Marion Seelig

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie ist der Stand der Umsetzung der Kennzeichnungspflicht für die Berliner Polizei, und wann ist damit zu rechnen, dass die Berliner Polizistinnen und Polizisten a) im täglichen Einsatzdienst und b) in ge
schlossenen Einheiten individuell gekennzeichnet sind?
2. Liegen bereits Klagen gegen die Regelung vor, oder wurden Klagen angekündigt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Dix! Ich möchte mich im Namen des Unterausschusses Datenschutz und Informationsfreiheit sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit mit Ihnen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihres Hauses bedanken.
Das Prozedere für unsere Entscheidungsfindung möchte ich hier noch einmal kurz erläutern, weil es sich von anderen Ausschüssen unterscheidet und von allen immer wieder nachgefragt wird. Wir bekommen als Ausschuss den Bericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit über seine Beanstandungen und Erläuterungen zum Verwaltungshandeln im Zeitraum eines Jahres, der an den Senat geht, ebenfalls zur Kenntnis. Dazu gibt es eine Stellungnahme des Senats, und über diese beiden Papiere, die dann sozusagen in einem Formular erscheinen, berät dann der Ausschuss. Die Punkte, an denen beide Stellungnahmen strittig sind, werden dann von unseren Mitgliedern diskutiert, und es wird jeweils eine Beschlussempfehlung für den Innenausschuss und danach für das Plenum verabschiedet. Die Zusammenfassung dieser einzelnen Beschlussempfehlungen liegt Ihnen heute vor.
Kernpunkt ist immer die Stärkung von Datenschutz und Informationsfreiheit, die unseren Mitgliedern, gleich, welcher Fraktion sie angehören, ein wichtiges Anliegen ist. In den einstimmig angenommenen Beschlussempfehlungen finden Sie Punkte wie den verstärkten Schutz von Patientenwerten im Krankenhausinformationssystem und die Aufforderung, dass Auskunftsersuchen bzw. deren Beantwortung in den Kliniken zu zentralisieren sind. Herr Dr. Dix hat ja auch darauf hingewiesen, wie hochsensibel gerade Daten im medizinischen Bereich sind. Andere Punkte betreffen das Meldesystem und Biografiedaten in der Pflege.
Der Punkt 3, bei dem es um klarstellende Regelungen durch eine Änderung des ASOG über Zuverlässigkeitsüberprüfungen und Akkreditierungsverfahren bei Großereignissen geht, konnte inzwischen durch die 10. Änderung des ASOG klargestellt werden.
Über die Erarbeitung der Beschlussempfehlung hinaus beschäftigt sich der Unterausschuss mit allen relevanten Fragen, die Datenschutz und Informationsfreiheit betreffen, sei es, dass Anträge als relevant überwiesen werden oder Gesprächspartnern Bedarf durch Herrn Dr. Dix oder einzelne Fraktionen signalisiert wird. So hat uns natürlich Google-View ebenso interessiert wie US-Anforderungen von Flugpassagierdaten.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist die Prävention, um einen kritischen Umgang mit den eigenen Daten im Netz zu befördern. Leider mussten wir feststellen, dass die Datenschutzstandards – auch darüber sprachen Sie – in den sogenannten sozialen Netzwerken immer wieder zu Lecks und Pannen zulasten der Nutzer geführt haben. Gerade Facebook, da gebe ich Ihnen recht, ist da besonders aufgefallen. Aber wir erinnern uns: Bevor Sie interveniert haben, waren auch StudiVZ und SchülerVZ durch Datenpannen aufgefallen. Ich denke, der Unterschied zu Facebook ist insbesondere da zu sehen, dass Sie an dieser Stelle eine direktere Datenschutzaufsicht haben.
Die Situation für Datenschutz und Informationsfreiheit hat sich meines Erachtens dramatisch zugespitzt. Ich denke, wir sind uns einig, dass Recht wie beispielsweise Arbeitnehmerdatenschutz dringend weiterentwickelt werden muss. Ebenso kommt mit unserem modernsten und weitgehendsten Berliner Informationsfreiheitsgesetz auch wieder ein erheblicher Lernprozess auf unsere Verwaltung zu. In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass unserem Unterausschuss noch ein langes Leben beschieden sein wird.
Abschließend bedanke ich mich bei den Mitgliedern aller Fraktionen für ihre Zusammenarbeit und beim Ausschussbüro für die oftmals sehr flexiblen Anforderungen an ihre Arbeit. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lux! Mit Ihrem Sicherheitsdiskurs bereiten Sie offensichtlich GrünSchwarz in dieser Stadt vor.
[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Lars Oberg (SPD): Mit seinem Anzug auch! Es sieht verdammt danach aus. Die CDU will mit Ihrer Aktuellen Stunde das einzige Thema ansprechen, mit dem sie meint, punkten zu kön- nen. Sie übersieht dabei, dass etwas getan wird. Ein Maß- nahmepaket ist auf den Weg gebracht, es wird mehr Per- sonal vonseiten der BVG und vonseiten der Polizei auf den Bahnsteigen sein. [Michael Dietmann (CDU): Ganz plötzlich!]
Das ist der richtige Weg, um subjektive Ängste bei den Fahrgästen abzubauen,
subjektive Ängste, die sie möglicherweise auf leeren Bahnsteigen haben. Objektiv – Sie kennen die Zahlen –
ist die Gewalt im öffentlichen Nahverkehr sogar zurückgegangen, –
Nein, jetzt nicht! – das belegen die Meldungen bei der Polizei, der BVG und den Versicherern, die letztlich für die Behandlungskosten zuständig sind. Doch woher kommt die Angst? – Sie kommt von Bildern. Versuchen Sie sich doch einmal jenseits jener Ideologie die brutalen Übergriffe der letzten Wochen vor Augen zu führen. Sie werden es können, denn die Bilder waren und sind überall, in allen Medien und vor allem im Netz verfügbar. Es sind nicht irgendwelche Szenen aus den Handlungsabläufen, sondern Sie sehen den brutalstmöglichen Höhepunkt.
Beispielsweise, wie der Täter auf dem Bahnhof Friedrichstraße sich vermeintlich von seinem Opfer abwendet, um dann umzudrehen und mit Anlauf auf den am Boden Liegenden zu springen.
Auch von den anderen Überfällen kennen wir solche Bilder. Diese Bilder sind nicht im Netz und anderen Medien, weil der Täter identifiziert werden soll, Bürgerinnen und Bürger um Mithilfe gebeten werden, nein, sie sind einfach da, und sie werden hunderttausendfach angeklickt.
Sie machen Angst.
Vielleicht regen sie auch den einen oder anderen zur Nachahmung an, denn in kurzer Zeit gibt es ähnlich aussehende Gewalttaten, wie wir verfolgen können.
Das will ich Ihnen jedenfalls jenseits Ihrer üblichen reflexartigen Forderungen, wie zum Beispiel nach immer mehr Videoüberwachung, zum Nachdenken mit auf den Weg geben.
Mehr Personal auf den Bahnsteigen haben wir immer gefordert. Ein paar mehr Polizisten können wir uns auch vorstellen,
aber dass dies kostenneutral zu haben ist, wie Sie in Ihrem Antrag behaupten, ist schlicht ein Ammenmärchen.
Wer im Bund die Schuldenbremse in der Verfassung verankert, sie in Berlin auch in die Verfassung schreiben will, die gerade armen Ländern jeden Gestaltungsspielraum nimmt, kann nicht mit immer neuen Forderungen nach Mehrausgaben kommen. Wir wissen, dass die geplanten Neueinstellungen an anderen Stellen eingespart werden müssen, und auch das wird schmerzhaft sein.
Ich sage Ihnen auch – um zu Ihrem nächsten Thema zu kommen –: Auch mit 200 Polizisten mehr werden Sie Brandanschläge auf Autos nicht verhindern, die leider wieder gehäuft auftreten.
Über die Schwierigkeit, diese Straftaten aufzuklären, haben wir hier und im Innenausschuss lang und breit diskutiert. Es liegt an der Art der Tatbegehung. Sie können nicht neben jedes Auto einen Polizisten stellen. Sie
wissen, wenn der Brand bemerkt wird, ist der Täter nicht mehr anwesend.
Der ungeheuerliche Brandanschlag auf die Kabel der Berliner S-Bahn hat mich aus zweierlei Gründen empört. Erstens: Es gibt keinen politischen Grund, der diese Gewalt rechtfertigt, der es rechtfertigt, Zigtausende Berlinerinnen und Berliner für ein diffuses Weltbild in Geiselhaft zu nehmen.
Zweitens: Dass es so leicht sein kann, hochsensible Infrastruktur in diesem Ausmaß zu zerstören, hätte ich mir nicht im Traum einfallen lassen. Wenn wir hier von Sicherheit bei der BVG reden, dann muss man auch die Bahn an ihre Verantwortung erinnern.
Ja, dieser Anschlag hat eine neue Dimension erreicht, ähnlich wie der im Friedrichshainer Polizeiabschnitt, der aber offensichtlich mit dem sogenannten Terrorpaket, mit dem ganzen Arsenal von Abhören, Überwachen, Daten sammeln nicht zu verhindern war. Jetzt ist kluge und klassische Kriminalarbeit nötig, um den Tätern auf die Spur zu kommen, ob bei der Generalbundesanwaltschaft oder hier in Berlin. Ein Erfolg an dieser Stelle würde sehr viel mehr subjektive Sicherheit und Vertrauen in die Polizei herstellen als immer neue Forderungen nach immer neuen Instrumenten. Die Bürgerinnen und Bürger und ihre Gäste fühlen sich sicher in Berlin. Wenn es auf den Bahnhöfen der BVG Unsicherheitsgefühle gibt, dann müssen wir nachsteuern, was wir mit dem Maßnahmepaket des Regierenden Bürgermeisters getan haben. – Vielen Dank!
Eigentlich macht es einen ja fast sprachlos, wenn vonseiten der Grünen mehrfach ein starkes Gewaltmonopol gefordert wird.
Sie tun so, als wäre die BVG bisher ein rechtsfreier Raum, und dabei haben Sie die Fakten, die der Innensenator genannt hat, die ich Ihnen vorhin auch genannt habe, nicht zur Kenntnis genommen.
Die Gewalt im öffentlichen Nahverkehr hat nachweislich abgenommen, und sie hat abgenommen, obwohl es keine Doppelstreifen mehr gab, sondern diese Schwerpunkteinsätze! Die haben die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und der Nutzer der BVG erhöht.
Worüber wir sprechen, ist das subjektive Sicherheitsgefühl, das sich auch durch die aktuellen Bilder übermittelt.
Ich sage Ihnen noch einmal: Wir sind die sicherste Hauptstadt Europas, nehmen Sie das mal zur Kenntnis!
Die Folge der Zusammenlegung von Abschnitten ist nicht, wie in Ihrer Logik dargestellt, dass es mehr Stäbe gibt, sondern dadurch gibt es weniger. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kindschaftsrechtsreform, die 1998 den gesetzlichen Schutzbereich auf soziale Vater-Kind-Verhältnisse erweitert hat, war ein wichtiger Schritt zur Anerkennung der Realität von Familien in unserem Land. Dazu hat dann der Deutsche Bundestag 2008 das Vaterschaftsanfechtungsergänzungsgesetz verabschiedet, wodurch der Kreis der Anfechtungsberechtigten um eine anfechtungsberechtigte Behörde erweitert wurde. So weit, so richtig.
Im Übrigen haben Sie unrecht, wenn Sie so tun, als würde in anderen Bundesländern zentral mit dem Thema umgegangen. Ich habe gerade einmal nachgeschaut: 7 von 16 Bundesländern haben überhaupt eine zentrale Bearbeitungsstelle, und davon sind die wenigsten Ausländerbehörden. Sie haben offensichtlich ein Alleinstellungsmerkmal für nicht gerade ausländerfreundliche Maßnahmen.
Ziel ist es übrigens, mit diesem Ergänzungsgesetz sogenannten Missbrauch zu verhindern, sollte es weder biolo
gische noch soziale Bindungen geben, vorausgesetzt, die Mutter unterliegt dem Ausländerrecht. Meine Fraktion hat mit diesem Gesetz, das grundsätzlich eine Personengruppe unter Generalverdacht stellt, auch grundsätzliche Probleme. So haben mit dieser Begründung die damaligen Oppositionsfraktionen im Deutschen Bundestag dieses Gesetz ebenso abgelehnt wie die Mehrheit der vom Rechtsausschuss angehörten Sachverständigen. Eine spezielle Personengruppe wird unter den Generalverdacht des Missbrauchs von Rechten gestellt, während die Tatsachen, die zu einer Anfechtung führen können, nicht eindeutig festgelegt sind.
Im Übrigen, über die Anzahl der Fälle, Herr Juhnke, kann weder die Bundesregierung noch der Senat Auskunft geben, wie die Antworten auf Kleine Anfragen der Linken ergeben haben. Ebenfalls auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Sayan antwortet der Senat zu diesem Thema, dass „das Gesetz unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und mit Augenmaß vollzogen werden muss und nicht jeder vage Verdacht zur Einleitung eines Anfechtungsverfahrens führen darf.“ Deshalb sind mit gutem Grund in Berlin die Bezirke per Rechtsverordnung dafür zuständig. Nur die Nähe zu den Betroffenen kann doch einen rechtfertigenden Anfangsverdacht begründen.
Nach dem Willen der CDU, die wieder ganz viel Missbrauch vermutet, erahnt oder wie auch immer, soll in Zukunft die Ausländerbehörde zentral zuständig sein. Welche Kriterien hat denn die Ausländerbehörde? Kennt sie den Vater? Weiß sie, wie sich das Kind-VaterVerhältnis entwickelt? – Nein, sie verfügt ausschließlich über eine Tatsache, nämlich dass die Mutter mit der Vaterschaftsanerkennung ein eigenes Aufenthaltsrecht begründet. Das soll dann der Anfangsverdacht sein nach Ihrem Willen. Und so soll ein schlechtes Gesetz noch einmal verschärft werden und der Abschreckung dienen.
Natürlich gibt es da, wo Menschen oft vor aussichtslosen Situationen stehen, auch Missbrauch, keine Frage. Aber es lässt sich doch beispielsweise auch vorstellen, dass ein gut betuchter deutscher biologischer Vater dafür sorgt, dass ein Sozialhilfeempfänger, vielleicht gegen Entgelt, die Vaterschaft anerkennt, damit er in Zukunft keine Alimente zahlen muss. Ist das dann weniger verwerflich? Überprüft das dann auch die Ausländerbehörde oder wer? – Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit plädieren wir dafür, Kompetenz bei den Bezirken zu belassen. Im Gegenteil, wir sind davon überzeugt, dass noch vorsichtiger und mit noch mehr Augenmaß ein so tiefer Eingriff in die Privatsphäre zu rechtfertigen ist. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Seibeld! Ich empfehle Ihnen, noch mal im Wortprotokoll der Anhörung nachzulesen. Gerade der Zusammenhang zwischen Strafmündigkeit und Wahlrecht wird dort von Experten eindeutig zurückgewiesen.
Die Linke hat die Absenkung des Wahlalters bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhauses zu jeder Zeit unterstützt. So hat sich unser Jugendverband im überparteilichen Netzwerk „Wahlalter 16“ engagiert und die Fraktion in Verhandlung begeben. Deshalb waren wir froh, als die Mehrheit eines Landesparteitags der SPD sich ebenfalls für diesen Weg entschied. Es blieb allerdings noch immer die Hürde einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit in diesem Hause, um die man überzeugend hätte ringen können, wenn beide Koalitionsfraktionen geschlossen zu dem Vorhaben gestanden hätten.
Wir bedauern, dass eine Minderheit in der SPD diese Entschlossenheit nicht aufbrachte. Damit war trotz der Mehrheit in der SPD-Fraktion für die Absenkung des Wahlalters die ohnehin fragile Zweidrittelmehrheit nicht zu sichern. Durch die Länge der Verhandlungen innerhalb der Koalition war dann schließlich auch ein Zeitpunkt eingetreten, zu dem rein rechtlich die Einführung zur kommenden Legislaturperiode nicht mehr möglich war.
Dem trägt der Antrag der Grünen Rechnung, indem das Datum der Einführung auf 2012 verschoben wird. Das heißt – wenn wir von vorgezogenen Neuwahlen einmal absehen –, dass auch nach dieser Vorlage die erstmalige Absenkung des Wahlalters in der übernächsten Legislaturperiode, also 2016, greifen würde. Allerdings – und darauf ist schon hingewiesen worden – könnten Sechzehnjährige in diesem Zeitraum bereits an Volksentscheiden teilnehmen. Diese Absicht, für 2016 einen neuen
Anlauf zu unternehmen, hat auch die SPD-Fraktion signalisiert und hat Herr Felgentreu heute noch einmal bekräftigt. Ich denke, alle inhaltlichen Argumente sind im Lauf der Zeit hinreichend ausgetauscht. Die Sachverständigen einer Anhörung im Abgeordnetenhaus haben viele gute Gründe für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre vorgetragen.
Die Linke ist durch den Koalitionsvertrag gebunden, wonach die Zustimmung beider Partner zur Durchsetzung eines Anliegens erforderlich ist. Aber – und das ist das wenig Redliche der heutigen weiteren Forcierung des Themas durch die Grünen-Fraktion – auch ohne diesen Tatbestand im Koalitionsvertrag gäbe es logisch keine Zweidrittelmehrheit. Wir bedauern es sehr, dass wir heute zur Enthaltung gezwungen sind. Aber wir dienen auch nicht dem Anliegen, wenn es heute – wie vorhersehbar – scheitern würde. Wir tun uns und der Sache einen besseren Dienst, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode das Vorhaben erneut gemeinsam in Angriff nehmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass die Behandlung dieses Tätigkeitsberichts nicht der richtige Ort und die richtige Zeit ist, um den Landesbeauftragten dafür zu schelten, dass er sich nicht zu den Äußerungen eines Bundespolitikers verhält. Ich glaube, dass das nicht seine Aufgabe ist. Er hat in seinem Bericht seine Aufgaben und seine Arbeit sehr deutlich dargelegt, und ich finde, diese Arbeit ist ausreichend und umfassend.
Uns liegt heute nunmehr der Siebzehnte Tätigkeitsbericht des Berliner Landesbeauftragten vor. Der Beratungsbedarf hat auch in diesem Berichtszeitraum keineswegs abgenommen, sondern durch Gesetzesänderungen, die u. a. dankenswerterweise Fristverlängerungen beinhalten, ist der Bereich Bürgerberatung nach wie vor ein zentrales Anliegen des Stasi-Beauftragten.
Während wir bei der Beratung des letzten Berichts noch Probleme mit Anträgen auf die sogenannte Opferrente bei einigen Jobcentern feststellen mussten, wird im vorliegenden Bericht darauf verwiesen, dass sich immer häufiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Arbeitsämtern und Jobcentern von selbst mit Anfragen an den Landesbeauftragten wenden. Ich meine, das ist eine wichtige Entwicklung, die auch deutlich macht, dass Aufklärung stattgefunden hat.
Auch die vertrauensvollen Arbeitskontakte zwischen der Bürgerberatung und der Berliner Rehabilitierungsbehörde sind hervorzuheben, weil viele Fälle schwer nachzuweisen sind. Herr Otto hat einen dieser Fälle erwähnt. Die Antragsteller sind zum Teil durch DDR-Behördenerfahrung traumatisiert, und eine Mediation durch den Landesbeauftragten bzw. seine Behörde erscheint uns sehr nützlich.
Die meisten Probleme ergeben sich nach wie vor im Zusammenhang mit der Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden. Obwohl immer wieder in Aussicht gestellt, gibt es keine Verbesserung in der Gesetzeslage. Deshalb sind wir froh, dass die Existenz der Beratungsstelle Gegenwind weiterhin gesichert werden konnte. Damit wurde die psychosoziale Beratung vieler Betroffener auf eine hoffentlich dauerhafte Grundlage gestellt.
Andere Bereiche bleiben nach wie vor schwierig wie z. B. die strafrechtliche Rehabilitierung, die sehr widersprüchlich behandelt wird, wie zwei Beispiele im Bericht aufzeigen. Der Anstieg des Antragsaufkommens hat dabei ursächlich mit der Diskussion über die menschenunwürdige Behandlung von Kindern und Jugendlichen in Jugendwerkhöfen und Heimen der DDR-Jugendhilfe zu tun. Damit ist das Thema und sind die persönlichen Schicksale auch Jüngerer in den Fokus geraten. Aber hier ist die Situation noch schwerer nachzuweisen als bei den Inhaftierten, da vielfach Akten fehlen und die Gründe der Einweisung oft nicht zu recherchieren sind. Außer Insassen des berüchtigten geschlossenen Werkhofes Torgau, die grundsätzlich als rehabilitierungswürdig erachtet werden, gelingt anderen dieser Schritt kaum.
Wichtig erscheint uns auch, dass Informationen und Fortbildungsveranstaltungen für die Berater der fünf Landesbeauftragten angeboten wurden, damit von einem einheitlichen Niveau der Arbeit ausgegangen werden kann. Herr Lehmann-Brauns! Ich bin sehr sicher, dass Ulrike Poppe in Brandenburg sehr wohl selbstständig ihre Arbeit ausführt, und ich glaube, sie wird es auch gut machen.
Nützlich erscheint uns auch die Supervision mit den Berliner Beratern, um psychisch belastende Aspekte einer solchen Tätigkeit zu besprechen und nach einer Lösung zu suchen.
Neben der finanziellen Unterstützung vieler Projekte ging es 2010 auch um das Thema „Politische Bildung“, das mit dem größer werdenden Abstand zur Mauer und eigener DDR-Erfahrung noch ein höheres Gewicht erhält.
Im Namen meiner Fraktion bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Gutzeit, und Ihren Mitarbeitern sehr herzlich für die geleistete Arbeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Woche sind die Zahlen der jährlichen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik veröffentlicht worden. Was ist passiert? – Die Kriminalität ist in vielen wichtigen Bereichen wieder ein Stück gesunken.
Was ist noch passiert? – Das wird von der Opposition und einigen Medien nicht zur Kenntnis genommen. Da wird über Dunkelziffern schwadroniert, über Demographie, über gefühlte Sicherheit und natürlich über zu wenig Polizistinnen und Polizisten. Auf die überaus fachliche
und lebensnahe Bemerkung des Innenexperten der CDU, Herrn Juhnke, erst wenn man null Polizisten in Berlin hätte, würde es auch null Kriminalität geben, kann ich nur sagen: Herr Juhnke! Dann würde, wenn es nach Ihrem Willen mehr Polizisten gäbe, im Umkehrschluss die Kriminalität ansteigen. Ist das nicht gefährlich?
Wir wollen jedenfalls heute darüber reden, wie viel gute Arbeit der Polizeipräsident und die Berliner Polizistinnen und Polizisten geleistet haben, und zwar anhand von Fakten. Die Berliner Polizeistatistik ist in den letzten Jahren immer mehr qualifiziert worden, und sie verschweigt auch nichts. Sowohl die Tatsache, dass die Bevölkerung altert und insofern weniger junge Männer in unserer Stadt leben, für die bestimmte Deliktfelder typisch sind, wird genannt, wie auch die Tatsache, dass gerade die Fälle von Kindesmisshandlung angestiegen sind, weil sich das Anzeigeverhalten von Nachbarn, Ärzten und Kindereinrichtungen erhöht hat.
Wir haben es also nicht mit einer nackten Statistik zu tun, sondern die Beamtinnen und Beamten, die sie erstellt haben, haben nach Ursachen und Gründen gefragt. Man sollte sich die Mühe machen, dies auch zu lesen. Brutale Einzelfälle, von denen jeder einer zu viel ist, füllen die Schlagzeilen und machen den Menschen Angst. Sie fördern das subjektive Unsicherheitsgefühl und vermitteln ein falsches Bild über die Lebensqualität in unserer Stadt. Dieser Tendenz will die CDU mit einer Neuauflage der gescheiterten Freiwilligen Polizei-Reserve begegnen, und die Grünen wollen selbsternannte Kiez-Sheriffs losschicken.
Subjektiven Ängsten, die man auch noch selbst fleißig schürt, kann man nicht mit solchen Placebos begegnen.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik klärt auf. Dafür wollen wir sie nutzen, und dafür ist die Aktuelle Stunde der geeignete Platz. Und sie ist auch der geeignete Platz, um den Abscheu der hier sitzenden Fraktionen über den feigen und brutalen Anschlag auf den Polizeiabschnitt Wedekindstraße auf das Schärfste zu verurteilen.
Lassen Sie uns in der Aktuellen Stunde über diese Themen reden – mit Vernunft und Augenmaß! – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Innenausschuss am vergangen Montag war es wie immer: Egal, welche Zahlen in der Kriminalitätsstatistik nachzulesen sind, die Oppositionsfraktionen interessieren diese Zahlen nicht. Sie wissen schon vorher, wie sie den Rückgang der Kriminalitätszahlen zu bewerten haben. Es sei vorgegaukelte Sicherheit, es sei Wahltaktik, und im Übrigen gebe es zu wenig Polizisten, oder sie säßen nur in ihren Schreibstuben. Wenn die Jugendgruppengewalt und die Rohheitsdelikte zurückgegangen sind, dann liege das daran, dass es weniger Jugendliche gibt. Daran stimmt natürlich, dass seit 2002 die Anzahl der jungen Menschen in unserer Stadt um fast 11 Prozent abgenommen hat.
Doch ihr Anteil an den Tatverdächtigen sank um 30 Prozent. War dann letztlich nicht doch etwas anderes für den Rückgang der Kriminalität ursächlich? Polizeipräsident Glietsch sagte bei der Präsentation der Kriminalstatistik, einer der Gründe könnte die gute Arbeit von Polizei und Justiz sein. Diesem Satz wollen wir uns ausdrücklich anschließen.
Polizei und Justiz haben in den letzten Jahren das erfolgreiche Intensivtäterkonzept entwickelt und es mit dem Schwellentäterkonzept weitergeführt. Das Neuköllner Modell – Kollege Zimmermann wies bereits darauf hin –, das vorsieht, Jugendliche zeitnah mit Sanktionen zu konfrontieren, wenn sie straffällig geworden sind, wird berlinweit umgesetzt und hat etwas mit erfolgreicher Polizeiarbeit zu tun.
Der Polizeipräsident machte auch deutlich, dass es zutreffe, dass es weniger Polizisten und Polizistinnen gebe als noch vor Jahren. Das bestreitet ja niemand. Er zeigte aber, dass dies nicht – wie von der Opposition angeführt – der Hauptgrund für den Rückgang der erfassten Straftaten sein könne. Wenn Kontrolldelikte nur 15 Prozent aller Straftaten ausmachen – dazu zählt z. B. Drogenhandel oder Schwarzarbeit –, dann kann man die Tatsache, dass in Berlin seit 2002 die Zahl der registrierten Straftaten um 18,7 Prozent gesunken ist, nicht darauf zurückführen.
Jan Thomsen hat in der „Berliner Zeitung“ die Präsentation der diesjährigen Kriminalitätsstatistik eindrucksvoll als eine Erfolgsbilanz unseres jetzt leider scheidenden Polizeipräsidenten dargestellt. Auch hier sagt meine Fraktion: Dieser Sicht schließen wir uns an.
Ich widerspreche meinem Innensenator nur ungern, aber wenn er sagt, die Zahlen dieser Kriminalitätsstatistik seien unspektakulär, dann verengt er die Sicht auf die Straftatenerfassung zwischen 2009 und 2010. Seit 2002 ist die Gesamtzahl der registrierten Straftaten – ich wiederhole es gern – quer durch alle Deliktbereiche um 18,7 Prozent gesunken.
Auch im Vergleich mit dem Bundestrend, wo zurzeit gerade bei den Rohheitsdelikten die Zahlen ansteigen, steht Berlin gut da. Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass das die Straftaten sind, vor denen die Bürgerinnen und Bürger sich fürchten. Sie fürchten sich davor, Opfer von Gewalt zu werden, und hier muss Sicherheitspolitik ansetzen.
Natürlich ist es auch nicht hinnehmbar, dass die verschiedenen Formen der Eigentumsdelikte um 3 Prozent angestiegen sind. Einbruch ist dabei auch ein Delikt, das Menschen ziemlich tief in ihrem Inneren angreift und verletzt. Da hat die FDP nicht unrecht, dass man sich auch um diese Eigentumsdelikte verstärkt kümmern muss, aber es widerlegt auch eine andere steile These der Opposition, wonach die Menschen aus lauter Resignation Diebstähle gar nicht mehr anzeigen würden. Das machen sie offensichtlich, sonst hätten wir dort keine steigenden Prozentzahlen. Im Übrigen weiß jeder, dass eine Versicherung nicht bezahlt, wenn man nicht zur Polizei geht. Also ist auch das wieder eine haltlose These.
Was mich ziemlich erstaunt hat, war der Schwerpunkt, den die Grünen neuerdings setzen, nämlich die gestiegene Zahl der Sachbeschädigungen. Geht es in erster Linie um Graffiti? Graffiti sei besorgniserregend und trage dazu bei, dass sich die Menschen weniger sicher fühlen.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich gemeinsam mit einer gewissen Renate Künast hier im Hause gegen die Broken-windows-Theorie des New Yorker Polizeipräsidenten Bratton gestritten habe, die bei der CDU damals ungeheuer beliebt war. Die Zeiten ändern sich – bei den Grünen sogar rasant.
Sie werden nie eine Polizeistärke haben, die es nicht erforderlich macht, Prioritäten zu setzen. Ansonsten würden wir in einem Polizeistaat leben. Aber unsere Prioritäten
sind ganz klar da, wo es um Leben und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger geht. Mir ist es wichtiger, den Feuerteufeln von Marzahn und Neukölln das Handwerk zu legen, als Sprayer auf frischer Tat zu ertappen. Das sage ich ganz offen.
Bei der Entwicklung der Eigentumsdelikte spielen auch Faktoren wie Eigensicherung und technische Möglichkeiten eine Rolle. Als vor etlichen Jahren die Zahl der Autodiebstähle plötzlich erheblich abnahm, konnte man feststellen, dass die Industrie gerade ihre Wegfahrsperren verbessert hatte. Jetzt haben Straftäter offensichtlich nachgerüstet. Damit will ich sagen: Kriminalitätsbekämpfung ist nicht nur Aufgabe der Polizei.
Das trifft auch auf andere Bereiche zu. Die Polizei kann nicht Armut oder Verwahrlosung bekämpfen. Das sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, bei denen die Polizei ein Akteur unter vielen ist.
Gerade mit der Präventionsarbeit setzt sie wichtige Akzente für eine transparente und bürgernahe Polizei. Wir leben in einer sicheren Stadt – so sicher, wie eine Großstadt sein kann –, und wir danken dem Polizeipräsidenten und seinen Frauen und Männern, die sich tagtäglich dafür einsetzen. Auch wenn er nicht anwesend ist – ich denke, es wird ihm vielleicht überbracht werden –: Herr Glietsch! Sie haben eine hervorragende Bilanz vorgelegt. – Danke schön, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich teilt meine Fraktion die Position, den Einbau von Rauchmeldern verbindlich zu regeln. Ich glaube, wir waren uns hier alle einig, dass wir es mit einem ernsten Problem zu tun haben. Die Feuerwehr hält dies für eine lebensrettende Maßnahme. Gerade im Zusammenhang mit der jüngsten Serie von Brandanschlägen in Treppenhäusern erscheint es uns sinnvoll, Sicherungsmaßnahmen wie Aufklärung durch Feuerwehr und Medien, den Einsatz der Vermieter gegen Sperrmüll in Hausfluren auch durch ein Feuerwarnsystem zu ergänzen.
Das Problem am heutigen Gesetzentwurf der Grünen ist schon von Frau Haußdörfer eindringlich geschildert worden. Es erscheint im ersten Moment im Zusammenhang mit dieser Brandserie logisch, Rauchmelder in Treppenhäusern zu installieren. Aber meines Wissens ist die Feuerwehr entschieden dagegen, und zwar aus zweierlei Gründen: Zum einen, weil sich dieselben Leute, die Brände legen, in diesen Häusern, wenn sie nicht ernsthaft
Erkrankte, also richtige Pyromanen sind, über diese Feuermelder hermachen und sie mit Spiel, Spaß und Sport demolieren. Dann haben wir ein Riesenproblem: Wer haftet denn noch, wenn solche Dinge vorkommen?
Das Zweite – und diesen Punkt hat Frau Haußdörfer auch bereits genannt: Es besteht die große Sorge, dass mit diesen Feuermeldern im Hausflur genau das passiert, wovor immer gewarnt wird, nämlich dass die Leute zur Tür rennen und sie aufreißen, weil draußen ein Warngeräusch ertönt. Das ist genau das, was man im Fall eines Brandes wegen der Kaminwirkung und wegen des verrauchten Treppenhauses nicht machen soll. Nach wenigen Schritten bricht man mit einer Rauchvergiftung zusammen. Man soll vielmehr die Tür verrammeln, nasse Tücher davorlegen und sich ans offene Fenster begeben. Diese Sorge hat die Feuerwehr bei Rauchmeldern im Treppenhaus, und wir teilen sie.
Sie verweisen auf andere Bundesländer. Aber dabei müssen Sie natürlich auch erwähnen, dass die große Probleme mit ihren Bauordnungen haben. Da gibt es große Prozesslawinen, und da sind sehr viele Fragen, trotz der gesetzlichen Regelung, nicht geklärt.
Wir finden abschließend, dass eine gesetzliche Regelung wichtig ist. Über das Wie müssen wir uns noch sehr ernsthafte Gedanken machen. Ich glaube, eine Anhörung im Bauausschuss ist ein erster, guter Schritt dahin. Es wäre auch eine gute Lösung, mit der Feuerwehr in unserem Ausschuss zu debattieren. – Ich bedanke mich, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Brandanschläge in Hausfluren und Kellern beunruhigen die Menschen in unserer Stadt sehr. Nachdem es auch Todesopfer gegeben hat, kann man nicht einfach sagen, dass das immer mal wieder passiert. Es gibt Pyromanen. Es gibt Menschen, die sich offenbar erst lebendig fühlen, wenn sie andere Menschen in Lebensgefahr bringen. Es gibt Nachahmungstäter. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass sich die Politik mit ihren Sorgen befasst. Deshalb wollen wir darüber reden, wie solche Straftaten verhindert werden können.
Ein wichtiger Punkt der Vorsorge ist es, keine brennbaren Gegenstände in den Hausfluren aufzubewahren. Natürlich – und das weiß jeder, der schon einmal in dieser Situation war – ist es schwer, mit dem Kleinkind auf dem Arm und den Einkäufen in der Hand auch noch den Kinderwagen in den dritten Stock zu tragen.
An diesem Punkt sind auch Vermieter in der Verantwortung. Wo kann man verschließbare Abstellräume einrichten, oder gibt es einen Platz für Boxen, wie sie in einigen
Wohnungsbaugesellschaften schon aufgestellt sind? Aber es ist auch klar, dass Hausflure keine Sperrmüllablagen sind. Das muss Mieterinnen und Mietern im Zweifelsfall sehr deutlich klargemacht werden.
Aktuell ist natürlich auch wieder die Diskussion um Rauchmelder aufgekommen. Die Feuerwehr appelliert seit Jahren sowohl an Mieterinnen und Mieter wie auch an die Vermieter, Wohnungen und Hausflure damit auszustatten. Viel passiert ist nicht. In einigen Bundesländern gibt es gesetzliche Regelungen, die man sich genau ansehen muss. Wir müssen darüber diskutieren, inwieweit wir in der Lage sind, im Falle einer gesetzlichen Regelung – und meine Fraktion plädiert dafür – die Einhaltung dieses Gesetzes zu kontrollieren. Womöglich geht es auch nur über Haftpflichtregelungen. Dabei ist das Problem, dass dann immer schon etwas passiert ist.
Auch die andere Seite, die Repression, ist bei solchen Fällen ein schwieriges Thema, denn es gibt momentan kein klar umgrenztes Gebiet für die Brandanschläge. Quer durch die Bezirke brennen Hausflure. Es ist extra eine Sonderkommission eingesetzt worden. Ihr ist schneller Erfolg zu wünschen, damit der oder die Täter aus dem Verkehr gezogen werden. Auch eine Belohnung ist ausgesetzt worden, denn es geht in einem Fall um dreifachen Mord.
Lassen Sie uns darüber beraten, wie wir die Berliner Bürgerinnen und Bürger noch stärker für dieses Thema sensibilisieren können – notfalls in den dafür zuständigen Ausschüssen! – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lux! Das war ja wie immer haarscharf am Thema vorbei.
Aber Fakt ist: Es gab inzwischen mehrere brutale Übergriffe auf U-Bahnhöfen zu beklagen, einer davon besonders tragisch. Reflexartig kommt nach solchen Vorfällen der Ruf nach mehr Videoüberwachung durch die CDU.
Meine Fraktion hat sich sehr schwer damit getan, einer 24 Stunden Videoüberwachung bei der BVG zuzustimmen. Wir dürfen nicht vergessen, Tausende von friedlichen Nutzerinnen und Nutzer sind auch davon betroffen. Was mithilfe der Videoüberwachung an Kontrolle auch unbescholtener Bürgerinnen und Bürger möglich ist, haben zumindest die Mitglieder des Innenausschusses in London eindringlich besichtigen können.
Wir hatten damals von der BVG ein umfassendes Sicherheitskonzept erwartet und eine Kosten- Nutzenanalyse. Mit Kosten meinen wir nicht nur Geld, sondern auch die Abwägung zwischen dem Nutzen für die Prävention – die Verhütung von Straftaten – und einem dauerhaften Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung. Das ist Thema des Datenschutzes. Aber dazu ist es leider nicht gekommen. Unsere Sorgen haben sich insofern bestätigt, als die Praxis der vergangenen Jahre gezeigt hat, dass sehr wohl die Ergreifung der Täter durch die Videoüberwa
chung erleichtert wird, aber Straftaten nicht verhindert werden. Weder lassen sich offensichtlich potenzielle Täter durch die Möglichkeit, erkannt zu werden, abschrecken, noch kommt den Opfern jemand zu Hilfe. Daran ändert auch die 48-Stunden-Aufbewahrung nichts.
In nur einer Minderheit der Fälle – dazu ist bereits gesprochen worden –, noch dazu von geringer Relevanz, das haben wir uns bestätigen lassen, hat es eine Panne bei der Datenübermittlung durch die BVG gegeben. Das heißt, da waren die Aufzeichnungen nach 24 Stunden wie vorgesehen gelöscht. Bei derart spektakulären Fällen, wie sie in der letzten Zeit geschehen sind, ebenso wie bei schweren Straftaten, scheint mir die Dauer der Speicherung ohne jede Bedeutung.
Meine Damen und Herren von der CDU! Sie machen es sich sehr einfach, wenn Sie nach jeder Tat, die in die Öffentlichkeit gelangt, Ihre Schublade aufmachen und eines Ihrer Spielzeuge herausholen, ob Strafverschärfung, geschlossene Heime oder eben die Ausweitung der Videoüberwachung. Das sind in der Regel völlig ungeeignete Instrumente, um einer tatsächlichen Bedrohung zu begegnen.
Sie nehmen sich nicht einmal die Zeit, darüber nachzudenken, wie man solchen schweren Straftaten in Zukunft etwas entgegensetzen kann. Das zeigt, dass Sie auf dem Gebiet der inneren Sicherheit, wo Ihnen noch so etwas wie Kompetenz zugeschrieben wird, nichts als Placebos zu bieten haben. Natürlich brauchen wir mehr Personal auf den U-Bahnhöfen. Natürlich müssen wir an dem Konzept der schwerpunktmäßigen Polizeieinsätze weiterarbeiten. Meine Fraktion wird auch nicht fordern, nun die Videokameras wieder abzubauen, weil sie Straftaten nicht verhindern. Das wussten wir schon vorher. Doch, das ist mir wichtig, wer behauptet, jeder Straftäter, der gefasst wird, wäre ein Teil der Prävention, weil der dann keine Straftaten mehr begehen könne – oft genug wird so argumentiert –, macht es sich sehr einfach, zu einfach. Strafverfolgung setzt Opfer voraus, Prävention will sie verhindern.
Deshalb müssen wir uns natürlich um die Sicherheit auf U-Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln weiter Gedanken machen und versuchen, gemeinsam mit der BVG gute Lösungen zu finden. Die Verlängerung der Aufhebung der Videoaufzeichnungen von 24 auf 48 Stunden nützt dabei gar nichts. Ich glaube, Sie müssen noch einmal darüber nachdenken, welche Vorstellungen Sie tatsächlich über Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr haben und wie die realistisch umzusetzen sind. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Begründung, warum das auch von uns beantragte Thema aktuell ist, liegt aus zwei Gründen auf der Hand: Zum einen sind es die zwei brutalen Überfälle, die in den letzten Wochen auf Bahnhöfen stattfanden und die Öffentlichkeit in hohem Maße beschäftigt haben. Hinzu kommt, dass bei der Gewalttat auf dem Bahnhof Lichtenberg verschiedene Aspekte zusammenkommen, die diskussionswürdig sind. Da ist zum einen die Schwere und Grundlosigkeit der Gewalttat von Jugendlichen, deren Opfer noch immer im Koma liegt. Es ist aber auch die fehlende Zivilcourage anwesender Zeugen, worüber wir nachdenken müssen. Auch gibt es die Frage nach der Funktion von Videoüberwachung. In diesem Fall hat sie dazu geführt, dass die Täter dingfest gemacht werden konnten. Aber Gefahrenabwehr findet offensichtlich nur in einem sehr abstrakten Sinn statt. Das ist nicht unwichtig für die Evaluierung von Gesetzgebung.
Die GdP hält im Übrigen in einer aktuellen Presseerklärung die Videoüberwachung nur bedingt für sinnvoll. Nach ihrer Meinung verhindert auch nicht die 48
Stunden-Speicherung Gewalt. Es geht darum, zu einer sachlichen Debatte zurückzukehren und von den reflexartigen Rufen nach neuen, alten Patentlösungen – wie bei der CDU zu beobachten – wegzukommen.
Natürlich braucht niemand eine Bürgerwehr. Der freiwillige Polizeidienst, ehemals als Antwort auf die Ostberliner Kampfgruppen als Freiwillige Polizeireserve gegründet und skandalgeschüttelt, ist zu Recht abgeschafft.
Hoheitliche Aufgaben sind ausschließlich gut ausgebildeten Polizistinnen und Polizisten vorbehalten. Die Zivilgesellschaft, das freiwillige Engagement, ist an anderen Stellen gefragt. Wir denken an die Zusammenarbeit mit den Präventionsbeauftragten in den Abschnitten, an Runde Tische zum Thema Sicherheit in den Kiezen und an neue Ansätze der BVG. Wir begrüßen ausdrücklich, dass in Zukunft auch Fahrkartenkontrolleure mit BVG-Uniformen ausgestattet werden und mehr Personal auf den Bahnhöfen das subjektive Sicherheitsgefühl stärken wird. Die Tatsache, dass Gewalttaten im ÖPNV um 3,3 Prozent abgenommen haben, ist nach spektakulären Fällen wie den zwei aktuellen schwer zu vermitteln.
Letztlich ist dies auch der Grund, warum wir uns trotz hoher Aktualität unseres Themas dem Thema der FDP anschließen werden. Wir brauchen fachliche und sachliche Auseinandersetzungen, am besten in den dafür zuständigen Ausschüssen, und fürchten, dass die Aktuelle Stunde ansonsten, wie vom Kollegen Juhnke schon vorgeführt, zu einem Vorwahlkampfgetümmel ausartet, was der Problematik in keiner Weise angemessen ist. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte CDU! Ihre vordringlichste Aufgabe in diesem Parlament ist ganz offensichtlich nicht der Austausch über Inhalte und Sachfragen, nein, Ihre Aufgabe beschränkt sich darauf, andere Fraktionen einem Gesinnungs-TÜV zu unterziehen.
Die Linkspartei sagte Ihnen bereits in der letzten Sitzung, dass dieses Vorgehen weder den Bekanntheitsgrad Ihres Spitzenkandidaten erhöhen wird, noch dass Ihnen dadurch auch nur ein Funke mehr Kompetenz zugeschrieben wird.
Die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt haben andere Sorgen!
Ja, wir bedauern es, dass es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung in Sachen Liebigstraße 14 gekommen ist. Den Runden Tisch im Bezirk haben BVV-Mitglieder der Linken angeregt, was das Engagement des Bürgermeisters Schulz in keiner Weise schmälern soll. Leider war dieser Tisch zu keinem Zeitpunkt wirklich rund, weil die Eigentümer nicht daran Platz genommen haben. Nun steht es jedem frei zu entscheiden, mit wem er spricht, es deutet aber nichts auf einen gewollten Deeskalationskurs hin, wenn man der Einladung des Bezirksbürgermeisters nicht folgt. Auch das sagte ich Ihnen letzte Woche: Eigentum verpflichtet auch! Es ist bedauerlich, wenn kulturelle Vielfalt aus unseren Innenstadtbezirken verschwindet, wenn eine Stadt der schlichten Verwertungslogik unterworfen werden soll, wie es vermutlich der Mitantragsteller FDP vor Augen hat.
Nun zu den Grünen. Wir verdenken niemandem, dass er sich Sorgen macht, wenn die Räumung eines so symbolträchtigen Ortes bevorsteht – das tun wir auch. Wir haben auch nichts gegen Fragen zu diesem Thema, leider war Ihr Auftritt im Innenausschuss schlicht Wahlkampfgetöse, das den Betroffenen nichts nützt. Der Innensenator und die Polizei sind nicht die Ansprechpartner, um diese Maßnahme zu überprüfen, wie eine Ihrer Fragen lautete. Die Maßnahme ist von einem Gericht geprüft worden, es gibt ein Urteil, und dann hat die Polizei Amtshilfe für einen Gerichtsvollzieher zu leisten. Das Legalitätsprinzip kennt nur den Maßstab der Verhältnismäßigkeit, wie es Kollege Zimmermann umfassend ausgeführt hat. Auch
die Frage, wie viele Polizisten, welche und an welcher Stelle eingesetzt werden, verbietet sich für jeden, der sich jemals mit Polizeiarbeit beschäftigt hat.
Dieser unernste Umgang mit einem ernsten Thema macht einen wirklich wütend.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es nicht schadet, wenn Abgeordnete eines Ausschusses auch Flugblätter zu Gesicht bekommen, deren Inhalt jeder für sich bewerten kann. Vielleicht können wir in Zukunft aber zu der gängigen Praxis zurückkehren, wonach man den Ausschussvorsitzenden darüber informiert, wenn man externes Material zur Verfügung stellt – das erspart Ärger und vielleicht auch solche Anträge wie den von CDU und FDP.
Meine Fraktion würde jede juristische oder stadtpolitische Möglichkeit, die Räumung noch zu verhindern, begrüßen und – wenn nötig – auch unterstützen. Selbstverständlich, um auf das angebliche Anliegen der beiden Parteien zurückzukommen, wollen wir keine gewaltsamen Auseinandersetzungen und schließen uns dem Appell zu einer friedlichen Lösung an. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wäre ja schön, wenn die CDU mal mit Inhalten für die Berliner Politik auffallen würde, dann würden sich Bürgerinnen
und Bürger vielleicht auch an den Namen Ihres Spitzenkandidaten erinnern.
Aber der ganz tiefe Griff in die alte Mottenkiste der Drohung mit dem Kommunismus wird es nicht richten. Damit konnten Sie jahrzehntelang in Westberlin auf Stimmenfang gehen, was angesichts von Mauer, Stacheldraht und Systemauseinandersetzung nicht verwunderlich war. Aber nach mehr als 20 Jahren deutsche Einheit steht die Berliner Linke ist in ganz besonderer Weise für ein Zusammenwachsen der Stadt.
Wer soll Ihnen denn glauben, dass wir nach neun Jahren Regierungsbeteiligung morgen hier die bewaffnete Räterepublik ausrufen?
Auch zum Stil hätte ich noch eine Anmerkung: Seit wann ist es üblich, dass Landesparlamente Entschließungen gegen Bundesvorsitzende konkurrierender Parteien verabschieden?
Da wäre uns im Laufe der Jahre sicher auch das eine oder andere eingefallen. Ich muss Ihnen allerdings klar sagen: Wenn mich jemand gefragt hätte, wo geht’s denn bitte hier zum Kommunismus, hätte ich geantwortet: Das weiß ich nicht, und das ist mir egal. Ich will da nicht hin. Ich bin demokratische Sozialistin. Und selbst wenn es da auch viele Wege geben mag, so sind sie alle, wie der Name schon sagt, demokratisch.
Das ist auch der Anspruch der Partei Die Linke, wie es am Montag zum Jahresauftakt Gregor Gysi noch mal deutlich gemacht hat. Aber auch Gesine Lötzsch wollte im Übrigen selbst in ihrem kritisierten Text nicht der Demokratie abschwören.
Es steht ja noch etwas mehr drin als die auch hier zitierten Wege zum Kommunismus.
Denn es ist wohl wahr, dass im Verlauf der Geschichte alle Wege, die zum Kommunismus führen sollten, Millionen Menschen das Leben gekostet haben. Millionen wurden unter Stalin ermordet und versklavt, auch Unzählige, die an den Kommunismus glaubten.
Die Blutopfer unter Mao, der Steinzeitkommunismus der Roten Khmer in Kambodscha, aber auch eine Kominternpolitik, die die KPD am Vorabend der Machtergreifung
durch Hitler in die verheerende Sozialfaschismusthese manövrierte.
Die gewalttätigen Übergriffe auf Mitglieder des Vereins 17. Juni e. V. und auf Vera Lengsfeld werden von uns ohne Wenn und Aber verurteilt.
Es ist perfide, Opfer des Stalinismus anzugreifen, die jedes Recht dieser Welt haben, gegen die Veranstaltung in der Urania zu protestieren. Es ist ein Angriff auf die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, die für uns konstituierend für Demokratie ist.
Ich hätte auch von den Veranstaltern der LuxemburgTagung zumindest eine Distanzierung oder ein Bedauern gerne gehört.
Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden, um hier ein Luxemburg-Zitat wiederzugeben, das in der friedlichen Revolution in der DDR eine große Rolle gespielt hat.
Die Debatte, die momentan geführt wird, hat sich aus meiner Sicht auch längst vom Anlass gelöst. Man hat den Eindruck, es geht vielen darum, das Ende der Geschichte herbeizureden, als wäre der momentane Zustand des Kapitalismus nicht überwindbar, als wäre es verboten, darüber hinauszudenken. Dabei gibt unser Grundgesetz dafür den Raum. Es ist moderner, als die CDU vermuten lässt. Aber die erinnert sich ja auch nicht mehr an ihr Ahlener Programm.
Die Utopie von einer „Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die Entwicklung aller ist“, hieß auch Kommunismus, und Marx konnte nicht wissen, was Menschen für seine verheißungsvolle Zukunft anderen Menschen anzutun bereit waren.
Wie sind heute zu Recht allen Wahrheitsgewissheiten gegenüber skeptisch, weil sich die Gesellschaft so rasant entwickelt wie noch nie, weil wir uns verändern, weil neues und anderes ausprobiert werden muss. Deshalb sind mir die Gewissheiten einer Luxemburg-Tagung ebenso suspekt wie die derer, die immer noch glauben, in einer Frontstadt zu leben. Irgendwie dieselben alten Gegner!
Meine Fraktion ist davon überzeugt, es gibt viel mehr und anderes für die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt zu tun. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Juhnke! Leider haben Sie zu diesem besonderen Anlass, zu der schwierigen Situation nichts anderes sagen können, als wie immer Ihren Forderungskatalog anzuführen, und es
ist deutlich geworden, dass Sie damit weit hinter der Haltung und den Äußerungen Ihres eigenen CDUInnenministers zurückbleiben.
Im Moment ist viel davon die Rede, dass es sich bei der nun erfolgten Terrorwarnung um ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte handelt. Es sind diesmal konkrete Personen und Zeiträume bekannt geworden. Gewiss, es gibt diese neue Qualität, und ich finde es sowohl richtig, dass der Innenminister die Warnung ausgesprochen hat, als auch, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine deutliche Polizeipräsenz den Bürgerinnen und Bürgern signalisieren soll, dass alles für ihre Sicherheit getan wird.
Ebenso richtig ist das Wie der ausgesprochenen Warnung, mit maximaler Unaufgeregtheit und dem Postulat – das unterschiedlich zum Beitrag von Herrn Juhnke –, dass die Situation nicht für sicherheitspolitische Schnellschüsse zu vereinnahmen ist.
Innenminister de Maizière hat sich – obwohl Befürworter – dabei ausdrücklich auch auf die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Vorratsdatenspeicherung berufen. Sie haben wieder das Gegenteil getan. Es täte allen gut, sich daran zu halten, was der Innenminister rät, zumal wir von all den Antiterrorpaketen, die seit dem 11. September hastig geschnürt wurden, nicht wissen, was für den Ernstfall taugt, und wir hoffen natürlich sehr, dass wir es nicht zu erfahren brauchen.
Aber zurück zum ersten Satz. Die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik befinden sich nur scheinbar in einer neuen Situation. Es gab bereits zahlreiche Terroranschläge in der Vergangenheit, wenn auch nicht durch islamistische Terroristen wie in London oder Madrid. Wir hatten Attentate durch ausländische Geheimdienste in der Diskothek „La Belle“ und im Restaurant „Mykonos“, aber entscheidend ist: Es gab die Siebzigerjahre und die RAF. Das ist aus dem Grund zu erwähnen, weil ich glaube, dass Geschichte, insbesondere diese, uns auch Erkenntnisse bringen soll und uns zum Lernen anhalten muss. Die RAF-Terroristen und die Reaktion des Staates zur damaligen Zeit haben das Land mehr verändert, als mancher wahrhaben will. Nicht umsonst spricht man von einer „bleiernen Zeit“. Ich denke, das sollte uns nicht wieder passieren.
Wenn sowohl der Innenminister als auch Senator Körting vor Hysterie warnen, sollte dies ernsthaft zur Kenntnis genommen werden. Statt zu verdächtigen oder klammheimliche Sympathisanten zu wittern, sollten wir gerade jetzt verstärkt auf die in unserem Land lebenden Muslime zugehen und ihnen deutlich machen, dass sie willkommen und Teil dieser Gesellschaft sind und dass Terror keinen Teil irgendeiner Religion darstellt.
Statt Kritikern von verschärften Sicherheitsgesetzen zu unterstellen, sie setzten die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel, sollte man die Argumente ernsthaft prüfen, denn es gibt auch Scheinsicherheit. Es gibt genug Belege dafür, dass derjenige, der alles über alle wissen will, zum Schluss das Entscheidende nicht weiß.
Auch der öffentliche Raum darf nicht zu einer dauerhaften Sicherheitszone werden, weil es richtig ist, dass Menschen, die nicht mehr ihren normalen Gewohnheiten nachgehen können, schon die ersten Opfer des Terrorismus geworden sind. Dem Terrorismus geht es ja gerade darum, Freiheit zu verhindern. Ich finde es besonders wichtig, den Polizistinnen und Polizisten, die ihren verantwortungsvollen Dienst in dieser Situation tun, den Rücken zu stärken, ihnen zu sagen: Ihr könnt das! Ihr seid hervorragend ausgebildet. Der Schutz der Bevölkerung ist bei euch in guten Händen. – Mir fehlt jedes Verständnis für Gewerkschaftsvertreter, die sich jetzt zu Wort melden, um mitzuteilen, dass die Polizei dies gerade nicht könne, weil sie entweder zu wenige oder zu schlecht vorbereitet seien.
Leider hat Herr Juhnke in dasselbe Horn gestoßen.
Natürlich gibt es keine absolute Sicherheit, aber es ist auch jedem klar, dass es sie auch nicht gäbe, wenn hunderttausend Polizisten mehr die Straßen bevölkern würden, und setzten wir die Bundeswehr im Inneren ein, wie auch schon wieder von einigen gefordert, wäre auch das ein Sieg für den Terrorismus. Denn was wäre dann unser Grundgesetz und der tiefe Gedanke, der dahinter steht, noch wert? Militärische Logik ist das Letzte, was man in der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus braucht.
Das hat schon der Irakkrieg bewiesen, und das sollte auch den Befürwortern des Afghanistankrieges langsam dämmern. Unsere Welt ist damit kein Stück sicherer geworden. Trotzdem – damit wir uns nicht missverstehen – dürfen wir Länder wie Afghanistan, Pakistan oder den Jemen nicht mit ihren Problemen allein lassen, denn Ursachen für Terrorismus liegen auch in einer ungleichen Verteilung der Reichtümer dieser Welt, in Hunger, Elend und Ausweglosigkeit.
Demokratie und Menschenrechte kann man nicht herbei bomben, aber wir haben die Verpflichtung, sie zu verteidigen, in gefährlichen und schwierigen Situationen wie jetzt ganz besonders, mit Mut, Vertrauen und der festen Überzeugung, dass eine freie Gesellschaft auf keinem Altar, auch nicht dem einer vermeintlichen absoluten Sicherheit geopfert werden darf. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der letzte Redebeitrag war ja wieder der ganz große Wurf. Ich halte mich an das, was Kollege Trapp gesagt hat.
Bei uns war es so, dass wir froh waren, dass es überhaupt zu den Außeneinstellungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Parkraumüberwachung gekommen ist, nachdem wir ewig dafür gekämpft und niemanden im Stellenpool gefunden hatten. Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind davon ausgegangen, dass es sich um unbefristete Stellen handelt.
Erst durch die Rückmeldungen der Bezirke ist deutlich geworden, dass diese Stellen auf zwei Jahre befristet sind, mit den Folgen, die Sie in Ihrem Antrag schildern. Insofern kann ich mich kurz fassen.
Es ist nun leider, wenn man in der Verantwortung steht, nicht ganz so einfach, lediglich einen Antrag zu schreiben
oder dafür oder dagegen zu stimmen. Es wird relativ viel verhandelt. Ich darf versichern, dass es zu einer Entfristung kommen wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was für ein wirres Theater, das Herr Lux von den Grünen hier aufführt!
Was haben wir denn bitte schön vor? – Wir haben vor, dass weiterhin, so wie es jetzt schon auf freiwilliger Basis gang und gäbe ist, die Beamtinnen und Beamten im täglichen Einsatzdienst ihren Namen an der Uniform tragen, dann aber für alle verbindlich. Wir haben weiterhin vor, dass in geschlossenen Einsätzen in Zukunft auch eine individuelle Kennzeichnung stattfindet, dies aber in Absprache mit dem jeweiligen Zugführer und dies dann
voraussichtlich – so wie die überwiegende Meinung wohl ist – mit einer individuell zugeordneten Nummer. Ich weiß gar nicht, worüber Sie hier reden. Das ist genau das, was wir jetzt vorhaben.
Es kann doch nicht von Scheitern die Rede sein, wenn ein großer Teil der Polizistinnen und Polizisten inzwischen freiwillig diese Nummern bzw. die Namensschilder in ihrem täglichen Dienst trägt. Dazu haben natürlich der Innensenator, der Polizeipräsident und unzählige Gespräche mit Beamtinnen und Beamten beigetragen.
Zum Antrag der CDU „Keine Kennzeichnungspflicht für Polizisten“ ist im Grunde auch alles gesagt. Das Thema der individuellen Kennzeichnung wird seit Jahren in diesem Haus diskutiert, sowohl auf der Basis von Anträgen der Linken als auch der Grünen. Deshalb ist Ihr Argument, meine Damen und Herren von der CDU, dass nur durch Ihren Antrag eine parlamentarische Befassung möglich geworden ist, schlicht hinfällig.
Sie versuchen noch einmal mit den immer selben Argumenten, in letzter Minute eine seit Jahren überfällige Regelung zugunsten einer modernen und bürgernahen Großstadtpolizei zu verhindern. Da Sie um die Kräfteverhältnisse in diesem Haus wissen, ist dieser Versuch nicht einmal redlich zu nennen,
obwohl ich nach dem Beitrag des Kollegen Lux nicht mehr ganz folgen konnte, ob es tatsächlich vier Fraktionen sind, die Ihren Antrag zurückweisen werden.
Wir haben im Übrigen auch schon eine individuelle Kennzeichnung, und zwar beim SEK, bei dem wir neulich zu Besuch waren und dem wir beim Einsatztraining zusehen konnten. Es gibt inzwischen von dort das Ergebnis, dass die individuelle Kennzeichnung in ihren Reihen keineswegs zu mehr Strafanzeigen oder Bedrohungen geführt hat, und wir wissen, dass das SEK schon seit einiger Zeit „zwangsgekennzeichnet“ ist – wie Sie das nennen.
Das ist es nicht ohne Grund, wie Sie sich erinnern: Von fast 100 Strafanzeigen nach dem berüchtigten „Jeton“Einsatz konnte nicht eine dieser Anzeigen zu einem Ergebnis gebracht werden, weil keine Straftat individuell zuzuordnen war. Erschwerend kommt in diesem speziellen Fall die – von mir durchaus gerechtfertigt zu nennende – Vermummung der Beamten hinzu. Bei über 70 zum Teil schwerverletzten Menschen bei diesem Einsatz hat der Polizeipräsident eine unbedingt notwendige Konsequenz gezogen.
Nun sind die geschlossenen Einheiten bei Großlagen wie Demonstrationen auch nur schwer individuell erkennbar, auch wenn sie nicht vermummt sind. Das liegt an der Art
ihrer Ausrüstung, die ebenfalls, leider häufig zum eigenen Schutz, notwendig ist. Es wird auch nicht bestritten, dass es gezielte Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten gibt. Es ist leider auch so, dass ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung über Internetseiten angegriffen wird oder Bedrohung des privaten Umfelds stattfindet. Nur das wird es jetzt, wo es die individuelle Kennzeichnung noch gar nicht gibt. Es ist doch ein absurdes Argument, dass es keine individuelle Kennzeichnung geben soll, weil beispielsweise ein leitender Polizeidirektor durch Neonazis bedroht wird. Wollen wir jetzt anonyme Polizeidirektoren und Polizeipräsidenten? Solchen Quatsch gibt es nicht einmal mehr beim Geheimdienst Ihrer Majestät!
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir versprechen uns auch, dass durch die individuelle Kennzeichnung der Mensch hinter der Uniform in seinem verantwortlichen Handeln für sein Gegenüber sichtbar wird. Vielleicht trägt dies auch dazu bei, Gewalt gegenüber Polizisten zu minimieren, weil sie dann nicht nur als Teil eines Apparates wahrgenommen werden.
Zu den Anträgen von der FDP auch zum Schluss: Herr Jotzo! Ich hätte mich gern intensiver mit ihnen beschäftigt, aber Fakt ist ganz einfach, dass all diese Anträge nichts nutzen werden. Sie sind alle eingebracht als Angebot, diesen Regelungen zuzustimmen. Sie sind abgelehnt worden unter anderem vom Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Deshalb nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich meine, dass die Entscheidung zur individuellen Kennzeichnung mit der Wahl zwischen Namen und Nummern jetzt einfach kommen muss und auch kommen wird. – Vielen Dank!
Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes im Hinblick auf einen besseren Schutz der Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Berlin und Deutschland?
2. Wie beabsichtigt der Senat sich dazu im Bundesrat zu verhalten, und findet diesbezüglich bereits eine Koordination mit anderen Bundesländern statt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist es richtig, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Unfallhäufigkeit und die Schwere der Unfälle minimiert werden können. Aber sehr geehrte Grüne! Sie bauen in Ihrem Antrag einen Popanz auf. Das hat auch die umfangreiche Besprechung im letzten Innenausschuss zu diesem Thema ergeben. Sie scheinen auch nicht erkannt zu haben, was Ihnen Frau Hertel mit auf den Weg gegeben hat: Es ist allen Menschen in Berlin bekannt, dass im Britzer Tunnel seit geraumer Zeit ein Blitzer angebracht ist, so ein Schwarzlichtteil.
Dass trotzdem über 6 000 Menschen oder Kraftfahrzeuge die Geschwindigkeit überschreiten, spricht doch immens gegen Ihre These, dass jeder Blitzer Unfälle verhindert.
Sowohl vonseiten der Polizei wie auch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung liegen aktuelle Verkehrssicherheitsprogramme wie auch Berichte vor – wir haben uns damit befasst.
Im Verkehrssicherheitsprogramm sind Ihre Forderungen bereits enthalten und werden umgesetzt. Unter anderem sieht das Aktionsprogramm 2010 auch die erweiterte Umsetzung der räumlich und instrumentell differenzierten Geschwindigkeitsüberwachungen vor. Unfallschwerpunkte werden regelmäßig wissenschaftlich durch die Unfallkommission, die im Übrigen über einen eigenen Haushaltstitel verfügt, untersucht. Sinnvolle Maßnahmen, u. a.
auch Blitzer, werden umgesetzt. Sie haben die Zahlen ja selbst genannt – ich finde sie nicht zu gering, die 22 stationären Blitzer, 62 Lesehandmessgeräte, 21 Videoblitzerfahrzeuge und 5 stationären Überwachungspunkte wie beispielsweise der eben genannte Britzer Tunnel. Schon mit der Überschrift „Mehr Sicherheit durch den gezielten Einsatz von Blitzern an Unfallschwerpunkten“ unterstellen Sie, dass die Verwaltungen den ganzen Planungsaufwand betreiben, um dann willkürlich und völlig ungezielt Blitzer in die Stadt zu stellen.
Wenn Sie nicht nur Behauptungen in die Welt setzen würden, dann wüssten Sie auch, dass durch vielfältige Maßnahmen gerade bei Autofahrern die Zahl der Verletzten und Getöteten von 2004 bis 2009 um 13 Prozent abgenommen hat. Bedauerlicherweise hat sie bei Radfahrern und motorisierten Zweiradfahrern zugenommen. Auch dazu liegen Untersuchungen vor, und dafür braucht es natürlich andere Maßnahmen als Ihre Blitzer. Die gibt es auch, schauen Sie in das Konzept,
die werden auch umgesetzt. Das ist Ihre Arbeitsweise: Sie tun so, als würde der Senat nichts tun, ohne sich um die Fakten zu kümmern.
Sie wissen, dass Ihr Schaufensterantrag keine praktische Bedeutung hat, da stimme ich Herrn Juhnke ausdrücklich zu.
Dafür spicken Sie Ihre Antragsbegründung mit Unterstellungen, die ebenfalls völlig aus der Luft gegriffen sind. Mit keinem Wort hat die Regierung Kostengründe für die Ablehnung Ihres Antrags ins Feld geführt, Sie aber machen Rechnungen auf, um Argumente, die es gar nicht gegeben hat, zu widerlegen. Dann schreiben Sie, die Regierung wolle sich bei Autofahrern nicht unbeliebt machen –
das ist einfach frech, weil es die Maßnahmen, die Sie fordern, durch Rot-Rot schon gibt.
Meine Damen und Herren von den Grünen! Mit seriöser Politik hat dieser Antrag nichts zu tun – aber smarte und bunte Oberflächen sind zur Zeit ja sehr beliebt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer etwas schwierig, schon wieder Zuweisungen zu machen – wie oft haben sich extreme Linke als sogenannte erlebnishungrige Jugendliche am 1. Mai entpuppt. Es macht die Taten nicht kleiner, es macht sie genauso verabscheuungswürdig, und ich bin froh, dass es eine gemeinsame Erklärung von fünf Fraktionen dieses Hauses gegen den brutalen Übergriff gegen die Polizisten gegeben hat. Ich bin froh, dass es jetzt fünf Fraktionen sind – beim letzten Mal hat sich die FDP ja leider nicht dazu durchringen können, diesen Aufruf zu unterschreiben.
Herr Jotzo! Sie beglücken uns schon seit Wochen mit Ihren gesammelten Werken – gefühlt für mich hundert Mal. Erst hatten Sie einen Gesamtantrag unter dem Titel „Für ein tolerantes Berlin – gegen politischen Extremismus“, der abgelehnt wurde. Dann haben Sie ihn genommen und in mehrere Extraanträge aufgeteilt, die leider nicht qualifizierter als der erste sind. Wir haben hier ein ernstes Thema, das gestehe ich Ihnen zu, und Sie nehmen es und sich selbst nicht ernst.
Heute haben wir unter Nr. 2 „Präsente und bürgernahe Großstadtpolizei schaffen“. Bereits im Ausschuss habe ich Sie auf meine Kleine Anfrage zur Prävention verwiesen – sprechen Sie mit dem Präventionsbeauftragten, schauen Sie sich die Schwerpunkteinsätze gerade durch die Dienstgruppen des Berliner Modells an, dann wird sich herausstellen, dass es Ihres Antrags nicht bedarf, schon gar nicht mit einer Begründung, die von problematischen Bevölkerungsschichten faselt.
Unter Nr. 3 „Imagekampagne für die Polizei starten“ geht es noch wirrer zu. Mit dieser Kampagne wollen Sie, ich zitiere,
einen besonderen Schwerpunkt auf die Teile der Bevölkerung und Gebiete legen, in denen die Staatsentfremdung am stärksten ausgeprägt ist.
Mit Verlaub, wo ist die Staatsentfremdung stärker ausgeprägt als bei der FDP?
Sie wollen das Ansehen der Polizei wiederherstellen. Wo und wann hat sie das denn verloren? Und bei wem wollen Sie es wiederherstellen? – Fragen über Fragen! Wenn es nichts zu sagen gibt von Ihrer Seite, was irgendwie hilfreich bei dem Thema ist, dann lassen Sie es doch. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Glück, dass Sie die Thierse-Debatte als Ersatzdebatte nach diesem 1. Mai bekommen haben, denn ansonsten hätten Sie ja nicht viel beizutragen.
Ich will hier gleich noch einmal sagen: Der 1. Mai in Berlin war ein erfreuliches Ereignis – bei allem, was leider wieder an Gewalt zu beklagen ist. Im Mittelpunkt standen ganz deutlich die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Sie haben in der DGB-Demo für den Mindestlohn demonstriert; sie haben den Neonazis verwehrt, durch den Prenzlauer Berg zu marschieren; sie haben ein fröhliches und lautes Myfest in Kreuzberg gefeiert, und auch radikale Parolen und Transparente führten nicht zu Ausschreitungen aus der 18-Uhr-Demo heraus.
Wir haben eine besonnene, kluge und lernende Polizei erlebt. Das ist nicht selbstverständlich. Denn was wurde im Vorfeld an Bürgerkriegsszenarien beschworen, Tote könnte es geben, Linke gegen Rechte würde unweigerlich zu Gewaltorgien führen, das über viele Jahre entwickelte Deeskalationskonzept der ausgestreckten Hand sei endgültig gescheitert und Wasserwerfer müssten endlich wieder zum Einsatz kommen. Hut ab vor der Besonnenheit von Polizistinnen und Polizisten! Hut ab vor einer Polizeiführung und einem Innensenator, die sich auch durch noch so wütende Kommentare beispielweise aus der Bundes-CDU nicht von ihrem Konzept abbringen ließen.
Nein! Wir haben in diesem Jahr kein plötzlich neues Konzept erlebt. Es ist einfach nach den Erfahrungen des letzten Jahres weiterentwickelt worden, wie auch in den Jahren zuvor Dinge verändert wurden. Das meine ich mit lernender Polizei. Was haben wir am 1. Mai Jahr für Jahr unter CDU-Innensenatoren erlebt! Neue Konzepte mussten her, die dann auch nicht funktionierten. Nie wurde kontinuierlich an der Chance gearbeitet, Gewalt wenigstens zu minimieren. Deeskalation galt als Unwort.
Das gerade Gesagte gilt im Übrigen auch für die Walpurgisnacht. Wer sich noch erinnert, wie vor Jahren unweigerlich bei Eintritt der Dunkelheit überall Feuer im Mau
erpark brannten, Flaschen und Steine prasselten, Tausende Schaulustige der Feuerwehr und Sanitätern den Weg versperrten, muss doch begreifen, was sich Schritt für Schritt verändert hat. Natürlich ist niemand vor Rückschlägen gefeit, wie im letzten Jahr, wo auch äußere Umstände hinzukamen wie das späte Anreisen der Unterstützungskräfte. Aber ich bin froh, dass das Herbeireden von Gewalt in diesem Jahr nicht gegriffen hat.
Besonders am Herzen liegt mir die Tatsache, dass Neonazis am 1. Mai in Berlin in mehr als vier Stunden nicht weiter als 800 Meter gekommen sind, weil sich ihnen Zehntausende Menschen friedlich in den Weg gestellt haben.
Und die Diskussion, ob sich Herr Thierse auf die Straße setzen durfte oder nicht, interessiert mich dabei nur zweitrangig.