Friedhelm Repnik

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass sich der Landtag in der letzten Zeit so intensiv mit der Situation von Jugendlichen in unserem Land beschäftigt. Erst in der letzten Plenarsitzung haben wir den Landesjugendbericht und die Umsetzung der Empfehlungen der Jugendenquetekommission besprochen. Heute diskutieren wir über die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Umwelt, Lebensstile und Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Dies ist eine Große Anfrage, zu der ich sagen muss – Sie haben ja die Beantwortung ziemlich gelobt –: Auch die Fragen waren in fachlicher Hinsicht hervorragend gestellt, Frau Bender.
Wir haben schon viel zu der Großen Anfrage gehört und wollen noch kurz darüber sprechen. Vielleicht noch ein paar Punkte aus meiner Sicht.
Die Schadstoffbelastung in Baden-Württemberg entspricht der Situation in anderen Bundesländern. Die Situation ist sogar noch etwas besser. Es sind zwar in geringen Mengen Arzneimittelrückstände in Abwässern nachweisbar – das werden wir weiterhin sorgfältig beobachten müssen –, aber Quantität und biologische Wirksamkeit sind andere Punkte. Wir werden an diesem Thema mit Sicherheit dranbleiben müssen. Konkrete Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sind aber bisher in keiner Weise bekannt. Mir ist aber auch wichtig, in diesem Zusammenhang zu sagen, dass es Gott sei Dank keine Zunahme von Allergien und Atemwegserkrankungen bei uns im Land gibt. Es ist im Gegenteil sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass unsere Kinder durch Gesundheitsschäden gefährdet sind, die insbesondere durch zu wenig Bewegung und durch falsche Ernährung entstehen. Was tun wir dagegen, und was können wir dagegen tun? Es ist manchmal schon eigenartig, dass man sagt: Die Politik soll es richten. Die Politik kann Rahmenbedingungen setzen, aber alles richten können wir halt nicht. Wenn sich einer weigert, in den Sportunterricht zu gehen und bei körperlicher Bewegung mitzumachen, sondern lieber vor der Glotze hockt,
dann kann ich als Sozialminister ihn auch nicht zum Sportunterricht zwingen. Wenn jemand halt im Übermaß Cola trinkt und Chips isst oder sich nur von McDonalds und
Hamburgern ernährt – übrigens: ich mag sie auch zwischendurch – –
Wissen Sie, was so schön ist: Der Heribert Rech wird von Stunde zu Stunde jünger. Heute Morgen sah er ganz alt aus, aber jetzt sieht er ganz frisch aus.
Wir hatten eine schöne Weihnachtsfeier gestern Abend. – Ich kann natürlich Cola und Chips nicht verbieten und will es auch nicht. Das heißt: Wir müssen in der Tat an dem Thema arbeiten. Es gibt erfolgreiche Ansätze über Spaß an Sport und Spiel und über Freude an der Bewegung schon im Kindergarten und auch in der Schule. Es gibt viele Aktivitäten: Schulsport, Schulsport gemeinsam mit Vereinen; auch Kindergärten kooperieren schon mit Vereinen. Krankenkassen und Gesundheitsämter machen in diesem Bereich viel. Aber natürlich muss ich die Information auch annehmen und bereit sein, mich darauf einzulassen.
Das Gleiche gilt für eine richtige und gezielte Ernährung. Man sollte das Elternhaus wirklich nicht vergessen. Es ist einfach zu platt und zu einfach, nur zu sagen: „Wir machen eine vorschulische Erziehung.“ Herr Müller hat selbst gesagt, in den ersten vier Jahren finde die Erfahrung über die richtige Ernährung statt. Aber wollen Sie wirklich alle Kinder in den ersten vier Jahren in eine vorschulische Erziehung von morgens acht bis abends sieben Uhr stecken
und das Elternhaus entlasten? Die Familien müssen wir natürlich stärken!
Liebe Frau Bender, man tut doch da viel. Man stärkt die Familien. Verbraucherberatung, Ernährungszentren, Gesundheitsämter, Schulen, Kindergärten sind bereit, über die richtige Ernährung zu informieren.
Aber ich habe manchmal das Gefühl, dass es bei manchen Familien so ist wie beim Pfarrer in der Kirche: Er predigt halt vor den Leuten, die anwesend sind, meint aber die anderen, die nicht zuhören. So ist es halt manchmal.
Frau Bender, ich nehme diese Aufgabe sehr ernst. Sie wissen, dass das für mich wirklich eine Herzensangelegenheit ist. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir trotz aller Anstrengungen, die wir unternehmen – und mehr
tun, als Angebote zu machen, können wir halt nicht –, in der Tat die Menschen nicht dazu zwingen können, von den Angeboten auch Gebrauch zu machen. Trotzdem müssen wir Kindergärten, Schulen und die vorschulische Erziehung verstärken und in diesem Bereich Schwerpunkte setzen. Dies tun wir ja auch schon in hohem Maße.
Im Übrigen bin ich froh, dass über 90 % der Vorsorge- und Einschulungsuntersuchungen für Kinder wahrgenommen werden. 90 % der Eltern nehmen die Möglichkeit dieser Untersuchungen für ihre Kinder wahr. Dadurch können Entwicklungsstörungen und auch Krankheiten frühzeitig erkannt werden. Darüber hinaus brauchen wir natürlich auch wichtige Daten von den Krankenkassen für Zwecke der Gesundheitsberichterstattung. An diesem Thema werden wir weiter dranbleiben.
Aber, Frau Bender, eine Frage beschäftigt mich, die ich auch noch ansprechen muss: Natürlich gibt es Untersuchungen einer Krankenkasse, die meint, es würden zu viele Psychopharmaka – sie nennen permanent das Medikament Ritalin – verordnet. Ich sage Ihnen etwas aus meiner Erfahrung. Ich war ja bis 11. November 1998 aktiver Apotheker. Ritalin ist ein Betäubungsmittel.
Es wird ganz, ganz selten verordnet. Ich hatte in Rottenburg eine große Apotheke gehabt – und das streut ja –, und ich habe innerhalb von zehn Jahren gerade zweimal Ritalin gebraucht.
Man sollte dieses Thema in der Tat da belassen, wo es hingehört. Die Situation hat sich in den letzten zwei Jahren nicht gravierend verändert. Zumindest gibt es dazu keine neuen Daten. Deswegen sollte man bei solchen Themen sehr zurückhaltend sein. Ich weiß, dass Ärzte und gerade Kinderärzte gerade mit Ritalin – übrigens auch mit Psychopharmaka – sehr zurückhaltend umgehen.
Wir haben ein anderes Problem: Viele Eltern, die bereit sind, schnell zu Tabletten zu greifen, reichen ihren Kindern sofort bei jedem kleinsten Wehwehchen auch Tabletten.
Das ist für mich ein größeres Problem, nicht etwa Ärzte, die verordnen würden, sondern Eltern, die über freie Medikation Kindern schnell Vitaminsaft, Hustensaft oder Kopfschmerztabletten geben. Es ist auch Aufgabe der Apothekerschaft – die dies auch tut –, sehr intensiv zu beraten: „Passt da ein bisschen auf!“
Die Apotheker, Frau Bender, sind die Arzneimittelfachleute und mit Sicherheit die Richtigen für eine Beratung. Die Apotheker in diesem Land raten auch immer sehr intensiv dazu – entgegen den Unkenrufen, Frau Bender, Ihrer
Ministerin in Berlin –, mit pflanzlichen Arzneimitteln zu arbeiten und nicht immer gleich zur chemischen Keule zu greifen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Grund zur Sorge – Frau Bender hat es sogar wörtlich angesprochen – bereiten uns die psycho- und soziosomatischen Störungen.
Frau Bender, soziosomatischen Störungen; das ist schon richtig.
Wir müssen schon darauf achten, wie wir es schaffen, dass Körper, Psyche und Umwelt im Gleichgewicht bleiben. Wir müssen auch darauf achten – das ist doch hochinteressant –, dass vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien gefährdet sind – übrigens auch sehr viele Kinder aus Familien mit Alleinerziehenden. Das hat also nicht nur etwas mit Geld zu tun, sondern auch mit dem Familienverbund.
Ja, ja, natürlich. Aber, Frau Bender, das hat nicht nur etwas mit Geld zu tun. Es hat natürlich auch etwas mit Psyche zu tun. Wir reden ja von soziosomatischen und psychosomatischen Störungen. Also nicht nur das Geld spielt da eine Rolle. Deswegen müssen wir dafür Sorge tragen, dass diese Familien gestärkt werden und dass die Kinder solcher Familien in Lebenssituationen, die für ihre Entwicklung wichtig sind, nicht allein gelassen werden. Wir müssen sie stark machen. Deswegen haben wir auch die präventiven Maßnahmen bei der Suchtprophylaxe verstärkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was können wir tun? Wir versuchen, weiterhin auf unserem Weg voranzuschreiten, dass wir die Prävention stärken, dass wir wie zum Beispiel bei Anti-Ecstasy-Programmen und Alkoholpräventionskampagnen gemeinsam mit der AOK oder auch bei Nichtraucherkampagnen gemeinsam mit den Schulen Kinder schlichtweg stark machen.
Ich komme zum Schluss zu Ihrem Antrag, Frau Bender, den wir im Ausschuss noch behandeln wollen. Ich will keinen Schnellschuss abgeben und ihn gleich ablehnen. Zu Ihrem zweiten Punkt, einer Steuerungsgruppe „Kinder und soziale Benachteiligung“, kann ich Ihnen sagen: BadenWürttemberg hat natürlich der Entschließung der 70. Gesundheitsministerkonferenz zumindest schon insofern Rechnung getragen, als wir eine Arbeitsgruppe „Chancengleichheit und Gesundheit“ beim Landesgesundheitsamt eingerichtet haben, in der wir insbesondere das Thema der sozialen Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen aufgreifen werden. Die Universität Ulm, Herr Dr. Mielk und vor allen Dingen mehrere Gesundheitsämter werden mitarbeiten.
Sie merken: Uns ist diese Aufgabe sehr wichtig. Wir tun etwas für die Gesundheit unserer Kinder in Baden-Württemberg. Helfen Sie mit, dass wir auf diesem Weg voranschreiten. Es gibt wahrscheinlich nichts, was man nicht verbessern kann. Aber die Anwort auf die Große Anfrage
und auch Ihre Beiträge haben gezeigt: Baden-Württemberg ist hier auf einem guten Weg. Auf diesem Weg wollen wir weiter voranschreiten.
Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich weiß nicht, wen er gemeint hat. Mich mit Sicherheit nicht; ich mache eine gute Politik.
Zur Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg. Ich möchte, obwohl sie zum Teil schon genannt worden sind, noch einmal einige Zahlen nennen. Die Debatte ist auch deswegen aktuell, Herr Hausmann, weil Ihnen, wie ich festgestellt habe, viele Zahlen gar nicht bekannt sind und Sie von falschen Informationen ausgehen. Die Debatte ist allein schon deswegen aktuell, damit Sie wieder einmal die Zahlen im Vergleich zu anderen Ländern erfahren.
Die Zahl der Arbeitslosen in Baden-Württemberg ist von 1997 bis Oktober 2000 um 111 000 auf 260 000 gesunken. Das entspricht einem Rückgang um 30 % – bundesweit sind es 16 %, in den alten Ländern 20 %. Sie sehen, in Baden-Württemberg läuft es besser als in anderen Bundesländern. Überraschenderweise läuft es in CDU/CSU-regierten Ländern besser als in rot-grün-regierten Bundesländern. Das muss doch etwas mit den Regierenden zu tun haben, und wenn es nur die Kultur der Selbstständigkeit – Herr Wieser hat darauf hingewiesen – ist.
Doch.
Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der offenen Stellen in Baden-Württemberg
um über 90 % auf jetzt 87 000 gestiegen. Nach Angaben der BfA werden überhaupt nur 36 % der offenen Stellen genannt. Demnach können wir hinsichtlich der Zahl der Arbeitslosen davon ausgehen, dass wir im Prinzip schon bei null sind.
Für uns alle ist auch der Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit um über 40 % auf 26 000 Personen erfreulich. Die Arbeitsämter melden auch, dass die Zahl der Lehrstellen Ende September gegenüber dem Vorjahr um 6,2 % gestiegen sei; auch die Kammern bestätigen uns dies.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich hat der Erfolg immer viele Väter,
wie man weiß. Eines ist aber klar: Dass dies ein Erfolg der Bundesregierung wäre, kann nach all dem, was sie letztes Jahr an Gesetzen auf den Weg gebracht hat, in der Tat nicht verifiziert werden.
Ich komme nachher noch darauf zu sprechen. Man sollte immer eines nicht vergessen:
Der Arbeitsmarkt hängt immer mit unserer Wirtschaft, mit unserem Mittelstand, mit unseren Gewerben zusammen. Dort werden Arbeitsplätze geschaffen. Ich kann schon behaupten, dass gerade unsere baden-württembergische Wirtschaft innovativ und kreativ ist und auch auf diese Art und Weise Arbeitsplätze sichert. Recht herzlichen Dank auch an die Wirtschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man dennoch sagt, das Land habe nichts getan,
so möchte ich doch darauf hinweisen, dass das Land seit Jahren aktive Wirtschaftspolitik als Landespolitik betreibt. Die Mittelstandsförderung in dieser Periode betrug insgesamt 880 Millionen DM. Wir haben mit über 100 Millionen DM eine Existenzgründungsinitiative auf den Weg gebracht; sie läuft noch bis zum Jahre 2001.
Das ist eine Existenzgründungsinitiative mit Beratung, weiter führender Beratung und Übergabeberatung sowie billigen Krediten. Dafür stehen 100 Millionen DM zur Verfügung.
Der Bund ist auch etwas größer als Baden-Württemberg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Privatisierungserlöse in Höhe von jetzt wieder über 1 Milliarde DM, die dazu verwendet werden, zukünftige Technologien zu erschließen, auf Zukunft zu setzen, mobilisieren doch Investitionen in die Zukunft, die der Wirtschaft zugute kommen.
Herr Hausmann, nur noch ein Nebensatz:
Das Bündnis für Bildung und Beschäftigung ist natürlich nicht von der CDU oder der Landesregierung aufgekündigt worden; die Gewerkschaften haben sich ihm schlichtweg verweigert. Die Gewerkschaften haben die Kündigungen geschickt, aber nicht die Landesregierung.
Lassen Sie mich aber trotz aller guten Zahlen auf ein Problem eingehen, das mir in der Tat schon sehr am Herzen liegt.
Wir haben trotz der guten Konjunktur viel zu wenig Fachkräfte, nicht nur im IT-Bereich, sondern auch im Pflegebereich. Wir brauchen qualifizierte Leute. Gleichzeitig haben wir aber fast 90 000 Langzeitarbeitslose, die schwer vermittelbar sind. Im Übrigen sollte man in diesem Zusammenhang sagen, dass von diesen 90 000 schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen ca. 40 % gesundheitliche Probleme haben. Sie sind zum Teil auch deswegen schwer vermittelbar. Ich glaube, wir sollten alles versuchen, damit diese Langzeitarbeitslosen wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können.
Die neuesten Zahlen – nur als Korrektur – derer, die keine Ausbildung haben, liegen in Baden-Württemberg bei ca. 50 %.
Ich wollte es nur sagen. Das sind nicht 43 %, sondern 50 %. Die Zahl liegt also noch höher und steigt auch ständig. Deswegen haben wir in Baden-Württemberg die Landesprogramme „Jugend – Arbeit – Zukunft“ und „Arbeit und Zukunft für Langzeitarbeitslose“ laufen. Wir wollen damit den Einstieg, den Wiedereinstieg, die Ausbildung und die Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Landesweit haben wir über 350 Projekte mitfinanziert, also kofinanziert, in denen jährlich etwa 6 000 Teilnehmer Beschäftigung, Qualifizierung und Betreuung finden. Wir werden dieses Thema auch zukünftig – Herr Noll hat es auch angesprochen – nachdrücklich auf die Agenda des Handelns setzen müssen.
Insgesamt haben wir dafür in dieser Legislaturperiode bis Ende 2000 Landesmittel in Höhe von 140 Millionen DM aufgewendet. Ich sage das, damit nicht die Mär aufkommt, wir würden da nichts tun. Wir ergänzen damit flankierend die Maßnahmen des Landesarbeitsamts, das insgesamt im Land Baden-Württemberg 7,8 Milliarden DM für solche Umschulungsmaßnahmen ausgibt. Übrigens zum Landesarbeitsamt: 7,8 Milliarden DM werden im Land BadenWürttemberg ausgegeben, 12,6 Milliarden DM werden von den Beitragszahlern in Baden-Württemberg in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt:
wiederum 5 Milliarden DM Transferleistung an andere Bundesländer.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir wissen, dass Qualifizierung unbedingt notwendig ist, und wenn wir wissen, dass 50 % der Langzeitarbeitslosen keine Ausbildung haben, müssen wir dem entgegentreten und sagen: Wir müssen unsere jungen Menschen dahin bringen, dass sie eine Ausbildung machen, weil sie nur damit auf Dauer Perspektiven haben. Wir brauchen zukünftig mehr qualifizierte und weniger schlecht qualifizierte Menschen bei diesem umstrukturierten Arbeitsmarkt. Deswegen sagen wir: Wir werden auch verstärkt gerade in die Bereiche hineingehen, in denen problembeladene Jugendliche vorhanden sind. Daher haben wir auch dank der Enquetekommission des Landtags von Baden-Württemberg einen Schub bekommen, indem gesagt wird, wir könnten Jugendsozialarbeit an Schulen anbieten.
„Halblebig“, sagen Sie. Herr Hausmann, warten Sie einmal ab, ob es da und dort, wo man es einsetzt, wirklich so halblebig ist.
Ich erwarte davon, dass gerade problembeladene Jugendliche abgeholt und auf den Weg gebracht werden und dass sie vor allem in Verbindung mit einem Jugendberufshelfer zu einer Ausbildung und Qualifizierung kommen.
Natürlich bedauere ich am allermeisten, dass wir dafür zwar Werbung gemacht haben – es ist übrigens eine kommunale Aufgabe, wir vom Land machen das wirklich, um einen Anreiz zu geben –, dass wir zwar für die Kommunen Mitfinanziers gewonnen haben, aber von 300 Projekten nur 90 bedienen konnten. Ich hoffe, dass wir dies bei den Beratungen eines kommenden Haushalts noch einmal sehr intensiv besprechen können.
Was wir natürlich auch tun – Sie haben es angesprochen, Herr Hausmann –: Wir werden die ESF-Mittel, die in den nächsten sechs Jahren doch deutlich stärker fließen, zielgerichtet und regional an den Markt zu bringen versuchen. Wir wollen eben nicht nur die Großen stark machen und haben deswegen bei den ESF-Mitteln Regionalkreise gebildet, also auf Kreisebene, wo die Träger vor Ort – Arbeitgeber, Gewerkschaften, freie Träger und Kommunen – gemeinsam Projekte erarbeiten, wo sie zielgerichtet auf vermittelbare Arbeitslose, Langzeitarbeitslose zugehen, bei denen eine Chance besteht, sie in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Diese Konzepte werden gerade erarbeitet. Sie werden uns auch schon massenhaft zugeschickt. Ich hoffe, dass wir damit baldigst beginnen können.
Wir haben übrigens mit ESF-Mitteln in den Jahren 1996 bis 2000 etwa 500 Projekte mit über 40 000 Teilnehmern mit insgesamt 162 Millionen DM bezuschusst, kofinanziert von uns. Unsere Beträge in diesem Bereich liegen bei 34,5 Millionen DM, die wir damit auch kofinanziert haben.
Durch unser Programm vom Land Baden-Württemberg „Mehr Arbeitsplätze für Schwerbehinderte“ mit Mitteln aus der Ausgleichsabgabe haben wir insgesamt 4 200 Schwerbehinderte, die auch schwer vermittelbar sind, wieder in den ersten Arbeitsmarkt gebracht. Ich glaube, auch das ist der richtige Weg.
Wir haben noch ein Weiteres gemacht. Wir haben überlegt, was man eigentlich tun kann, damit auch die langzeitarbeitslosen Sozialhilfeempfänger wieder bereit sind, selbst anzupacken, in den Arbeitsmarkt zu gehen, sich Arbeit zu suchen. Wir wissen, dass es bei unserem Sozialsystem und auch beim Lohnabstandsgebot nicht besonders attraktiv ist, aus der Sozialhilfe auszusteigen – es sei denn, man verdient doch einiges mehr –, weil schon ein relativ niedriger Arbeitslohn wieder angerechnet wird. Jetzt haben wir – Modell Baden-Württemberg – ein Einstiegsmodell gemacht, das heißt: Kombination mit Arbeitslohn statt Transferleistungen. Wir haben neun Modellkreise, die da mitmachen. In diesen Modellkreisen geschieht Folgendes: Langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger, die selbst eine Arbeit finden, können mindestens für ein Jahr 50 % des Nettoentgeltes dann auch für sich ohne Anrechnung behalten.
Damit verdienen sie in der Tat mehr, und wir haben inzwischen 220 Menschen – das hört sich nicht so wahnsinnig viel an, ich weiß das –, die diesen Weg schon gewählt haben. Davon sind innerhalb von vier Wochen schon 10 % in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen worden.
Übrigens machen Hessen und auch Bremen genau unser Konzept von Baden-Württemberg nach.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in der Tat eine gute wirtschaftliche Lage, die beste von allen Bundesländern, aber nicht von ungefähr, sondern weil wir gute Rahmenbedingungen stellen – und das trotz der Gesetze,
trotz der verschlechterten Rahmenbedingungen, die in Berlin gemacht werden.
Natürlich war die Steuerreform richtig, aber viel zu kurz gesprungen und viel zu spät.
Das kann man nicht in Abrede stellen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, manche Probleme scheinen noch nicht ganz bekannt zu sein. Man denke doch einmal an dieses verkorkste 630-DM-Gesetz.
Dieses allein hat bundesweit 700 000 Arbeitsplätze gekostet,
allein in Baden-Württemberg 90 000, umgerechnet 11 000 Vollzeitarbeitsplätze, übrigens in Bereichen, in denen man auch mit niedriger Qualifikation arbeiten könnte.
Jetzt ist wieder ein Gesetz auf dem Weg, Gesetz „Teilzeitarbeit und befristete Verträge“. Wir haben dies im Bundesrat abgelehnt,
weil es zu einer weiteren Bürokratisierung führt und weil das Recht auf Teilzeitarbeit mit Sicherheit – auch gerade in kleineren Betrieben – gar nicht durchsetzbar und durchführbar ist. Das kann so nicht gemacht werden. Bürokratisierung ist vor allen Dingen auch mittelstandsschädigend. Im Übrigen erwarte ich eine Flut von Klagen vor den Arbeitsgerichten bei der Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitarbeit.
Jetzt sollen auch noch die Mitbestimmungsrechte erweitert werden. Ich glaube, die Mitbestimmung hat sich bewährt und muss auch neuen Strukturen angepasst werden. Aber eine Erweiterung der Mitbestimmung brauchen wir mit Sicherheit nicht.
Nein, jetzt nicht.
Auch die Herabsetzung des Schwellenwertes auf die Betriebsgröße ist so nicht tragbar und hinnehmbar. Herr Riester sagte zwar in einem Gespräch mit Herrn Hundt öffentlich: Das, was in der Zeitung stand, ist so überhaupt nicht geplant. Aber Herr Riester hat schon oft Dinge gesagt, die sich hinterher ganz anders angehört haben.
Sie dürfen jetzt eine kurze Zwischenfrage stellen.
Ich habe die Nettozahl genannt. Danach sind 700 000 Arbeitsplätze schlichtweg weggefallen.
Inzwischen ist ja alles sozialversicherungspflichtig.
Ich weiß nicht, ob Sie es für einen Fortschritt halten, Sozialversicherungspflicht einzuführen, nur um Versprechungen von Rot-Grün einzuhalten. Der eine Teil geht in die Krankenkasse, weil Sie gesagt haben: „Wir senken die Preise“, und der andere Teil geht in die Rentenkasse, und Sie sagen: „Wir senken auch da.“ Das ist überhaupt kein Fortschritt. Betroffen durch das 630-DM-Gesetz sind Familien, Frauen, übrigens auch die Länder. Allein BadenWürttemberg hat das 114 Millionen DM gekostet. Das kann kein Fortschritt sein. Mit dieser Sozialversicherung im Rentenbereich kann sich keine Frau eine Rente aufbauen, außer wenn sie zuzahlt. Das bedeutet pro Jahr und Rentenmonat dann 7 DM. Dieses ist mit Sicherheit kein Fortschritt in die richtige Richtung. Es war zu nichts anderem da, als um die Löcher im Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsbereich, die Sie selbst aufgemacht haben, zu stopfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg liegt im Ländervergleich ganz vorne. Wir hoffen auch im nächsten Jahr auf einen Rückgang der Zahl von Arbeitslosen. Ich möchte aber auch sagen: Ich hoffe, dass sich der Bund seiner Verantwortung nicht entzieht. Der Bund plant schon wieder einen Verschiebebahnhof. Er schleicht sich aus seiner Verantwortung. Er ist verantwortlich für den Arbeitsmarkt. Das ist Bundesangelegenheit.
Ja, er ist verantwortlich. Was wir machen, ist flankierend, Herr Hausmann. Das ist nun mal so.
Der Bund und die Bundesanstalt für Arbeit sind verantwortlich für die Rahmenbedingungen auf diesem Arbeitsmarkt.
Moment! – Er schleicht sich jetzt aus seiner Verantwortung.
Herr Bebber, ich kann noch eine halbe Stunde länger reden. Aber Sie haben wahrscheinlich Hunger und ich auch.
Ja, für die Bundesanstalt für Arbeit. – Er schleicht sich jetzt aus seiner Verantwortung, indem er die Steuerfinanzierung zurückfährt. Er stellt keine Steuerfinanzierung mehr für das Sofortprogramm „Jugendarbeitslosigkeit“ zur Verfügung, keine Steuerfinanzierung mehr für „Hilfen für Langzeitarbeitslose“ und keine Steuerfinanzierung mehr für Strukturanpassung, für Arbeitslosenhilfeempfänger. Dies wird jetzt voll getragen und soll voll getragen werden von der Arbeitslosenversicherung. Der Bund zieht sich da ganz zurück. Er entzieht sich seiner Verantwortung.
Nachdem die Arbeitslosenversicherung schon Geld hat, haben wir CDU-Länder vorgeschlagen, man könnte den Beitrag um 0,5 Prozentpunkte senken.
Dann hätten nämlich die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer in der Tat auch einmal ein bisschen was davon.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns auf diesem Weg in Baden-Württemberg weiterfahren: Vertrauen in die Wirtschaft, gute Rahmenbedingungen. Ich hoffe, dass in Berlin nicht die falschen Signale auf den Weg gebracht werden.
Ja, natürlich.
Wo er Recht hat, hat er Recht.
Ja, natürlich.
Herr Hausmann, das war natürlich keine Frage. Das war ein Gegenstatement. Aber eines ist doch klar: Diese Gelder der Arbeitsverwaltung bei der BfA sind Gelder der Versicherten.
Wir könnten uns schon darauf einigen, dass der Bund sagt: „Dies wird in dem Bereich auch getan und gemacht.“ Dafür sind Versicherungen auch da. Aber wer sich dann permanent damit schmückt, dass diese Programme Bundesprogramme seien, und die Regierung in Berlin stellt sich hin und sagt: „Wir haben das gerichtet“,
der hat er sich in der Tat mit falschen Federn geschmückt. Wenn man das schon sagt, muss man bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass auch die Besorgnis da ist, dass uns in der Tat nicht weiterhin die richtigen Rahmenbedingungen von Berlin gestellt werden,
ersieht man auch daran, dass der Rat der Fünf Weisen in seinem Jahresgutachten 2000/2001 fordert, mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, anstatt rückzuregulieren.
In den Gesetzentwürfen und in den bisher bekannten Vorstellungen der Bundesregierung sieht er keinen innovativen Schritt nach vorn.
Mit ähnlichem Grundtenor hat sich vor zwei Wochen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geäußert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass die Bundesregierung lernfähig ist und sich nicht hinter ihrer Basta-Mentalität verschanzt.
Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin etwas überrascht, dass ich so schnell drankomme. Ich habe noch darauf gewartet, dass Herr Käs noch einmal spricht. Aber er hat nichts anderes getan, als rechtsradikale Tendenzen bei der Jugend in Abrede zu stellen, womit er in meinen Augen wirklich sehr danebenlag.
Seit 1996 hat sich die Landesregierung verpflichtet, den Landtag mindestens einmal pro Legislaturperiode über folgende Punkte zu unterrichten: über die Lage der Jugend, über die Jugendhilfe in Baden-Württemberg sowie über Folgerungen aus den gewonnenen Erkenntnissen für die Jugendhilfe im Land,
Folgerungen, die die Landesregierung für erforderlich hält.
Das Sozialministerium hat dies mit dem Landesjugendbericht 2000 getan. Dies ist der erste Landesjugendbericht. Wenn ich die Kritik daran höre und diese werte, dann muss ich sagen, dass er eigentlich sehr gut angenommen worden ist, auch von der Opposition. Frau Bender hat zwar versucht, aus dem Protokoll der Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses Honig zu saugen, und meint, das sei im Prinzip eine Fünf. Ich möchte noch einmal zitieren, was da drinsteht:
Die Erstellung des ersten Landesjugendberichts war ein anspruchsvolles und mit manchen Schwierigkeiten behaftetes Pilotprojekt, das aus den gegebenen Rahmenbedingungen das Beste gemacht hat.
Zwei Abschnitte weiter unten steht, Frau Bender:
Der Bericht hat aus der vielfach unzureichenden Datenlage in der Tat das Beste gemacht
Ich wiederhole:
... aus der vielfach unzureichenden Datenlage in der Tat das Beste gemacht
und bildet nun in den nächsten Jahren gemeinsam mit dem Bericht der Jugendenquetekommission eine wichtige Grundlage für die Jugendpolitik des Landes, aber auch für die öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe in Baden-Württemberg.
Ich bin in meinem früheren Leben selbstständig gewesen und habe auch Zeugnisse schreiben müssen. Dieses Zeugnis ist eine Eins und keine Fünf, Frau Bender.
Jemand, der Zeugnisse schreiben muss und Angestellte gehabt hat und sie hat bewerten müssen, der weiß, wie man Zeugnisse schreibt, und weiß auch, wie man Zeugnisse liest.
Nicht aus ihren Fähigkeiten – das wäre natürlich schlimm –, sondern aus der Datenlage.
Beim Landesjugendbericht richtet sich das Interesse auf die Jugendhilfe insgesamt, und hierfür tragen die kommunalen Jugendhilfeträger die Gesamtverantwortung. So steht es auch im SGB VIII.
Ob Sie es wollen oder nicht, die Gesamtverantwortung für die Jugendhilfe liegt bei den kommunalen Trägern. Das Land ist verpflichtet, anzuregen, zu fördern und auf den gleichmäßigen Ausbau hinzuwirken. Genau dies wollen wir tun.
Die Kosten der kommunalen Träger, des Landes und vor allem auch der freien Träger für die Jugendhilfe sind von 1992 bis 1998 von 2,7 auf 3,3 Milliarden DM gestiegen. Hier wird in der Tat sehr viel getan.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Enquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ hat, meine ich, wesentliche Akzente für die Jugendpolitik des Landes gesetzt. Sie hat im politischen Bereich, auch in diesem Hause, meine ich, hoch qualifizierte Überzeugungsarbeit dafür geleistet, dass der nötige Ausbau der Jugendhilfe im Land durch Einsatz zusätzlicher Landesmittel vorangebracht werden muss. Ich bin dafür sehr dankbar. Ich sage auch, wir haben das, was die Jugendenquetekommission uns als Handlungsempfehlungen mitgegeben hat, in der Tat schon umgesetzt, oder wir sind am Umsetzen,
und zwar ohne Wenn und Aber. Die Förderempfehlungen hatten einen Gesamtumfang von 24 Millionen DM.
Die Enquetekommission hat auch eine Reihe von Empfehlungen für den Inhalt des Landesjugendberichts gegeben. Wir haben diese Empfehlungen weitgehend, soweit es zeitlich möglich war, auch berücksichtigt.
Der Landesjugendbericht behandelt vorwiegend solche Bereiche, die von der Enquetekommission nicht als Schwerpunkte behandelt wurden. Das wurde übrigens im Vorfeld auch so besprochen.
Den Empfehlungen der Enquetekommission trägt der Bericht in allen wesentlichen Punkten Rechnung. So wurde die Aufstellung des Landesjugendberichts durch einen Projektbeirat begleitet, dem Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen und der freien Jugendhilfe angehörten. Übrigens: Experten wurden selbstverständlich bei der Erstellung des Berichts gehört,
nur nicht in dem Maße, wie es die Enquetekommission selbst gemacht hat. Die Experten wurden für den Landesjugendbericht gehört.
In den Ausführungen zur Jugendhilfeplanung wird besonders auf Kinder- und Familienfreundlichkeitsprüfungen sowie auf die Beteiligung von Kindern und Familien bei der Bedarfsermittlung eingegangen.
Geschlechtsspezifische Betrachtungsweisen kommen mehrfach zur Geltung, Herr Braun, vor allem bei der Darstellung der Hilfen zur Erziehung. Wir haben das gemacht, was machbar war.
Die Problemlagen von zugewanderten Familien werden insbesondere im Rahmen der aktuellen und zukünftigen Anforderungen an die Jugendhilfe berücksichtigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die heutige Beratung im Parlament stehen die Konsequenzen aus der Sicht des Landes im Vordergrund, die unter der Überschrift „Perspektiven“ zusammengefasst sind. Ich kann nicht auf alle eingehen, aber ein paar sollte ich vielleicht doch ansprechen.
Die Jugendhilfeplanung muss weiter vorangetrieben werden. Hierzu sind wir gemeinsam in den Landesjugendämtern und den Jugendämtern vor Ort durch Projekte auf einem guten Weg.
Jugendhilfe muss sich verstärkt Familien mit Kindern zuwenden. Soziale Problemlagen wie Arbeitslosigkeit wirken sich hier besonders gravierend aus. Dass wir in BadenWürttemberg ein Herz für Familien haben, haben wir gerade mit der Novellierung des Landeserziehungsgeldes gezeigt.
Wir sind das einzige Bundesland, in dem eine Flexibilisierung bis zum achten Lebensjahr möglich ist. So viel zu Ihrem so genannten Maulhelden, Frau Bender. Wir haben es umgesetzt, ich habe hier Wort gehalten.
Zeigen Sie mir einmal irgendein Bundesland, gar ein rotgrün regiertes, wo es eine solche Flexibilisierung gibt, und nennen Sie mir ein rot-grün regiertes Bundesland, in dem es überhaupt ein Landeserziehungsgeld gibt.
Den Beweis müssen Sie erst erbringen.
Weitere Folgerung, meine sehr verehrten Damen und Herren: Der Wohnungs- und Städtebau muss familien- und kinderfreundlicher werden. Wir wollen, dass die Jugendämter sich stärker in die Bauplanungen einschalten. Die Kommunen sind dazu bereit.
Wir brauchen darüber hinaus – auch das ist eine Folgerung für mich – eine Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Eltern. Dies gilt besonders in der Elternarbeit, bei den Familiendiensten, bei Mütter- und Kinderzentren. Wir haben das in der IMA Familie sehr deutlich dargestellt. Aus Zeitgründen möchte ich darauf jetzt nicht eingehen.
In Baden-Württemberg wird jetzt nach und nach die verlässliche Grundschule eingeführt, die eine verlässliche Unterrichtszeit zur Folge hat. Die Betreuung der Schulkinder am Vormittag wird dadurch gewährleistet. Suchen Sie in anderen Ländern einmal nach solchen Modellen.
Zur Integration von Ausländern und Aussiedlern sind Sprachförderung, Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Sozialarbeit an Schulen unerlässlich. Daher fördern wir dank den Empfehlungen der Enquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ geeignete Projekte. Ich habe erst letzte Woche in Laupheim wieder ein solches Projekt besichtigt.
Mobile Jugendarbeit spielt in meinen Augen noch zu oft die Feuerwehr.
Wir müssen Brände eher im Vorfeld verhindern und müssen durch Förderprogramme versuchen, verstärkt Prävention zu betreiben. Dies tun wir auch.
Wir haben durch Anschubmaßnahmen in der Tat dort, wo die meisten „Brände“ entstanden sind, die Jugendsozialarbeit an Schulen eingeführt; darauf komme ich noch. Was wir darüber hinaus machen werden, das werden wir nach Betrachtung der Wirkungen der Maßnahmen gemeinsam in diesem Haus entscheiden.
Ich sage aber auch: Sozialarbeit an Schulen war von Ihnen nur zeitlich befristet vorgeschlagen.
In den Handlungsempfehlungen der Enquetekommission steht: 6,5 Millionen DM für drei Jahre.
An anderen Stellen im Bericht steht: Es wird eine Dauerförderung sein.
Nicht einmal die Enquetekommission – und Herr Braun war ihr Vorsitzender – hat das als Daueraufgabe des Landes Baden-Württemberg gefordert.
Nein, das steht in den Empfehlungen nicht drin.
Deshalb sollten Sie schon einmal – –
Natürlich.
Es ist doch überhaupt keine Frage, dass ich das weiß. Aber Sie haben in Ihren Empfehlungen sehr wohl aufgelistet: dauerhaft, einmalig.
Unter diesem Punkt stand „in den nächsten drei Jahren“
und nichts von dauerhaft. Dass wir darüber sprechen müssen, wie wir das zukünftig weiterhin machen,
dass wir dort Erfahrungen sammeln müssen, dass wir vielleicht auch bessere Wege finden müssen, ist doch absolut klar. Aber wir haben mit Sicherheit noch nicht besprochen, dass das Land da in eine Dauerförderung eintreten muss. Da haben wir noch ein bisschen Zeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt lobe ich die Enquetekommission, weise aber auch auf Widersprüche hin, weil man nicht doppelzüngig reden sollte, Herr Braun, und dann sind Sie wieder unzufrieden.
Sagen wir einmal so: Wir sollten die Hilfen, die wir für unsere Jugendlichen auf den Weg gebracht haben, gemeinsam bündeln.
Was macht das Land Baden-Württemberg? Wir haben schon heute Vormittag lange über die Arbeitsmarktpolitik gesprochen. Ich möchte auch nicht zu stark darauf eingehen. Sie können es nachlesen. Dabei haben Jugendsozialarbeit oder Sozialarbeit an Schulen und Jugendberufshelfer eine Rolle gespielt.
Ich glaube, wir müssen in der Tat in Bezug auf den Übergang von der Schule zum Beruf Schwerpunkte setzen.
Wir müssen den Jugendlichen, die Probleme mit sich haben – – Natürlich haben viele Jugendliche Probleme mit sich. Das gilt auch für Behinderte; das ist völlig klar. Sie, Herr Braun, haben auch völlig falsch – sehr einseitig – auf den Beitrag von Frau Blank reagiert.
Wir müssen Jugendlichen mit Problemen helfen, damit sie mit ihren Problemen fertig werden. Wir können wahrscheinlich nicht allen helfen. Aber wir sollten das tun, was wir tun können.
Deswegen müssen wir versuchen, die Menschen in ihrer Not anzunehmen, ein Stück weit zu begleiten, persönlich zu stabilisieren und einer Berufsausbildung zuzuführen. Denn die beste Perspektive hat ein Jugendlicher mit Beruf.
Im Übrigen: Es handelt sich um eine Jugendhilfemaßnahme und nicht um eine Schularbeit. Die Schule soll zu einem sozialen Verhalten erziehen, aber keine Sozialarbeit leisten. Das ist ein Unterschied.
Das sollte Ihnen auf diese Art und Weise auch einmal gesagt werden.
Wir müssen aber gerade auch regionale Kooperationen noch stärker vernetzen. Zum Beispiel müssen Hilfen in Fällen von körperlicher, seelischer und sexueller Misshandlung von Kindern, aber auch von Störungen und Auffälligkeiten im psychischen Bereich von betroffenen Kindern und Jugendlichen stärker – wie wir es im Modell machen, kreisbezogene Hilfesysteme für misshandelte Kinder – vernetzt und modernisiert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird immer wieder einmal kritisiert, dass der Landesjugendbericht nichts mehr zum Thema Geld sagt. Aber wer dies sagt, hat nicht verstanden, welche Aufgabe dieser Bericht hat. Übrigens steht auch im Jugendbericht der Bundesregierung nichts zum Thema Geld.
Wir wollen in dem Bericht Handlungsempfehlungen für die Jugendarbeit geben: Wie kann es weitergehen, welche Perspektiven haben wir? Aber die Aufgabe ist nicht, die Zahlen festzulegen. Das geschieht vielmehr im Staatshaushaltsplan. Das werden wir gemeinsam mit dem Parlament – Sie haben das Königsrecht – erarbeiten müssen. Ich bin Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich dabei tatkräftig unterstützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst möchte ich den Fraktionen meinen Dank – ich wollte die Große Anfrage ansprechen – für das gemeinsame große Interesse an der Jugendpolitik aussprechen. Über 70 Fragen haben unser Haus in der Tat beschäftigt. Man sollte auch hier manchmal die Frage stellen, ob es da und dort vielleicht nicht etwas einfacher ginge. Man kann nicht einerseits immer von einer Verschlankung des Staates und der Regierung reden und andererseits solche Anfragen auf den Weg bringen, die sich da und dort vielleicht auch auf andere Weise hätten beantworten lassen.
Ja, das war natürlich in Ordnung. Es besteht ein großer Konsens.
Die Antwort auf die Große Anfrage liegt Ihnen vor. Ich will nur auf wenige Beispiele, auf wenige Punkte eingehen.
Für die Projekte zur Integration von Aussiedlern und Ausländern haben wir die Fördergrundsätze in engem Erfahrungsaustausch mit den Praktikern und mit wissenschaftlicher Begleitung erarbeitet, um größtmögliche Effektivität zu sichern. Die Anträge liegen inzwischen vor. Das Auswahlverfahren steht vor dem Abschluss.
Zahlreiche innovative Projekte zur Förderung von jungen Menschen in extremen individuellen und sozialen Problemlagen wurden inzwischen vorgestellt. Die Wahl fiel wirklich nicht leicht. Insgesamt können wir aber sechs Projekte modellhaft fördern, die mit ihrer Arbeit schon begonnen haben.
Auch beim Feldversuch Wohnen und Arbeiten können erfreulicherweise von zehn beantragten Vorhaben neun unterstützt werden.
Beim Modellvorhaben Tagesprogramm zur Drogenprävention in der Jugendhilfe werden drei Projekte bezuschusst.
50 000 DM werden in diesem und im nächsten Jahr für Mädchenprojekte im Bereich der IuK-Technologie eingesetzt.
Die Jugendsozialarbeit an Schulen habe ich schon angesprochen. Ich sage in aller Offenheit – auch heute Morgen habe ich das so gesagt –: Das ist fast ein Renner geworden, da die Kommunen vor Ort plötzlich ihre Pflicht gesehen haben, etwas zu tun. Wir hatten Richtlinien erarbeitet und ca. 300 Anträge erhalten, von denen wir leider nur 91 bedienen konnten, da das Geld nicht ausreicht. Wir mussten selbst Richtlinien erarbeiten, in denen besondere Schwerpunkte wie Schulen und Aussiedler- und Ausländerintegration berücksichtigt werden mussten. Ich bedauere dies sehr. Ich gehe aber doch davon aus, dass die Kommunen ihrer Pflicht auch nachkommen, auf diesem Weg weiterzuarbeiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert werden könnte. Ich glaube aber, dass sich das, was wir im Land Baden-Württemberg für unsere Jugendlichen tun, wirklich sehen lassen kann. Ich denke, in Baden-Württemberg lässt es sich nicht nur gut leben, sondern es lässt sich auch gut jung sein.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Lieber Herr Kollege, haben Sie eigentlich gelesen, wie dieser Punkt der Tagesordnung lautet? Lesen Sie einmal, wie er heißt!
Lesen Sie einmal, was auf der Tagesordnung steht.
Da heißt es: Auswirkungen auf die Familien- und Sozialpolitik.
Lieber Herr Bebber!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Lebenspartnerschaftsgesetz, das die Regierungsfraktionen in Berlin
unter Missachtung aller normalen Regeln durch den Bundestag gepaukt haben, ist ein Beweis dafür, dass wieder einmal Politik mit der Brechstange gemacht wird.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist verfassungsrechtlich äußerst bedenklich, und zwar in doppelter Hinsicht. Die Aufspaltung des Gesetzes in einen zustimmungsfreien und einen zustimmungspflichtigen Teil verletzt die grundgesetzlichen Vorschriften des Gesetzgebungsverfahrens.
Herr Bebber, der Rechtsausschuss des Bundesrats – das Ergebnis lautete übrigens 9 : 6 : 1; es waren also mehrere SPD-Länder dabei, die mitgestimmt haben – hat natürlich über die verfassungsrechtlichen Bedenken gesprochen und kam zum Ergebnis, das Gesetz müsse in den Vermittlungsausschuss.
Außerdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, verstößt das Gesetz gegen Artikel 6 des Grundgesetzes, weil es an die eingetragene Lebenspartnerschaft weitgehend die gleichen Rechtsfolgen knüpft wie an die Ehe.
Ein paar kleine Veränderungen hat man vorgenommen, um Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft vielleicht nicht ganz gleichzusetzen, aber Tatsache ist: Auch wenn die Bundesjustizministerin behauptet, es handle sich um eine eingetragene Lebenspartnerschaft, die rechtlich unterhalb der Ehe steht – selbst wenn es so wäre, aber natürlich ist es nicht so und von Rot-Grün auch nicht so gewollt –, liegt dennoch ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes vor – Sie haben es angesprochen, Frau Bender –, weil gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften damit anders behandelt werden als heterosexuelle Partnerschaften.
Auswirkungen des Gesetzes auf die Familien- und Sozialpolitik in Baden-Württemberg sind durch die beabsichtigte Gleichstellung mit der durch das Grundgesetz geschützten Ehe unzweifelhaft gegeben; darauf möchte ich aber gar nicht ausführlich eingehen, das soll heute nicht das Thema sein. Ich glaube, schon dadurch wird klar, dass sich tatsächlich Änderungen für die gesamte Gesellschaft und damit auch für die Familien- und Sozialpolitik ergeben. Das Leitbild Familie wird verwischt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für uns alle muss ganz klar sein: Die Politik darf und will den Menschen nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben. Deshalb wird die Entscheidung von Menschen, eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft zu führen, von uns nicht nur toleriert, sondern auch akzeptiert. Ich glaube, dass man auch in solchen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Werte leben kann, die für unsere Gesellschaft grundlegend sind. Deswegen dürfen wir gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht diskriminieren und auch nicht ausgrenzen. Deswegen sagen wir auch – Herr Mühlbeyer hat es schon angesprochen –: Es ist richtig, rechtliche Hindernisse, die dem gemeinsamen Leben und der gegenseitigen Fürsorge in gleichgeschlechtlichen Beziehungen im Wege stehen, zu beseitigen. Aber eine Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe lehnen wir ab. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern es ist ein Grundsatz unseres Verfassungsrechts, Ungleiches nicht gleich zu behandeln. Genau das aber beabsichtigt die rotgrüne Bundesregierung mit ihrem Lebenspartnerschaftsgesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ehe und Familie sind Keimzellen unserer Gesellschaft. Deshalb stehen Ehe und Familie unter dem besonderen staatlichen Schutz. Das
ist keine Diskriminierung anderer Lebensformen, sondern beruht einfach auf der Tatsache und auf der Erkenntnis, dass die besten und verlässlichsten Voraussetzungen für das Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen und für die Entwicklung ihrer persönlichen Möglichkeiten natürlich innerhalb einer ehelichen Gemeinschaft, in der Familie geschaffen werden können.
Trotz des tief greifenden Wandels der Wertvorstellungen, Frau Bender, gilt es auch zukünftig, Ehe und Familie zu schützen und zu stärken, auch durch eine gute Familienpolitik. Tun Sie das in Berlin; wir tun es in Baden-Württemberg. Ehe und Familie sind nach wie vor die attraktivsten Lebensformen geblieben. Über 80 % der jungen Menschen streben Ehe und Familie an.
Vor einem halben Jahr wurde in einer Debatte die Ehe als Auslaufmodell bezeichnet.
Von den Grünen.
Das können Sie nachlesen. Lesen Sie es nach. – Ich glaube, das läuft an der Lebenswirklichkeit vorbei. Ehe und Familie haben nichts von ihrer grundsätzlichen Bedeutung in der Gesellschaft eingebüßt. Ich sage deshalb: Sie gehören unter besonderen Schutz gestellt. Das hat übrigens auch etwas mit Bevölkerungsentwicklung zu tun, was der eine oder andere auch nicht weiß.
Deswegen sollten wir alles vermeiden, was den Wert von Ehe und Familie beschädigt, mindert oder verschleiert. Wir halten am Leitbild der Ehe und der Familie fest. Ehe und Familie dürfen nicht mit einer bloßen Lebensgemeinschaft gleichgestellt werden. Wo solche Gleichsetzungen vorgenommen werden, geht dies notwendigerweise zulasten von Ehe und Familie.
Die rot-grüne Regierung will den Status der verfassungsmäßig geschützten Ehe kopieren. Sie hat unter anderem, um ein paar Beispiele zu nennen, die Möglichkeit, einen gemeinsamen Namen zu wählen, die Regelung von Sorgerecht und Unterhaltspflicht, die beitragsfreie Familienversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung, die Berücksichtigung des unterhaltspflichtigen Lebenspartners beim Einsatz von Einkommen und Vermögen und das Erbschaftsrecht mit drin. Nur die Rente soll noch außerhalb geregelt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt doch: Die Ehe wird mit der Lebenspartnerschaft auf eine gleiche Ebene gestellt.
Wenn wir aber sagen, dass wir nicht diskriminieren wollen, sondern Toleranz üben, dass wir wollen, dass Lebenspartnerschaften in der Gesellschaft möglich sind, dann sollten wir schon da und dort bei rechtlichen Maßnahmen die Hindernisse, die diesen Partnerschaften entgegenstehen, verändern. Es wurden – Herr Mühlbeyer hat es gesagt – das Mietrecht, das Zeugnisverweigerungsrecht und der Besuch von Justizvollzugsanstalten angesprochen. Wir müssen im Bestattungsrecht etwas machen, und für das Auskunftsund Besuchsrecht in Krankenhäusern sollte ebenso wie für das Erbrecht der Partner eine Regelung getroffen werden.
Allerdings, meine lieben Parteifreunde
nicht Parteifreunde, ich stelle das richtig –, meine sehr verehrten Damen und Herren – –
Ich hatte zur CDU geschaut.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, um dies zu regeln und auch Diskriminierungen abzubauen, um solche Lebenspartnerschaften zu ermöglichen, brauche ich kein eigenes Rechtsinstitut. Es genügt, wenn man dies auf privatrechtlicher Basis vor dem Notar besiegelt.