Fritz Buschle

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Herr Präsident, meine lieben Kol leginnen und Kollegen! Auch die SPD-Fraktion ist im Grund satz mit der Novellierung dieses Gesetzes einverstanden. Die Novellierung ist notwendig, weil sich auch die technischen Voraussetzungen sehr verändert haben. Es ist aber auch kein neues Thema. Seit 15 Jahren beschäftigen wir uns mit der Re form des Vermessungswesens, und die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure haben sich zu Recht auf die Zusage verlassen, dass ihr Anteil an den Liegenschaftsvermessungen auf 80 % erhöht wird. Das ist für sie eine wirtschaftliche Fra ge, eine existenzielle Frage, es ist eine Frage von Arbeitsplät zen.
Andererseits – auch das haben Sie, Herr Kollege Klein, er wähnt – gilt es natürlich, die öffentliche Verwaltung personell entsprechend auszustatten. Den Landkreisen entsteht hier durchaus ein Problem, weil es in den 15 Jahren durch die teu felsche Verwaltungsreform nicht so ganz gelungen ist, dieses Personal entsprechend umzusetzen. Der Teufel steckt hier al so noch immer im Detail. Es gilt hier, die gegensätzlichen In teressenlagen zu berücksichtigen.
Ein anderer Punkt erscheint uns noch sehr diskussionswürdig: Das ist die Frage der Abmarkung sowohl in den Feldern als auch in den Dörfern. Es ist nicht so einfach, auf die Abmar kung zu verzichten, ohne damit den Rechtsfrieden zu gefähr den. Herr Minister Köberle, das Landesvermessungsamt Ba den-Württemberg unterstützt z. B. Serbien seit Jahren bei der Erstellung eines Vermessungskatasters. Die Behörde macht das sehr erfolgreich und stellt fest, wohin es führen kann, wenn über Jahrzehnte hinweg bis zurück zu Zeiten von Kai ser Franz Joseph keine Abmarkungen mehr durchgeführt wor den sind. Dadurch entstehen Situationen, die sicherlich nicht erfreulich sind.
Wir wollen diesen Rechtsfrieden erhalten, indem wir uns noch einmal Gedanken über die Frage machen: Können wir auf die Abmarkungen wirklich ganz verzichten, oder müssen wir ei ne Lösung finden, die allen Seiten entgegenkommt, also Ab markung auf Antrag der Anlieger oder wenn sie im öffentli chen Interesse notwendig ist? Dabei könnte die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Abmarkung eventuell auch in die Behörden nach außen verlegt werden. Das ist uns ein gro ßes Anliegen.
Ansonsten ist es so, dass die technischen Möglichkeiten be sonders in der landwirtschaftlichen Fläche vermutlich noch nicht ausreichen werden, um alle Anforderungen zu erfüllen. Gerade in der Landwirtschaft ist die Sache nicht so einfach, auch wenn die Bewirtschaftung heute anders ist als vor 50 Jahren.
In diesem Sinn: Die SPD-Fraktion wird dem Gesetz im Gan zen zustimmen. Über die Detailfragen werden wir im Aus schuss noch einmal diskutieren müssen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Tier versuche sind ein emotionales Thema – wir bemerken es hier auch wieder –, und sie sind umstritten, seit es sie gibt. Das ist auch gut so. Wir Menschen tun uns Gott sei Dank schwer da mit, Mitgeschöpfe dafür einzusetzen, dass es uns selbst oder unserer Umwelt besser geht.
Wenn wir einige Jahre zurückblicken, dann haben wir bei die sem Thema alle schnell die Bilder vor Augen, als Kaninchen noch Substanzen in die Augen gerieben wurden, um damit die Verträglichkeit von Lippenstiften oder Gesichtscremes zu prü fen. Doch seitdem – Frau Rastätter, Sie haben es gesagt – ist viel passiert. Danken wir allen Tierschützern seit Franz von Assisi bis heute. Sie haben viel dafür getan, dass solches Tun der Vergangenheit angehört.
Heute bestehen vonseiten der EU wie auch auf Bundesebene – auch das haben Sie ausgeführt – viele Richtlinien und Maß stäbe, die anzulegen sind, wenn man Versuche an Tieren ein setzen will. Auch dies ist ein Fortschritt.
Zudem gibt es – das wurde gesagt – viele Alternativen. Die sehr ausführliche Stellungnahme der Landesregierung und auch frühere Drucksachen bringen dies sehr deutlich zum Aus druck. Ob Zellkulturen oder Hühnereier, vieles ist heute ganz ohne Inanspruchnahme von Versuchstieren untersuchbar. Vie le dieser Alternativverfahren wurden gerade bei uns in BadenWürttemberg auf höchstem Niveau entwickelt. Wir begrüßen es daher, dass auch weiterhin Mittel für die Entwicklung von Methoden zur Verfügung stehen, die wir als Alternativen zu den leider noch heute nötigen Tierversuchen im Land brau chen.
Dies alles zeigt, dass man es sich in Deutschland und in Ba den-Württemberg mit der Genehmigung und Durchführung von Tierversuchen nicht leicht macht. Dies darf man auch den Wissenschaftlern in den Universitäten und den betreffenden Instituten unterstellen. Die weitaus meisten Wirbeltiere, mit denen Tierversuche durchgeführt werden, sind Mäuse, Ratten und Fische. Zudem muss gesagt werden, dass alle diese Tie
re in der Regel vorbildlich gehalten werden. Dies ist auch ei ne Voraussetzung dafür, dass die Tiere von den Versuchen, die an ihnen vorgenommen werden, zuallermeist nichts bemer ken und auch nicht leiden. Auch dies muss man im Hinterkopf haben, wenn man die reinen Zahlen der Statistik betrachtet.
Besonders bedenklich und auch umstritten sind natürlich Ver suche mit Tieren, die besonders hoch entwickelt sind und de nen wir ein hoch entwickeltes Bewusstsein zusprechen. Wir sprechen von nicht menschlichen Primaten.
So sind Affen natürlich empfindsamer gegen Leid, können stärker Angst empfinden und ihre Situation auch registrieren als beispielsweise Fische. Weiter wird sicherlich zu Recht auch zwischen den besonders hoch entwickelten Menschen affen und anderen Affenarten unterschieden.
Mit besonderer Aufmerksamkeit muss man jetzt die Zahl der nicht menschlichen Primaten betrachten, die tatsächlich für Tierversuche eingesetzt werden. Es ist erfreulich, dass die Zahl der tatsächlich eingesetzten Affen weit unter der Zahl der vorhandenen Haltungsplätze liegt. Im Jahr 2007 standen 321 Haltungsplätzen nur 52 gehaltene Tiere gegenüber. Dies zeigt, dass vorhandene Kapazitäten offenbar bei Weitem nicht aus genutzt werden und die Zahl der Versuchstiere gegenüber frü her deutlich zurückgegangen ist. Auch das ist gut so.
Die Zahl der gehaltenen Tiere ist tatsächlich markant zurück gegangen. Im Jahr 2004 waren es noch 92 Affen, im Jahr 2005 noch 89 und im Jahr 2007 nur noch die bereits erwähnten 52 Affen. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass sich auch die Wis senschaftler bewusst sind, dass sie nur das Minimum an Ver suchstieren dieser Tiergruppe einsetzen dürfen. Dass man sich auch ständig um eine weitere Reduzierung bemüht, zeigen diese Zahlen deutlich.
Ganz offenbar wirkt auch hier – das wurde ebenfalls gesagt – die stärkere staatliche Reglementierung. Dies alles führt zu den gewünschten Reduzierungen, die in unser aller Sinn sind.
Die Europäische Kommission – Frau Rastätter und Kollege Rombach, Sie haben das angesprochen – hat im November 2008 den Entwurf für eine neue Richtlinie vorgelegt. Frau Rastätter, soviel ich weiß, hat der Landestierschutzbeirat die se diskutiert, sie beraten und ihr zugestimmt.
Also auch bei dieser Richtlinie hat der Landestierschutzbei rat, der hierfür zuständig ist – da Sie ja in allen Sitzungen an wesend sind, müssten Sie das wissen –, interveniert.
Wir meinen deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das, was Sie von den Grünen fordern, Frau Rastätter, ist dem Grun de nach erfüllt. Die Richtlinien unseres Landes reichen dazu aus.
Weitere Einschränkungen – um das noch einmal zu sagen –, die jede Forschung unmöglich machen würden, würden schluss endlich zum Schaden des Menschen sein. Das will niemand von uns.
Wenn Sie nun beantragen, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen, werden wir dem zustimmen. Wenn Sie den An trag jetzt zur Abstimmung stellen, müssen wir leider dagegen stimmen.
Herzlichen Dank.
Herr Kollege Dr. Löffler, Sie und vorher Kollege Prewo haben eindrücklich begründet, warum der gemeinsame Antrag von CDU, SPD und FDP/DVP ein guter, begründeter und konstruktiver Antrag ist. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum unsere Kollegen von der GrünenFraktion diesen Antrag nicht mitgetragen haben?
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kübler, wir haben es geahnt – Ihr Beitrag hat es bestätigt –: Nach der gestrigen Aktuellen Debatte und der Debatte, die heute Morgen stattfand, braucht die CDU-Fraktion wieder ein Thema, an dem sie sich selbst hochjubeln kann. Aber auch hier können Sie sich nicht auf die Schultern klopfen; die Arme sind zu kurz.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Auch wir sind stolz auf die Menschen und ihre Leistungen im ländlichen Raum, und ich sage Ihnen auch ganz persönlich: Ich wohne gern auf dem Land.
Ich wohne auf dem Land und nicht in der Provinz; denn die Bezeichnung „Provinz“ klingt abwertend, und eine so abge
wertete Provinz im Sinne dieser Ausdrucksweise gibt es bei uns nicht. Wir haben hohe Achtung vor den Leistungen der Bürgerinnen und Bürger in allen Städten und Gemeinden und – im November haben wir hier darüber diskutiert – vor den hohen Leistungen, die alle im Ehrenamt Tätigen erbringen, ohne die gar nichts ginge. Da bin ich mit allen Grußwortrednern einig.
Jetzt kommen Sie mit dieser Debatte. Wenn Sie allein schon die Worte „Strukturvorteile“ und „Krise“ mit der Überschrift der Aktuellen Debatte in einem Atemzug nennen, stellt sich von vornherein die Frage: Welche Krise, lieber Herr Kübler, ist gemeint? Meinen Sie die immerwährende Krise der Landwirtschaft, die aktuell gerade in einer Milchkatastrophe steckt, oder die Krise in Bezug auf die Zukunft der Felderbewirtschaftung und der Landschaftspflege bis hin zu dem schwankenden Irrweg des Genmaisanbaus?
Meinen Sie die Krise, die dadurch entsteht, dass die Kopfgeldprämie des Konjunkturprogramms den einwohnerschwachen Gemeinden nichts bringt? Oder meinen Sie die Krise bei der Versorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfs in den Dörfern und kleinen Gemeinden? Denn dort gibt es keine Einkaufsläden mehr; die einzige Einkaufsmöglichkeit ist Gott sei Dank noch ein Zigarettenautomat.
Die Post gibt es nicht mehr; zum nächsten Briefkasten ist es weiter als zum Empfangsort des Briefs. Keine Bank, kein Arzt! Die Schulzukunft liegt im Dunkeln. Nicht einmal die Kirche bleibt im Dorf, und beimVersenden einer Mail ist die Batterie im Laptop schneller leer, als die Mail ihr Ziel erreicht, weshalb nun auch Bürger selbst zum Spaten greifen, um Kabelgräben auszuheben.
Oder meinen Sie – das ist ein wirkliches Anliegen; Frau Gönner ist im Moment nicht da – die unglaubliche Krise in der Abwasserversorgung? Fragen Sie einmal Ihre Bürgermeister und Gemeinderäte, was hier geschieht. Die zur Verfügung stehenden Mittel reichen gerade einmal, um 30 % der Maßnahmen zu fördern, und dies seit Jahren. Ein unglaublicher Antragsstau ist das Ergebnis.
Schauen Sie dann einmal die horrenden Wassergebühren in den kleineren Gemeinden, die ihre Strukturen erhalten müssen, an. Wo hier ein Strukturvorteil sein soll, erschließt sich uns nicht.
Oder meinen Sie die Krise in der innerörtlichen Erschließung, bei der Sie von den Gemeinden die Nutzung des innerörtlichen Potenzials einfordern? Das ist grundsätzlich sicher richtig, aber Sie geben den Gemeinden keine Mittel in die Hand, um dies auch umzusetzen.
Solange eine über die ganze Welt verstreute Erbengemeinschaft meint, im Heimatdorf ihrer Großeltern noch einen wert
vollen Bauernhof zu besitzen – der aber längst eine abbruchreife Ruine ist –, so lange müht sich auch der beste Bürgermeister und Ortsvorsteher vergeblich, diesen für die Gemeinde zu erwerben. Er schließt auch keine Flächen in Baulücken, solange den Besitzern der demografische Wandel nicht bewusst ist.
Oder meinen Sie die Krise im Nahverkehr, der noch immer nicht gut genug ist, um den Menschen im ländlichen Raum ein zweites Fahrzeug zu ersparen – mit dem sie übrigens dann über landeseigene Straßen von Schlagloch zu Schlagloch holpern?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, wir haben keinen Grund, den Menschen im ländlichen Raum einzureden, die Banken- oder Wirtschaftskrise sei an allem schuld, und dann auch noch zu sagen, dies sei eine Chance. Im Umkehrschluss würde es heißen: Gut, dass wir eine Krise haben, sonst hätten wir keine Chance.
Mit Sorge hören die Menschen im ländlichen Raum Schlagworte wie „Leuchtturmregion“, „Wachstumskerne“ oder „Agglomerationszentren“.
Zum Schluss vielleicht noch etwas, über das wir gemeinsam nachdenken sollten. Wenn Sie in die Dörfer am Rande Ihrer Wahlkreise gehen und dort die Friedhöfe besuchen, dann werden Sie sehen, dass selbst in den kleinsten katholischen Gemeinden zwischenzeitlich Urnenwände gebaut werden. Das hat nichts damit zu tun, dass sich die Einstellung zur Bestattungsform geändert hätte, sondern – ganz pragmatisch – es ist niemand mehr da, der diese Gräber pflegt. Das ist die Sorge der älteren Menschen auf dem Land.
Schauen wir also nicht verzweifelt, aber ehrlich auf die Tatsachen: mehr Schaukelstühle als Schaukelpferde, mehr Rollstühle als Rollschuhe. Die Gemeinden und Dörfer trifft jetzt die Keule der negativen demografischen Entwicklung.
Auch in diesem Fall, Herr Kollege Kübler, können Sie sich auf die SPD verlassen. Hören Sie auf unseren Rat! Suchen wir gemeinsam eine gute Zukunft für den ländlichen Raum!
Herr Kollege Dr. Rülke, würden Sie mir darin zustimmen, dass die hauptsächlich von Ihrer Partei betriebene Freigabe der Ladenöffnungszeiten dem Einzelhandel gerade im ländlichen Raum schwer geschadet hat?
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Vossschulte, Sie sehen an meiner Jacke das Ehrenzeichen des Landes Baden-Württemberg.
Die, die es kennen, wissen: Der Mann weiß, wovon er redet.
Deshalb kann ich Ihnen, liebe Frau Kollegin, in vielen Punkten sehr zustimmen, und ich bin froh, dass Sie viele wichtige Themen angesprochen haben. Die Zeit reicht leider nicht aus, um hierüber umfassend zu sprechen.
Allerdings konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie von der CDU-Fraktion für sich in Anspruch nehmen, Sie seien die wahren Kultur- und Brauchtumsträger in diesem Land.
Ich möchte Ihnen sagen: Sie sind kein Brauchtumsverein, sondern Sie sind immer noch eine Partei. Lassen wir also die Vereine ihre Arbeit tun, und mischen wir uns nicht ein. Sie haben es so schon schwer genug.
Ich schließe mich aber gern dem Dank an diejenigen an, die die vorliegende Antwort der Landesregierung erarbeitet haben. Das ist ein hervorragendes Papier, das sehr ausführlich ist und dessen Lektüre allen zu empfehlen ist, auch denjenigen, die das noch nicht ganz einsehen wollen. Darin kam für mich sehr stark das zum Ausdruck, was Goethe einmal mit folgenden Worten ausgedrückt hat: „Wer seine Heimat nicht kennt, hat keinen Blick für die Welt.“ Cicero sagte dazu: „Wenn du die Welt verstehen willst, schau auf dein Dorf.“
Es ist deshalb völlig unangebracht – Frau Vossschulte, Sie haben es angesprochen –, wenn man in diesem Zusammenhang von Heimattümelei oder Vereinsmeierei redet oder die Heimatliebe als spießig oder überholt betrachtet.
Unvergessen bleiben für mich Erfahrungen aus den Sechzigerjahren, als wir mit unserer Landjugendgruppe in Frankreich waren, und zwar in Gemeinden, in denen unsere Väter oder Großväter noch als Soldaten gewesen waren. Fast alle kommunalen Beziehungen und Partnerschaften zu Frankreich oder zu anderen Ländern haben sich aus den Begegnungen der Jugendlichen und der Vereine für Brauchtums- und Heimatpflege entwickelt. Es wäre also wünschenswert, wenn etwas Ähnliches in Bezug auf die Länder des neuen Europas wieder stattfinden könnte, etwa entlang der Donau. Leider hat die Landesregierung die Mittel für solche Fahrten 2003 gestrichen, sodass sie seitem nicht mehr gewährt werden können.
Auch unter den Vereinen selbst ergibt sich ein gutes Miteinander nur bei gegenseitiger Wertschätzung. Schon mancher Kunstverein war froh, wenn ein örtlicher Kleintierzuchtverein die Bewirtung bei dessen Veranstaltungen übernommen hat. Unsere wunderschönen Freilichtmuseen im Land – das schönste steht übrigens im Kreis Tuttlingen, in Neuhausen ob Eck – erblühen zu neuem Leben, wenn die Heimatvereine, die Brauchtumsvereine diese Museen an ihren Haupttagen mit Leben erfüllen. Die vielen Heimatmuseen in den Kommunen existieren nur durch die Kompetenz und den Einsatz ehrenamtlicher Helfer.
Die Leistungen der Landesregierung hierzu: Die Museumsmittel wurden leider um fast 1 Million € gekürzt. Wer schon einmal die Heimattage Baden-Württemberg selbst erlebt hat und dort vor allem den anschließenden gemeinsamen Umzug der Teilnehmer, der sieht eindrucksvoll die Kraft und das Potenzial, die diesem Element unserer Kultur innewohnen. Er sieht, wie Brauchtum und Heimatpflege verbinden, wie sie die Grenzen zwischen den unterschiedlichsten Bereichen und unterschiedlichsten Menschen überwinden. Sie verbinden den
Lufthansapiloten mit dem Mitarbeiter des städtischen Bauhofs, den Mechaniker mit dem Rechtsanwalt, den Busfahrer mit dem Ingenieur, den Studienrat mit dem Malermeister – dies natürlich auch jeweils in der femininen Form.
Wer bei diesen Umzügen zwischen den historischen Narrenzünften und den Bürgerwehren die wunderbaren Gruppen der Heimatvertriebenen und der Flüchtlinge in ihren heimatlichen Trachten beobachtet, der erkennt, welchen Verlust die Länder, aus denen diese Menschen fliehen mussten, erlitten haben, und welche Kraft unserem Land durch sie zugeflossen ist.
Zunehmend sieht man erfreut ausländische Gruppen, deren Mitwirkende erst in jüngster Zeit zu uns kamen und nun dabei sind. Man sieht in einem oberschwäbischen Musikverein einen iranischen Fahnenträger und in den badischen Bürgerwehren einen Kanonier aus dem Senegal.
Aus den Reihen des Blasmusikverbands kann ich berichten – Herr Köberle, da können Sie mir sicher zustimmen –: Bei den jetzt wieder anstehenden Weihnachtskonzerten – übrigens alle auf höchstem Niveau – ehren wir wieder viele Musikerinnen und Musiker, die als Kinder der ersten Gastarbeitergeneration zu uns kamen oder hier geboren wurden. Wir ehren sie für eine 30- oder sogar 40-jährige Mitgliedschaft in unseren Orchestern. Viele von ihnen haben führende Funktionen. Geräuschlos gelingt hier zum Vorteil aller die gelebte Integration.
Dies sind Werte, die nicht an der Börse gehandelt werden können, die kein Bruttosozialprodukt generieren, die aber die Menschen seit Jahrzehnten und Jahrhunderten durch alle Krisen getragen haben.
Leider ist die Leistung der Landesregierung auch hierbei nicht gerade glänzend.
So wurden z. B. die Mittel für die Volkshochschulen gekürzt, und zwar um mehr als 1 Million €.
Die Mittel für die Amateurtheater und die Brauchtumsvereine wurden um 100 000 € gekürzt.
Die Förderung der sonstigen Kulturpflege wurde um 100 000 € gekürzt, die des Landesarchivs um 1 Million €.
Denkmäler sind die visuelle Brücke in der Kultur und Heimat.
Die Leistung der Landesregierung hierzu ist erschreckend. Die Mittelkürzung für die Denkmalpflege in den letzten fünf Jahren umfasste 10 Millionen €.
Das macht deren Aufgabe fast nicht mehr wahrnehmbar. Die Denkmalpflege kann ihre Arbeit fast nicht mehr ausführen.
Die Landesregierung sieht aufgrund der Mitgliederentwicklung bei den Verbänden und den Vereinen keine Gefahr. Das mag vielleicht so sein, wobei es in den verschiedenen Vereinen sehr unterschiedlich ist.
Es ist aber allemal ein Grund zur Sorge, dass die Vereine zunehmend keine Menschen mehr finden, die bereit sind, Führungspositionen zu übernehmen. Hier können wir direkt etwas tun. Ich spreche da besonders unseren Finanzminister an, der, als er noch Minister für den ländlichen Raum und Staatsminister war, preisend mit viel schönen Reden unserer Vereine Wert und Zahl durch die Lande zog und der nun etwas tun könnte. Entlasten wir die Vereine von dem unseligen Joch des Vereinssteuerrechts in der derzeitigen Form.
Machen wir es möglich, dass ein engagierter Normalbürger noch Kassierer in einem Verein sein kann, ohne dauernd am Rande der Steuerehrlichkeit entlangzuschrammen.
Nehmen wir den Vorsitzenden das Risiko, persönlich für die Steuerschuld eines Vereins zu haften. Es passt nicht zusammen, mit der Ehrennadel zu loben, Ehrenamtspreise zu verleihen, das Jahr des Ehrenamts auszurufen und gleichzeitig mit den Handschellen zu drohen.
Wir wissen, dass Geld nötig ist. Aber die Leistung der Ehrenamtlichen kann nicht bezahlt werden.
Bringen wir deshalb zum Ausdruck, dass wir diese Leistung im Bund, im Land und in der Kommune hoch schätzen. Der alte schwäbische Ausdruck passt dazu am besten: Man muss Leute, die etwas leisten, auch ästimieren.
In Stadt und Land, hauptsächlich aber in unseren kleineren und mittleren Städten und allen Gemeinden und Ortschaften unseres Landes sind es die Brauchtums- und die kulturellen Vereine, die gewährleisten,
dass die Orte, an denen wir wohnen, nicht nur Wohnort, sondern auch Heimat sind.
Nun noch ein Satz zum Schluss. Liebe Frau Vossschulte, liebe stellvertretende Präsidentin, Sie haben die Verfälschung unserer Tradition durch ausländische Einflüsse angesprochen. Ich glaube, so weit brauchen wir gar nicht zu gehen. Wir können uns hier in diesem Hohen Haus umschauen. Brauchtum, Kultur und Tradition brauchen auch Symbole. Alle Jahre aber sehen wir wieder – auch in diesem Hohen Haus –, wie diese Symbole ad absurdum geführt werden. Momentan haben wir
Adventszeit. Das Symbol des Advents ist der Adventskranz. Was steht in unserem Haus?
Der Weihnachtsbaum. Landauf, landab, schon ab November gibt es derzeit diese glitzernden, leuchtenden Irrlichter.
Mit diesem Rat komme ich zum Ende: Nehmen Sie das kompetente Beispiel der Kirchen zum Anlass und schalten Sie diese Irrlichter der Christbäume aus! Hängen Sie einen Adventskranz auf, und sagen Sie auch den Bürgermeistern draußen im Land: Die Weihnachtszeit beginnt nicht am Totensonntag, sondern am 24. Dezember.
Vielen Dank, Herr Präsident, für die Aufmerksamkeit.
Herr Minister, eine Frage: Sind Ihnen die Berechnungen bekannt, wonach die durchschnittlichen Einkommen in den ländlichen Bereichen deutlich niedriger sind als in den Ballungszentren, während die Lebenshaltungskosten besonders für Familien dort deutlich höher liegen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich in den Saal schaue, drängt sich mir der Eindruck auf, dass es eine Verbindung gibt zwischen der Postversorgung im ländlichen Raum und der Anwesenheit der Abgeordneten.
Ähnlich haben sich die Postdienstleistungen im ländlichen Raum gelichtet.
Aber ich stelle auch fest, lieber Kollege Teufel und Kollege Lehmann, dass wir doch eine große Übereinstimmung in dem Ziel haben, die ländliche Versorgung durch die Post zu gewährleisten.
Heute Morgen kam schon zu früher Stunde im Südwestrundfunk die Nachricht: „Post heute nur in Stuttgart“. Wenn man das im Halbschlaf gehört hat, hat man gedacht: Es ist schon so weit, es gibt sie sonst nirgends mehr.
Das ist nicht ganz so. Die Post-Universaldienstleistungsverordnung soll dafür sorgen, dass es so bleibt. Helfen wir dabei mit. Wenn man diese Post-Universaldienstleistungsverordnung, abgekürzt PUDLV, sieht, dann fragt man sich: Wo steckt des Pudels Kern? Des Pudels Kern steckt in der Privatisierung. Die Privatisierung, die uns von der EU vorgegeben wurde, haben wir im Vergleich zu anderen Ländern schon weitgehend umgesetzt, meiner Meinung nach zu schnell und zu weit.
Übrigens möchte ich in diesem Zusammenhang sagen: Alle Jubler für die Privatisierung haben ja über Ostern erlebt, was die Privatisierung des Fernsehens gebracht hat:
Schmuddelfernsehen in größtem Umfang. Alle haben dann auch Krokodilstränen über diese Entwicklung geweint, die sie hätten kommen sehen müssen. Das befürchten wir auch in Bezug auf die Post.
Über 40 % der Menschen – Sie wissen es – leben im ländlichen Raum, der 60 % der Fläche einnimmt. Die Gemeinderäte, die Ortschaftsräte und die Bürgerversammlungen können es nicht mehr hören. Sie haben resigniert. Sie sind es leid, um jeden Briefkasten und jede Telefonzelle zu kämpfen – ganz zu schweigen vom Kampf um eine Poststelle.
Die Landesregierung sagt nun in der Antwort auf die Große Anfrage Drucksache 14/2111, es sei alles in bester Ordnung;
die flächendeckende Versorgung sei gewährleistet und sei angemessen.
Wir wissen, dass das nicht so ist. Fakt ist: Wenn heute eine Oma im ländlichen Raum einen Brief schreibt, dann braucht sie einen Enkel, der ihr diesen Brief zum Briefkasten fährt – sofern sie überhaupt noch einen Enkel in der Nähe hat. Auch das wird ja immer seltener. Einer älteren Person gelingt es nur noch selten, den fliegenden Boten, der am Haus vorbeizischt, zu erreichen, um ihm einen Brief mitzugeben. Oft ist der Adressat des Briefes näher beim Absender als der nächste Briefkasten.
Aber wir wissen ja – das sagt die Landesregierung –: Die ländliche Versorgung ist angeblich flächendeckend gegeben. Tatsächlich ist sie es nicht, und sie wird es auch nicht sein. Mehrfach hat auch die SPD im Bund das Bundeswirtschaftsminis terium, lieber Herr Teufel, und Herrn Glos aufgefordert, diese Dienstleistungsrichtlinie rechtzeitig umzusetzen,
um klare Verhältnisse zu schaffen. Das ist nicht passiert, und deshalb haben wir die Entwicklung jetzt zum 1. Januar 2008 so hinnehmen müssen.
Wir fordern also wie Sie auch die flächendeckende Versorgung in den ländlichen Bereichen. Dazu gehört auch, dass die Öffnungszeiten eine umfangreiche Angebotspalette ermöglichen und dass Abholmöglichkeiten bestehen, damit nicht zugestellte Sendungen abgeholt werden können. Auch Nachnahme- und Einschreibesendungen sind durchaus wichtig. Da reicht es eben nicht, wenn ein Geschäft, in dem ein Postdienst besteht, den ganzen Tag geöffnet hat, der Postdienst selbst aber nur zwei Stunden. Dann ist damit zwar die Fläche abgedeckt, aber die Öffnungszeiten sind nicht ausreichend.
Die Politik muss hier steuern. Wir wissen das. Deshalb unterstützen wir auch den Antrag der Grünen, zumal er unter streicht, was wir im Bund schon lange gefordert haben. Im Beschlussteil schlagen Sie vor, den Umfang nicht zu reduzieren, die Kennzahlen nicht abzusenken und die Gewährleis tungsfestlegungen zu übernehmen. Wer kann dagegen sein? Ich glaube, da sind wir uns einig.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich hätte schon noch ein paar Fragen. Herr Lehmann, Sie haben gerade die Gewinne der Post angesprochen; das ist jedoch nur der eine Aspekt. Wir haben im Dezember hier über den Mindestlohn debattiert, und Sie und Ihre Kollegin Sitzmann haben wieder einmal entschieden die Mehrwertsteuerbefreiung für die Post AG angeprangert.
Auch diese Mehrwertsteuerbefreiung ist etwas, was dazu beiträgt, dass die Post ihren Verpflichtungen nachkommen und ihre Leistungen im ländlichen Raum erbringen kann.
Zu einer ernsthaften Antragstellung gehört schon, dass man auch zu allen Konsequenzen steht. Ich frage mich übrigens auch, wenn die antragstellende Fraktion mit nur noch zwei
Leuten hier vertreten ist, wie sehr die Fraktion überhaupt hinter diesem Antrag steht.
Drei, Entschuldigung. Herr Schlachter ist auch noch da.
In diesem Sinne arbeiten wir gemeinsam dafür
sollen wir noch ein bisschen warten, damit es noch mehr werden? –, dass auch in Zukunft so nah wie möglich die Post abgeht und nicht abzieht.
Herzlichen Dank.
Herr Kollege Wolf, eine Nachfrage: Halten Sie die Enthaltung der Landesregierung im Bundesrat in dieser Sache für eine klare Zustimmung, also ein klares Ja, oder ein klares Nein?
Herr Kollege Bullinger, ich frage Sie: Ist Ihnen bewusst, dass Sie mit der von Ihnen vorgeschlagenen Besteuerung besonders die Menschen im ländlichen
Raum, die auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, belasten?
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Noll, wir waren schon erstaunt, dass ausgerechnet Sie sagen, es sei ein besonderes Vergnügen, mit der Familie einkaufen zu gehen, das Adventsvergnügen schlechthin.
Überhaupt?
Bei dem einen schlägt das Herz links, bei dem anderen sitzt es auf dem rechten Fleck. Aber wenn das Denken hauptsächlich von hinten rechts bestimmt wird, wo der Geldbeutel sitzt, dann kann man es schon so empfinden. Wir empfinden es nicht so.
Gestern war hier im Foyer des Landtags ein Chor und hat dem Ministerpräsidenten ein Ständchen gesungen, unter anderem auch: „Niklaus ist ein kluger Mann, von dem die Regierung noch viel lernen kann“. Nikolaus war einer der Ersten, die die Schlacht zwischen Kommerz und Besinnung im Advent verloren haben. Nun wird er ersetzt durch einen roten Coca-Cola-Clown, eine Mischung zwischen einem Troll und Väterchen Frost, der als einzige Botschaft verkündet: Ho, ho, ho! Shopping, das macht froh!
Meine Damen und Herren, wir haben uns draußen im Land gewundert, wie oft wir auch von Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion gehört haben, sie seien der Meinung, so, wie es bisher war, sei es richtig. In Presseorganen – die nicht im Pressespiegel erscheinen – kommt das stark zum Ausdruck. Von Bürgerinnen und Bürgern, die in der Politik nicht so bewandert sind, haben wir dann oft die Frage gehört: „Hoppla, ist der bei der SPD?“
Wenn wir nun sehen, dass Sie den dritten Sonntag freigegeben haben, müssen wir Folgendes überlegen: Der Ministerpräsident sagt, er habe – in unheiliger Allianz mit den Bischöfen – eine Lösung gefunden, die nun diesen Adventssonntag zum verkaufsoffenen Sonntag prädestinierte. Dies wurde gekippt – dem Heiligen Stephanus sei Dank –, und nun sagt der Ministerpräsident, er sei nicht beschädigt. Es sei völlig in Ordnung, wie er es gemacht habe. Er könne sehr gut damit leben, dass es jetzt einen dritten verkaufsoffenen Sonntag im Jahr gibt.
Nun muss man sich fragen: Ist das nicht das typische Dilemma? Der Ministerpräsident sagt, er sei nicht beschädigt; also war ihm das gar nicht so wichtig. Hat er einen Ballon
gestartet, nicht um den Adventssonntag zu bekommen, sondern den dritten Sonntag im Jahr? Herr Noll, ich denke, da können Sie mir folgen.
Sie haben nun den dritten Sonntag im Jahr. Dazu kommt: Das Regierungspräsidium kann einen weiteren Sonntag freigeben. Also sind wir bei den vier Sonntagen, von denen wir schon immer gesprochen haben, obwohl auch uns der Schutz des Sonntags wichtig ist.
Aber am 8. November wurde es so dargestellt, Herr Noll.
Bitte sehr, Herr Theurer.
Lieber Herr Kollege Theurer, ich gehe von dem aus, was Sie hier am 8. November dargestellt haben. Sie haben behauptet, die Verkürzung von vier Sonntagen auf zwei sei die Kompensation für die längeren Ladenöffnungszeiten – die übrigens dem Einzelhandel im ländlichen Raum unbestritten schaden, auch den Kleinzentren, Herr Noll. Wenn Sie mit den Leuten reden, werden Sie das erfahren.
Nachdem Sie sich also in diesem Dilemma befinden und der Ministerpräsident angeblich nicht verloren hat, kann es also nur noch so sein, dass die Fraktion verloren hat.
Vielleicht haben Sie einen Trick nicht durchschaut und sind nun die wahren Verlierer. Egal, wie es sein mag, die Verlierer sitzen rechts von mir.
Allen Kolleginnen und Kollegen, die draußen im Land weiterhin sagen: „Es war gut so, wie es bisher war; es könnte auch so bleiben“, rufe ich ganz im weihnachtlichen Sinne zu: Fürchtet euch nicht. Ich verkünde euch: Die SPD steht auf eurer Seite.