Catherina Pieroth-Manelli
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Ja, ich bin wieder da! – Frau Senatorin! Mich würde interessieren: Wenn wir dann spätestens im Januar so weit sind, dass wir auf Zielgruppen wie über 75-Jährige, Gesundheitsberufe oder auch Menschen mit Vorerkrankungen je nach STIKO-, Leopoldina- und EthikratHinweis zugehen können – wie wir vorhaben, eine möglichst große Impfbereitschaft zu erzielen. – Danke!
Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Inwieweit bereiten Sie sich vor dem Hintergrund knapp werdender Grippeimpfstoffe auf die kommende Influenzasaison vor?
Frau Senatorin, vielen Dank! Ich frage jetzt noch mal ganz explizit für Berlin: Wie hat der Senat Vorsorge getroffen, um die Bevorratung mit Impfdosen zu gewährleisten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das BIGGesetz wird ermöglichen, dass Bund und Land in der Gesundheitsforschung viel enger zusammenarbeiten, und ich schließe mich dem Dank meiner Kolleginnen und Kollegen für die sehr guten Verhandlungen an. Forschung und Praxis werden besser miteinander verzahnt. Hochschulmedizin und Forschungsinstitute arbeiten eng zusammen, um Prävention, Diagnose und Therapie bestmöglich zu fördern.
Mit der Translationsforschung werden Forschungserkenntnisse quasi am Krankenbett, und zwar zusammen mit den Patientinnen und Patienten, gewonnen. Wie wichtig genau diese Zusammenarbeit ist, wird uns gerade in diesen Zeiten der Pandemie deutlich vor Augen geführt. Wir freuen uns also, dass der Bund die Entwicklung der Charité derart unterstützt. Wenn wir das Ganze richtig anpacken, kann Berlin mit den Ergebnissen der Grundlagen- und Translationsforschung zur Verbesserung unser aller Gesundheit beitragen, und genau darum geht es.
Das BIG-Gesetz ist ein bisher einzigartiger Schritt, ein Novum, denn der Bund steigt in eine Landesinstitution ein, und das hat es so zuvor noch nicht gegeben. Bis 2015 wäre so ein Gesetz wegen des Kooperationsverbotes noch nicht einmal denkbar gewesen. Und jetzt, wo wir die Kooperation von Bund und Land in der Gesundheitsforschung möglich machen, braucht es dafür natürlich auch ein paar Regeln. Doch Regeln – das können wir in dieser bewegten Zeit besonders gut beobachten – müssen sinnvoll und praxisnah sein, damit sie auch eingehalten werden.
Und genau an dieser Stelle müssen wir diesen Gesetzesentwurf noch nachbessern, denn ein gutes Gesetz hat eine sinnvolle, klar verzahnte Gouvernance-Struktur. Die brauchen wir nicht nur für das BIG, sondern für dessen Einbettung in die gesamte Charité-Struktur. Aktuell zeichnet sich das Gesetz aber noch durch eine so komplexe Struktur aus, dass sie mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Daher hat meine Fraktion noch einige Anmerkungen zu diesem Gesetzesentwurf.
Wir Grünen wollen eine sinnvolle demokratische Beteiligungsstruktur, weniger Komplexität und damit eine wirkliche Stärkung der Translationsforschung. Darüber werden wir im Ausschuss noch sprechen, mit den Koalitionspartnern und der Opposition, und – das sehen wir
sicherlich alle so – wir wollen Berlin mit praxisnaher, interdisziplinärer Gesundheitsforschung nicht nur in dieser Pandemie unterstützen, sondern Prävention, Diagnostik und Therapie so vorantreiben, dass es uns Berlinerinnen und Berlinern zugutekommt und damit die Gesundheitsstadt 2030 näherrückt – dankenswerterweise mit Unterstützung des Bundes, denn gemeinsam kommen wir besser ans Ziel. – Danke schön!
Meine Frage schließt daran an. Die Durchführung wird ja dann tatsächlich auch durch Menschen in den Gesundheitsämtern erfolgen. Welche Personalkonzepte sind vorgesehen, damit auch die anderen Aufgaben des öffent
(Regierender Bürgermeister Michael Müller)
lichen Gesundheitsdienstes in so wichtigen Bereichen wie z. B. den Schuleingangsuntersuchungen und dem Infektionsschutz im Allgemeinen ausgeführt werden können?
Frau Präsidentin! Ich frage den Senat: Es wurde am Montag ein nach meiner Kenntnis noch nicht genehmigtes Behandlungszentrum eröffnet, und wir haben nicht genug einsatzbereites Pflegepersonal hierfür. Rechnen Sie denn gar nicht damit, dass die Coronaklinik auf dem Messegelände auch ans Netz geht?
Ja, ich bin auch sehr froh, dass wir da keinen Druck haben. Heißt das, dass ein zweiter Bauabschnitt damit obsolet wird, Frau Senatorin?
Ja, welcher Flügel spricht da wieder? – Frau Präsidentin! Ihr lieben Kolleginnen und Kollegen! Unser Leben ist Austausch, wie wir gerade wieder sehen. Wirtschaft, Verkehr, Kultur, alles ist durch Austausch bestimmt. Austausch erfordert Zuwendung und Nähe. Beides ist in der aktuellen Coronakrise nur eingeschränkt möglich. Demokratie ohne Austausch also – undenkbar. Das haben wir gerade in der GO-Debatte gesehen. Wie sollte Politik ihre Legitimation erlangen, wenn Ideen nicht vorher ausgetauscht wurden, wenn Politikerinnen und Politiker sich nicht erklärt haben und sich darum kümmern, Verbündete zu gewinnen.
Wie finden wir überhaupt zu guten Beschlüssen ohne den Austausch mit anderen, mit Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Erwartungen darlegen, und mit Fachleuten aller Couleur und Disziplin? Manchmal muss all das obendrein sehr schnell gehen. Es gibt Szenarien, in denen schnelles Handeln erforderlich ist, und das haben wir getan. Gut sechs Wochen ist das her. Gut sechs Wochen war die Stadt heruntergefahren. Dass es gelungen ist, die Ausbreitung des Virus in dieser Zeit so deutlich auszubremsen, zeigt, dass wir einiges richtig gemacht haben.
Damit meine ich gar nicht nur uns oder den Senat. Es waren die Berlinerinnen und Berliner, die mit Besonnenheit auf die Krise reagiert haben, die mit Verantwortung ihr Verhalten geändert haben, die auf Abstand gegangen sind.
Inzwischen haben wir die jetzt schon fünfte Eindämmungsverordnung erlassen, erste Kontaktverbote sind gelockert, die Stimmung auf der Straße erinnert schon fast an den Zustand vor der Krise.
Dass doch alles anders ist, daran erinnern vor allem die Masken, die die Menschen nun verstärkt tragen. Verändert hat sich auch die Debatte über Corona. Es sieht fast so aus, als stünden sich zwei unversöhnliche Lager gegenüber: die einen für einen längeren Lockdown, die anderen für eine Rückkehr zur vermeintlichen Normalität.
Fest steht: Wir hatten Glück. Unser Gesundheitswesen ist nicht kollabiert. Szenen von sterbenden Menschen in improvisierten Krankenhauszelten wie in Italien sind uns erspart geblieben. Die Sterberate in Deutschland ist vergleichsweise niedrig. Es wäre also fahrlässig, jetzt übermäßig zu lockern. Binnen kürzester Frist wären die erzielten Erfolge vielleicht dahin und der wochenlange Lockdown umsonst gewesen.
Wie aber, meine Damen und Herren, finden wir das richtige Maß? Denn je länger die Eindämmungsmaßnahmen dauern, desto deutlicher werden auch die Schäden, die sie verursachen. Und das sind ausdrücklich nicht nur wirtschaftliche Schäden, das sind auch gesundheitliche Schäden, und das sind vor allem soziale Schäden.
Wir registrieren immer weniger Notfälle. Das liegt aber nicht daran, dass es die nicht mehr gibt, sondern die Menschen scheuen vor ärztlicher Behandlung zurück. Wahrscheinlich weil sie Angst vor einer Infektion haben. Vorsorgeuntersuchungen werden ausgesetzt, Erstdiagnosen verspätet gestellt; das kann gravierende Folgen haben, das kann Leben verkürzen. Wir wissen auch von anderen Schäden. Psychisch erkrankte Menschen leiden über die Maßen, überhaupt verstärkt das Kontaktverbot die Probleme, mit denen Menschen schon vorher gekämpft haben. Alleinstehende werden einsamer, Alleinerziehende stehen vor nicht zu bewältigenden Aufgaben. Menschen mit wenig Einkommen fehlt das Geld für die Miete oder um sich mit guten Lebensmitteln zu versorgen. Wo Gewalt in Familien herrscht, fehlt Hilfe und soziale Kontrolle.
Eigentlich ist es ein politischer Standard: Die Erfolge einer Maßnahme müssen mit den unerwünschten Folgen abgewogen werden, und das tun wir, meine Damen und Herren.
(Florian Kluckert)
Da ist übrigens auch die Wissenschaft gefragt. Die Forschung zum Coronavirus muss gebündelt werden und Ergebnisse produzieren. Nur auf Grundlage wissenschaftlicher Ergebnisse bekommen wir die maximale gesellschaftliche Akzeptanz, und nur faktenbasiert können wir politisches Handeln anpassen.
Unser Ziel ist es, soweit es epidemiologisch vertretbar ist, Normalität in das Leben und den Alltag der Menschen zurückzubringen und Grund- und Freiheitsrechte so wenig wie möglich einzuschränken. Aber auch die Gesundheit ist ein Grundrecht, und die haben wir jetzt im Fokus.
Und was wir nicht oder noch nicht ausreichend tun: Den Rat von verschiedenen Fachleuten einholen. Wir Grünen wünschen uns einen Expertinnen- und Expertenrat mit Leuten aus Medizin und Gesundheitswissenschaft, aber auch aus der Soziologie, der Psychologie, der Gesellschaftswissenschaft und aus den Rechtswissenschaften, natürlich mit der Ärztekammer, dem Ethikrat, der Patienten- und Pflegebeauftragten und den Fürsprechern für Menschen mit Behinderung.
Dieser Beirat sollte bei den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, aber auch zur Lockerungsstrategie gehört werden. Dafür brauchen wir geordnete Bahnen. Und wir müssen die Kriterien, nach denen wir den fachlichen Rat bewerten, öffentlich und damit nachvollziehbar machen. Das kann breitere Legitimation und Akzeptanz verschaffen.
Und auch an anderer Stelle gibt es Neues zu gestalten. Wenn wir demokratischen Entscheidungen neue Legitimation verschaffen können, warum nutzen wir jetzt nicht auch die Gelegenheit, endlich den öffentlichen Gesundheitsdienst zu stärken? Dieser leistet gerade eine herausragende Arbeit. Aber es fehlen noch verbindliche Absprachen zwischen der Senatsverwaltung und den Bezirken; die Ressourcen sind nicht bedarfsgerecht verteilt. Und ja, Datenaustausch darf auch sein. Denn Ansteckungen erfolgen auch zwischen Britz und Köpenick und Reinickendorf und Charlottenburg. Auf lange Sicht können die Gesundheitsämter wieder zu den Zentren der Gesundheitsversorgung werden: bei der Vorsorge, bei dem Infektionsschutz und mehr.
Das versteht diese Koalition als einen wichtigen Teil der Daseinsvorsorge: Orte, die für die Schwächsten unserer Gesellschaft zentrale Anlaufstellen sind. Das möchten wir mit Ihnen zusammen in Berlin wieder aufbauen. Dafür müssen wir dem Fachkräftemangel entgegenwirken, wir müssen die Anerkennung ausländischer Abschlüsse beschleunigen und vor allem, unsere Wertschätzung für die Arbeit, die die Menschen da leisten, darf sich auch in Geld und nicht nur in warmem Applaus ausdrücken.
Und damit meine ich nicht: eine Einmalzahlung, und damit ist dann gut.
Natürlich müssen wir uns auch Gedanken über die Weiterentwicklung der coronaspezifischen Versorgung machen. Wir brauchen ein regelmäßiges Screening bei Personal und im Gesundheitswesen und repräsentative Tests, um das Infektionsverhalten besser zu verstehen. Und für Einzelpersonen sollten die Tests wohnortnah sein, damit niemand mit Infektionsverdacht in den Bus steigen muss.
Ein Thema, das auch mir besonders am Herzen liegt, ist die Frage, wie wir mit Sterbenden umgehen. Lassen wir sie an Maschinen hängend alleine zurück, ohne Begleitung durch Angehörige? – Das geht nicht. Jeder Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben. In Ruhe und übrigens nicht in einer Messehalle.
Zwei Bilder kommen mir jetzt in den Kopf. Das eine war Anfang April in der „taz“ zu sehen: eine Wiese im Volkspark Schöneberg, in ganz regelmäßigen Abständen ein oder zwei Menschen in der Sonne sitzend, standardisierter Abstand, ohne Austausch, ganz im konzentrierten Willen, der Seuche die Stirn zu bieten. – Das andere ist eine Basecap, die eine meiner Mitarbeiterinnen trägt. „New York City OEM“ ist darauf zu lesen: Office of Emergency Management. Als in New York 2001 zwei Flugzeuge in die Türme flogen, gab es in der Stadt diverse unabhängig voneinander agierende Notfallorganisationen: Rotes Kreuz, Krankenversorger, regionale Hilfswerke, usw. Was es nicht gab, war eine Koordination zwischen diesen Leuten. Alle halfen irgendwie, über ihre Kräfte hinaus, aber nicht unbedingt koordiniert. Daraus hat man in New York gelernt und das Büro für die Organisation in Notfällen, das OEM, gegründet.
Wir brauchen den Abstand wie auf der Wiese in Schöneberg, und wir brauchen den koordinierten Austausch, wenn wir etwas voranbringen wollen. Auch in Berlin gibt es viele fantastisch arbeitende Akteure. Sie und ihre Unabhängigkeit zu belassen, aber besser zu orchestrieren, gehört zu den Aufgaben, die wir jetzt angehen sollten.
Noch ein letztes Bild. Ein Cartoon in den Sozialen Medien. Delphine in einem quietschblau gefärbten Landwehrkanal. Das war natürlich albern, aber wie immer steckt auch in diesem Witz eine Anregung. Der Autoverkehr in Berlin ist in den letzten Wochen um die Hälfte zurückgegangen. Radfahren geht auf einmal ohne Stress. Viele Menschen genießen vor allem am Abend die neue Ruhe in den Straßen, und die Luft ist sauberer.
Was für eine Lebensqualität, die man durchaus genießen darf. Umweltzerstörung – wir sehen es zurzeit mit dem dritten Sommer mit Trockenheit – hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Wollen wir nach Corona wirklich zum gewohnten Verkehr zurück, oder nutzen wir die Erfahrung des Lockdowns als Möglichkeit einer ökologischen Stadtentwicklung?
Die Berliner Luft ist im Moment sauberer, und gute und gesunde Luft wollen wir in Berlin immer haben. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Plauderstündchen ist jetzt zu Ende. Wir kehren zurück zur Sache. – Corona bringt uns manchmal an unsere Grenzen. Die FDP will die Lufthansa verstaatlichen. Die Koalition will ein Wohnungsnotgesetz. Wo sind unsere Grenzen? Das meint auch die Grenzen des Machbaren.
Da stellt sich mir gleich die nächste Frage: Wie weit dürfen wir von politischer Seite eingreifen und Freiheitsrechte einschränken? – Da sind wir bei dem Antrag der CDU-Fraktion. Niemand schränkt Freiheitsrechte leichtfertig ein. Jede Verordnung, die in diesen Wochen erlassen wurde, ob nun die Abstandsregelung, das Verbot von
(Florian Kluckert)
Versammlungen oder die Schließung von Kitas, Schulen und Museen, wurde sehr sorgsam abgewogen und im Sinne der Verantwortung für uns Berlinerinnen und Berliner beschlossen. Verantwortung tragen wir in erster Linie für die gesundheitliche Versorgung und für den Gesundheitsschutz, und deswegen ist ein Gesetz, das die medizinische Versorgung im Falle eines Gesundheitsnotfalls regelt, grundsätzlich richtig. Aber wenn ich mir das genau anschaue, Herr Dregger, dann muss ich sagen, dass Sie mit Ihrem Antrag die Grenzen nicht wahren. Sie gehen über die Grenzen dessen, was ein Gesetz regeln kann bzw. was ein Gesetz regeln sollte, hinaus.
Stellen wir uns einmal die Ärztin von Herrn Isenberg vor. Sagen wir, sie ist Orthopädin. Sie hat Medizin studiert und verfügt damit formal über das Fachwissen zur Behandlung von Covid-19-Patienten. Sie arbeitet aber schon seit 30 Jahren nicht mehr im Krankenhaus. Vielleicht meldet sie sich aus gutem Grund nicht für einen Einsatz. Es könnte ja sein, dass es ihr das Verantwortungsgefühl den Patientinnen und Patienten gegenüber verbietet. Oder ein Pfleger mit entsprechender Ausbildung, der aber seit vielen Jahren in einem anderen Kontext arbeitet und dort Menschen unterstützt, die ebenfalls auf seine Hilfe angewiesen sind. Beide hätten theoretisch die Fähigkeit, in der Notlage zu helfen. Beide machen es nicht. Vielleicht trauen Sie es sich nicht zu, vielleicht können sie es nicht. Wir wissen es nicht. Meinen Sie, Herr Dregger, Sie und ich haben das Recht, uns über die Gewissensentscheidung dieser Frau, dieses Mannes hinwegzusetzen? Meinen Sie, es ist im Sinne eines guten Gesundheitssystems, Menschen zum Dienst am Menschen zu zwingen? Dürfen wir das? Wollen wir das? Und mal ganz ehrlich: Möchten Sie von einer Ärztin, einem Arzt behandelt werden, der auf Intensiv befohlen wurde? – Ich glaube nicht, dass wir das dürfen oder sollten. Ich bin nicht die Einzige, die vermutet, dass es einen Grund gibt, warum das Infektionsschutzgesetz des Bundes diese Frage eben nicht regelt.
Das Bayerische Infektionsschutzgesetz dagegen, dass hier offenbar Pate stand, sieht genau das vor. Da ist Herr Söder, ganz Mann der Stunde in der Not, im März vorgeprescht. Doch möglicherweise ist der bayerische Ministerpräsident genau da an seine Grenzen gestoßen, denn es sieht wirklich so aus, als sei das Gesetz nicht verfassungskonform. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat vor zwei Wochen darauf hingewiesen. Ob das am Ende tatsächlich so ist, werden Gutachterinnen und Gutachter prüfen, und ich will hier mit Ihnen auch keine juristische Debatte beginnen. Ganz im Gegenteil: Ich möchte mit Ihnen auf die andere Seite dieser Grenze schauen, also dahin, wo die Verantwortung liegt, wo Ihr und mein Arm hinreichen. Es gibt da so viele Fragen, auf die wir eine Antwort finden müssen.
Wir haben so viel über Kinder gehört in den letzten Tagen. Herr Prof. Drosten beispielsweise hat noch mal darauf hingewiesen, wie wenig wir noch über Kinder und
ihre Rolle in der Pandemie wissen. Was ist mit den älteren Menschen? Ich meine z. B. die Menschen, die in Krankenhäusern, im Pflege- und Altersheim oder auch zu Hause seit Wochen ohne Besuch ausharren. Was haben wir diesen Menschen außer Restriktionen zu bieten? Was wir brauchen, Herr Dregger, ist neben den Regeln auch Vertrauen in die Menschen, und eigentlich kennen wir das so. Haben diese Stadt und wir alle gemeinsam nicht in den letzten Wochen gezeigt, was wir können? Hätten Sie es für möglich gehalten, dass Berlin, also die Berlinerinnen und Berliner, über einen so langen Zeitraum ihre Aktivitäten einfach herunterfahren? Das ist nur gelungen, weil wir Regeln und Verordnungen mit Vertrauen verbinden konnten. Dafür müssen wir die Grenzen immer im Blick behalten. Es lohnt sich, dass wir als Parlament uns an freiheitliche, selbstbestimmte Bürgerinnen und Bürger richten, und genau das werden wir auch weiterhin tun. – Danke schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin froh, dass gerade in diesen Tagen die Situation des medizinischen Personals hier zur Sprache kommt. Die Arbeit der Mitarbeitenden in den Rettungsdiensten gehört in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit.
Für sie sind extreme Ausnahmesituationen Alltag, und sie meistern diesen Alltag mit bewundernswerter Kraft. Es stimmt: Es häufen sich Berichte von Angriffen auf Rettungskräfte und der gewaltsame Tod von Fritz von Weizsäcker, den Herr Zeelen und Herr Kluckert hier und Sie in Ihrem Antrag erwähnen, hat uns alle erschüttert. Als Beispiel für die von Ihnen behauptete Sicherheitslücke ist der Fall von Weizsäcker allerdings denkbar schlecht geeignet. Dieses Attentat eines psychisch schwer erkrankten Mannes hätte man nicht verhindern können, es sei denn, Sie machen alle öffentlichen Orte, Notaufnahmen, Normalstationen, Vortragsräume – in einem solchen ist von Weizsäcker bekanntlich erstochen worden – genauso wie Schulen, Sportanlagen und Rathäuser zu Hochsicherheitstrakten. Das will kein Mensch, und das ist vor allem der tatsächlichen Bedrohungssituation überhaupt nicht angemessen.
Die ist nämlich nicht so, wie Sie sie in Ihrem Antrag darstellen. Ja, es gibt Menschen, die mit ihrem aggressiven Verhalten auf herausfordernde Lebenssituationen reagieren, und für viele Menschen ist die Situation, wenn sie erkrankt sind, sehr herausfordernd. Bei den Hessen ist es vielleicht etwas anders, aber nach einem Anruf meinerseits bei der Berliner Krankenhausgesellschaft – das ist ja keine Glaubensfrage, da liegen Zahlen vor –, ist von einer Zunahme von Gewalt nichts bekannt gewesen. Wo eine Lücke beim Schutz vor Hass und Hasskriminalität besteht, hat der Bund bereits gehandelt. Das Kabinett hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht.
Es ist richtig, dass der Stress in den Notaufnahmen gestiegen ist, insbesondere in diesen Tagen. Dagegen gehen wir an und lassen unser medizinisches Personal nicht allein – in Bezug auf das Coronavirus mit Notrufnummern, Isolationszentren und den für Infektionsschutz zuständigen Gesundheitsämtern und allgemein mit der Terminvergabestelle der KV und den Portalpraxen.
Dennoch – können Sie jetzt erwidern –: Gewalt in Notaufnahmen ist doch nicht ein von den Medien hochgeschriebenes Phänomen – und da stimme ich Ihnen zu. Es stimmt, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Respekt für andere, Respekt für Menschen, die vielleicht anders sind, immer öfter fehlt, wo es normal ist, einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen. Und das passiert vermehrt in Zeiten, in denen die Menschen Angst haben, zum Beispiel Angst davor haben, sich zu infizieren. – Sie als AfD aber tragen mit Ihrem Antrag nichts dazu bei, den Menschen Ängste zu nehmen und fördern hier ein Klima, in dem Rücksicht immer weniger gefragt ist. Sie schüren sogar die Ängste der Menschen, indem Sie ein Mehr an Unruhe schaffen und jede und jeden im Grunde erst einmal zum potenziellen Angreifer erklären. Dafür biete ich Ihnen aber heute hier keine Bühne.
(Herbert Mohr)
Es sind schwierige Zeiten, aber wir begegnen diesen mit harter Arbeit und Besonnenheit. Wir müssen mit Pflegenden, Ärztinnen und Ärzten, Epidemiologen und Rettungsdiensten unsere Kräfte bündeln, im Sinne der Patientinnen und Patienten und in unser aller Interesse. – Danke!
Ich frage den Senat: Wie steht die aktuelle gesundheitliche Gefährdungslage im Verhältnis zum Krisenmanagement des Senats in Bezug auf den Coronavirus? Und wir haben ja zurzeit einen Verdachtsfall in der Region BerlinBrandenburg – wie ist da das Verhältnis?
Jetzt einmal wirklich auf Berlin und Ihre Verwaltung bezogen: Wie hoch ist denn die Inanspruchnahme der jüngst geschalteten Hotline?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Grünen sind völlig d’accord mit dem Finanzsenator und sehr einverstanden mit diesem Gesetz,
denn Beamtinnen und Beamte, die sich privat versichern, bekommen bisher einen erheblichen Teil der Behandlungskosten aus Steuermitteln erstattet, und wer sich freiwillig für die gesetzliche Krankenversicherung entscheidet, geht leider leer aus. Das ist nicht fair, und wir treiben damit Beamtinnen und Beamte in die PKV. Da landen dann auch neun von zehn Beamtinnen und Beamte, eigentlich alle außer ein paar Überzeugungstäterinnen und -tätern, die es sich eben leisten können. Und dann gibt es noch solche, die es sich eben nicht leisten können, weil sie – ich zitiere – „besondere gesundheitliche Merkmale“ haben, Merkmale, die bei der PKV als Risiko gelten und deshalb dort mit besonders hohen Beiträgen verknüpft sind. Das ist zutiefst unsolidarisch.
Was sind solche Merkmale? – Der Finanzsenator hat es gerade gesagt. Es ist vielleicht der Umstand, viele Kinder zu haben – das ist ein erheblicher Kostenfaktor bei den Privaten –, eine Vorerkrankung oder gar eine Behinderung. Beamte und Beamtinnen mit diesen sogenannten Merkmalen gehen dann in die Gesetzliche, weil sie für die PKV ökonomisch nicht interessant sind. Das kann nicht sein. Sie sind damit doppelt benachteiligt. Sie gehen nämlich, was die staatliche Beihilfe betrifft, bisher leer aus. Das ändern wir mit diesem Gesetz.
Manche beklagen, die pauschale Beihilfe sei zu teuer. 68 Millionen Euro hat der Finanzsenator für jedes Haushaltsjahr eingestellt. Das sind 68 Millionen Euro, die wir heute in die Hand nehmen, die sich aber mittelfristig amortisieren, denn bei der Bearbeitung zur individuellen Beihilfe wird der Aufwand zurückgehen. Und da sich mehr Beamtinnen und Beamte für die Gesetzliche entscheiden werden, gehen auf lange Sicht die höheren individuellen Beihilfen zurück. Mit dem Gesetz schaffen wir also mehr Gerechtigkeit und, wie eben gesagt, mehr Wahlfreiheit.
Ganz nebenbei korrigieren wir einen Fehlanreiz zugunsten der Privatversicherungen. Warum sollte Berlin ein Geschäftsmodell unterstützen, das in Konkurrenz zur Solidargemeinschaft steht? Solidarität bedeutet bekanntlich, dass Junge für die Alten, Gesunde für die Kranken, Starke für die Schwachen füreinander da sind. So funktioniert ein Solidaritätssystem eben.
Die Einführung der pauschalen Beihilfe ist ein wichtiger Schritt hin zur grünen Bürgerversicherung.
Dann wäre endlich Schluss damit, dass die Hauptlast unseres Gesundheitswesens von denen geschultert wird, die über kleine oder mittlere Einkommen verfügen. Dann tragen Gutverdienende, Selbstständige und Beamte auch ihren Teil dazu bei. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, es ist aber auch ein Gebot der Stunde, denn anders werden wir die Herausforderungen des demografischen Wandels und medizinischen Fortschritts nicht meistern können. Ich bin froh, wenn wir alle gemeinsam dazu beitragen. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch bei mir geht es heute nicht um Drogenpolitik. – Vielleicht ging es Ihnen auch schon einmal so: Wohin mit dem Rest Hustensaft, mit dem Antibiotikum? Einfach in die Tonne damit, aber in welche? Oder doch in die Apotheke zurücktragen? Nehmen die Apotheken nicht aufgebrauchte Medikamente eigentlich zurück? Es ist ja gut, wenn jemand sich überhaupt so viele Gedanken zu dem Thema macht. Es sind immer noch zu viele, die aus Unkenntnis Altmedikamente in den Ausguss oder in die Toilette geben. Arzneimittelrückstände haben aber absolut gar nichts im Berliner Abwasser zu suchen.
Was also tun Sie, wenn Sie nicht wissen, wohin mit den Altmedikamenten? – Wenn Sie motiviert sind und nichts falsch machen wollen, suchen Sie im Web nach Informationen. Wenn Sie sehr viel Geduld mitbringen, stoßen Sie irgendwann auf einen Flyer der Berliner Gesundheitsverwaltung von 2014. Da heißt es:
Medikamente, die in den Wasserkreislauf gelangen, belasten die Umwelt und können unsere Gesundheit gefährden.
Genauso ist es. Hormonell wirksame Arzneimittel können bis ins Grundwasser gelangen.
Dort kann eine diffuse Antibiotikamischung zum multiresistenten Keimen führen.
Ich habe schon Verständnis, es ist ein ziemlicher Themenwechsel, aber da müssen Sie wirklich einmal zuhören. – Die Herausforderungen an die Klärwerke wachsen mit jedem Medikament, das ins Abwasser gelangt, denn so fortschrittlich unsere Technologien auch sind, einige Medikamentenrückstände können die Klärwerke gar nicht wieder herausfiltern. Was also rät uns der Flyer von 2014? In den Hausmüll damit? – Besser auch nicht, denn wie können wir sicher sein, dass Inhaltstoffe nicht bei Jugendlichen oder Suchterkrankten landen?
Wir sind uns sicher, Berlinerinnen und Berliner möchten ihre Altmedikamente umweltfreundlich und sicher entsorgen. Dafür müssen sie aber einfach besser Bescheid wissen. Leipzig macht es vor, hier hat eine Umweltinitiative einen Aufkleber entwickelt und an Apothekentüren angebracht: „Hier werden Altmedikamente zurückgenommen“– knapp und klar.
Wir wollen, dass weniger Medikamentenmüll entsteht, die Pharmaindustrie muss kleinere Verpackungen anbieten, die Ärztin, der Arzt vielleicht noch sorgsamer verschreiben. Vor allem aber brauchen wir die Möglichkeit einer wohnortnahen und unkomplizierten Entsorgung, mit der Medi-Tonne in der Apotheke. Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Nach dieser beklemmenden Rede stelle ich erst mal sachlich fest: Berlin ist Wissenschaftsstandort Nummer 1. Und das war schon unsere Halbzeitbilanz, die ich zur Aktuellen Stunde im Mai dieses Jahres ziehen durfte.
(Martin Trefzer)
Heute zeigt sich, diese Koalition ruht sich nicht auf ihren Erfolgen aus.
Wir legen mit rund 2 Milliarden Euro die Grundlagen, dass Wissenschaft in Berlin zukunftsfest bleibt, dass die Weichen für mehr Nachhaltigkeit gestellt und Studium und Arbeit gerechter werden.
Neuester Coup, der Regierende hat es bereits erwähnt, Berlin entwickelt Europas modernstes Herzzentrum. Fast 300 Millionen Euro legen Bund und Land für das UHZB auf den Tisch. Das ist nicht nur für die Versorgung der Berliner Bevölkerung eine hervorragende Nachricht, es fördert auch das internationale Renommee des Wissenschaftsstandorts Berlin.
Aber es muss schließlich auch die Möglichkeit geben, das Zentrum zu 100 Prozent in die Charité zu integrieren und damit die Beschäftigten abzusichern, denn es geht um die Menschen, die hier arbeiten, pflegen und Leben retten.
Für Caterer, Reinigungskräfte, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten der Charité ist eines endlich gelungen: Ab dem 1.1. werden CFM und nun auch die CPPZ wieder in die Charité eingegliedert sein. Verdi erinnert aber zu Recht an Wowereits Geiz-ist-geil-Politik, unter der die Beschäftigten nun seit 15 Jahren leiden. Wir müssen endlich alle Mitarbeitenden nach Tarif bezahlen. Dazu haben wir die Gesellschaften dort schließlich wieder eingegliedert.
Noch etwas zu guter Arbeit: Entfristung ist hier das Stichwort im Wissenschaftsbetrieb. Das geht über die eindeutige Anwendung des Wissenschaftsarbeitszeitgesetzes und über die Vergabe von Honorarverträgen nur dort, wo sie auch Sinn ergeben. Honorarverträge an Fachhochschulen und Unis sind doch kein Sparmodell.
Mit rund 30 Millionen Euro Landesmitteln setzt das Studierendenwerk in Berlin konsequent das um, was wir Grüne in allen Bereichen fordern: Nachhaltigkeit und ein gutes Leben für alle. Berlin hat zum Beispiel die erste vegane Mensa.
Das ist nicht nur ein klares Zeichen der Zeit, es ist gesunde, rücksichtsvolle und kluge Ernährung. In Sachen Nachhaltigkeit müssen wir das Studierendenwerk auch an
anderer Stelle unterstützen, Kollege Schulze hat darauf hingewiesen, nämlich bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum, sei es durch weniger Bürokratie bei der Beschaffung von Krediten oder dass das Land mehr Grundstücke zur Verfügung stellt. Dafür werden wir weiter kämpfen – Ich danke Ihnen!
Ich bin immer an so einer Stelle dran. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich tue jetzt mal so, als hätte das gar nicht stattgefunden.
Fangen wir noch einmal beim größten Batzen an.
80 Prozent des Gesundheitsetats gehen in die Krankenhäuser, und das ist auch richtig so, denn viel zu viele Jahre wurden die Krankenhäuser knapp gehalten, und zwar in einem Maße, dass die Häuser nach und nach in die Personaletats eingreifen mussten, um schlimmste
(Herbert Mohr)
Schäden von der Infrastruktur abzuwenden. Nach Jahren des Stillstands haben wir die Trendwende geschafft. Die Krankenhäuser erhalten 200 Millionen Euro pro Jahr, und mit weiteren 45 Millionen Euro wollen wir die Häuser motivieren, das grüne Krankenhaus umzusetzen – mit mehr Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.
Denn Krankenhäuser sind mit die größten Energiefresser in der Stadt. Das ist Ihnen vielleicht auch bekannt. Hier etwas zu tun, ist nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern am Ende spart es auch Betriebskosten und entlastet laufende Etats. Grün rechnet sich eben.
Das ist auch beim Krankenhausessen so. Es ist der Wahnsinn, was Tag für Tag auf den Stationen weggeworfen wird, weil es zu viel ist oder nicht frisch gekocht ist, ewig aufgewärmt wurde und damit ungesund ist. Das muss sich ändern, und das wird es.
Was jetzt noch Modell auf Station 20 der Charité ist, bauen wir aus. Künftig wird es wieder mehr Stationsküchen geben, in denen frisch und regional gekocht wird.
Das ist ein wichtiges Signal für die grüne Trendwende in der Gemeinschaftsernährung.
Kommen wir zu einem anderen gesundheitspolitischen Thema: Regulierung, Prävention und Hilfe! Das ist der Dreiklang moderner Drogenpolitik, liebe AfD und lieber Herr Dregger! Ich komme zuerst zur Regulierung. Wir wollen keine Kleine-Kiffer-Jagd und mit dem Schwarzmarkt endlich aufräumen, und deshalb – das hat Herr Isenberg schon richtig gesagt – die regulierte Abgabe von Cannabis. Das heißt, die Ware ist kontrolliert, die Abgabe kann in Apotheken erfolgen, und sie erfolgt nur an Erwachsene.
So, die Abgabe erfolgt nur an Erwachsene. Im Ergebnis ist das maximaler Jugend- und Verbraucherschutz, denn die Zeit der ideologiegetriebenen Drogenpolitik ist vorbei. Die – wohlgemerkt – neue CSU-Drogenbeauftragte informiert sich gerade in Österreich zum Thema Drugchecking. Und das von den Grünen seit langem geforderte Tabakwerbeverbot geht wohl noch vor Weihnachten durch den Bundestag.
Die zweite Säule – Prävention. Wichtiger Schwerpunkt sind hierbei Kinder aus suchtbelasteten Familien. Kinder, deren Eltern alkohol- oder medikamentenabhängig sind, brauchen dringend Hilfe, um das Muster der Suchterkrankungen nicht fortzuführen, und sie sollen diese Hilfe bekommen. Unser Ziel ist es, die Menschen frühzeitig zu beraten, die Risiken des Konsums zu verringern und den Betroffenen zu helfen. Zusätzliche 2,5 Millionen Euro stehen dafür bereit – für Drogenkonsumräume, längere Öffnungszeiten und damit für unsere erfahrenen Träger und Einrichtungen in der Suchthilfe. – Ich sage ihnen danke!
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und
der LINKEN –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dieser mitreißenden Rede habe ich es jetzt ein bisschen schwer.
(Martin Trefzer)
Die Berliner Charité, da schließe ich mich fast all meinen Vorgängerinnen an, ist Exzellenz hoch zwei, Exzellenz in der Daseinsvorsorge, das betone ich hier auch noch einmal, und Exzellenz in Forschung und Lehre.
Sie ist ein wahrer Schatz, den es zu bewahren gilt. An dieser Stelle möchte ich mich auch für uns Grüne in diesem Zusammenhang bei dem neuen Vorstandsvorsitzenden Herrn Prof. Kroemer und seinem ganzen Vorstandsteam recht herzlich für die gute Zusammenarbeit und die Gespräche in den letzten Wochen bedanken und für die Aufgaben alles Gute wünschen. Ich denke, ich spreche im Namen der gesamten Koalition, wenn ich sage, dass die Charité unsere volle Unterstützung hat.
Deshalb haben wir es uns als Koalition auch nicht leicht gemacht, quasi dreifach hingeschaut bei der Erarbeitung des neuen UniMed-Gesetzes. Uns Grünen war es wichtig, so viel Beteiligung der einzelnen Personengruppen in der Charité wie möglich, aber gleichzeitig auch nur so viel wie nötig zu verankern. Die Novelle des UniMedGesetzes haben wir heute nicht nur vor dem Hintergrund des sogenannten MHH-Urteils auf der Tagesordnung, denn an der Medizinischen Hochschule Hannover sahen die Karlsruher Richter die Wissenschaftsfreiheit nicht ausreichend gesichert und haben auf mehr Beteiligung des wissenschaftlichen Personals gedrungen. Das wollen wir natürlich auch für unsere Charité.
Eines müssen wir uns bei dieser Novelle klarmachen: Es geht um das Austarieren von unterschiedlichen Interessen, und ich sage ganz bewusst nicht „gegensätzlichen Interessen“, denn bei allen Anhörungen, bei allen Gesprächen, die wir geführt haben, ging es den Protagonistinnen und Protagonisten in erster Linie darum, in der Struktur der Charité auch wirklich abgebildet zu sein. Es ist also richtig und folgerichtig, dass zukünftig zwei vom Fakultätsrat benannte Hochschullehrerinnen und -lehrer dem Aufsichtsrat angehören werden, und das Gleiche gilt – Kollege Schulze hat es schon benannt – für das gemeinsam von den Hochschulleitungen von FU und HU benannte Mitglied. Auch uns Grüne hat es besonders gefreut, dass jetzt ein Mitglied der Studierendenvertretung eine beratende Stimme im Aufsichtsrat erhält. Diese Entwicklung ist aus zwei Gründen richtig: Die Stimme der Studierenden darf in der zukunftsorientierten Charité nicht fehlen, und zweitens: Nur Entscheidungen, die unter Beteiligung getroffen werden, sind auch von den Beteiligten getragene Entscheidungen.
Besonders wichtig war mir persönlich, dass endlich diejenigen, die mit ihrer Arbeit den Erfolg der Charité ausmachen, einen Sitz im Vorstand erhalten: das Personal und insbesondere das Pflegepersonal.
Selbst das Vetorecht des Vorstandsvorsitzenden bei Entscheidungen des Vorstands in der jetzigen Form ist mit unseren Vorstellungen von mehrheitlich getragenen Entscheidungen vereinbar. Die Charité muss handlungsfähig und flexibel bleiben. Sie muss sich im internationalen Wettbewerb behaupten. Die nun gefundene Lösung ist gelungen. Das Vetorecht wird demnach nur greifen, wenn die Entscheidungen grundsätzlich von der Unternehmenspolitik – auch wenn ich die Charité nicht als Unternehmen empfinde – abweichen.
Lassen Sie mich bei allem Lob für das Gesetz aber auch Kritik äußern! Der § 2a, der sich dem Deutschen Herzzentrum und dessen Entwicklung widmet, ist eigentlich nicht mit unseren Koalitionszielen vereinbar. Mit diesem Paragrafen entsteht die Möglichkeit, Kernaufgaben der Universitätsklinik einer juristischen Person des Privatrechts zu übertragen. Auch hier bin ich der Linkspartei dankbar, dass sie diesen Beratungspunkt heute als Priorität angemeldet hat. Sie alle erinnern sich an die schlechten Erfahrungen, die Berlin mit der CFM in Hinblick auf Personalpolitik machen musste. Dem rot-rot-grünen Senat ist es zu verdanken, dass die Facility-Dienste wieder in die Charité eingegliedert werden konnten.
Die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben auf juristische Personen des Privatrechts bedeutet, dass das Personal die Folgen trägt, wenn es nicht so läuft wie vorgesehen. Befristete Verträge, weniger Vergütung – unter guter Arbeit versteht diese Koalition etwas anderes. Natürlich weiß ich auch, dass die Voraussetzungen hier andere sind. Das Deutsche Herzzentrum ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts und als solche gebunden und hat begrenzte Spielräume. Entscheidend bleibt aber, dass die Ausgliederung von Kernbereichen und die Beleihung juristischer Personen des Privatrechts nur und ausschließlich unter der Prämisse passieren darf, dass Kompetenz und Richtlinienvorgabe bei der Charité bleiben. Dazu stimmt mich zuversichtlich: Das letzte Wort über eine Ausgliederung von Aufgaben der Charité hat das Parlament. Wir Grünen können daher zunächst mit § 2a mitgehen, denn mit dieser Zustimmungspflicht sind nicht nur wir als Parlament, sondern auch die Berlinerinnen und Berliner an den Geschicken der Charité maßgeblich beteiligt.
Trotzdem müssen wir das Gesetz möglichst bald noch einmal anfassen, spätestens, wenn wir das BIG, die dritte Säule der Charité, integrieren, denn Grundlage für exzellente Lehre ist exzellente Forschung. Lassen Sie mich bereits jetzt sagen, dass wir die Vorteile der Integration des BIGs auf keinen Fall auf Kosten der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichern werden. Die Koalition steht für gute Arbeit, gute Bezahlung und gute
Arbeitsbedingungen, dies ist auch nicht verhandelbar. – Danke!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ja heute zum zweiten Mal die Freude, nach Herrn Trefzer zu sprechen, und bitte Sie jetzt noch mal um Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich fasse das zusammen, was meine Koalitionspartner und -partnerinnen schon gesagt haben, und versuche das noch mal entsprechend zu strukturieren. Vielleicht stimmt dann ja auch die Opposition diesmal der Umsetzung dieses Staatsvertrages zu.
Bei der Hochschulzulassung – Frau Czyborra hat es richtig gesagt – geht es um eine sehr wichtige Frage, nämlich das Recht des Einzelnen auf die freie Berufswahl. Dieses Grundrecht einzuschränken, muss immer eine Frage der sehr genauen Abwägung sein. Jede Einschränkung dieses Grundrechts, egal, ob über NC oder andere Auswahlverfahren, ist immer umstritten, doch solange Bund und Länder bundesweit nicht genügend Studienplätze für alle Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung stellen, müssen wir auf Landesebene eine so gerechte Regelung wie möglich für die Hochschulzulassung finden, besonders in Berlin, das einer der beliebtesten Studienorte, wenn nicht sogar der beliebteste Studienort in der Bundesrepublik ist.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Umsetzung des Staatsvertrages über die Hochschulzulassung setzen wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017 auf der Landesebene um. Machen wir uns nichts vor: Die Spielräume sind nicht besonders groß. – Trotzdem haben wir uns die Kriterien für den Zugang der Studierenden an den Berliner Hochschulen sehr genau angeschaut, denn Ziel ist es, möglichst viele Menschen eine Hochschulausbildung zu ermöglichen und die Studienplätze gerecht zu verteilen.
Die Kombination aus Grad der Hochschulzugangsberechtigung, der Wartezeit, der beruflichen Vorbildung, der sogenannten Vorabquote und dem Losverfahren bei Ranggleichheit bildet dies auch ab. So sieht § 10 in Bezug auf die Vorabquote vor, dass bis zu 30 Prozent, aber nicht weniger als 20 Prozent der zur Verfügung stehenden Studienplätze erstens an Bewerber und Bewerberinnen gehen, die einer Sonder- oder Härtefallregelung unterliegen. Hier haben wir die Quote aufgrund des Bedarfs von fünf Prozent auf 20 Prozent angehoben. Zweitens gehen Sie an Bewerber und Bewerberinnen, die minder
jährig sind. Diese Zahl ist besonders in Berlin in den letzten Jahren stark gestiegen. Drittens gehen Sie an Bewerber und Bewerberinnen, die ihren Beruf in Bereichen besonderen öffentlichen Bedarfs ausüben, viertens an ausländische Staatsangehörige und Staatenlose, fünftens Bewerber und Bewerberinnen, die einen anderen Studiengang abgeschlossen haben, und schließlich Bewerber und Bewerberinnen – auch das wurde schon gesagt –, die z. B. aufgrund eines Sportkaders an einen Studienort gebunden sind.
Ich habe das u. a. der AfD schon im Ausschuss erklären müssen: Unser erklärtes Koalitionsziel ist es, möglichst vielen und möglichst divers den Zugang zu den Berliner Hochschulen zu ermöglichen
und nicht, wie manche sich dies wünschen, ausschließlich Bestenauslese zu betreiben. Quantität und Qualität schließen sich nicht aus, und wir wollen das auch nicht gegeneinander ausspielen.
Wir sollten Engpässe durch eine gute Gesetzgebung vermeiden, und deshalb hat sich diese Koalition darauf verständigt, die Kriterien im Gesetz zu verankern, die eine rechtssichere Durchführung des Zugangs ermöglichen und zugleich die Auswahl möglichst gerecht gestalten. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe junge Fans! Wir Berlinerinnen und Berliner sind ja bekanntlich ganz gut im Unzufriedensein, hat man heute mal wieder gelesen, und im Meckern.
Und wir Politikerinnen und Politiker sind ganz gut im andere Kritisieren und auch Runtermachen, und wenn es um uns selbst geht, uns zu lobhudeln.
Ich bin auch erst seit einigen Monaten wissenschaftspolitische Sprecherin meiner Fraktion, aber ich bin mir ganz sicher, eines schon richtig einschätzen zu können: Diese Koalition hat gemeinsam mit den Hochschulen, den wissenschaftlichen Instituten, den Forschungseinrichtungen und der Charité Berlin wieder zu dem internationalen Wissenschaftsstandort gemacht.
In diesem Rahmen möchte ich mich ganz herzlich bei allen dafür bedanken, die dazu beigetragen haben. Und mein ganz besonderer Dank gilt meiner Vorgängerin Anja Schillhaneck.
(Martin Trefzer)
Durch ihr Engagement habe ich ein Topumfeld für grünes Handeln in Forschung und Wissenschaft vorgefunden.
Uns als Koalition ist die Bedeutung der Wissenschaft nicht nur als Wettbewerbsvorteil, sondern auch ihre gesellschaftliche Bedeutung für die ganze Stadt sehr bewusst. Daher investieren wir viel in die Berliner Wissenschaftseinrichtungen und haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Entwicklung der Hochschulen noch mehr zu unterstützen und noch stärker auf die Bedarfe der wachsenden und sich ausdifferenzierenden Stadt einzustellen.
Denn eines ist klar: Wissenschaft findet nicht im Elfenbeinturm statt, sondern ist eine wichtige Schnittstelle zur Wirtschaft und zur ganzen Stadtgesellschaft. Sie trägt zum Wohlstand und damit zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei und legt die Grundlagen für eine wissensbasierte und digitale Gesellschaft. Eine Stadt wie Berlin braucht gute, leistungsfähige und offene Hochschulen, zum einen, um im Wettbewerb um Köpfe und Ideen konkurrenzfähig zu bleiben, und zum anderen, um sich sozial und ökologisch weiterzuentwickeln. Berlin ist hier traditionell stark. Unsere Hochschulen, ob Universität oder nicht, sind renommiert und ziehen Studierende und Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt an. Kein Bundesland hat gemessen an den Studienzahlen aus dem Jahr 2005 so viele Studienplätze geschaffen wie Berlin – Kollege Schulze hat es schon genannt – und das unter schwierigen finanziellen Bedingungen.
Aber Quantität ist nicht alles, es kommt auch auf die Qualität an. Mit den Hochschulverträgen hat unsere Koalition gezeigt, dass es nach langen Jahren des Sparens und der Mangelverwaltung auch endlich wieder anders geht. Wir haben den Hochschulen bis 2022 pro Jahr Aufwüchse von 3,5 Prozent zugesagt und bereits hiermit noch vor Abschluss der neuen Wissenschaftspakte langfristig Planungssicherheit geschaffen. Die dort verhandelten Maßnahmen zur Qualitätssicherung, vom Aufwuchs bei Dauerstellen über die Einführung eines Mittelbaus bei Fachhochschulen bis hin zu Förderungen von Digitalisierung und Open Access an den Hochschulen, sind zukunftsweisend und werden Schritt für Schritt von den Hochschulen umgesetzt.
Gleichzeitig investieren wir massiv in die Sanierung unserer Hochschulen und bauen auch hier langsam, aber stetig den Rückstand der letzten Jahre ab. Unsere Halbzeitbilanz ist also sehr positiv. Genau an diese Erfolge werden wir weiter anknüpfen. Die am letzten Freitag auf einer Pressekonferenz der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz verkündeten Ergebnisse zur Nachfolge der Wissenschaftspakte geben uns nun auch für die Zukunft den nötigen Spielraum und vom Bund mehr Rückenwind
für unsere Bemühungen. Michael Müller und Steffen Krach haben lange und intensiv verhandelt und schlussendlich für Berlin ein sehr gutes Ergebnis erzielt.
Ich hebe diese Leistungen hervor, da ja die Ausgangssituation für die Verhandlung der Pakte nicht die beste war. Ich kann es nicht anders sagen – da bin ich mit Herrn Dr. Hausmann nicht besonders d’accord –, dass die Bundesministerin Karliczek es schon bei den Haushalsberatungen im Bund versäumt hat, für ihr Ressort zu kämpfen und den Bundesfinanzminister von der herausragenden Bedeutung von Bildung und Forschung zu überzeugen, mal ganz abgesehen davon, dass ich es schade finde, dass man bei so einem Thema überhaupt Überzeugungsarbeit leisten muss.
Die Bedeutung der Wissenschaft für Berlin kann ich Ihnen aus meiner Funktion als wissenschaftspolitische und gleichzeitig gesundheitspolitische Sprecherin nur bestätigen. Das Ziel, Gesundheitsstadt 2030 zu werden, ist nur zu erreichen, wenn Wissenschaft, Forschung und gesundheitliche Konzepte Hand in Hand gehen. Ein Beispiel hierfür ist auch die Integration des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung in die Charité. Auch hier gehen Bund und Land gemeinsam neue Wege und stärken die Wissenschaft im Land. Mit dem BIG engagiert sich erstmalig der Bund in einer Landeseinrichtung, und es fließen in diesem Jahr immerhin 75 Millionen Euro direkt in die exzellente wissenschaftliche Arbeit der Charité.
Ich habe bei dem Abschluss der neuen Wissenschaftspakte, den Zukunftsplänen für das BIG, den Erfolgen bei der Ansiedlung außeruniversitärer Forschungsinstitute und der anhaltenden Attraktivität Berlins als Studienstandort ein äußerst gutes Gefühl. Mit dem Engagement des Bundes und der Finanzierung der Wissenschaftslandschaft durch das Land mit einem jährlichen Aufwuchs von 3,5 Prozent ist Berlin mehr als gesichert. Das ist gut, denn Wissenschaft und Forschung passen zu Berlin und tragen dazu bei, dass die Stadt bleibt, wie sie ist: bunt, lebendig und progressiv, Herr Trefzer!
Natürlich warte auch ich jetzt bei aller berechtigten Kritik gespannt auf den 19. Juli, an dem wir hoffentlich den Erfolg unserer Universitäten in der zweiten Förderlinie der Exzellenzstrategie feiern können. Unser solides Fundament in der Wissenschaftslandschaft ermöglicht es uns stärker, auf unsere eigentlichen Zukunftsprojekte einzugehen. Das bedeutet – ich erwähne das jetzt hier ganz explizit –, wir müssen neben der Quantität und Qualität der Studienplätze auch Wohnraum für die Studierenden schaffen, und zwar bezahlbaren Wohnraum.
Was nützt der heiß ersehnte Studienplatz, wenn er nicht angenommen werden kann, da einfach keine Bleibe gefunden wird?
Nein, danke!
Zweitens: Wir müssen unsere Universitäten und Hochschulen noch weiter öffnen. Unsere Gesellschaft ist divers. Das sollte sich in Zukunft auch noch stärker in unseren Wissenschaftseinrichtungen widerspiegeln.
Drittens: Auch unser Wissenschaftssystem existiert nicht einfach im luftleeren Raum. Globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Ressourcenmangel und internationale Konflikte gehen uns alle an und müssen auch und gerade an den Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen diskutiert werden. Wir brauchen klare Konzepte zu Nachhaltigkeit und Fairness, und wir wollen, dass alle mitreden können, wenn es darum geht, unsere Hochschulen weiterzuentwickeln, egal, ob Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Professorinnen und Professoren.
Last but not least – Kollege Schulze und Ina Czyborra sind darauf eingegangen: Wir müssen wirklich daran arbeiten, gute Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten an unseren Hochschulen zu schaffen. Unbefristete Verträge sind die Grundlage für Planungssicherheit für Menschen in einer Lebensphase, in der oftmals Familien gegründet oder Karrierewege verstetigt werden. Ich möchte eigentlich nie wieder den Satz hören: Ich habe mich gegen etwas entschieden, weil ich nicht weiß, wo ich nächstes Jahr, nächsten Monat oder überhaupt arbeiten werde.
Wie Sie sehen: Wir sind schon sehr gut aufgestellt, es gibt in der Wissenschaftspolitik und für Berlin aber auch noch viel zu tun. Packen wir es an!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kluckert von der Freiheitspartei!
Es wundert mich wirklich sehr, dass gerade Sie hier eine derartige Regelungswut an den Tag legen, die die Selbstbestimmungsrechte von Berliner Eltern und Kindern doch erheblich einschränken soll. Um gleich eines vorwegzunehmen: Wir als Grüne sind auch für Impfungen. Was wir aber ablehnen, ist die Impfpflicht – und das aus gutem Grund. Ich halte es hier wiederum mit meiner Kollegin Kahlefeld: Wir müssen heute wohl nicht alles nur dreimal sagen, sondern dreißigmal.
Unsere Antwort auf das Erfordernis von Impfungen bei Babys und Kindern ist eine unvoreingenommene und umfassende Aufklärung. Deswegen setzen wir dort auf eine zielgruppenspezifische Beratung im Rahmen der
U-Untersuchungen. Um den Herdenschutz zu erreichen, müssen auch Erwachsene ihren Impfstatus überprüfen und – wenn nötig – an fehlende Impfungen erinnert werden.
Sie erinnern sich sicher auch; Kollege Albers hat auf eine andere Kampagne hingewiesen: Deutschland sucht den Impfpass! – Der Impfstatus gehört leider zu den LowInterest-Themen. Genau aus diesem Grund werden wir weiter daran arbeiten, aufzuklären, zu beraten und Informationen zu liefern.
Vielfach wurde hier darauf hingewiesen: Die Impfbereitschaft in Deutschland ist grundsätzlich hoch. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegt sie bei über 90 Prozent. Wenn wir dann noch einmal genauer Berlin anschauen, liegen hier sämtliche Impfquoten über dem Durchschnitt. Zoomen wir noch ein bisschen in die Bezirke hinein: Dort, also innerhalb von Berlin, variieren die Impfquoten zwar, aber, wie gesagt, alles auf sehr hohem Niveau. Von einer Impfmüdigkeit der Berliner Eltern kann nicht die Rede sein. Das lassen sich die Eltern und wir uns auch nicht weiter einreden.
Sie aber stellen mit Ihrem Antrag die Fürsorge und den Schutz der Kinder in Abrede. – Das geht nicht mit den Berliner Eltern, das geht nicht mit dieser Koalition und auch nicht mit uns.
Eine Impfpflicht bei Kindern einzuführen, ist die falsche Antwort. Unsere Antwort ist: Wir müssen den öffentlichen Gesundheitsdienst in den Bezirken weiter stärken, damit wir eine noch bessere Impfquote – gerade auch in Hinblick auf die zweite Impfung – erreichen. Hierbei bedarf es, wenn nötig, auch einer wiederholten Ansprache, sei es durch Kinderärztinnen und -ärzte, durch Ärztinnen und Ärzte, durch Kitas, Schulen und das Gesundheitsamt.
Liebe FDP! Was hilft eine staatliche Impfpflicht, wenn die Impfungen dann nicht zwangsweise durchgesetzt werden? – Ein Bußgeld allein erhöht doch nicht die Impfquote. Noch etwas: Ich will mir gar nicht ausmalen, was für unschöne Situationen dadurch entstehen könnten, dass zwangsweise Kinder geimpft würden. Haben Sie denn gar nicht darüber nachgedacht, was das für Folgen für die Kinder und die gesamte Familie haben kann?
Wir kennen Sie als FDP doch deutlich kreativer. Besinnen Sie sich doch einmal auf das Recht auf Selbstbestimmung! – Wir als Koalition kümmern uns weiterhin um Beratung, Information und Prävention – und damit um tatsächlichen Kinderschutz.
(Herbert Mohr)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In letzter Zeit haben mich die Leute gefragt: Frau Pieroth! Müssen wir denn schon wieder über die Geburtshilfe in Berlin reden? – Meine Antwort darauf war dann immer: Natürlich! Gerade jetzt müssen wir darüber reden!
In der Sommerpause war ich viel in den Krankenhäusern unterwegs und habe die Situation dort hautnah mitbekommen, wie sich das Pflegepersonal aufopfert, aber dennoch der Zeit hinterherrennt, ja, hinterherrennen muss. Wir müssen endlich etwas einplanen, dass bei den durchgetakteten Fallpauschalen vergessen wurde: Wir brauchen wieder ein bisschen mehr Zeit für Menschlichkeit, und das betrifft vor allem die Zeiten, in denen Veränderungen anstehen. Das können die Geburt, Kinderkrankheiten, der Übergang ins Erwachsenenalter, das Älterwerden und nicht zuletzt auch die Sterbephase sein.
Es kann nicht sein, dass jede und jeder Einzelne erst in der Not feststellt, dass diese Zeit fehlt. Ich will, dass uns jemand mit Herz und Verstand in unserem Leben begleitet und nicht bereits als Säuglinge sofort in einen rationalisierten Stundenplan packt. Am Lebensanfang sind das die Hebammen – eigentlich ein schöner Beruf, eine Berufung. Nur haben wir es hier aufgrund von geringem Verdienst bei gleichzeitig hohen Versicherungsprämien bestenfalls mit überforderten Frauen zu tun, die ihre Berufung nach einigen Jahren auch wieder aufgeben.
Ich fasse Ihnen jetzt mal die Forderungen aus unserem Koalitionsantrag zusammen. Erstens: Wir brauchen eine Statistik der in Berlin tätigen Hebammen, denn wir müssen doch wissen, wie viele Hebammen wo in Berlin arbeiten. Das ist doch die Grundlage für alle weiteren Planungen. Mir ist es bis heute unverständlich, wie das fehlen kann – die Senatorin ist leider nicht vor Ort.
Die Angebote von hebammengeleiteten Kreißsälen und Geburtshäusern müssen wieder bekannter gemacht werden. Warum nicht auch endlich einmal wieder Werbung für die natürliche Geburt machen, auch wenn die Krankenhäuser für Kaiserschnitte mehr Geld erhalten und so die Kleinen besser in den Zeitplan passen?
Drittens ist es gut, dass der Hebammenverband mit dem Aufbau einer Vermittlungsplattform beauftragt wurde. Aber die muss auch endlich kommen. Da reichen kurzfristige Lottomittel nicht, denn wir wollen ja nicht mit Aktionismus blenden, sondern eine langfristige Kontaktmöglichkeit schaffen. Die Finanzierung muss jetzt endlich sichergestellt werden!
(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)
Dabei ist schon einiges erreicht: Das Aktionsprogramm für eine sichere und gute Geburt war für Berlin ein Meilenstein. Aber Papiere alleine helfen nicht. Wir haben zwar rund 350 Ausbildungsplätze für Hebammen geschaffen, aber es fehlen Räumlichkeiten und Menschen, die diese Hebammen ausbilden. Auch hier erwarte ich vom Senat mehr Engagement.
In nur anderthalb Jahren wird die akademische Ausbildung für Hebammen verpflichtend. 2020 tritt die entsprechende EU-Richtlinie in Kraft. Herr Spahn greift ja gerne jedes herzbewegende Thema zur Hälfte an. Aber in diesem Fall hat er wohl andere Prioritäten. Deshalb muss unser Senat eine aktivere Rolle einnehmen, zum Beispiel mit einer Bundesratsinitiative.
Wir haben es uns mit dieser Koalition zum Ziel gesetzt, den Schwächeren zur Seite zu stehen. Dieser Antrag enthält konkrete Lösungen, um Hebammen ihre Arbeit zu erleichtern, und er enthält Lösungen, um die Bedürfnisse von Frauen und Kindern besser zu befriedigen. Er trägt auch dazu bei, dass es mehr Zeit und Menschlichkeit im Gesundheitswesen gibt. Das wünsche ich mir für alle Lebenssituationen und in jedem Alter. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Ich frage den Senat, die Senatorin Kolat: Wie läuft die Ausweitung der sogenannten Babylotsinnen und -lotsen – das ist die psychosoziale Betreuung rund um die Geburt – auf alle Berliner Krankenhäuser und Kliniken?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat, die Senatorin: Stehen inzwischen auf der Homepage der Gesundheitsverwaltung Adressen von Ärztinnen und Ärzten, bei denen Frauen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen können?
Frau Senatorin! Das ist ja wunderbar! Können Sie noch etwas zur Auffindbarkeit sagen? Zum Beispiel unter dem Stichwort „Schwangerschaftsabbruch“ – das habe ich mal ausprobiert – gibt es sicher noch Optimierungsmöglichkeiten. Und ist das Angebot auch für Frauen geeignet, die nur geringe oder gar keine Deutschkenntnisse haben?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns heute und auch im Ausschuss intensiv mit dem Thema Hygiene und resistente Keime beschäftigt. Viele der FDP-Forderungen sind nicht falsch, aber über die eigentliche Ursache – wie Sie jetzt gerade auch erwähnt wurde – der Hygienesituation in Krankenhäusern schweigt sich die FDP aus. Die eigentliche Ursache ist nämlich, wie richtig erwähnt, die Situation des Personals in den Krankenhäusern.
Dr. Albers hat eben Frau Prof. Gastmeier erwähnt, die die „Aktion Saubere Hände“ in Krankenhäusern gestartet hat. Es geht tatsächlich ein Viertel der Arbeitszeit im Krankenhaus für Hygiene drauf. Es klingt erst einmal so, als wäre das zu bewältigen, aber wenn eine Station sowieso knapp besetzt ist, wenn sowieso eine Schwester fehlt, weil sie in Mutterschutz ist und noch kein Ersatz da ist, und wenn dann noch drei Menschen gleichzeitig klingeln, dann, ja dann ist dieses eine Viertel der Arbeitszeit das erste, was wir alle weglassen würden – nicht aus bösem Willen, nicht aus Unwissenheit, sondern einfach, weil die Prioritäten gerade andere sind. Wir wissen alle: Der Fehler liegt im System, und diesen Fehler können wir als rotrot-grüne Koalition auf Landesebene zwar nur begrenzt angehen, aber wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um hier Abhilfe zu leisten,
denn in den Krankenhäusern braucht es mehr Zeit für Patientinnen und Patienten, und das heißt mehr Personal.
Zwei Punkte: Zum einen erarbeitet die Gesundheitsverwaltung gerade das Aktionsprogramm zum Thema Hygiene in Krankenhäusern. Hier trifft sich ein Fachgremium,
(Herbert Mohr)
um etwas auf den Weg zu bringen. Das klappt auch schon sehr gut beim Runden Tisch Geburtshilfe, und das wird auch in diesem Fall gut klappen.
Zum anderen ruft die FDP dazu auf, ein Umdenken beim Einsatz von Antibiotika zu unterstützen. Ich freue mich, dass die FDP künftig uns Grüne endlich unterstützt: beim Einsatz gegen Massentierhaltung – Herr Albers hat das schon erwähnt –, im Hinblick auf klare Regeln zur Medikamentenrücknahme, sodass diese nicht im Grundwasser landen. Darüber freue ich mich ausdrücklich!
Ich mache es jetzt an dieser Stelle kurz: Die FDP hat schlichtweg die Situation des Krankenhauspersonals vergessen, und der Senat ist bereits tätig geworden. Er erarbeitet ein Aktionsprogramm zur Hygiene in Krankenhäusern. Deshalb wird meine Fraktion Ihren Antrag ablehnen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Ich frage den Senat: Wie weit ist die Gesundheitsverwaltung mit der Umsetzung der Entschließung des Abgeordnetenhauses vom 8. März, wo
nach sie auf ihrer Website über Ärztinnen und Ärzte, die rechtskonforme Schwangerschaftsabbrüche durchführen, informieren wird? Wann veröffentlichen Sie die Liste mit den entsprechenden Ärztinnen und Ärzten?
Das freut mich sehr. Inwieweit stellen Sie dann auch die Informationen in anderen Sprachen zur Verfügung, z. B., was ich in Anbetracht der Tatsachen in unserem Nachbarland besonders wichtig finde, auf Polnisch?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es scheint ja hier immer wieder meine ganz persönliche Aufgabe zu sein, zu später Stunde noch einmal die Fakten darzustellen. Die Charité hatte, wie eben schon angedeutet, im Dezember und im Januar den Betrieb der Notaufnahme für Kinder im Campus Benjamin Franklin in Steglitz lediglich eingeschränkt. Aufgrund des Ausfalls von etwa einem Drittel der Ärztinnen und Ärzte wurden die Öffnungszeiten auf 8 Uhr bis 16 Uhr an Wochentagen und auf 11 Uhr bis 19 Uhr an Wochenende beschränkt. Das war die Situation zur Zeit des Jahreswechsels. Inzwischen ist die Rettungsstelle wieder rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche besetzt.
Die Steglitzer Kinderrettungsstelle ist berlinweit die einzige Notaufnahme für Kinder, die keine angeschlossene Kinderklinik hat. Das führt dazu, dass diese Notaufnahme auch nicht von vielen Kindern und ihren Eltern aufgesucht wird. Die Rettungsstelle betreut im Schnitt zehn Kinder pro Tag. Nur mal zum Vergleich: Die entsprechende Rettungsstelle der Charité im Wedding betreut im Schnitt etwa 100 Kinder am Tag, und auch ein niedergelassener Kinderarzt betreut deutlich mehr Kinder als diese Rettungsstelle.
Eine kleine Rettungsstelle kann auch nicht die optimale Versorgung gewährleisten, denn eine geringe Fallzahl führt, wie Sie alle wissen, zu mangelnder Routine der Ärztinnen und Ärzte. Routine ist aber ein großer und wichtiger Qualitätsfaktor. Es ist auch nicht nur die Anfahrt entscheidend, sondern auch die Qualität des Angebots. Deshalb gibt es seit vielen Jahren eine Tendenz zur Zusammenlegung von spezialisierten stationären und ambulanten Angeboten, und das nicht nur in Berlin, sondern im ganzen Bundesgebiet.
So kann ich den alarmistischen Tonfall, den der Antrag der CDU mal wieder hat, nicht verstehen.
Dort wird so getan, als ob die Rettungsstelle ganz geschlossen wäre. Dem ist aber nicht so. Zum anderen sind das Behring-Krankenhaus und das St. Joseph-Krankenhaus große Kinderkliniken mit speziell auf Kinder eingerichteten Rettungsstellen. Beide Kinderkrankenhäuser sind von Steglitz aus sehr gut zu erreichen. Warum also dieser Antrag? – Der Charité Campus Benjamin Franklin liegt im Steglitz-Zehlendorfer Wahlkreis 5 und ist für die Menschen, die dort wohnen, am schnellsten zu erreichen. Einer der Urheber dieses Antrags ist Herr Friederici, den ich jetzt leider gar nicht sehe.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Unser Regierender Bürgermeister und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Charité Michael Müller hat schon vor Weihnachten richtig reagiert. Er hat bei der Charité umgehend ein Konzept mit langfristigen Lösungsansätzen angeregt. Dieses Konzept wird in einigen Wochen vorliegen. Das sollten wir abwarten, und in der Zwischenzeit ist die Rettungsstelle rund um die Uhr besetzt. – In diesem Sinne: Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ärztliche Versorgung in Berlin ist wichtig. Das Problem sind bekanntlich nicht die fehlenden Praxen, sondern die ungleiche Verteilung der Praxen über unsere Stadt. Hier
einmal ein persönliches Beispiel: Ich bin bei der Techniker Krankenkasse versichert. Mein langjähriger Augenarzt hat eine Praxis in Steglitz-Zehlendorf. Im Dezember habe ich mich dort um einen Termin bemüht. Ich habe auch einen bekommen – im April dieses Jahres. Vier Monate auf den Facharzttermin zu warten, das geht nicht nur mir so, das geht Herrn Standfuß so und vielen Berlinerinnen und Berlinern. Hier wird die ungerechte Verteilung der Praxen besonders deutlich.
Die FDP behauptet nun, dass die Änderung des Planungsraums durch den gemeinsamen Bundesausschuss die Ursache für die Wanderungsbewegung der Ärzteschaft in Berlin war. Vordergründig kann das sein. Aber wir müssen uns doch fragen, warum die Ärztinnen und Ärzte denn überhaupt auf Wanderschaft gehen. Warum verlassen sie eine gut eingerichtete Praxis mit festem Personal und einem Stamm an Patientinnen und Patienten? – Das liegt schlicht und einfach daran, dass es in einigen Teilen unserer Stadt mehr Privatpatientinnen und Privatpatienten gibt als in anderen, und daran, dass Ärztinnen und Ärzte an Privatversicherten mehr Geld verdienen. Da können Sie Versorgungsbereiche sonst wie stricken, diesen Umstand werden Sie dadurch nicht ändern können. Diesen Umstand können wir nur mit einer Bürgerinnen- und Bürgerversicherung ändern.
Wenn Ärztinnen und Ärzte aus monetären Gründen keine Unterschiede in der Versorgung machen, dann gibt es auch keinen Grund, in einen reicheren Stadtteil zu ziehen. – Meine Damen und Herren von der FDP, aber auch die CDU sollte das aus Berlin an Herrn Spahn mitnehmen! Die Lösung für Ihr Problem ist nach wie vor in erster Linie die Bürgerinnen- und Bürgerversicherung.
Das heißt natürlich nicht, dass man auf Landesebene nicht auch etwas tun kann. Das 2013 eingerichtete gemeinsame Landesgremium beschreitet da den richtigen Weg. Herrn Czajas Letter of Intent zeigt heute erste Erfolge. Die ganz große Wanderungsbewegung ist gestoppt und ein neuer Weg in der Steuerung der Versorgung eingeschlagen. – Lieber Sebastian Czaja! Ich habe selbst Geschwister. Manchmal kann es schwierig sein, das anzuerkennen, was Ihr Bruder da auf den richtigen Weg gebracht hat. Er ist die ersten positiven Schritte gegangen.
Diesen guten Weg geht unsere Senatorin jetzt weiter und setzt noch einen obendrauf. So hat sie Sonderzulassungen für zehn pädiatrische Praxen erwirkt. Dabei wird auch meine Fraktion mit darauf achten, dass diese Praxen dort aufgemacht werden, wo der Bedarf am größten ist. Wir teilen das Ziel einer gerechten, flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Berlin. Und das werden wir auch hinbekommen.
(Herbert Mohr)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat: Was unternehmen Sie, um die offenen Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst zu besetzen? – Ich beziehe mich in erster Linie auf Amtsärztinnen und Amtsärzte in den Gesundheitsämtern.
Frau Kolat! Neben den angesprochenen eklatanten Gehaltsunterschieden insbesondere zu den Klinikärzten ist sicher auch noch die geringe Ausbildungszahl zu nennen. Wie können wir da insbesondere im Bereich Umweltmedizin vorgehen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich manchmal schon, dass immer zu später Stunde die Gesundheitsthemen mit einer gewissen latenten Aggressivität hier aufgerufen werden. Es handelt sich schließlich um Kinderschutz, entsprechend sollten wir das Thema hier auch angehen.
Die FDP hat das Thema Impfen nun für uns entdeckt und gleich zwei Anträge dazu gestellt. Es geht dabei wieder einmal in eine Richtung, die mich bei den Liberalen zunehmend überrascht. Zum ersten Antrag: Der Senat ist bei diesem Thema längst tätig geworden. Am 4. Dezember wurde der Berliner Masern-Röteln-Eliminationsplan beschlossen. Darin sind schon viele konkrete Schritte zu finden. Ein großes Problem war immer, das hatten wir auch schon im Ausschuss hinreichend erörtert, dass Eltern Impfungen versäumen. Ich glaube, sie tun das nicht aus bösem Willen und auch nicht in bestimmten Bezirken, sondern es wird, aus welchen Gründen auch immer, im Alltag schlichtweg vergessen. Da gibt es aber jetzt konkrete Unterstützungs- und Aufklärungsmaßnahmen wie z. B. die Aufnahme von Impfungen in das Rückmeldesystem.
Sie, liebe FDP, hingegen wollen gar nicht erst abwarten, ob diese freiwilligen Maßnahmen wirken. Nein, Sie kommen gleich mit der Keule des Infektionsschutzgesetzes und der Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit. – Das mal zu den Liberalen hier im Haus.
Zum zweiten Antrag: Sie, Herr Seerig, haben eine Schriftliche Anfrage zum Thema Infektionsschutz in Altenpflegeeinrichtungen gestellt. In der Antwort des Senats finden sich dort folgende Sätze, die ich mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, hier gerne zitieren möchte:
Die Impfthematik ist Gegenstand des theoretischen Unterrichts in den Berufsfachschulen für Altenpflege. … Im Lernfeld... „Die eigene Gesundheit erhalten und fördern“ wird das Thema unter den Aspekten persönliche Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz schwerpunktmäßig im ersten und dritten Ausbildungsjahr bearbeitet...
und unter dem Stichwort
„Alte Menschen personen- und situationsbezogen pflegen“ … im zweiten Ausbildungsjahr.
Ich finde, damit ist alles gesagt. In der Ausbildung wird über alle notwendigen und eventuell notwendigen Impfungen informiert.
Gestatten Sie mir aber zum Schluss drei abschließende Bemerkungen: Erstens finde ich es interessant zu beobachten, dass die FDP im zurückliegenden Bundestagswahlkampf „german Mut“ einfordert, aber nicht das Vertrauen hat, dass explizit in Ausbildungsrichtlinien festgelegte Themen auch wirklich behandelt werden, und deshalb wieder neue Regelungen und damit mehr Bürokratie einfordert.
Zweitens: Das hier sind keine verirrten Anträge. Das ist bereits Methode. Der nächste Schritt hin zu mehr Bürokratie und weniger Eigenverantwortung ist von der FDP schon gemacht. Ihren Antrag zum Händehygienemanagement haben wir schon in der Pipeline. Dort wollen Sie auch nur wieder kontrollieren und fordern mehr Berichte, als ob dadurch das Personal entlastet würde und mehr Zeit zum Händewaschen hätte.
Drittens: Ich habe bei Ihren Anträgen nicht das Gefühl, dass Sie sich den Problemen gewidmet hätten und hier auch mal eine Lösung vorschlagen würden. Ich habe dabei eher das Gefühl, dass Anträge als Form des Arbeitsnachweises für die Homepage, den Newsletter, die eigene Parteigliederung oder was auch immer gebraucht werden. Für eine solche Beschäftigungstherapie ist unsere Zeit zu schade. Wir alle haben in Berlin Wichtigeres zu tun. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reform der Ausbildung der Pflegeberufe ist nun wahrlich kein neues Thema. In den letzten zehn Jahren hatten wir lange Debatten zum Für und Wider der Reformschritte. Es wurden auch lange Debatten auf der Bundesebene geführt, auch mit Beteiligung der Länder. Schließlich wurde das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe verabschiedet. Dabei gibt es durchaus einiges zu kritisieren. Die Art und Weise, wie der Kompromiss zwischen CDU und SPD im Bund zur Pflegeberufereform zustande kam und dann durchgedrückt wurde, war nicht ganz sauber.
(Stefanie Fuchs)