Marcel Luthe

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, mit einem Zitat einzuleiten: Ich beobachte mit Sorge, welch „unglaublich naive Diskussion“ sich „in der deutschen Öffentlichkeit erhoben“ hat über die Frage, was Opposition ist.
Die Wertung der Opposition und der Regierung, die vorbehaltlose Überbewertung
der Meinung der Regierung
und die ebenso vorbehaltlose Unterbewertung der
(Andreas Wild)
Meinung der Opposition stammen
aus dem Obrigkeitsstaat, und die Begriffe des Obrigkeitsstaats scheinen … in vielen Köpfen … in diesem Hause
noch immer
sehr lebendig zu sein.
Eine Opposition ist in ihren Qualitäten nicht dann staatserhaltend, wenn sie eine wohlwollende Beurteilung durch die
Regierung und der sie tragenden Parteien erfährt.
Die Opposition ist … Bestandteil des Staatslebens und nicht eine zweitrangige Hilfestellung für die Regierung. Die Opposition ist die Begrenzung der Regierungsmacht und die Verhütung ihrer Totalherrschaft.
Sie
zwingt alle Parteien … ihr innerstes Wesen an ihren Taten zu
zeigen. So definiert – vielleicht sagt er Ihnen was, Herr Kollege Schneider – der Sozialdemokrat Kurt Schumacher, der Oppositionelle in diesem Land, Opposition.
Das bedeutet Opposition. In diesem Sinne: Was zeigen Ihre Taten, Herr Müller, über Ihr Wesen und das Wesen Ihrer Koalition? Wie viel Wahrheit steckt in dem von Ihnen gewählten Titel: „Mit Solidarität und Umsicht gegen die Pandemie“. – Umsicht!
Wenn wir betrachten, dass im Jahr 2019 die Berliner Krankenhausgesellschaft einen Bedarf von 3,5 Milliarden Euro für die Krankenhäuser angemeldet hat und Sie 175 Millionen großzügig zugebilligt haben, also etwa 5 Prozent dieser Summe, dann war das sicherlich nicht umsichtig.
Wenn wir uns anschauen, dass Sie alleine bis August dieses Jahres ohne Ausschreibungen, ohne Berücksichtigung von Vergleichsangeboten für Einzelpreise von bis zu 30 Euro pro Stück für eine Viertelmilliarde Euro sogenannte Alltagsmasken bestellt haben, dann war das sicherlich nicht umsichtig. Wenn wir uns das große Thema Teststrategie und Tests anschauen, auch die Frage von Vergleichbarkeit von Testergebnissen, dann wundere ich mich in schöner Regelmäßigkeit darüber, dass von dem Test die Rede ist. Es gibt aktuell in der Europäischen Union und zugelassen für den deutschen Markt etwas mehr als 700 unterschiedliche Testverfahren unterschiedlichster Hersteller. 700 unterschiedliche PCA-Tests! Welcher Test welches Herstellers mit welcher Sensitivität
und welcher Spezifität verwendet worden ist, muss doch erfasst werden, damit Sie überhaupt in Relation setzen können, ob die Zahlen von dieser Woche mit der Zahl von letzter Woche vergleichbar sind. Es gibt keine Zulassungsverfahren für Tests. Sie können grundsätzlich einen jeden Test nach Eigenprüfung an den Markt bringen. Insofern können Sie sehr zuverlässige Tests haben, und Sie können genauso sehr unzuverlässige Tests haben. Die spannende Frage ist doch die: Welchen Anreiz hat ein Labor, einen besonders zuverlässigen Test zu verwenden? Womöglich ist der aufwendig, womöglich ist der teuer. Da die Labore allerdings Geld verdienen müssen, haben sie natürlich zunächst mal keinen Anreiz einen besonders teuren Test einzukaufen.
Ich hatte mehrfach über die letzten Monate genau diese Frage gestellt, die eigentlich ausgesprochen simpel ist, gerade auch für unsere hundertprozentige Landestochter Labor Berlin: Welcher Test wird verwendet? Welcher Test welches Herstellers mit welcher Sensitivität, welcher Spezifität? Ihre Gesundheitsverwaltung kann es nicht beantworten – wissen wir nicht. Stattdessen rechnen Sie sich mit Zahlen schwindelig.
Zu den Zahlen zitiere ich mit Erlaubnis des Präsidenten noch mal aus der Morgenpost vom 11. Juli 2018:
Es ließe sich viel über die Lunge sagen, denn die Wissenschaft hat ein ziemlich genaues Bild von unserem Atemorgan – und trotzdem sterben jedes Jahr in Deutschland 30 000 Menschen an einer Pneumonie, einer Lungenentzündung. Seit 70 Jahren ist diese Zahl unverändert hoch. Einige der Toten sind alt oder haben Vorerkrankungen. Aber längst nicht alle. „Es gibt immer wieder junge Patienten mit einer Lungenentzündung, bei denen wir alles richtig machen und trotzdem alles schiefgeht“, sagt Professor Norbert Suttorp, Direktor der Infektiologie und Pneumologie an der Charité. „Von dieser hohen Todeszahl müssen wir endlich herunterkommen.“
Ich habe gefragt, was Sie getan haben, was Sie unternommen haben – umsichtig –, um bakterielle Lungenentzündungen, pneumokokkeninduzierte Lungenentzündungen, zu verhindern. Wir haben seit April dieses Jahres den notwendigen Impfstoff Pneumovax 23 nur noch begrenzt verfügbar. Seit Juni war er gar nicht mehr verfügbar. Er wird erst Ende Januar überhaupt wieder verfügbar sein in der gesamten Europäischen Union. War das umsichtig? Ich denke nicht.
Der zweite Teil Ihres Titels: die Solidarität. Wie erreicht man Solidarität der Menschen? – Meines Erachtens durch eine klare, offene, transparente und stringente Kommunikation, nicht durch die Verweigerung des Dialogs, sondern die Annahme desselben. Was machen Sie? – Ich erinnere an Ihren ausgestreckten Mittelfinger gegen alle ohne Maske, an die Ausgrenzung, an Hass und Hetze
gegen chronisch Kranke, gegen Schwerbehinderte, wie wir es gerade auch wieder erlebt haben. Ich finde das unerträglich, wenn ich mir Ihre Verordnungspolitik anschaue, die vielen Fehler, die von Anfang an in diesen Verordnungen enthalten waren. Ich erinnere noch mal an die Regelung des Umgangs bzw. des Abstands dahingehend, wer denn sein Kind berühren darf: nur derjenige, der das Sorge- und Umgangsrecht hat. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass das selbstverständlich falsch ist und es „oder“ heißen müsse. Nach dem vierten Hinweis haben Sie es dann endlich korrigiert und sprachen von einem Redaktionsversehen. Den Schaden, den Streit, den Sie damit angerichtet haben, weil Sie sich nicht einmal die Mühe machen, durchzulesen, was Sie da verfassen, und es prüfen zu lassen, finde ich bemerkenswert.
Was das Prüfenlassen angeht: Grundsätzlich – und das ist das Schöne an einem Parlament – haben wir klare, transparente parlamentarische Verfahren. Wir begründen, was wir machen. Wir begründen das in transparenten Debatten, wir begründen das auch in den Begründungen eines Gesetzes. Anfangs konnte man noch darüber hinwegsehen, dass Sie Ihre Verordnung nicht begründet haben. Sie haben das mit einer zeitlichen Notwendigkeit erklärt. Ich denke, die allermeisten Kollegen hier im Hause hatten Verständnis dafür. Nach neun Monaten haben Sie es immer noch nicht für nötig gehalten, Ihre Verordnung zu begründen. Mittlerweile hat aber selbst Ihre eigene Partei im deutschen Bundestag beschlossen, dass Sie Ihre Verordnung begründen müssen. § 28a, Abs. 5 des Infektionsschutzgesetzes sieht die Pflicht vor, Ihre Verordnung zu begründen.
Trotzdem ist Ihre jüngste Verordnung nicht begründet. Das fehlt schlichtweg. Ich frage Sie deshalb auch hier – Sie werden ja gleich Gelegenheit haben, das auszuführen –: In welcher Weise dient es der Infektionsbekämpfung, eine sogenannte Maskenpflicht zum Beispiel im öffentlichen Personennahverkehr anzuordnen mit der Folge, dass Atemluft unmittelbar zu den jeweiligen Sitznachbarn geleitet wird? Ich erinnere dazu – auch das ist ja keine wilde Theorie – an die entsprechenden Forschungsergebnisse des Strömungsmechanikers Prof. Kähler von der Universität der Bundeswehr, der genau darauf hinweist. Sie leiten es zum Beispiel sitzend, auch in der Schulklasse – oder entsprechend in der BVG –, an Ihren Banknachbarn weiter und haben einen direkten Austausch. Meines Erachtens wird dadurch eine Infektion nicht verhindert, sondern vielmehr sogar befördert. Ich halte das für gefährlich. Wenn Sie es entsprechend begründen würden, so wie es der Gesetzgeber vorsieht, weshalb Sie das trotzdem für richtig halten, könnte man das prüfen, und Sie würden Leute überzeugen. Die Verweigerung einer Begründung erreicht meines Erachtens schlichtweg bei mündigen Bürgern genau das Gegenteil von dem, was wir alle wollen.
In welcher Weise dient es der Infektionsbekämpfung, einen sogenannten Mindestabstand vorzuschreiben und es sodann im öffentlichen Personennahverkehr unmöglich zu machen, diesen einzuhalten? Verschiedene Kollegen haben es schon angesprochen. Alleine durch eine Entzerrung, beispielsweise des Unterrichtsbeginns in den Berliner Schulen, könnten Sie da etwas erreichen. Sie haben es nicht getan – nicht nur im ersten Monat nicht, sondern auch nicht im zweiten, und Sie haben es nach neun Monaten immer noch nicht getan.
Auch das ist sicherlich weder umsichtig noch solidarisch.
Was vor allem fehlt und was § 28a, Abs. 5 Infektionsschutzgesetz ausdrücklich vorsieht, ist ein infektionsmedizinisches Gesamtkonzept. Ich bin sehr gespannt, wann Sie endlich ein infektionsmedizinisches Gesamtkonzept, wie es der Gesetzgeber erfordert, entwickeln und was das alles enthält, ob es insbesondere auch enthält, dass Sie im Rahmen Ihres Gesamtkonzepts zukünftig eine Abwägung zwischen womöglich vermiedenen Infektionen und den bereits eingetretenen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen Ihrer Verordnungen – also das Unterbleiben und Aufschieben von Operationen, das Ausbleiben von Therapien, das Vernichten von Arbeitsplätzen, häuslicher Gewalt, Folgen von Armut usw. und so fort – tatsächlich mitberücksichtigen. Herr Regierender Bürgermeister! Sie haben nicht nur kein Konzept, Sie haben auch keine Informationen, um ein solches Konzept zu entwickeln. Im Mai 2020 waren in Berlin 1 474 Intensivbetten aufgestellt. Im Oktober waren es hingegen nur noch 1 232, also 240 weniger. Wenn man das betrachtet – das sind übrigens die Zahlen Ihres Hauses –, stellen wir fest, dass es ganz leicht ist, mit Ihrer lustigen Ampelrechnung Zahlen hin- und herzuschieben. Sie bauen nämlich einfach ein paar Betten ab, und schon haben Sie eine prozentual höhere Auslastung. Dann bauen Sie wieder auf und haben eine andere erreicht.
Zuletzt: Sie haben auch keinen Überblick darüber, wie viele der sogenannten Covid-Patienten tatsächlich positiv getestet sind, wie viele negativ getestet sind und wie viele ungetestet sind. Die Initiative Qualitätsmedizin von Helios hat Zahlen dazu aus vielen Kliniken erhoben, Charité und Vivantes fehlen leider Gottes.
Dort ist das Ergebnis, dass 80 Prozent der Patienten, die als Covid-Patienten laufen, nicht getestet werden. Ich halte all das für wenig verantwortlich, für nicht soli
darisch und dementsprechend für eine vollkommen verfehlte Politik und bitte Sie, lieber Regierender Bürgermeister, handeln Sie endlich, statt nur mit Worthülsen zu arbeiten! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumindest können wir feststellen, dass diese Debatte von allen Seiten und gerade auch von dieser des Hauses, sehr kreativ geführt wird. Wir haben bisher eine Menge Märchen gehört, gerade auch von Ihnen, Herr Kollege Lux!
Wenn Sie behaupten, diese Koalition würde nicht direkt und indirekt durch finanzielle Mittel leider Gottes – ob durch Unfähigkeit oder durch planvolle Tätigkeit, lassen wir mal, weil wir es nicht beurteilen können, offenstehen – islamistische und terroristische Strukturen fördern, dann ist das schlichtweg unwahr. Ich verweise auf meine parlamentarischen Anfragen genau zu diesem Thema, zur Finanzierung von Organisationen, die Hamas und Hisbollah nahestehen, durch insbesondere die Senatsverwaltung für Kultur und die Senatsverwaltung für Bildung.
Wir haben gleichzeitig auch ein riesiges Problem damit, dass Sie – damals der berühmte Einzelfall – eine 44Quadratmeter-Wohnung für 6 000 Euro anmieten, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Dieser Einzelfall, bei dem sich eine Person bereichern konnte, hat sich ja ein bisschen multipliziert, wie wir mittlerweile wissen. Es gibt knapp 800 dieser Einzelfälle, dabei teilweise Einzelfälle aus dem Bereich der organisierten Kriminalität arabischstämmiger Gruppierungen, der sogenannten Clans, die dort aus dem Landeshaushalt finanziert werden, genauso wie eben halt Moscheevereine, die solche Unterkünfte betreiben. Das ist die Tatsache, das ist die Realität Ihres Umgangs mit diesen islamistischen Strukturen und der Förderung.
Zu dem, was Sie unternommen haben und was Sie anderen, die keine Mehrheit in diesem Hause haben, vorwerfen, nicht unternommen zu haben: Nehmen wir den Bereich der Terrorabwehr. Wir haben vor zwei Jahren, von mir aufgebracht, das Thema behandelt, wie wir eigentlich mit einem terroristischen Angriff, wie er jetzt in Wien geschehen ist, umgehen können und welche Möglichkeiten wir haben, durch unsere MEK einzugreifen. Die Antwort war damals klar: Wir haben keine Möglichkeiten, weil wir gar nicht das entsprechende Training anbieten können. Wir haben auch nicht die Waffen, die dafür notwendig sind. Wir haben nicht die Grundlage für einen
(Benedikt Lux)
finalen Rettungsschuss, den Sie abgelehnt haben und wo Sie angekündigt haben, einen eigenen Vorschlag zu machen, der bis heute nicht da ist.
Sie haben keine Ahnung von dem Thema HawalaBanking. Sie wissen nicht, wie Terror in dieser Stadt finanziert wird. Sie wissen auch nichts darüber, wie Sie denn tatsächlich erneute Anschläge wie am Breitscheidplatz verhindern wollen – Stichwort: Bauliche Barrieren auf öffentlichen Plätzen. Es gab einen Vorschlag, den ich damals vorgelegt habe. Sie haben erklärt, Sie wollen einen eigenen Vorschlag vorlegen, Herr Kollege Zimmermann. Sie haben aber nie einen Vorschlag vorgelegt. Die Ankündigung war: Im Sommer. Ich frage Sie, in welchem? 2022, 2023, wann? – Es wird nichts passieren. Sie warten im Moment einfach ab und schwingen genau diese Sonntagsreden, von denen der Kollege Dregger zu Recht gebeten hat, dass wir sie unterlassen.
Insofern möchte ich abschließend noch eines sagen: „Jede Abschiebung ist eine zu viel“, kam hier aus der Linksfraktion.
Bitte!
Lieber Kollege Penn! Ich gehe davon aus, dass, wenn wir nicht dem Kollegen Lux hier Lügen unterstellen wollen, wir davon ausgehen müssen, dass es so gemeint ist, dass er sich eine neue, stärkere Struktur unter anderem Namen wünscht, die aber genau das macht, Islamismus zu bekämpfen. Ansonsten würde er tatsächlich, wenn er nur
den Verfassungsschutz abschaffen will, die Bekämpfung von Islamismus in dieser Stadt schwächen.
Insoweit kommen wir noch einmal zu dem Abschluss: Jede Abschiebung sei eine zu viel, kam hier aus dem Haus, von den Linken. Ich halte diese Auffassung für vollständig falsch, wie uns auch der Anschlag von der A 100 beispielsweise gezeigt hat. Der Attentäter hatte zwar keinen Identitätsnachweis, er konnte aber sehr wohl in aller Ruhe ohne Identitätsnachweis in Berlin seinen Führerschein machen. Er hat die Fahrprüfung hier abgelegt und konnte sich von der Unterstützung, die er hier als Flüchtling bekommen hat, ein Auto kaufen. Das ist bemerkenswert. Insofern glaube ich, dass es in der Tat im Bereich der Terrorabwehr viel nachzuholen gibt in dieser Stadt. – Vielen Dank!
Herzlichen Dank! – Frau Senatorin! Sie haben gerade angesprochen, dass die Mittel für die Krankenhäuser auf 250 Millionen Euro für Investitionen erhöht wurden. Können Sie kurz noch einmal erläutern, ob es zutrifft, dass die Krankenhäuser 2017 in Berlin einen Bedarf von 2,1 Milliarden Euro angemeldet haben und für das Jahr 2019, den Doppelhaushalt, 3,5 Milliarden Euro, und die Leistungsfähigkeit insbesondere deshalb eingeschränkt
(Senatorin Dilek Kalayci)
ist, weil der Senat nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt hat, die die Krankenhäuser brauchen?
Vertrauen ist der Anfang von allem. Ein Slogan, mit dem die Deutsche Bank vor vielen Jahren gut beschrieben hat, was die Grundlage von Wirtschaft ist. Wirtschaft – dazu kommen wir später – liegt diesem Senat bekanntlich nicht so, also versuchen wir es anders: „Vertraue, aber prüfe nach.“ Mit Lenin kann doch die Mehrheit dieses Hauses mehr anfangen als mit Marktwirtschaft. Eben dieses Vertrauen hat ihnen eine breite Mehrheit viel zu lange entgegengebracht, ohne nachzuprüfen. Und was haben Sie mit dem Vertrauen gemacht? – Blind haben Sie voneinander die unsinnigsten Verordnungstexte auch noch falsch abgeschrieben wie schlechte Schüler.
Als ich Anfang Mai darauf hinwies, dass in Ihrer Verordnung wegen schlampiger Formulierungen – weil Sie den Unterschied zwischen „und“ und „oder“ nicht beachtet haben – der Kontakt zwischen vielen Eltern und ihren Kindern verboten wurde, bezeichneten Sie das als „Redaktionsversehen“. Den Betrieb von Prostitutionsfahrzeugen – im Gegensatz zu Bordellen – haben Sie ebenfalls „aus Versehen“ nicht untersagt. Nicht erklären konnten Sie auch, weshalb das Öffnen eines Schuhgeschäfts gefährlich sein sollte, ein Fahrradladen aber harmlos. Dass das Sozialgericht der interessierten Öffentlichkeit grundsätzlich den Zugang zu öffentlichen Gerichtsverhandlungen verwehrt hat, hat Sie auch nicht gestört.
Aber man hat Ihnen weiterhin vertraut. Und einige wenige haben nachgeprüft: Von Anfang an stützen Sie Ihre Argumentation auf Infektionen. Umso interessierter war ich an der Feststellung, wie viele Infektionen es eigentlich gibt und wo diese entstehen. Entgegen einer weit verbreiteten Unwahrheit wissen Sie aber gar nichts über Infektionen im Sinne des Gesetzes, auf dessen Grundlage Sie Ihre Verordnungen erlassen. Wie meine parlamentarischen Anfragen ergeben haben, haben Sie – und damit wir alle – schon keine Ahnung, welches der rund 600 unterschiedlichen aktuell auf dem deutschen Markt angebotenen Testverfahren in welchem Labor bei welchem Test verwendet wurde. Da im Prinzip jedermann einen „Test“ auf den Markt werfen kann, ist die Genauigkeit
(Präsident Ralf Wieland)
der Ergebnisse höchst unterschiedlich. Sie wissen auch nicht, bei welchem CT-Wert der jeweilige individuelle Test positiv wurde und damit auch nicht, ob er – wenn er überhaupt etwas anzeigt – ein vermehrungsfähiges Virus gefunden hat.
Aber kommt es auf die Frage der Vermehrungsfähigkeit überhaupt an? – Bei infektionsmedizinischen Milchmädchenrechnungen wie Ihrer „Ampel“ freilich nicht, nach dem Gesetz – an das Sie als Senat gebunden sind – allerdings schon: Eine Infektion besteht nämlich nach § 2 IfSG nur dann, wenn ein vermehrungsfähiges Virus aufgenommen wird. Sämtliche Ihrer Maßnahmen, die nach Ihrem Bekunden allein der Reduzierung „positiver Testzahlen“ dienen, wären demnach nicht durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt. Dieses blinde Stochern im Nebel ist daher nach meiner Überzeugung aktuell eben deshalb rechtswidrig.
Wenn schon nicht klar ist, wie viele Infektionen es überhaupt gibt, kann auch für keine Ihrer Maßnahmen eine pflichtgemäße Verhältnismäßigkeitsprüfung stattgefunden haben, denn eine Seite der Abwägung fehlt ja völlig, das haben Sie freundlicherweise bestätigt: Sie „gehen davon aus“, dass Ihr eigenes Handeln verhältnismäßig ist. Blindes Vertrauen ohne jede Grundlage.
Rufen wir uns noch einmal in Erinnerung, was der Grund für diese höchst ungewöhnliche Reaktion auf eine durch ein Virus übertragbare Krankheit sein soll: die „drohende Überlastung des Gesundheitssystems“. Das gibt uns denklogisch zwei Lösungsoptionen: Reduzierung der Nachfrage nach Leistungen oder Erhöhung des Angebots dieser Leistungen. Auf meine Frage, was Sie binnen der letzten sieben Monate unternommen haben, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen, war die Antwort: Wir haben für 28,6 Millionen Euro Geräte bestellt. Aber das ist ja nicht alles: Sie haben auch für einen dreistelligen Millionenbetrag „Masken“ bestellt zu Einzelpreisen von bis zu 29,95 Euro in der Kulturverwaltung.
Wenn man dem jüngsten Bericht der „Berliner Zeitung“ folgt, war das nur die Spitze des Eisbergs, denn sogar die Polizei hat demnach zu absoluten Mondpreisen bei dubiosen Händlern gekauft, sodass Sie insgesamt dem Landeshaushalt einen immensen Schaden zugefügt hätten. Sie lassen für etwa 5 Millionen Euro pro Woche – das kostet eine volle Polizeihundertschaft in einem ganzen Jahr – PCR-Tests durchführen, zu denen Sie nicht einmal die notwendigsten Daten erfassen, und mit Ihren wahllos durch die Gegend geworfenen faktischen Berufsverboten für alle möglichen Gruppen, die Ihnen persönlich unliebsam sein mögen – Kinobetreiber, Künstler, Kosmetiker, Kellner, Prostituierte, Schausteller und Tätowierer –, vernichten Sie nicht nur die Quelle des volkswirtschaftlichen Wohlstands, mit dem Sie hier um sich werfen, sondern vernichten auch reihenweise Existenzen. Von Verhältnismäßigkeit keine Spur!
Statt diejenigen zu schützen, die von einer Infektion womöglich schwer betroffen wären – die chronisch Kranken, Behinderten, Alten und Schwachen –, stacheln die landeseigenen Betriebe auch noch gegen diese Gruppen auf: der Mittelfinger für alle ohne Maske war der Höhepunkt, aber das tägliche Mobbing gegen angebliche „Maskenmuffel“ bei BVG oder Bäder-Betrieben verfehlt seine Wirkung – Spaltung – nicht. Während Sachsen in § 3 Abs. 2 seiner Verordnung ausdrücklich diese Gruppen vor Diskriminierung und Angriffen schützt, bleibt der rotrot-grüne Senat, der sich sogar einen Antidiskriminierungssenator leistet, untätig und hält diese Diskriminierungen gar für zulässig. Während der Schwerbehindertenausweis in Sachsen ausreicht, will der Berliner Senat die Bürger zur Offenlegung ihrer Krankengeschichte an der Supermarktkasse nötigen.
Wiederholt habe ich gefragt, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage Sie einen Nutzen der sogenannten „Alltagsmasken“ annehmen und wie Sie die Studien bewerten, nach denen diese nicht nur nutzlos, sondern womöglich sogar infektionsfördernd sein können. Auch diese Gelegenheit, sich endlich einmal dem Souverän – den Bürgern – zu erklären, haben Sie verstreichen lassen. Wenn hier immer wieder das Gefahrenabwehrrecht angeführt wird, dann doch bitte richtig: Das Gefahrenabwehrrecht unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ihre Maßnahmen müssen also geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dass diese geeignet sind, haben Sie über Monate und auch heute mit Ihrer Vorlage nicht begründet. Dass diese erforderlich sind, haben Sie über Monate und auch heute mit Ihrer Vorlage nicht dargelegt. Und dass diese angemessen sind, also nicht am – jedenfalls zeitlichen – Übermaßverbot scheitern, können Sie nach sieben Monaten erratischer Eingriffe nicht glaubhaft machen, weil Sie – ich verweise auf den Anfang meiner Rede – nicht einmal die Zahl der Infektionen im Rechtssinne sauber erfassen.
In welchem Verhältnis zu dem bereits angerichteten und noch kommenden Schaden steht der Nutzen Ihrer Politik? Sie hätten heute Gelegenheit gehabt, dies nachvollziehbar zu erklären und dem Parlament die Möglichkeit zu geben, darüber für den Souverän ein Urteil abzugeben. Sie haben es nicht getan, und ich muss befürchten, dass Sie es nicht können. Und deshalb habe ich in diesen Senat kein Vertrauen. Das haben Sie zerstört – bei mir und bei sehr vielen Menschen.
Abschließend bitte ich Sie alle, sich bei allen Entscheidungen die Worte Hans Buchheims vor Augen zu führen:
Die Menschen unter totalitärer Herrschaft sind immer im Einsatz, immer angestrengt. Sie müssen in einer Atmosphäre der Freudlosigkeit, des Misstrauens ständig darauf bedacht sein, ihre Loyalität unter Beweis zu stellen. Das Regime gestattet ihnen nicht, sich zu entfalten, sondern will aus ihnen andere machen als sie von Natur aus sind, es
engt sie nicht nur in ihrer Freiheit ein … kein Winkel des öffentlichen noch des privaten Lebens bietet Sicherheit vor Kontrolle.
Wenn das Böse in Gestalt des geschichtlich Notwendigen, des Gemeinnutzes, des Wohles des Volkes oder der Klasse auftritt, gerät der Mensch in schier unauflösliche sittliche Konflikte. Das eigentliche Merkmal totalitärer Herrschaft ist aber die schleichende Vergewaltigung des Menschen durch Perversion des Denkens und sozialen Lebens.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben bereits am Montag im Innenausschuss darüber gesprochen, was aus meiner Sicht das Hauptproblem in der gegenwärtigen Situation in dieser Stadt ist und was das aktuelle Problem ist. Das aktuelle Problem ist, wie Sie auch gerade eindrucksvoll demonstrieren, meine Damen und Herren von den Grünen, die Form der Kommunikation, die in dieser Stadt in wesentlichen Teilen unterbleibt oder sich in Krakeele, im Ohren Zuhalten und einander nicht Zuhören ergeht. Was die Bürger in dieser Stadt gerade von uns als ihren gewählten Vertretern – im Übrigen vertreten nur alle 160 Abgeordneten insgesamt alle Berliner – erwarten, ist, dass wir wenigstens vernünftig miteinander reden, einander zuhören, Argumente abwägen und auf das Gegenüber eingehen und danach dann uns eine Meinung bilden – und nicht vorher schon
die Meinung haben, bevor man in die Debatte geht. Das wäre das, was die Menschen eigentlich von uns erwarten.
Sie erwarten auch, dass wir zum Thema sprechen, und das Thema „Rot-Rot-Grün versagt beim Schutz der Sicherheit der Bürger“ erfordert sicherlich mehr als die drei Minuten, die diese Regelung der Geschäftsordnung mir gegenwärtig zugesteht. Aus diesem Grund habe ich diese Rede entsprechend vorbereitet und werde sie nun, um der Sache gerecht zu werden, zu Protokoll geben. – Herzlichen Dank!
Ich hatte mich vor etwa drei Punkten gemeldet!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, dass Sie den Titel der Aktuellen Stunde etwas besser hätten wählen können.
Es ist nicht ausschließlich rechte Gewalt – so hoffe ich jedenfalls, Herr Kohlmeier –, die Sie bekämpfen wollen. Ich hoffe, wir wollen alle Gewalt in jeder Form effektiv bekämpfen, und zwar mit dem Recht und durch das Recht. Das wäre sicherlich der richtigere Titel gewesen.
Der Rechtsstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er Recht gleichermaßen für und gegen jedermann anwendet – ohne
(Holger Krestel)
Ansehen der Person, ohne eine Wertung irgendeines anderen Aspekts als dem des Rechts. Insofern ist es natürlich falsch, irgendeine Gruppe von Tätern, irgendeine Gruppe von Opfern, irgendetwas gesondert herauszunehmen. Es ist die Aufgabe des Rechtsstaates, an den Buchstaben des Gesetzes orientiert, den Sinn erfüllend diese Gesetze durchzusetzen.
Das bedeutet, dass wir uns auch gerade innerhalb der Staatsanwaltschaft anschauen müssen, wie viele Verfahren eigentlich von diesen Staatsanwälten bearbeitet worden sind und wie wahrscheinlich es dann ist, dass irgendjemand Gelegenheit hatte, irgendeinen Aktenvermerk in einem von vielen TKÜ-Protokollen überhaupt rechtzeitig – in Anführungszeichen – zur Kenntnis zu nehmen. Die Staatsanwaltschaft ist massiv überlastet. Sie war zu Beginn der Legislaturperiode massiv überlastet, und sie ist das jetzt zum Ende hin nach wie vor. Wenn Sie dann sagen, Sie wollen einem bestimmten Bereich der Opfer oder der Täter herausnehmen und den besonders intensiv durch die Staatsanwaltschaft betreuen lassen, dann ist das nicht rechtsstaatlich.
Meine Anfrage 18/21589 hat sich mit dem Thema der sogenannten rechten – gemeint ist sicher rechtsextremen – Anschlagsserie in Neukölln beschäftigt. Es gab demnach 15 Brandstiftungen seit 2013. Es gibt keinen Zusammenhang mit dem Mord an Murat Bektas. Es gibt insgesamt etwa weitere 31 Propagandadelikte. Auf der anderen Seite sagen die Zahlen im gleichen Zeitraum, dass wir in Neukölln insgesamt 54 rechtsmotivierte Gewaltdelikte haben. 54 Menschen sind Opfer rechter – im Sinne von rechtsextremer – Gewalt geworden. Jedes einzelne Opfer haben wir zu bedauern, und es ist ein Versagen unseres Staates, dass wir sie nicht schützen konnten. Im gleichen Zeitraum haben wir 110 Fälle linker Gewaltdelikte in Neukölln. Auch diese Opfer haben wir nicht schützen können. Jetzt hinzugehen und die kleinere Gruppe besonders herauszuheben und die größere Gruppe dabei unerwähnt zu lassen, halte ich für unanständig.
Lassen Sie uns den Rechtsstaat überall gleichermaßen zur Anwendung bringen, und sprechen Sie sich gegen jede Form politischer Gewalt aus! – Herzlichen Dank!
Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Kann der Senat aus eigenen bekannten Tatsachen bestätigen, dass das Herkunftsland des Tatverdächtigen tatsächlich der Irak ist, oder handelt es sich nicht vielmehr um jemanden, der nur diese Angabe gemacht hat und tatsächlich aus einem anderen Land stammen könnte? Gibt es da sichere Erkenntnisse?
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Ich möchte noch einmal auf den ersten Teil der Frage zurückkommen. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, dass es sich bei dem bereits am Tag namhaft gemachte Tatverdächtigen der Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens am Flughafensee, am 8. August um 18.00 Uhr, um einen sogenannten Intensivtäter und/oder Angehörigen eines sogenannten Clans, also einer Organisation der arabischstämmigen organisierten Kriminalität, handelt?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Lieber Kollege Friederici! Natürlich muss das sein, denn es muss auch einmal jemand diese Koalition loben.
Herr Kollege Krestel! Ich stimme nicht zu, dass dieses Versammlungsfreiheitsgesetz so, wie es vorgelegt wird, völlig inakzeptabel ist und man nichts Gutes darin finden kann. –
Im Gegenteil! Es gibt durchaus viele gute Punkte, die man finden kann. Aber – und das hat mich gewundert –: Wenn Sie schon im Wesentlichen die Regelungen des Versammlungsfreiheitsgesetzes von Schleswig-Holstein
übernehmen, das ein gutes ist, dann frage ich mich, was Sie dazu getrieben hat, in dieses gute Gesetz ein paar Berliner Besonderheiten einzubauen, die ich für sehr fragwürdig halte.
Zum einen: Mit der Regelung in § 11 haben Sie den Versuch unternommen, die polizeilichen Tatbeobachter rechtlich unmöglich zu machen. Die Tatbeobachter sind ein extrem wichtiges, erfolgreiches, schlicht erprobtes Instrument polizeilicher Arbeit, insbesondere bei der repressiven Kriminalitätsbekämpfung. Das zu streichen, fördert, wie bereits meine Vorredner gesagt haben, eher die Gewalt bei solchen Veranstaltungen und ist meines Erachtens kontraproduktiv.
Zum anderen gibt es die Regelungen zur Vermummung: Es ist mitnichten so, dass die Vermummung eine Straftat bleibe, wie vorhin gesagt wurde, sondern Sie führen die Strafbarkeit ein, aber erst dann, wenn der Polizeiführer das anordnet. – Erstens: Den Gedanken, dass eine Straftat zunächst einmal abgemahnt werden müsse, halte ich für ausgesprochen fragwürdig. Den Ladendieb fordern Sie auch nicht auf, es zu unterlassen, sondern er hat es gefälligst sofort sein zu lassen.
Zweitens führt das dazu, dass Sie gerade durch das Untersagen der Vermummung an den Punkt kommen werden, an dem eine solche Veranstaltung eskaliert, weil Sie durch das Legalitätsprinzip die Polizeibeamten verpflichten, diese Straftat dann auch zu verfolgen. Das ist keine Ordnungswidrigkeit mehr geworden. Dadurch bewirken Sie die Eskalation der Gewalt, und diese wollen Sie meines Erachtens auf den Polizeiführer schieben können, der das Ganze angeordnet hat, und nicht mehr auf den Gesetzgeber. Auch das halte ich für gefährlich.
Bitte!
Wo ist er denn?
Bitte! Direkt mit!
Dann beantworte ich Ihre Zwischenfragen gerne in aller Kürze mit nein und nein und fahre in meinem Beitrag fort.
Sie haben im Übrigen eine weitere bemerkenswerte Regelung darin aufgenommen, nämlich die zu Videoaufnahmen in geschlossenen Räumen in § 25 in Verbindung mit der einzigen Zulässigkeit dann nach § 22, wenn eine unmittelbare Gefahr eines Vergehens bestünde, eines Vergehens, das, ich glaube, Sie haben gesagt, von Amts wegen verfolgt werden müsse. Wenn Sie hier tatsächlich von Verfassung schwadronieren, auch lieber Kollege Schlüsselburg, dann tut ein Blick in das Grundgesetz meines Erachtens ganz gut.
Sie können Versammlungen in geschlossenen Räumen nach Artikel 8 Abs. 1 Grundgesetz nicht einschränken. Sie können nur Versammlungen einschränken, die im freien Raum in der Öffentlichkeit stattfinden. Die geschlossenen Räume sind nicht einschränkbar.
Und deshalb ist Ihre Regelung, Herr Schneider, selbstverständlich mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. – Vielen Dank!
[Torsten Schneider (SPD): Ich geh jetzt eine rauchen! – Marcel Luthe (fraktionslos): Das ist eine gute Idee! Kriegen Sie keinen Husten!– Zurufe von Oliver Friederici (CDU) und Torsten Schneider (SPD)]
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Krestel hat es gerade richtig angesprochen, eines fehlt in Ihrem Entwurf: Wie dieser Fehler zu korrigieren ist, haben Sie nun mit dem von mir vorgelegten Änderungsantrag als Vorlage bekommen. Nämlich: Wenn Sie von der Stärkung von Bürgerrechten sprechen, Kollege Schrader, Kollege Lux, dann gehört dazu selbstverständlich auch, dass ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nur auf einer entsprechend sauberen gesetzlichen Grundlage stattfinden darf. Deshalb brauchen Sie eine gesetzliche Grundlage für den Taser.
Nur mit dieser gesetzlichen Grundlage wäre es auch möglich, das, was wir bereits vor einiger Zeit vorgesehen hatten, nämlich beispielsweise die Einsatzhundertschaften mit dem Taser auszustatten, die Ausstattung mit dem Taser deutlich auszuweiten und damit für deutlich mehr Sicherheit und Ordnung in Berlin zu sorgen, auch tatsächlich mit einer Grundlage zu versehen. Wir werden sicherlich im Ausschuss dazu kommen, über diesen Punkt intensiver zu beraten, und ich würde mich freuen, wenn Sie diese sehr detailliert ausgearbeitete Regelung aufmerksam und ergebnisoffen lesen, und gegebenenfalls zu dem Ergebnis kommen, das aufzunehmen. Denn Sie haben versprochen, eine solche Regelung zu schaffen.
Was mich in der Tat sehr überrascht hat, ist nicht die Änderung in § 21, sondern die in § 36 ASOG, der sich ebenfalls mit den aufenthaltsrechtlichen Strafvorschriften
(Niklas Schrader)
befasst. Sie wollen also mit der Streichung des § 36 Abs. 1 Nr. 4b ASOG die Möglichkeit streichen, Wohnungen zu betreten, in denen sich Personen aufhalten, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen.
Sie wollen also damit die Möglichkeit nehmen – bei aufenthaltsrechtlichen Strafvorschriften, illegalem Aufenthalt, den Verstoß gegen Meldeauflagen, die illegale Einreise und so weiter und so fort –, Wohnungen zu betreten, in denen sich, mit einiger Wahrscheinlichkeit, solche Personen aufhalten.
Vielen Dank für das Stichwort, aber ich würde ein anderes nehmen. – Ich würde den bekannten Fall Anis Amri noch einmal aufgreifen wollen: Herr Amri hat sich illegal in Berlin aufgehalten, Herr Amri hat sich in Wohnungen aufgehalten, in denen er nicht gemeldet war, und Herr Amri hat wiederholt gegen die Meldeauflagen verstoßen. Die Polizei hätte nun gar keine Möglichkeit mehr, an die Orte, an denen sie jemanden wie Herrn Amri vermutet, zu gehen, um ihn dort ausfindig zu machen, um geltendes Bundesrecht, nämlich das Aufenthaltsgesetz durchzusetzen, da der aufenthaltsrechtliche Verstoß alleine nicht mehr ausreichen soll. Wenn weitere Straftaten dazukämen, zum Beispiel der Terror, wäre das etwas anderes, aber es muss sich nicht erst die Terrorgefahr realisieren, sondern der bloße Verstoß gegen Bundesrecht an der Stelle reicht aus meiner Sicht selbstverständlich aus und muss weiter eine Grundlage sein.
Bitte!
Nein! – Ich fahre also fort.
Die von Ihnen vorgeschlagene Änderung des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bringt weniger Sicherheit und noch deutlich weniger Ordnung, als wir bisher haben. Deshalb kann ich sie nur ablehnen.
Das Ganze führt aber vor allem eben noch einmal zu einem, Kollege Lux: Sie können – – Und wir nehmen gerne noch einmal den Fall Anis Amri, den wir auch gerne im Gedenken an die Opfer des Breitscheidplatzes und die Hinterbliebenen fünf bis zehn Mal wiederholen können. Den islamistischen Attentäter Anis Amri und andere hätten Sie nur dann nach § 102 StPO irgendwo finden können, wenn Sie ihn konkret suchen. Das grobe Betreten einer Wohnung, die präventive Maßnahme, die
gefahrenabwehrrechtliche nach dem ASOG, die wollen Sie streichen. Das ist der Unterschied, und deshalb lehne ich diesen Vorschlag ab. – Vielen Dank!