Protocol of the Session on September 28, 2017

3. Welche Regelungen gibt es speziell für das Projekt „Grüne Klasse“ in Ronneburg (Landkreis Greiz) als Folgeprojekt der Bundesgartenschau, die vor zehn Jahren hier stattgefunden hat?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Minister Holter.

Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Abgeordneter Tischner, Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Die Fragen 1 und 2 „Wie werden in Thüringen aktuell die einzelnen Projekte ‚Grüne Klasse‘ personell und finanziell unterstützt?“ und „Wie sollen nach derzeitiger Planung der Landesregierung in den Jahren 2018 und 2019 diese Projekte weiter unterstützt werden?“ werde ich zusammen beantworten. Die Projekte „Grüne Klasse“ oder auch „Grünes Klassenzimmer“ liegen nicht in der Zuständigkeit des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport. Es handelt sich um regionale Projekte, deren Angebote auch von den Schulen genutzt werden. Der Besuch und die Nutzung der Angebote der „Grünen Klasse“ bzw. des „Grünen Klassenzimmers“, also auch Angebote der „Grünen Klasse“ Ronneburg, können nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Maßnahme des Lernens am anderen Ort sein. Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat im August 2017 eine Broschüre für Gedenkstätten und weitere außerschulische Lernorte in Thüringen veröffentlicht. Dort werden Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für Schulen gegeben.

Die Hinweise zur Beantragung der Fördermaßnahmen sind auf der Homepage des TMBJS öffentlich zugänglich, die Homepage ist sicherlich bekannt. Im Rahmen dieser Fahrten zu Gedenkstätten und weiteren außerschulischen Lernorten in Thüringen sollen bis 2020 auch Fahrten von Schülerinnen und Schülern ab Klassenstufe 1 zu den Thüringer Landesgartenschauen unterstützt werden. In diesem Jahr wurde für fünf solcher Fahrten eine entsprechende Unterstützung beantragt und vier davon auch genehmigt. Die eine nicht genehmigte, das kann ich gleich sagen, hatte damit zu tun, dass die

Fahrt in den Ferien stattfinden sollte und damit kein Unterricht im Sinne des Lernens am anderen Ort sein konnte. Deswegen wurde die Förderung versagt. Für die „Grüne Klasse“ Ronneburg kann ich noch anfügen, dass im Kalenderjahr 2017 bisher rund 650 bis 700 Schülerinnen und Schüler und auch über 100 Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen der Fortbildung diese Einrichtung genutzt haben. Eine genaue Statistik wird dazu im Ministerium allerdings nicht geführt. Eine spezielle, direkte personelle und finanzielle Unterstützung dieser Projekte „Grüne Klasse“ und „Grünes Klassenzimmer“ durch das Bildungsministerium gibt es nicht. Eine Besonderheit stellt in gewisser Weise die „Grüne Klasse“ Ronneburg dar – darauf zielt auch Ihre Frage konkret ab –, weil es für dieses Projekt seit 2008 eine Vereinbarung zwischen dem Landratsamt Greiz, der Stadt Ronneburg und dem Staatlichen Schulamt gibt. Durch das Schulamt Ostthüringen kann seit 2015 keine personelle Unterstützung mehr geleistet werden; das Landratsamt Greiz stellt dafür zwei ehrenamtliche Mitarbeiter bereit. Eine Änderung der bisherigen Praxis ist nicht vorgesehen.

Zu Frage 3 – welche Regelungen gibt es speziell für das Projekt „Grüne Klasse“ in Ronneburg (Land- kreis Greiz) als Folgeprojekte der Bundesgartenschau, die vor zehn Jahren hier stattgefunden hat? –: Neben der schon erwähnten Vereinbarung, in die auch das Staatliche Schulamt Ostthüringen eingebunden ist, gibt es keine Besonderheit für die „Grüne Klasse“ Ronneburg im Vergleich zu analogen Projekten im Freistaat Thüringen.

Danke.

Gibt es Nachfragen? Herr Abgeordneter Tischner.

Vielen Dank, Herr Minister. Eine kurze Nachfrage. Sie haben gesagt, es gibt verschiedene andere Projekte, „Grüne Klasse“, „Grünes Klassenzimmer“. Können Sie sagen, ob dort das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Personal zur Verfügung stellt?

Die Grundsätze, die ich hier ausgeführt habe in Bezug auf die „Grüne Klasse“ Ronneburg, gelten auch für alle anderen „Grünen Klassen“.

Es gibt keine weiteren Nachfragen mehr. Damit haben wir alle Mündlichen Anfragen abgearbeitet und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Entsprechend der Vereinbarung rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 10 in den Teilen

a) Entwicklung und Perspektiven einer eigenständigen Jugendpolitik in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/1970 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport - Drucksache 6/4495

b) Eigenständige Jugendpolitik für Thüringen Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3109 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport - Drucksache 6/4496

Das Wort hat Abgeordneter Bühl aus dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur Berichterstattung zu beiden Anträgen.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnetenkollegen, ich habe die Freude, heute aus dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport über unsere Beratungen zu den Jugendanträgen zu berichten.

Der Antrag der CDU-Fraktion „Entwicklung und Perspektiven einer eigenständigen Jugendpolitik in Thüringen“ in der Drucksache 6/1970 wurde durch Beschluss des Landtags in seiner 60. Plenarsitzung am 1. September 2016 – also schon vor einer ganzen Zeit, vor über einem Jahr – an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur Beratung überwiesen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen „Eigenständige Jugendpolitik für Thüringen“ wurde durch Beschluss des Thüringer Landtags in seiner 70. Sitzung am 9. Dezember 2016 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zur Weiterberatung überwiesen.

Die überwiesenen Anträge in den Drucksachen 6/1970 und 6/3109 wurden im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport in vier Beratungen diskutiert. In der 35. Sitzung des Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport am 13. Dezember 2016 wurde zu beiden Anträgen eine mündliche Anhörung mit 21 Anzuhörenden beschlossen. Diese wurde in der 40. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport am 20. März 2017 durchgeführt. Die Rückmeldungen zu beiden Anträgen waren überwiegend positiv. Hinsichtlich der Einführung eines Jugend-Checks für Gesetze sowie eines eigenen Jugendberichts in Thüringen gaben die angehörten Experten ein positives Feedback.

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

Auch die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni ausgeführt, dass sich die Anzuhörenden einig gewesen wären, dass ein JugendCheck und eine Jugendberichterstattung für Thüringen sinnvoll wären. Das TMBJS will jedoch abwarten, welche diesbezüglichen Entwicklungen sich auf Bundesebene ergeben, und erst im Anschluss die Ergebnisse für Thüringen prüfen. Dies spiegelt auch die jetzige Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport wider. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich, den Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 6/1970 abzulehnen und den Antrag der Koalitionsfraktionen in Drucksache 6/3109 in geänderter Form anzunehmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Beratung und als Erste hat Abgeordnete Engel, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Besucherinnen, liebe Zuhörerinnen am Livestream, liebe Kolleginnen, wir behandeln heute zwei Anträge, welche sich beide mit dem Themenfeld der eigenständigen Jugendpolitik befassen. Ein Antrag ist von der CDU-Fraktion und der andere ist von den Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

Beide Anträge wurden – wie bereits erwähnt – letztes Jahr in das Landtagsplenum eingebracht und dann an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport überwiesen. Zu beiden Anträgen fanden sowohl eine schriftliche als auch eine mündliche Anhörung statt, welche wiederum im Ausschuss dann ausgewertet wurden. Durch diese Anhörungen erhielten wir eine ganze Reihe von Ideen und Anregungen, aber auch Kritik, an welchen Stellen etwas verändert werden müsste, wenn wir mehr Mitbestimmung für junge Menschen in Thüringen erreichen wollen.

Für die Stellungnahmen möchte ich mich ausdrücklich noch einmal bei allen Anzuhörenden bedanken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben uns bei unserer Arbeit sehr geholfen und wir haben viele ihrer Ideen und Vorschläge in unseren Antrag aufgenommen und eingearbeitet, was man leider von dem CDU-Antrag nicht behaupten kann. So stellt die CDU heute ihren unveränderten Antrag wieder zur Beratung.

Aber um was geht es denn eigentlich und was bedeutet denn eigenständige Jugendpolitik? Eigenständige Jugendpolitik ist ein Politikansatz, der die Bedürfnisse und Anforderungen von Jugendlichen in den Fokus der Debatte rücken will. Dabei soll die

Jugendphase als Ganzes in den Blick genommen werden. Die bisherige isolierte Betrachtung einzelner Teilaspekte, wie zum Beispiel Bildung, Familie oder Arbeit, soll aufgehoben werden. Die Gestaltung jugendlicher Lebenslagen wird als politische Gesamtaufgabe verstanden, die sich durch alle Ressorts und Verwaltungsebenen zieht und alle Beteiligten an einen Tisch holt. Die Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik ist also ein Prozess, der darauf abzielt, Jugendpolitik als selbstständiges Politikfeld mit einem eigenen Selbstverständnis zu etablieren, wie es in anderen Politikfeldern schon lange der Fall ist, zum Beispiel bei der Finanz- oder Umweltpolitik.

Eigenständige Jugendpolitik bedeutet also, dass nicht mehr nur über, sondern endlich auch mit den Jugendlichen geredet werden soll. Somit würden nämlich die Jugendlichen ernst zu nehmende Partnerinnen in der Politik werden. Uns als Linksfraktion ist es wichtig, dass am Ende die eigenständige Jugendpolitik nicht zu einem inhaltsleeren Modebegriff verkommt, denn wir wollen keine bloße Schaufensterpolitik betreiben, wir wollen verbindliche Grundlagen für mehr Mitbestimmung schaffen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Deswegen ist uns die gesetzliche Verankerung der Rechte von Kindern und Jugendlichen besonders wichtig.

Aber genau das hat der vorliegende CDU-Antrag nicht im Blick. Ihr Antrag, liebe CDU-Fraktion, zeigt ganz deutlich zwei Dinge, zum Ersten: Sie, liebe CDU, sind verdammt beratungsresistent, denn Sie haben es wirklich geschafft, keinen, keinen einzigen Hinweis der Anzuhörenden in irgendeiner Form aufzunehmen. Und Ihr Antrag zeigt außerdem, dass Sie nach über einem Jahr politische Diskussion immer noch nicht verstanden haben, worum es bei dem Thema der eigenständigen Jugendpolitik eigentlich geht. So fordern Sie in Ihrem Antrag im ersten Punkt die Erarbeitung eines Landesprogramms, das Sie quasi neben die bereits existierende Jugendpolitik und die anderen Politikfelder stellen wollen. Und genau das wollen wir nicht. Denn hier wird der Ansatz einer eigenständigen Jugendpolitik gänzlich missverstanden, denn eigenständige Jugendpolitik soll nicht etwas Neues, von oben Aufgestülptes sein, sondern ist ein Politikansatz, der durch alle Ressorts geht und Verwaltungsebenen und alle Beteiligten an einen Tisch holt. Ein Landesprogramm, das fast alle Protagonisten einer eigenständigen Jugendpolitik bereits bei der Erarbeitung ausschließt, ist da wenig hilfreich und betont lediglich Ihr eingeschränktes Ressortdenken. Ebenso picken Sie sich in den weiteren Punkten Ihres Antrags lediglich einzelne Teilaspekte heraus, statt das Thema ganzheitlich zu erfassen.

Um es noch einmal zusammenzufassen: Eigenständige Jugendpolitik heißt für uns: Stärkung der

(Abg. Bühl)

Angebote der Jugendarbeit, Einbeziehung und Mitbestimmung junger Menschen auf allen Ebenen, Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen sowie die Geltendmachung jugendpolitischer Aspekte und Sichten in allen Politikfeldern. Deshalb haben wir uns innerhalb der Koalition auf folgende Maßnahmen verständigt: die Entwicklung eines ressortübergreifenden Maßnahmenkonzepts, welches im Dialog mit Kommunen, Verbänden, Wissenschaft, freien Trägern sowie Jugendlichen entwickelt werden soll, die Stärkung der außerschulischen Jugendarbeit, die Erhöhung der örtlichen Jugendförderung auf 15 Millionen Euro, die gesetzliche Verankerung der Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen in der Thüringer Kommunalordnung, die Entwicklung eines sogenannten Jugend-Checks in Thüringen und wir werden prüfen, ob die UN-Kinderrechte ausreichend in der Thüringer Verfassung verankert sind.

Außerdem haben wir noch folgende Punkte aus der Anhörung aufgenommen: die Erarbeitung eines Lebenslagenberichts junger Menschen, der alle fünf Jahre vorgelegt werden soll, die Stärkung der Jugendforschung für die bessere Untersetzung jugendpolitischer Entscheidungen, die Stärkung der Mitwirkungsrechte von Schülerinnen sowie die Reformation des Kinderund Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes, um vor allem die Mitbestimmungsund Mitwirkungsrechte junger Menschen weiter auszubauen.

Liebe Kolleginnen, die Rahmenbedingungen für junge Menschen haben sich bekanntlich in den vergangenen Jahren stark verändert. Einerseits hat der demografische Wandel dazu geführt, dass der Anteil junger Menschen an der Gesamtbevölkerung immer weiter zurückgegangen ist. Gleichzeitig haben sich aber auch die Anforderungen an junge Menschen stark gewandelt. Unsicherheiten in der persönlichen und beruflichen Zukunft haben zum Beispiel stark zugenommen. Höhere Anforderungen stellen sich an Flexibilität und Mobilität. In vielen Bereichen hat die öffentliche Unterstützung für den Schritt in ein selbstständiges Leben, für den Schritt in einen Beruf abgenommen. Denken wir da zum Beispiel nur an das BAföG oder diese bescheuerte Regelung, dass Kindergeld, welches eigentlich für Schülerinnen gedacht sein sollte, bei Hartz-IV-Familien wieder abgezogen wird.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Frau Prä- sidentin, heute früh gab es dafür einen Ord- nungsruf!)

Das Leben der jungen Menschen bietet somit heutzutage neben einer Fülle von Möglichkeiten auch eine Fülle an Herausforderungen und an Gegenwind.

Herr Abgeordneter Mohring, wann ich hier Ordnungsrufe erteile oder nicht, das ist immer noch meine Angelegenheit.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Das ist Willkür!)

Frau Abgeordnete Engel, ich bitte Sie, dass Sie sich mäßigen, weil „bescheuert“ nicht der Würde des Hohen Hauses entspricht.

Umso wichtiger ist es, Jugendlichen in Thüringen eine stärkere Stimme zu geben. Die Anliegen, Probleme und Bedürfnisse von Jugendlichen müssen endlich ernst genommen werden. Mit der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei den Kommunalwahlen sind wir in Thüringen einen ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen.

(Beifall DIE LINKE)

Denn nur indem wir jungen Menschen etwas von unseren Befugnissen, von unserer Macht abgeben, können wir ihnen ermöglichen, sich selbst zu entfalten und wirksam zu werden. Nicht zuletzt ist die Stärkung von jungen Menschen auch eine Stärkung unserer Demokratie, was leider heutzutage wichtiger ist denn je.

Liebe Kolleginnen, lassen Sie uns heute die Chance nutzen und die eigenständige Jugendpolitik in Thüringen voranbringen. Tun wir dies bitte gemeinsam und vor allem auf Augenhöhe mit den Jugendlichen. Nur so können wir ihre gesellschaftliche Position stärken und ausbauen. Ich bitte Sie deshalb, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport Folge zu leisten und dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Abgeordnete, wir als AfD wollen die Jugend in den Fokus der Politik rücken, nicht aber eine Generation gegen eine andere ausspielen, wie die CDU es in ihrem Antrag verfolgt. Wir als AfD wollen die Jugend in den Fokus rücken, aber wir stellen uns vehement gegen das, was Rot-Rot-Grün vorhat.