Protocol of the Session on November 2, 2017

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Dann bringt man den Schafen einfach bei, wie sie sich bei einem Wolf zu verhalten haben!)

Wenn wir die rechtliche Situation haben, dass der Wolf streng geschützt ist und gleichzeitig auch in unserem Freistaat viele Menschen die Rückkehr des Wolfs begrüßen und sagen: Ja, das ist eine Art, die wir auch haben wollen – dann, denke ich, müssen wir auch großzügig damit umgehen, wenn Schäden auftreten. Also einerseits ist Aufklärung wichtig und andererseits ist ein großzügiger Umgang mit den Verlusten der Schäfer notwendig.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Wie ist das bei den Kindern?)

Da finde ich es zum Beispiel schon gut, dass die Rissgutachten immer vom Land bezahlt werden – egal, was hinterher rauskommt, ob es ein Wolf war oder ein streunender, ein wildernder Hund. Es ist aber auch wichtig – und da muss das Ganze erst

(Abg. Primas)

noch gut in Gang kommen –, dass Bürokratie abgebaut wird, gerade wenn Risse und Schäden vorgekommen sind: also dass der Gutachter kommt und überhaupt nicht nachschaut, was sind denn da für Schafe gerissen worden und auch nicht aufschreibt und feststellt, wie die Ohrmarkennummern waren; das könnte wirklich verbessert werden, um einen schnellen Fluss der Antragstellung zu gewährleisten.

Es ist auch wichtig, dass Folgekosten wie Verlammungen entschädigt werden, weil zum Beispiel trächtige Schafe von den Wölfen gehetzt wurden.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Der Wolf ist ein Tier, Frau Kollegin, das ist das Problem!)

Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist, wenn der Rissgutachter kommt, wenn der sich die Sachlage anschaut und dann feststellt, was da passiert ist. Ich finde es auch wichtig – und da müssen wir natürlich an die europäische Ebene heran –, dass die De-minimis-Regelung da nicht gilt, denn solche Hürden schaffen keine Akzeptanz bei den Landwirten und bei den Schäfern. Wenn Entschädigungsregelungen bei der EU notifiziert werden müssen, wie ich es auch mal gehört habe, dann muss ich sagen: Warum machen wir das jetzt erst? Dann haben wir uns mit dem Thema eigentlich zu lange Zeit gelassen. Das dauert nämlich, bis das dann durch die Gremien in der EU ist.

Ich finde es ganz wichtig, dass Zusagen eingehalten werden, dass Entschädigungen großzügig gegeben werden, dass Aufklärung, und zwar eine realistische Aufklärung passiert, auch in Schulen, auch in Kindergärten, auch in der Öffentlichkeit. Diese Maßnahmen sind unheimlich wichtig, um überhaupt Akzeptanz zu schaffen. Die Frage, ob es wirklich so einfach ist, die Wölfin zu erschießen, wenn dies die einzige Wölfin im Freistaat ist, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ich denke, da ist es nicht so einfach zu sagen, das lässt die EU, die FFH-Richtlinie zu, weil die FFH-Richtlinie sagt auch, dass eine Entnahme – also das Erlegen von Tieren – nicht dazu führen darf, dass der Bestand gefährdet wird. Wenn wir aber nur einen Wolf in Thüringen haben, dann wäre der Bestand sozusagen ausgerottet.

Deswegen finde ich, diese Fragen müssen wir noch mal genauer diskutieren. Deswegen sind wir auch dafür, den Antrag vor allem an den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen. An den Umweltausschuss wird es auch überwiesen, um diese FFHRichtlinie genau unter die Lupe zu nehmen, ob man da auf Bundesebene aktiv werden muss. Ich denke, dann führt es auch zu einer Versachlichung der ganzen Debatte. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Kobelt hat das Wort. Sie haben noch 1 Minute 50 Sekunden.

Herr Primas, ich wende mich noch mal an Sie. Eigentlich wollte ich jetzt die Passagen vorlesen, wo Sie sich eindeutig für die Schutzjagd ausgesprochen haben, zur Populationsregulierung. Aber Sie haben ja ziemlich deutlich gesagt, dass Sie die Position vertreten, dass – kurz gesagt – die einzige Wölfin in Thüringen möglichst schnell abgeschossen werden sollte.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das habe ich nicht gesagt!)

Jetzt können Sie natürlich sagen: Die Grünen, die spinnen,

(Zwischenrufe aus der Fraktion der CDU: Ja!)

die sind in der Minderheit,

(Beifall CDU)

die wollen einen Sonderweg gehen gegenüber der Meinung der CDU, was etabliert ist. Aber dann schauen wir uns doch mal an, wie Ihr Vorschlag etabliert ist. Meinen Sie nicht auch, dass es Gründe hat, dass die allmächtige CDU in all den Jahren der Bundesregierungsbeteiligung in den letzten Jahren nicht einmal die Idee hatte, das Naturschutzgesetz zu ändern, dass das möglich wird, was Sie hier fordern: systematische Schutzjagden, Abschuss von Wölfen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Waren da die Grünen auch da? Gab es dafür eine Be- strafung?)

Nicht einmal wurde von der CDU – sage ich jetzt mal –, den vielleicht sehr sachlich agierenden Mitgliedern des Bundestags eine Initiative gestartet, solche Instrumente zu etablieren. Rufen Sie doch mal bei Ihren CDU-geführten Agrarministerien der Bundesländer an, kommen Sie vor und sagen, ich habe mit dem Kollegen Soundso telefoniert und der hat mir empfohlen: Machen Sie die Schutzjagd, ändern Sie den Schutzstatus des Wolfs.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Der frühere Minister aus Niedersachsen …!)

Niemand macht solche Forderungen.

Herr Abgeordneter Kobelt, Ihre Redezeit ist um.

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

Sie gehen einen Thüringer Sonderweg gegen alle Vernunft, allen Naturschutz. Das machen Ihre Kollegen nicht mit und wir machen es auch nicht mit und das ist auch gut so.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Höcke.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Der Wolf im Schafspelz!)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, ich fordere jetzt mal im Namen meiner Fraktion einen Wolfsbeauftragten für jeden Thüringer Kindergarten und jede Thüringer Schule. Ist das richtig?

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, ich habe es vorhin vom Platz aus als Zwischenruf platziert, aber ich will das von vorn noch mal sagen: So eine Diskussion würde in keinem anderen Land der Welt geführt werden außer in Deutschland.

(Beifall AfD)

Liebe Kollegen, hier ist wirklich jeder Maßstab verrückt.

(Unruhe DIE LINKE)

Hier ist wirklich der Maßstab, was wichtig und was unwichtig ist, womit wir uns beschäftigen sollen, damit wir die Zustimmung der Bürger draußen im Land nicht verlieren, was unser Tun als Politiker angeht, aus dem Ruder gelaufen. Das muss ich mal deutlich hier vorn betonen. Ich versuche jetzt einfach mal, ganz kurz noch auf demselben Niveau Ausführungen zu machen.

Frau Becker und Frau Scheringer-Wright, Ihre Reden waren relativ gleichgestimmt und Sie haben beide sehr große Empathie für den Wolf gezeigt. Aber vermisst habe ich, Frau Scheringer-Wright und Frau Becker, die Empathie für das Mutterschaf und für das Lamm des Mutterschafs. Ja, das ist nicht von der Hand zu weisen.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wolfsangriffe können tatsächlich zu Massenpsychosen bei Schafsherden führen. Ja, das ist so.

(Beifall AfD)

Das ist so. Und es ist nicht nur der Verlust eines Schafs oder eines Lamms durch das Reißen des

Wolfes, der dann ausgeglichen werden muss, sondern es muss auch entsprechend die nicht mehr vorhandene Fruchtbarkeit der Mutterschafe ausgeglichen werden, Frau Scheringer-Wright. Das können Sie tatsächlich nicht quantifizieren. Wie wollen Sie denn feststellen, ob ein Mutterschaf, weil es eine psychotische Störung durch einen Wolfsangriff hat, in zwei oder drei Jahren keine weiteren Lämmer auf die Welt bringen kann? Das ist tatsächlich nicht quantifizierbar.

(Beifall AfD)

Das ist ein großes Problem mit einem immensen ökonomischen Schaden.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, die ökonomischen Schäden bzw. das, was wir als Staat für das Wolfsproblem aufbringen müssen, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht quantifizieren. Aber ich glaube: Wolfsmonitoring, Gutachtenerstellung, Schadensersatz für Schäfer usw. – das sind ganz schnell Millionenbeträge, die hier zusammenkommen und wir als Politiker haben sehr sorgsam mit den Steuermitteln der Bürger umzugehen.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, der Wolf ist ein Wildtier, Thüringen ist eine Kulturlandschaft.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was hier passiert, ist eine nicht artgerechte Ansiedlung. Sie tun dem Wolf damit keinen Gefallen. Im Gegenteil, Sie zwingen ihn zu einer Lebensweise, die seiner Natur nicht angemessen und nicht genehm ist. Das ist Tierquälerei – Punkt.