Auch in den Ortsteilen, die außerhalb des zentralen Bereichs liegen, sollen die Abwasserzweckverbände die Hoheit über die Kleinkläranlagen erhalten. Das umfasst dann auch kleine Gruppenanlagen, welche nach Möglichkeit umgesetzt werden sollten, und auch Einzelanlagen, natürlich nur, wenn es die Grundstückseigentümer wünschen. Die Zeiten, in denen die Landesregierung ihre Bürger mit diesem Problem alleingelassen hat, müssen endlich für immer vorbei sein, meine Damen und Herren.
Natürlich werden wir immer die steigenden Kosten für dieses Konzept kritisieren oder, besser gesagt, Sie, aber auch da kann man nur sagen, dass es Geld kostet. Das Aufkommen aus der Abwasserabgabe soll zukünftig auch vermehrt für die Kleinkläranlagen eingesetzt werden. Derzeit setzt der Freistaat völlig falsche Schwerpunkte bei der Verwendung der Mittel. Zukünftig muss dieses Geld dem ländlichen Raum zugutekommen, was ja eine sehr große Forderung der AfD-Fraktion ist. Die Gelder dürfen nicht wie 2013 und 2014 der allgemeinen Rücklage zugeführt oder für Prestigeobjekte der EU eingesetzt werden. Dann würden auch Gelder in Millionenhöhe zur Unterstützung der Bürger im ländlichen Raum zur Verfügung stehen.
Was den Antrag der Regierungskoalition angeht, so ist alles gesagt, meine Damen und Herren. Wir brauchen jetzt keinen Hilferuf, wir brauchen ein starkes Signal nach draußen. Wir brauchen hier entsprechende Entscheidungen in Form von Taten. Dies bietet nur unser Alternativantrag von der AfDHeimatpartei, für die ich hier noch einmal ausdrücklich werben möchte. Stimmen Sie unserem Antrag zu, das ist die einzig machbare Lösung. Wir helfen den Bürgern damit. Doch nun ist alles an Ihnen, den Regierungsfraktionen von Rot-Rot-Grün, das Versprechen einzulösen, alles zum Wohle der Bürger, zum Wohle dieses Freistaats zu tun. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich persönlich finde es gut, dass wir so intensiv sowohl in der Landesregierung über dieses Thema sprechen, als auch in mehreren
Sitzungen hier im Parlament, denn es geht um ein wertvolles Gut, über das wir heute reden, ein wertvolles Gut, für das in anderen Regionen Kriege geführt werden, Auseinandersetzungen geführt werden. Ich glaube, wir können uns glücklich schätzen, dass wir in Deutschland oder in Thüringen schon eine ganz gute Wasserqualität haben, aber noch nicht so gut, dass sie auch eine Artenvielfalt in unseren Flüssen vollständig ermöglicht, dass wir eine Wasserqualität haben, wo es keine großen Einträge aus der intensiven Landwirtschaft oder aus den Abwässern mehr gibt.
Dieses gilt es zu verbessern, und ich finde es gut und richtig, dass wir heute auch darüber diskutieren. Erlauben Sie mir, auch auf das zusammenhängende Wassergesetz, das jetzt ins Kabinett eingebracht wurde, kurz einzugehen – auf die Eckpunkte, die wir als Bündnis 90/Die Grünen für wichtig erachten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gute Abwasserbeseitigung ist die Grundlage für saubere Gewässer, reines Grundwasser und gesundes Trinkwasser. Deswegen ist eindeutig zu sehen, dass wir hier in Thüringen ein relativ großes Problem haben. Wir haben erst den Anschlussgrad von 79 Prozent, mit dem die Bürgerinnen und Bürger an ein zentrales oder dezentrales Abwassersystem angeschlossen sind. Der Durchschnitt in der Bundesrepublik Deutschland beträgt bereits 96 Prozent. Und mit 79 Prozent Anschlussgrad können wir nicht gewährleisten, dass wir einen guten Gewässerschutz haben.
Deswegen sehe ich unseren Antrag hier heute auch – um über das Moratorium zu sprechen – als einen Antrag zur Unterstützung der Landesregierung, um die Anstrengung für ein Wassergesetz zu verstärken und zu beschleunigen.
Bevor ich auf die Abwasserproblematik eingehe, möchte ich noch etwas zu zwei Punkten sagen, die im Wassergesetz enthalten sind, die aber auch in der Entstehung wichtig sind. Ein großes Problem, die Zuständigkeit bei der Gewässerunterhaltung, wurde heute teilweise auch schon angesprochen. Bisher gibt es gerade einmal 15 Gewässerunterhaltungsverbände. Der Rest der Gewässerunterhaltung erfolgt in den Gemeinden. Die Gemeinden können gerade nicht über den KFA vollständig Mittel für die Gewässerunterhaltung aufbringen. Sie tun dies auch sehr unterschiedlich. Es gibt gute Beispiele, wie den Wasserzweckverband BodeWipper in Bleicherode oder den Zweckverband Kommunale Gewässerunterhaltung in Südthüringen in Hildburghausen, die das sehr gut machen, die die Gelder, die sie über den KFA bekommen auch zweckgebunden einsetzen. Andere Gemeinden und Kommunen wollen oder können es auch teilweise nicht, weil sie nicht die haushalterische Situation haben. Deswegen muss an diesem Punkt dringend
etwas geändert werden. Das Modell, das jetzt erarbeitet wurde, sieht vor, dass die Gewässerunterhaltungsverbände die Gewässerunterhaltung komplett, flächendeckend in Thüringen organisieren.
An dem Beispiel möchte ich auch noch etwas anderes klarmachen: Es ist gerade nicht wichtig, wie es Herr Kießling gerade versucht, ein paar Wortbrocken in die Debatte zu werfen oder einzelne Aspekte zu beleuchten. Stattdessen ist es wichtig, dass man, bevor ein Gesetz entsteht, mit den Betroffenen spricht, dass man, bevor es den juristischen Weg geht, mit den betroffenen Kommunen spricht, mit den Abwasserverbänden,
den Gewässerunterhaltungsverbänden, die es schon gibt, und auch mit den Parlamentariern und gerade solche Gespräche vorab führt, damit man eine Lösung findet, die eine große Akzeptanz hat und praktikabel umzusetzen ist.
Ich bin sehr froh, dass die Landesregierung das gemacht hat und sich auch etwas Zeit genommen hat. An diesem Punkt ist es wichtig, dass wir vor Schnelligkeit auch mit Gründlichkeit agieren. Diese Lösung, obwohl auch andere Lösungsmöglichkeiten in der Diskussion waren, dass die Gemeinden oder die Landkreise das weiterhin machen sollen, ist jetzt eine gute Lösung. Sie zeigt, dass das intensiv beraten wurde. Wichtig ist, dass die Landesregierung hier gründlich gehandelt hat.
Ein zweiter Punkt, der uns als Grüne sehr wichtig ist, sind die Gewässerrandstreifen. Dazu gab es auch im Vorlauf schon im Parlament eine große Debatte, aber auch in den vorherigen Landesregierungen und in den Parlamenten. Unsere Lösung: Als Grüne haben wir immer gesagt, es braucht einen großen Abstand zwischen der intensiven Landwirtschaft und den Gewässern und Flüssen, damit wir den Nitrateintrag verringern können. Wir sind ganz zufrieden mit dem, was jetzt als Kompromiss im Entwurf des Wassergesetzes steht, dass wir in der Regel einen 10-Meter-Streifen haben, wo nicht gespritzt werden darf, dass das auch durchgesetzt werden kann. Wenn es die Landwirte wollen, können sie einen 5-Meter-Grünstreifen anlegen, auf dem überhaupt keine intensive Landwirtschaft mehr stattfindet, eine Grünfläche. Das sehen wir als sehr gute Lösung, um mehr Qualität in den Gewässern, Flüssen und Bächen zu bieten.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das wichtigste Thema, zu dem auch unser Antrag heute mit als Unterstützung gilt, ist die Abwasserentsorgung. Wir wollen ganz eindeutig hier eine Gerechtigkeitslücke schließen. Wir wollen eine bürgerfreundliche Lösung bei der Abwasserbehandlung und die Verteilung auf breitere Schultern ermöglichen. Die Lösung heißt nicht, dass jede Region ihr
eigenes Abwasserbeseitigungskonzept macht und mit ganz unterschiedlichen Anschlussgraden hantiert und auch mit unterschiedlicher Transparenz, und dort, wo nicht angeschlossen wird, wird dann den Bürgern gesagt: Okay, dann müsst Ihr zu euren Kosten Kleinkläranlagen bauen. Hier haben wir einen großen Unterschied in den Regionen. Deswegen ist es auch wichtig, dass es hier eine eindeutige Lösung gibt.
Wir haben zum Beispiel in Nordthüringen einen Anteil von privaten Kleinkläranlagen, die auf ihre Kosten errichtet werden sollen, von gerade mal 0,8 Prozent. Das ist ein Signal für uns, dass wir sagen: Okay, hier wurde schon sehr viel getan und dieses Mittel, was möglich ist, wurde nicht so oft gezogen. Dagegen haben wir als extremstes Beispiel Ostthüringen, wo immerhin 12,4 Prozent der Betroffenen ihre eigene Anlage bauen sollen. Das zeigt auch, dass es vielleicht kein generelles landschaftliches Problem ist, sondern einfach eine Herangehensweise, wie die einzelnen Abwasserzweckverbände mit der Problematik umgegangen sind. Da entstehen auch Ungerechtigkeiten, und diese Ungerechtigkeiten sollen sowohl durch das Wassergesetz als auch unterstützend durch unseren Antrag verändert werden. Denn zukünftig sollen die Abwasserzweckverbände mit Einverständnis des Eigentümers öffentliche Kleinkläranlagen oder auch kleine Gruppensammelanlagen auf Privatgrund bauen können. Dies betrifft vor allem Ortschaften und Ortsteile im ländlichen Raum, wo bisher Kleinkläranlagen per Abwasserbeseitigungskonzept vorgesehen sind. Optional kann der Grundstückseigentümer natürlich auch weiterhin, wenn er das möchte und niemanden, keine Verbände, auf sein Grundstück lassen möchte, eine private Kleinkläranlage bauen. Das steht ihm frei.
Und diese Wahlmöglichkeit finden wir eine sehr bürgerfreundliche Lösung. Und es ist doch vollkommen klar, dass über so eine Lösung auch länger diskutiert werden muss, auch im Kabinett oder vorab schon mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch mit den Verbänden, damit so eine Regelung auch tragen kann. Genau dieses Anliegen wollen wir heute auch mit unserem Antrag unterstützen.
Ja, ein Landtag kann auch feststellen, warum nicht. Wenn Sie das Verfahren kritisieren, dass ein Landtag etwas feststellt, dann äußern Sie sich doch zur Sache. Alle Kritiker, die das kritisieren, müssen dann aber auch den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum sie da nicht mit dabei sind, wenn der Landtag das feststellen soll. Der Landtag kann natürlich sagen: Wir sind der Meinung, dass bis dahin, bis das Gesetz in Kraft tritt, keine Bescheide mehr erfolgen sollen. Das ist genau unser Ziel, hier auch
ein Signal zu setzen, möglichst ein geschlossenes Signal. Ich lade sehr wohl auch die Oppositionsfraktionen ein, diesem Signal mit beizutreten und zu sagen: Wir zeigen Geschlossenheit im Parlament und sagen, das ist eine richtige Herangehensweise.
Das Gesetz wird kommen, das sieht eine andere Regelung vor, was viele, was zehntausende Bürger entlasten wird. 60.000 Einwohner sind ungefähr von dieser Regelung betroffen. Dem stellen wir uns als Parlament nicht entgegen, sondern unterstützen es und bitten die Abwasserzweckverbände, bis dahin von einer Bescheidung abzusehen. Das wäre ein deutliches Signal hier aus dem Parlament. Ich werbe noch mal dafür und wünsche mir, dass Sie das auch unterstützen. Und wenn Sie das nicht tun, haben Sie, glaube ich, auch ein bisschen ein Argumentationsproblem, wenn Sie gefragt werden: Na, was haben Sie getan, um den Prozess zu beschleunigen, um auch eine klare Meinungsbildung zu haben?
Deswegen: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Er ist ganz einfach und klar formuliert. Der Landtag setzt sich dafür ein und stellt fest, dass diese Bescheide bis dahin nicht erstellt werden sollen – ganz einfache Sache. Ich bitte um Unterstützung und um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ziel ist es, in der Abwasserbehandlung im ländlichen Raum dem Solidarprinzip wieder zur Geltung zu verhelfen.
Es ist ein Ziel, das die drei Koalitionsfraktionen in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben und wozu das Ihnen heute vorliegende Moratorium ein kleiner Baustein sein soll. Die Verankerung dieses Ziels ist durch die Novelle des Thüringer Wassergesetzes im Jahr 2009 notwendig geworden. Herr Kießling, wenn wir bei dem Wettlauf sind, wer hat‘s erfunden, kann ich Ihnen nur empfehlen: Gucken Sie sich die Änderungsvorschläge der Fraktion Die Linke aus dem Jahr 2009 mal an, die es damals zum Wassergesetz gab. Da haben wir eine ähnliche Regelung vorgeschlagen, wie sie sich im heutigen Wassergesetzentwurf, der im Kabinett vorliegt, befindet.
Meine Damen und Herren, die Wassergesetznovelle aus dem Jahr 2009, die wir damals nicht aufhalten konnten, hat die Möglichkeit eröffnet, dass Zweckverbände abweichend vom Solidarprinzip sagen konnten, dass sie bestimmte Bereiche ihres Verbandsgebiets nicht mehr an die zentrale Kläranlage anschließen und die Bürger dort auf Anweisung der unteren Wasserbehörde oder des Zweckverbands vollbiologische Kleinkläranlagen zu errichten haben und das in privater Art, sodass die Bürger mit Wartungs- und Kontrollkosten konfrontiert werden, die in der Folgezeit weitaus höhere Kosten verursachen, als sie bisher in der Thüringer Abwasserbehandlung üblich sind und die dazu führen, dass es zu einer massiven Belastung des ländlichen Raums kommt, wenn es denn eine solche Regelung gibt.
Was war damals der Grund für eine solche gesetzliche Regelung? Als der Freistaat Thüringen gegründet wurde, lag der Anschlussgrad an die öffentliche Abwasserbehandlung bei etwa 40 Prozent. Das war ein Relikt aus DDR-Zeiten, wobei man auch sagen muss, wenn man sich mal anguckt, wo die DDR angefangen hat – nach dem Zweiten Weltkrieg, dürfte die Abwasserbehandlung bei nahe null gewesen sein – und das, was noch da war, war zerstört. Diese 40 Prozent waren damals auch in keinem allzu guten Zustand und dann hat es der Freistaat Thüringen in den nächsten 20 Jahren geschafft, von diesen 40 Prozent Anschlussgrad auf etwa 60 Prozent Anschlussgrad zu kommen, unter massivem Einsatz europäischer Mittel, da sind Milliarden ausgegeben worden, und das gerade im städtischen Bereich, sicherlich auch auf Vorgabe der EU, die gesagt hat, dass die Städte zuerst anzuschließen sind, Orte über 2.000 Einwohnergleichwerte.
Wenn man den Anschluss von Hochhäusern an eine Kläranlage sieht, hat man deutlich niedrigere Kanalkosten pro Einwohner als im ländlichen Raum, wo eine Grundstückslänge 20 oder 30 Meter ausmacht und man dementsprechend massive Kanalkosten hat. Es war damals klar, dass wir den städtischen Raum mit Kosten von etwa 1.000 Euro pro Einwohner anschließen, da haben wir über 60 Prozent Förderung gegeben. Es war aber auch klar, dass wir bei den letzten Einwohnern im ländlichen Raum Kosten von etwa 10.000 Euro pro Einwohner haben werden, wenn wir an zentrale Kläranlagen anschließen werden. Es gab damals Zweckverbände, die hatten Anschlussgebühren von 70.000 Euro in der Spitze für Bürger erhoben, für Grundstücke. Das war eine Situation, wo klar war, so geht es nicht weiter. Es war auch klar, die Fördermittel gehen zurück. Dementsprechend war die Frage: Wie setzt man die Verpflichtung des Wasserhaushaltsgesetzes, wonach jeder sein Abwasser aufzubereiten hat, in einer angemessenen Frist
um? Andere Bundesländer haben eine Frist gesetzt und diese Frist orientierte sich im Regelfall an der Wasserrahmenrichtlinie, nämlich 2015. Die Wasserrahmenrichtlinie sagt, bis zum Jahr 2015 haben alle Gewässer in einen guten Zustand zu kommen und da war auch das kommunale Abwasser herauszunehmen, wenn es denn den guten Zustand verhindert hat. Thüringen ist diesen Weg nicht mitgegangen. Deshalb kann man auch nicht davon sprechen, dass der ländliche Raum seit Jahrzehnten – Herr Kießling, Sie hatten die CDU-Alleinregierung aufgeführt, das war vor 2009 – über die Maßen belastet worden wäre, im Gegenteil. Der ländliche Raum ist damals entlastet worden, denn er hat damals schon das Wasserhaushaltsgesetz nicht beachten müssen, wo ihm in anderen Bundesländern der Kläranlagenanschluss schon aufgedrängt wurde. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Gewässerqualität im ländlichen Raum in Thüringen in weiten Teilen damals schon eine gute war und wir deshalb aus wasserwirtschaftlicher Sicht kaum Handlungserfordernisse hatten. Ich glaube, es war im Jahr 2007, also schon mitten in der Wasserrahmenrichtlinie, da hat man die Kriterien für den guten Zustand geändert. Bis dahin waren 90 Prozent der Thüringer Gewässer in einem guten Zustand, was die Belastung mit kommunalem Abwasser angeht. Dann hat man Messkriterien für Stickstoff und für Phosphor eingeführt, also an einem Gewässer zwei- bis viermal im Jahr ein Einzelmesswert. Danach maßt man sich an, die Gewässerqualität beurteilen zu wollen. Vorher hat man die Lebensgemeinschaften im Gewässer für die Beurteilung herangezogen, aus meiner Sicht die viel sinnvollere Variante. Aber diese Einzelmessungsbeurteilung führte dazu, dass plötzlich nicht mehr 90 Prozent gut, sondern 90 Prozent schlecht waren, was die kommunalen Abwassereinleitungen anging. Das führte dazu, dass wir einen wesentlich höheren Druck zum Handeln bekommen haben. All diese Probleme gebündelt führten zu einem höheren Handlungsbedarf und da kam man offensichtlich auf die flotte Idee, dass man gesagt hat: Wenn wir Bürger aus dem Solidarprinzip ausschließen und sagen, macht den Dreck alleine, sparen wir uns erstens jede Menge Fördermittel und zweitens kommen wir wesentlich schneller zum Ziel. Das ist das, was die unteren Wasserbehörden dann anschließend mit der Vorlage der Abwasserbeseitigungskonzepte vollstreckt haben. Durch die zweite Vorlage der Abwasserbeseitigungskonzepte ist der Handlungsbedarf jetzt noch größer geworden, wenn wir diese Ungerechtigkeit beseitigen wollen. In dem Zusammenhang haben wir gesagt, wir wollen die Novelle des Wassergesetzes so, dass der Bürger die Wahlfreiheit hat, denn wir müssen das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes umsetzen. Dazu sind wir rechtlich verpflichtet. Deshalb, Herr Kießling, ging Ihr Antrag beim letzten Mal eben nicht. Aber wir wollen dem Bürger die Wahlmöglich
keit für das Mittel in die Hand geben. Wenn ein Bürger meint, dass die vollbiologische Kleinkläranlage, die er privat betreibt, für ihn die richtige Variante ist, dann soll er das bitte schön tun können. Wenn er denn sagt, ich fühle mich damit überfordert, und da kenne ich viele, oder wenn er denn zur Feststellung kommt, dass es für ihn eine unverhältnismäßig hohe finanzielle Belastung ist, dann soll er bitte den Weg des Zweckverbands gehen dürfen. Das wollen wir mit der Novelle des Wassergesetzes erreichen. Wie gesagt, da sind wir in der ersten Kabinettsbefassung, und deshalb hier das Moratorium, was eine informatorische Erklärung des Landtags ist.
Ja, es ist eine politische Willenserklärung, aber der Thüringer Landtag kann eine politische Willenserklärung abgeben. Ich sage nur eines hier im Hohen Haus: Ich bin Ihnen allen dankbar dafür, dass ich heute keine Redemeldung zum Thema hatte, in der jemand gesagt hat, nein, wir wollen das nicht. Ich finde es schön, dass der gesamte Landtag der Meinung ist, wir wollen das Solidarprinzip im ländlichen Raum wieder einführen. Das war 2009 anders, da gab es hier eine andere Mehrheit.
Meine Damen und Herren, es liegen zu unserem Moratorium zwei Alternativanträge vor. Der Alternativantrag der Fraktion der CDU – Herr Gruhner, ich sage Ihnen, ich hätte diesem Antrag vor fünf Jahren ausgesprochen glücklich zugestimmt. Vor fünf Jahren, als die CDU-Fraktion ihr Abwasserkonzept vorgelegt hat, wo unsere Inhalte, wie wir sie uns heute wünschen, auch drinstanden, als die CDU-Fraktion auch das Solidarprinzip im ländlichen Raum wieder einführen wollte und als die CDU-Fraktion verzweifelt gekämpft hat, damit ihre eigene Landesregierung ein Wassergesetz vorlegt. Herr Kießling, wir hatten damals ein Vorschaltgesetz. Das war so grässlich, das haben wir im Ausschuss liegen lassen, weil wir gesagt haben, wenn wir dieses Vorschaltgesetz in Gang setzen, führt das zu einer Belastung der Bevölkerung, die wir nicht akzeptieren können und die auch noch nicht einmal benannt werden kann, sodass wir als Gesetzgeber gar nicht beurteilen konnten, welche Folgen das denn für den einzelnen Bürger im Land gehabt hätte.
Dementsprechend ist jetzt die Frage: Ist der Antrag der CDU-Fraktion zum aktuellen Zeitpunkt noch einer, der trägt? Da kann ich Ihnen nur sagen, Herr Gruhner, das ist er leider nicht. Er ist es aus dem einfachen Grund nicht – und das wissen Sie –, weil es eine Kabinettsbefassung zum Wassergesetz gibt und das Kabinett eine Geschäftsordnung hat. Es gab die Zuleitung des Wassergesetzes an das Kabinett, endlich, und das Kabinett musste eine Anhörung dazu machen. Es hat die Verpflichtung zu entsprechenden Abläufen, das wissen Sie selbst. An diese Verpflichtung hat sich das Kabinett zu halten.
Gut, dann ist das vielleicht Ihre Interpretation von „unverzüglich“. Ich sage, das Kabinett hat gehandelt, die Geschichte geht ihren Gang und dann wird anschließend das Wassergesetz vorliegen. Wie gesagt, für mich bedeutet „unverzüglich“ „sofort vorlegen“. Es gibt einen klaren Geschäftsgang. Dementsprechend sage ich, der Geschäftsgang wird eingehalten und ich hoffe, dass wir zeitnah das Wassergesetz vorliegen haben.
Zum AfD-Alternativantrag, Herr Kießling, wenn wir Ihren Punkt III annehmen würden, bis zum Inkrafttreten des Thüringer Wassergesetzes zukünftig nur noch bei tatsächlich überschrittenen Grenzwerten in Kleinkläranlagen einen sofortigen Sanierungszwang zuzulassen: Die Kleinkläranlagen der Grundstückseigentümer müssten Kleinkläranlagen nach dem Stand der Technik sein. So sieht es das Bundesrecht vor. Die Grenzwerte dafür halten die im überwiegenden Teil noch aus DDR-Zeiten stammenden, noch nicht mal normierten Zwei- bis DreiKammergruben, wie sie die Leute haben, beim besten Willen nicht ein. Das heißt, Ihr Punkt III würde die sofortige Sanierungsanordnung für nahezu alle Kleinkläranlagen, wie sie im Moment im ländlichen Raum in Thüringen noch betrieben werden, mit sich bringen. Das wäre die Konterkarierung dessen, was Sie wollen. Und deshalb sage ich, geht es auch nicht. Ich bitte einfach darum: Unterstützen Sie das Moratorium, was wir heute vorgelegt haben! Ich hätte mir gewünscht, es wäre alles schneller gegangen, und ich hätte mir gewünscht, es wäre verbindlicher gelaufen. Ich habe auch in den Koalitionsgesprächen darauf gedrängt, dass wir mit einem parlamentarischen Gesetzentwurf eine erste Regelung zum Wassergesetz schon im Jahr 2015 auf den Weg bringen, um gerade diese Geschichte zu regeln. Das Ministerium hat darum gebeten, das Wassergesetz aus einem Guss zu machen, um eben alle Aspekte der ganzen Geschichte dazu zu betrachten. Das musste ich akzeptieren. Dass so was lange dauert, das hat Herr Kobelt vorhin schon angesprochen. Deshalb stehen wir heute vor der Situation, dass viele Bescheide erlassen sind, dass Bürger die Aufforderung haben, bis zum Jahresende zu bauen, was wir hoffentlich mit dieser Willensbekundung des Thüringer Landtags stoppen können, weil es in der Hand der unteren Wasserbehörden liegt, die Sanierungsanordnungen zu stoppen, auszusetzen. Die können das tun, weil das Wasserhaushaltsgesetz eben keine Frist setzt. Und dann