesen. Es wäre vor allem eine Finanzierung gewesen, die zunächst einmal in den nächsten Jahren gar keine Beitragserhöhung zur Folge gehabt hätte, gleichzeitig aber zu einer deutlichen Leistungserweite rung geführt hätte. Das hat die SPD vor der Wahl unterstützt. Deswegen kann ich, ehrlich gesagt, das Eigenlob, das Sie jetzt hier an den Tag legen, nicht wirklich verstehen.
Herr Gröhe wird natürlich zu diesem neuen Pflegestärkungs gesetz gefragt, und er verlautbart in sämtlichen Broschüren: „Pflegetätigkeit muss von unnötiger Bürokratie entlastet wer den, und Pflege braucht Zeit.“ Das ist in der Tat völlig rich tig. Aber was sagt er denn anschließend? Was sagt er denn zu dem bestehenden Fachkräftemangel, und was sagt er denn zu der unglaublichen Arbeitsverdichtung der Pflegekräfte z. B. in der Akutversorgung? Da bleibt er wirklich sämtliche Ant worten schuldig.
Beide Vorredner haben die Unterschriftenliste angesprochen, die hier vor zwei Wochen von den Sozialstationen Baden-Würt tembergs im Rahmen der Kampagne „Die häusliche Pflege hat Wert!“ übergeben worden ist.
Die Pflegekräfte sind doch längst mit ihrer Geduld am Ende. Die haben doch keine Lust mehr, sich ständig damit vertrös ten zu lassen, dass natürlich bei jeder politischen Rede pro klamiert wird: „Pflege hat ihren Wert, selbstverständlich, lie be Pflegekräfte“, aber letztendlich nicht die Konsequenz ge zogen wird, die Situation der Pflegekräfte deutlich zu verbes
sern. Dieser Schritt wird nach wie vor nicht getan, und das ist ein Skandal.
Wir brauchen eine viel bessere Bezahlung und bessere Ar beitsbedingungen im Pflegesektor. Wir brauchen vor allem in der häuslichen Krankenpflege – das ist uns eigentlich allen überfraktionell hier im Land Baden-Württemberg sehr klar – eine deutliche strukturelle Veränderung, damit die häusliche Krankenpflege diese notwendige, unverzichtbare Arbeit im Gesundheitswesen, in der Gesundheitsversorgung – vor allem in der Fläche – leisten kann. Dazu braucht es deutlich mehr als die Maßnahmen, die jetzt vorgeschlagen worden sind.
Die Pflegekräfte brauchen Signale, dass ihre Arbeit nicht nur wertgeschätzt wird, sondern dass die Politik auch bereit ist, zu handeln. Das heißt, wir müssen die Arbeitsbedingungen deutlich verändern. Das geht zum einen mit der Verringerung des Pflegeschlüssels. Aber das ist wirklich nur ein sehr gerin ger Schritt, denn es besteht ein Fachkräftemangel. Wir müs sen die Arbeitsbedingungen insgesamt deutlich verändern, wenn wir überhaupt Anreize schaffen wollen, dass junge Men schen auch tatsächlich den Pflegeberuf erlernen.
Das Zweite ist, dass es nicht gelungen ist, die Initiative um zusetzen, die auch Grüne und SPD vor der Wahl gestartet ha ben, um in dem Bereich der Akutversorgung die Mindestper sonalbemessung zu verankern. Auch das ist nicht geschehen.
Die Entwicklung, dass Krankenhäuser ihre Defizite teilweise kompensieren, indem Personal abgebaut wird, muss gestoppt werden, damit die Arbeitsverdichtung, die für die Pflege in den Krankenhäusern unerträglich ist, verringert wird. Genau das passiert nicht. Auch das wäre ein sehr wichtiges, ein un verzichtbares Signal an den Pflegesektor gewesen:
Wir nehmen die Pflegekräfte ernst, wir nehmen auch ihre Sor gen ernst, und wir sind auch bereit, tatsächlich insgesamt et was zu tun.
Zu einem weiteren Punkt, der mir sehr wichtig ist: Es gibt die Empfehlung des Wissenschaftsrats. Wir sprechen immer da von, dass wir den Pflegeberuf attraktiver machen müssen. Das heißt auch, dass wir dafür sorgen müssen, dass z. B. die Pfle ge eine andere Bedeutung bekommt, dass auch das Berufsfeld der Pflege sich erweitert. Die Akademisierung der Pflege ist ein großes Thema. Es gibt auf Bundesebene die Modellklau sel, die bis 2017 gilt. Dazu wird überhaupt nichts gesagt. Die Länder, die diese Modellversuche längst gestartet haben, brau chen deutliche Signale von der Bundesebene: Was passiert denn mit dieser Modellklausel? Wird diese verlängert? Kön nen diese Studienplätze weiterhin angeboten werden? Kön nen andere Länder dazu animiert werden, diese Studiengän ge ebenfalls einzurichten? Das wäre enorm wichtig, um auch in diesem Bereich Initiativen zu starten, die wirklich innova tiv sind.
Und ein Letztes: Es gelingt nach wie vor nicht – meine bei den Vorredner haben das ja auch deutlich zugeben müssen –, den Pflegebedürftigkeitsbegriff endlich so zu definieren, dass er auch den Anforderungen der pflegebedürftigen Menschen entspricht.
Da wird jetzt wieder von Modellversuchen gesprochen. Es hat in den letzten zehn Jahren hunderttausend Modellversuche ge geben. Das ist doch alles längst passiert. Es gibt Definitionen, auf die sich alle Fachleute längst geeinigt haben. Aber dieser Schritt, das in politisches Handeln umzusetzen, wird nicht ge tan. Das wird wieder auf die lange Bank geschoben, und es wird wieder bis 2017 hinausgezögert.
Das Fazit ist für mich: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Der wirklich innovative Schritt ist nicht getan. Um wirklich innovativ zu sein, um den großen, mutigen Schritt zu machen, braucht es Grüne.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem neuen WTPG, mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, schaffen wir neue Standards vor allem im Bereich der neuen Wohngemeinschaf ten, der ambulanten Wohngemeinschaften. Darauf sind wir stolz – wie ich finde, zu Recht.
Wir haben 2007 das erste Landesheimgesetz verabschiedet. Das war die erste Möglichkeit nach der Föderalismusreform, diese neue Kompetenz auf Landesebene auch umzusetzen. Ich finde es schon erstaunlich, wenn ich jetzt höre, wie die CDU kritisiert, wir seien bei diesem Gesetz auf halbem Weg stehen geblieben. Da möchte ich einmal daran erinnern, dass 2007 überhaupt gar keine Rede davon gewesen ist, dass wir uns mit Wohngruppen insgesamt auseinandersetzen. Da wurde das rundweg abgelehnt. Es war ein Gesetz, das einzig und allein die stationäre Versorgung in Pflegeheimen zum Inhalt hatte. Alle Versuche unsererseits, dieses Gesetz auch weiter gehend zu regeln und zu öffnen, sind damals abgelehnt worden.
Dieses Gesetz hat damals überhaupt keine öffentliche Auf merksamkeit bekommen. Das Gesetz jetzt, das neue Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, wird hingegen von einer hohen öffentlichen Aufmerksamkeit begleitet. Das zeigt, dass wir in einem gesellschaftlichen Wandel sind, der auch bedeutet, dass gerade im ländlichen Raum die Initiativen ganz andere sind als bisher. Den Bürgermeistern und Gemeinden ist längst klar geworden: Sie müssen sich engagieren, sie müssen sich stre cken, wenn sie wollen, dass der ländliche Raum lebendig bleibt. Dazu gehört, Möglichkeiten zu schaffen, Wohngrup pen für Menschen im Alter einzurichten. Genau das macht un ser Gesetz, und entsprechend lebendig ist diese Diskussion gestaltet worden.
Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, haben die se gesellschaftliche Entwicklung komplett verschlafen,
wenn Sie jetzt diesem Gesetz nicht zustimmen. Ihre Kritik an dem Gesetz ist wirklich so marginal, dass sie letztendlich an der grundsätzlichen Ausrichtung vorbeizielt. Sie sagen, dass das Gesetz im Grundsatz richtig sei; Sie begrüßen, dass es die Möglichkeiten schafft, ambulante Wohnformen zu etablieren. Nun ist es aber nicht komplett, in der letzten Ausgestaltung, so, wie Sie sich das vorstellen, und daher stimmen Sie dem Gesetzentwurf insgesamt nicht zu und verabschieden sich da mit aus dieser politischen Debatte, die für den ländlichen Raum ganz besonders wichtig ist. Das finde ich höchst bedau erlich, und ich glaube, dass es für Sie nicht wirklich ein gro ßes Kompliment ist.
Herr Kunzmann, Sie haben gesagt, dass das Gesetz nicht sämt liche Fragen kläre und dass es in einigen Bereichen unklar for muliert sei. Das ist ganz bewusst so; denn wir glauben, dass es wichtig ist, mit diesem Gesetz die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es flexible Wohnformen gibt und flexible Le bensbedingungen ermöglicht werden. Das bedeutet auch, dass ein Gestaltungsspielraum vor Ort erhalten bleiben muss, der natürlich die kommunale Heimaufsicht mit einschließt.
Wir erwarten, gehen davon aus und haben großes Vertrauen, dass die Heimaufsicht durchaus in der Lage ist, das in sie ge setzte Vertrauen und den Geist des neuen Gesetzes auch wi derzuspiegeln und umzusetzen, wenn es darum geht, gerade bei den Wohngruppen für Menschen im Alter die entsprechen den Genehmigungen zu erteilen und die Bewertungen vorzu nehmen, damit diese eingerichtet werden können.
Damit bin ich bei dem Beispiel, das ich noch einmal anbrin gen will: Wir haben uns in der Tat darauf verständigt, dass die mögliche Zahl der Bewohner in ambulant betreuten trägerge führten Wohngruppen für Menschen im Alter von acht auf zwölf Personen erhöht wird. Das ist dem Ergebnis der Anhö rung geschuldet, und das ist eher ein Kompliment für unsere Debattenkultur. Es ist natürlich aber auch der Erkenntnis ge schuldet, dass die Wirtschaftlichkeit von Wohngruppen in der Tat nur gewährleistet ist, wenn diese maximal zwölf Personen umfassen können.
Es ist uns allen ein wichtiges Anliegen gewesen, dass das Wunsch- und Wahlrecht der einzelnen Menschen gewährleis tet ist und der Anspruch erfüllt wird. Wohngruppen dürfen da her in der Praxis nicht teurer sein als beispielsweise Pflege plätze in der stationären Pflege. Aber klar ist auch: Es gibt an
dere Standards; es gibt bei Wohngruppen mit zwölf Personen andere Standards in der Personalausstattung, und es gibt auch andere bauliche Standards. Diese baulichen Standards sind versehen mit der Formulierung – das war eigentlich doch auch in Ihrem Sinn, Herr Kunzmann – „in der Regel“. „In der Re gel“ heißt, dass es für die Heimaufsichten Gestaltungsspiel raum gibt, die Standards entsprechend der ganz konkreten Projekte zu verändern. Deswegen ist es nicht richtig, dass, wie Sie sagen, damit nicht ermöglicht werde, solche Wohngrup pen umzusetzen. Ganz im Gegenteil, es ist sozusagen der Ak tion vor Ort, dem konkreten Projekt überlassen, sich entspre chend zu engagieren und dafür zu sorgen, dass die Genehmi gung letztendlich ausgesprochen wird.
Ich bin überzeugt, dass die Wohngruppen für Menschen im Alter, aber auch für Menschen mit Behinderung in Zukunft ein unverzichtbarer Bestandteil des Angebots an Wohnmög lichkeiten sein werden, vor allem im ländlichen Raum. Aber ich bin auch überzeugt – das ist ein ganz zentraler Aspekt –, dass die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen einge bunden werden müssen. Es wird niemals möglich sein, träger geführte Wohngruppen einzurichten und diese zu akzeptieren, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht ganz zentral an der Gestaltung und Ausgestaltung der Betreuung beteiligt sind.
In diesem Sinn bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetz entwurf.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kunz mann, in der Tat wird es das Ziel der Enquetekommission sein, Antworten auf die Rahmenbedingungen zu finden, die wir dringend verändern müssen, um auch die Zukunft einer guten Pflege zu sichern. Aber wir müssen auch – das haben Sie schon angesprochen – Anreize dafür schaffen, dass künftig mehr Menschen den Pflegeberuf erlernen.
Deshalb sind wir froh darüber, dass es diesen Antrag der CDU-Fraktion auf Einrichtung einer Pflegeenquetekommis sion gibt. Ich finde, das erste positive Signal ist schon, dass wir es geschafft haben, im Vorfeld aus dieser Initiative eine interfraktionelle Initiative zu machen, indem wir alle an der Zielsetzung und dem Auftrag dieser Enquetekommission mit gearbeitet haben und jetzt den fraktionsübergreifenden Antrag einbringen können.
Die Zukunft der Pflege ist in der Tat ein hochbrisantes The ma. Die Diskussion darüber findet auch nicht im luftleeren politischen Raum statt, sondern ist vor dem Hintergrund der aktuellen tariflichen Auseinandersetzung zu sehen sowie vor dem Hintergrund, dass Pflegekräfte immerzu betonen, ihre Ar beitsbelastung sowohl in der Altenpflege als auch in der Akut pflege habe solche Stufen erreicht, dass es für sie nicht mehr leistbar ist. Das heißt, es gibt auch die Notwendigkeit und wir haben den Auftrag, auch auf diese Fragen, die gestellt wer den, Antworten zu finden. Das ist das Erste.
Das Zweite ist: Wir müssen deutlich machen, dass Pflege in der Gesundheitsversorgung insgesamt eine ganz zentrale und unverzichtbare Bedeutung hat. Der aktuelle Hintergrund ist folgender: Die ambulante Pflege, die häusliche Krankenpfle ge, aus deren Bereich im vergangenen Jahr eine Unterschrif tenkampagne gestartet wurde, um die Rahmenbedingungen für die häusliche Krankenpflege deutlich zu verbessern, be deutet einen weiteren Auftrag für diese Enquetekommission. Auch für den Bereich der ambulanten Pflege, der ambulanten Betreuung müssen Antworten gefunden werden. Auch das ist ganz entscheidend.
Das bedeutet, dass wir in der Enquetekommission Signale nach außen und nach innen senden müssen und ordentlich ar beiten müssen. Das können wir nicht nur, indem wir eine Be standsaufnahme durchführen. Es ist sicherlich notwendig, dass wir eine Datenerhebung machen, aber ich finde, ganz wichtig ist, dass wir – darauf haben wir uns verständigt – die Pflege zukunftsfest machen, das heißt, dass wir die Arbeitsbedingun gen, aber auch die Angebotsstrukturen unter die Lupe nehmen müssen. Da kommt es darauf an, zu sagen: Wenn perspekti visch mehr Pflegekräfte benötigt werden – das ist richtig –, die Menschen im Durchschnitt immer älter und sicherlich auch immer gebrechlicher werden – auch das ist richtig –, werden sie in Zukunft nicht in den Strukturen, die jetzt beste hen, leben.
Wir haben gerade beim vorangegangenen Tagesordnungs punkt – Einführung des WTPG – deutlich gemacht, dass es auch in Baden-Württemberg darum gehen muss und darum gehen wird, dass wir andere Formen der Betreuung und an dere Formen des Zusammenlebens finden, um viel stärker in den dezentralen Bereich zu gehen, aber auch um eine Klam mer zwischen ehrenamtlichem Engagement, Angehörigenpfle ge und professioneller Pflege zu schaffen. So kann die Pers pektive aussehen.
Das wird unser Auftrag sein, den wir zu erfüllen haben. Das werden wir zu untersuchen haben, um praktische Modelle auf den Weg zu bringen.
Das Besondere daran ist – es wird immer von demografischer Entwicklung gesprochen –: Die Menschen werden im Durch schnitt nicht nur immer älter, sondern auch die Zahl der Älte ren nimmt immer mehr zu. Gleichzeitig wird der Anteil der Bevölkerung, der erwerbstätig ist, immer mehr schrumpfen. Das heißt, letztendlich bleibt die große Frage bei der Alters sicherung: Wer soll, wer kann und wer will pflegen? Denn die wenigen Leute, die in der Generation der Erwerbstätigen sind, sind natürlich auch für diese Aufgaben gefragt. Das ist die ei ne Herausforderung.
Die nächste Herausforderung – Kollege Kunzmann hat das eben schon einmal angesprochen – ist die, dass wir zum ers ten Mal eine Generation von Einwanderern haben, die jetzt auch ins Rentenalter kommen. Sie entscheiden sich eben nicht dafür, in ihre Ursprungsländer zurückzugehen, sondern dafür, auch ihren Lebensabend hier zu verbringen, weil sie hier ver wurzelt sind. Auch das wirft ganz besondere Fragen auf, de nen wir uns stellen müssen.
Das bedeutet in der Tat: Wir brauchen eine breite Untersu chung, aber wir müssen auch die entsprechende Unterstützung haben. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir dies schaffen
werden und der Einsetzungsantrag hinsichtlich der Zusam mensetzung der Enquetekommission auch eine kompetente fachliche Begleitung vorsieht. Diese sollen, wollen und müs sen wir haben. Sie wird sowohl auf der fachlich-verbandli chen, aber eben auch auf der wissenschaftlichen Ebene gege ben sein.
Wenn wir so zusammenarbeiten, wie es der Auftrag hergibt, wie die Zielsetzung formuliert ist und jetzt auch schon der Be ginn angelegt worden ist – gemeinsam zu arbeiten –, wird es nach meiner Überzeugung eine Enquetekommission sein, die in die Zukunft gewandt und richtungweisend arbeitet. Ich bin davon überzeugt, dass uns das gelingt. In diesem Sinn freue ich mich auf die Arbeit.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist dies – das erkennt man, wenn man meine Vorrednerinnen Frau Graner und Frau Brunnemer gehört hat – ein überfraktionelles, ein interfraktionelles Thema, und es gibt die Bereitschaft, sich da mit konstruktiv auseinanderzusetzen. Das ist gut so.
Die heutige Debatte hat das Thema „Unsere Hebammen und ihre Arbeitsbedingungen“ mit dem Zusatz: „Der Bund muss jetzt diesen wesentlichen Pfeiler der Geburtshilfe stabilisie ren!“ Ja, das muss der Bund in der Tat, und es wird allerhöchs te Zeit.
Seit 2010 besteht diese prekäre Situation bei den Hebammen. Der Berufsverband weist immer wieder mahnend darauf hin, dass die Haftpflichtprämien so hoch steigen, dass eine wirt schaftliche Tätigkeit überhaupt nicht mehr möglich ist; das ist nicht sinnvoll und nicht zu vertreten. Die Konsequenz ist, dass immer mehr junge Frauen aus diesem Beruf aussteigen, ihre Tätigkeit frühzeitig beenden, und dass auch immer weniger Personen die Ausbildung machen.
In Stuttgart ist das gerade konkret diskutiert worden. Bei spielsweise drohte dem Geburtshaus in Stuttgart-Mitte die Ge fahr, nicht mehr weiterarbeiten zu können, weil nicht mehr genügend Hebammen da sind, weil nicht mehr genügend Heb ammen bereit sind, diese Arbeit zu machen; denn diese Tätig keit ist wirtschaftlich nicht mehr auskömmlich.
Damit sind wir an einem Punkt angekommen, an dem die Po litik ganz deutlich sagen muss: Hier ist Handlungsbedarf, hier müssen wir alle aktiv werden.
Ich möchte an dieser Stelle Frau Ministerin Altpeter zunächst einmal dafür danken, dass es gelungen ist – auch mit Unter stützung von Baden-Württemberg –, die Bundesratsinitiative am vergangenen Freitag zu einem wirklich großen Erfolg zu führen.
Im Zusammenhang mit dieser Bundesratsinitiative hat sich insgesamt herausgestellt, dass dies nicht nur in Baden-Würt temberg ein Thema ist, sondern dass es überall ein Thema ist: Es ist an der Nordseeküste genauso brisant wie bei uns hier. Das hat dazu geführt, dass es eine überwältigende Mehrheit für diese Bundesratsinitiative gegeben hat.
In der Tat ist das Thema – wie Frau Brunnemer eben ausge führt hat – zum Glück auch in der Bundesregierung angekom men; offensichtlich ist das anders als bei den letzten Bundes gesundheitsministern der FDP. Zumindest Bundesgesund heitsminister Gröhe macht dies zu seinem Thema und versieht es mit dem entsprechenden Nachdruck. Das geschieht also parteiübergreifend, und das ist gut so.
Warum wollen wir die Hebammen stärken? Warum brauchen wir Hebammen? Hebammen und Geburtshilfe – das hat Frau Graner eben schon sehr deutlich ausgeführt – sind untrennbar miteinander verbunden. Darum ist das Wegbrechen dieser Be rufsgruppe in der Tat nicht vergleichbar mit einer Diskussion darüber, wie es um andere Berufsgruppen steht. Hebammen sind mit ihrer Tätigkeit ein Garant für die ganzheitliche Be
gleitung und Unterstützung von schwangeren Frauen. Heb ammen sind auch das Symbol für das beginnende Leben und in ihrer Struktur eine Ermutigung für Frauen, Kinder zu be kommen. Darum ist die mentale Botschaft in dieser Debatte ganz zentral.
Wie viel ist uns eine ganzheitliche, natürliche Geburtshilfe wert? Wie wollen wir Frauen im Land weiterhin die Entschei dungsmöglichkeit zugestehen, auf welche Weise sie ihre Kin der bekommen? 97 % der Frauen – das wissen wir – gehen dafür in die Klinik. Aber auch sehr viele Frauen, die in der Klinik entbinden, brauchen die Unterstützung von Hebam men. Die Beleghebammen in den Kliniken sind natürlich ein ganz wichtiger Bestandteil und eine Garantie für die ganzheit liche Begleitung.
Das muss erhalten werden. Wir sind angetreten, dies zu tun. Insgesamt kann man sagen, dass die freie Wahl in der Gesund heitsversorgung ein ganz zentraler Bestandteil ist, den wir al le auch immer hochhalten. Wir sprechen von einer freien Arzt wahl, wir sprechen von einer Therapiewahl, und wir sprechen z. B. auch von einer freien Klinikwahl. Das ist unstrittig, und das wird auch angenommen.
Wir wollen, dass die Wahlfreiheit auch bei der Geburtshilfe möglich bleibt. Deshalb brauchen wir eine politische Lösung, die sowohl kurzfristig als auch mittelfristig und langfristig die Botschaft vermittelt: „Wir sehen das Problem; wir wollen, dass die Akteure an einen Tisch kommen.“ Wir wollen zu nächst eine kurzfristige Lösung, wir brauchen aber auch ganz dringend eine mittel- und langfristige Lösung.
Wir glauben, dass es notwendig ist, sehr schnell zu handeln, und dass deutlich geworden ist, was passiert, wenn nicht ge handelt wird. Dann nämlich wird dieser Berufsstand in Gän ze perspektivisch wegbrechen, und zwar schon sehr bald, nämlich zum 30. Juni 2015. Es ist also ein Handlungsdruck entstanden, der auch notwendig ist, damit sich alle Akteure bewegen. Genau das ist wichtig.
Wir wollen mit dieser Bundesratsinitiative das Signal setzen, dass es uns wichtig ist, die Geburtshilfe insgesamt zu stärken. Ich möchte in diesem Rahmen noch einmal auf die Kampag ne zur Stärkung der natürlichen Geburt hinweisen, die hier im Landtag beschlossen worden ist, die wir nächste Woche star ten werden und die genau das zum Ziel hat: Wir wollen die natürliche Geburt stärken. Hier in Baden-Württemberg konn te ein Zusammenschluss aller Akteure im Gesundheitswesen erreicht werden; sowohl die Frauenärzte als auch die Ärzte kammer, die Krankenhausgesellschaft und natürlich die Heb ammen und die Krankenkassen sind dabei: Sie haben mit un serer Unterstützung diese Kampagne gemeinsam auf den Weg gebracht mit dem Ziel, die natürliche Geburt zu stärken.
Die natürliche Geburt kann nur gestärkt werden, wenn auch die Hebammen gestärkt werden. Wie wir das machen können, sage ich in der zweiten Runde.