Protocol of the Session on August 31, 2017

(Beifall AfD)

Unsere Lösungsvorschläge: Die Dauer zum Erlangen des Pensionsanspruchs auf zehn Jahre verdoppeln. Auch das wäre im Übrigen immer noch eine deutliche Besserstellung gegenüber den Bürgern draußen. Und mit der Besserstellung – das ist

auch keine AfD-Erfindung – befänden wir uns in guter Gesellschaft zu Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen.

(Beifall AfD)

Dabei ist offenkundig, dass Länder, die besonders pleite sind, auch besonders großzügig mit den Geldern ihrer Bürger umgehen. In Thüringen ist die Regelung für kommunale Wahlbeamte – ich hatte es gerade ausgeführt – im deutschlandweiten Vergleich besonders lax. Und Thüringen ist ja auch – Frau Taubert, Sie gestatten – besonders pleite. Ebenso gewähren Pleiteländer wie Bremen und das Saarland diese Pensionen nach nur einer Amtszeit. In Ländern mit guter Haushaltsführung, meine Damen und Herren, ist das ganz anders. Da werden zwei Amtszeiten benötigt. Ich verweise: Baden-Württemberg hat sogar 16 Jahre, Bayern zehn Jahre oder Sachsen 14 Jahre. Das wäre der erste Schritt, die Verdoppelung der Dauer. Im zweiten Schritt muss dann der Beginn des Pensionsbezugs auf das Renteneintrittsalter, das draußen für alle Menschen gilt, angehoben werden. Gleiches Recht für alle, für die, die privilegiert sind als Kommunalbeamte genauso wie diejenigen, die tagtäglich draußen hart arbeiten.

(Beifall AfD)

Denn eine Sofortpension ist nicht nur unfair gegenüber allen anderen in Deutschland. Wobei ich nicht mal weiß, ob unfair der richtige Begriff ist. Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Das ist nicht nur anstößig, sondern kommt schon in den Bereich der Sittenwidrigkeit. Zukünftig darf die Pension daher erst – analog zur üblichen Rentensystematik – ab 65 bzw. 67 Jahren gezahlt werden. Mit dieser Änderung wäre dann übrigens auch die Hinzuverdienstmöglichkeit hinfällig. Man befände sich in Thüringen dann auf dem Wege Hessens, denn unsere Nachbarn haben 2015 die Pensionsregelung so reformiert, dass die ehemaligen Kommunalbeamten erst mit 56 – okay, immer noch zehn Jahre zu früh, aber immerhin – in Pension gehen können. Jetzt fragen wir uns, im Land des Äppelwoi – ja, wer hat denn das beschlossen? Die Schwarzen mit den Grünen, meine Damen und Herren. Und jetzt kommen Sie hier hin und werfen uns Kommunalfeindlichkeit vor. Schauen Sie zu Ihren Parteifreunden jenseits der Landesgrenze und ihr, liebe Grüne, auch: Die machen da in dem Punkt etwas Vernünftiges. Tut das Gleiche in Thüringen und bringt uns auch in Thüringen voran.

Schließlich noch ein letzter Punkt: Dienstliche Verfehlungen dürfen auch nicht zu einer Sofortrente führen, das können wir aber dann im Ausschuss erörtern oder in der zweiten Lesung.

Sie sehen, Frau Marx, ich hoffe, ich habe Sie überzeugt, dass auch die letzten Zweifel – erst einmal nicht zuzustimmen – beseitigt sind. Unseres Erachtens gibt es zumindest genug Gründe, im Ausschuss über dieses Gesetz zu diskutieren. Wir beantragen daher die Überweisung federführend an den Innen- und Kommunalausschuss sowie den Haushalts- und Finanzausschuss und den Migrations-, Justiz- und Verbraucherschutzausschuss. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Es gibt jetzt weitere Wortmeldungen. Als nächster Redner hat Abgeordneter Harzer, Fraktion Die Linke, das Wort.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Oh, da spricht ja ein Betroffener. Das ist aber keine gute Wahl!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen. Mir wird ja immer gesagt, ich soll ein bisschen ruhiger werden, ich soll positiv formulieren. Ich will mal mit einer positiv formulierten Kritik anfangen. Herr Brandner, einer von uns beiden ist klüger, Sie nicht. Denn Sie reden hier irgendwelche Geschichten, die nicht stimmen. Ich will auch gar nicht so auf den Inhalt eingehen, denn ich bin Betroffener. Ich war kommunaler Wahlbeamter 18 Jahre, bin dann nicht wieder angetreten aus gesundheitlichen Gründen, aus familiären Gründen, weil ich nach 18 Jahren ein wöchentliche Belastung von 50, 60, 70 Stunden nicht mehr verkraftet habe. Das ist einfach Fakt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Hildburg- hausen dankt Ihnen!)

Ich habe mir dann etwas Neues gesucht. Ich hatte in den 18 Jahren nicht die Möglichkeit wie der Kollege Brandner, wenn man überhaupt Kollege sagen darf,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Gehen Sie jetzt in den Bundestag?)

im Landtag zu sitzen, dicke Diäten einzustreichen, abends irgendwann zu kommen, fünf Minuten ein Wort mit „U“ zu reden, das hört dann mit „Sinn“ auf, so etwas hier zu sagen und dann noch nebenbei vor Gericht oder sonst irgendwo Mandanten zu vertreten und noch mal zu kassieren, weil er wahrscheinlich nicht genug zu tun hat hier in diesem Hohen Hause.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Er sagt dann: Andere, die diese Möglichkeit nicht haben und dadurch privilegiert sind, denen spricht

man das ab. Und es stimmt auch nicht, dass ein kommunaler Wahlbeamter nach 62 Tagen oder zweieinhalb Monaten sonst irgendwelche Tausende von Renten kriegt. Die Mindestdauer in Thüringen nach Gesetz ist fünf Jahre, in Sachsen-Anhalt sieben Jahre, in Brandenburg acht Jahre, Niedersachsen fünf Jahre, Saarland fünf Jahre, Schleswig-Holstein sechs Jahre. Dort ist alles nach einer Amtsperiode schon, die Zahlung – also Ihre Zahlen stimmen nicht. Und auch Ihr Antrag stimmt nicht. Wenn Sie dort schreiben „steigende Belastung für den Thüringer Landeshaushalt“, das ist Quatsch. Die ZVK – Zusatzversorgungskasse – sitzt beim Kommunalen Versorgungsverband Thüringen in Artern, die regeln diese Geschichte. Das ist ein Umlagesystem. Die Mitglieder, nämlich die Kommunen, bezahlen für ihre hauptamtlichen kommunalen Wahlbeamten vom ersten Tage an, wenn die kommunale Wahlbeamte sind, dort ein. Das ist ein Versicherungssystem. Das ist geregelt. Wenn Sie nachlesen wollen, Herr Brandner – Sie kennen ja wohl Recht und Gesetz als Anwalt, sollte man annehmen –,

(Beifall DIE LINKE)

können Sie das in § 64 des Thüringer Besoldungsgesetzes mal nachlesen. Dort ist die Versorgungsrücklage geregelt, über die ich hier rede. Das ist ein Versicherungssystem, es ist also nicht zulasten der Thüringer Steuerzahler und des Thüringer Landeshaushalts. Sie haben keine Ahnung von dem, was Sie hier reden. Es ist nur eine Neiddebatte, die Sie im Wahlkampf hier aufführen wollen, weil Sie ja neben Ihrer Tätigkeit im Landtag und Ihrer juristischen Tätigkeit im Doppelverdienst auch noch Wahlkampf machen, da wollen Sie damit bei den Bürgern punkten, indem Sie sagen: Die Bösen, die machen uns arm – was gar nicht stimmt.

(Beifall SPD)

Wir müssen über das Grundsystem der Rentenversicherung und der Pensionsversicherung Deutschland reden, aber das lösen wir nicht, indem wir in Thüringen auf den kleinen kommunalen Wahlbeamten rumhacken und dort sagen: Die sind die Bösen! Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Kuschel, Fraktion Die Linke.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antragsteller haben auf parlamentarische Vorgänge und Debatten in den zurückliegenden Wahlperioden verwiesen. Dazu machen sich

(Abg. Brandner)

aber Anmerkungen erforderlich, damit nicht in der öffentlichen Debatte ein falscher Eindruck entsteht.

Die Strategie der AfD ist seit Jahren bekannt. Man macht entweder einen Tabubruch oder man provoziert eine Neiddebatte, um dann Aufmerksamkeit zu erzielen, und man versucht, unterschiedliche Interessen gegeneinander auszuspielen und Bevölkerungsgruppen, soziale Gruppen aufeinanderzuhetzen. Das ist eben so. Das machen insbesondere politische Kräfte, denen es an inhaltlicher Substanz fehlt.

Herr Abgeordneter Kuschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henke?

Nein.

Wir haben wieder eine typische Neiddebatte der AfD, um jetzt mal die Dimension zu beschreiben: Etwa 150 hauptamtliche kommunale Wahlbeamte in Thüringen gibt es derzeit aktuell, also das wäre die Gruppe der Betroffenen. Was Sie hier vorschlagen, geht so nicht umzusetzen, weil Sie einfach vergessen, bestimmte Folgen auch mit zu regeln. Das müssen Sie aber tun.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Genau da- rüber wollen wir reden!)

Das haben wir in Oppositionszeiten getan, als wir dieses Thema thematisiert haben. Zum Zeitpunkt komme ich dann noch. In Ihrem Vorschlag fehlen beispielsweise Übergangsregelungen für das Ausscheiden kommunaler Wahlbeamter, die sind dann erforderlich. Für Abgeordnete gibt es das, da gibt es beispielsweise ein Jahr Übergangsgeld. Das fehlt vollständig. Sie haben nur eine Bestandsschutzgarantie für die, die im Amt sind. Das hätten sie nicht machen müssen, weil, die ergibt sich aus der Verfassung, dass ich in bestehende Rechtsverhältnisse nicht eingreifen kann. Das würde also ohnehin nur für Künftige gelten. Das ist also der erste Ansatz, weshalb wir über Ihren Antrag gar nicht weiter zu diskutieren brauchen. Weil, Sie machen nur den ersten Schritt, den zweiten und dritten bleiben Sie völlig schuldig. Das ist eine Arbeit, die müssen Sie als Opposition einfach leisten und lernen, außer sie wollen gar keine vernünftige Debatte und reden, sondern nur Krach machen. Das vermute ich.

(Beifall DIE LINKE)

Das Zweite ist, Sie wollen eine Regelung erst nach zehn Jahren, die nicht harmonisiert mit den Amtszeiten.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Da vermuten Sie falsch!)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Muss doch nicht! Tun Sie bei Diäten doch auch nicht!)

Aber es ist für die öffentliche Debatte von Bedeutung, dass dort eine Harmonisierung tatsächlich angezeigt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von daher ist das der zweite eklatante, auch inhaltliche Fehler, der dazu führt, dass wir darüber nicht reden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unstrittig – und das wissen Sie – führt Die Linke seit Jahren eine Debatte zum Beamtenstatus. Zu der Debatte „Ist das Beamtentum noch zeitgemäß?“ Wir können aber bestimmte Entwicklungen nicht ausblenden. Ich verweise auf die aktuellen Debatten zur Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern. Die Vorgängerregierung hat richtigerweise dort Zurückhaltung geübt. Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass wir dort im föderalen Wettbewerb Probleme bekommen. Jetzt musste sich Rot-Rot-Grün dazu entscheiden, verstärkt wieder in die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern einzusteigen. Wie gesagt, wir als Partei halten eher eine Debatte für ein einheitliches Dienstrecht für erforderlich. Aber die können wir führen, aber dürfen aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen einfach nicht ausblenden. Ähnlich ist es hier. Wir müssen aufpassen, weil wir in den letzten Jahren – das ist meine Feststellung – gerade, was die kommunalen Ämter betrifft, zugelassen haben, dass wir dort eine Anerkennungskultur haben, die Lücken aufweist. Wir brauchen also eine neue Anerkennungskultur für Menschen, die sich auf kommunaler Ebene engagieren, sowohl im Ehrenamt als auch im Hauptamt. Die brauchen wir. Deshalb kommt Ihr Antrag auch zur Unzeit. Wir stehen vor großen Herausforderungen, gerade auch die kommunalen Wahlbeamten, was Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform betrifft. Tatsächlich, eine solche Debatte, die Sie hier führen wollen – wenn man sie sachlich führen will, müssen wir sie zu einer Zeit führen, in der auf kommunaler Ebene und auf Landesebene relative Ruhe ist, in der andere gesellschaftliche Herausforderungen nicht so im Vordergrund stehen. Und wir müssen darüber nachdenken, wie wir die kommunalen Ämter insgesamt wieder in der Anerkennungskultur in unserem Land nach vorn bringen; das ist von Bedeutung. Die dramatischen fiskalischen Auswirkungen, die Sie hier dargestellt haben, sind eher ein Indiz dafür, dass Sie eben mehr Ihrem Konzept des Tabubruchs und der Neiddebatte folgen, aber insgesamt gar nicht an einer sachlichen Lösung interessiert sind. Deshalb werden wir auch einer Ausschuss

überweisung nicht zustimmen, weil wir den Zeitpunkt für falsch erachten. Wir brauchen eine Grundsatzdebatte zum Beamtentum, zur Anerkennungskultur. Wenn wir eine Regelung treffen, dürfen wir nicht neue Verunsicherungen schaffen. Ihr Entwurf würde aber dazu führen, weil keinerlei Übergangsregelungen für ausscheidende kommunale Wahlbeamte auch nur angedacht sind, nicht mal in der Begründung.

(Beifall DIE LINKE)

Also von daher erfüllt Ihr Gesetzentwurf bedauerlicherweise nicht die Grundanforderungen an einen Gesetzentwurf hier im Hohen Haus, da müssen Sie eben noch ein wenig üben. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Herr Abgeordneter Möller, Sie haben das Wort.

Ja, also es hat mich dann doch noch mal ans Pult getrieben, zum einen, weil der Herr Harzer ja so ein bisschen auf dem Kollegen Brandner herumgeritten ist, dass er nebenberuflich noch tätig ist. Ganz ehrlich, Herr Harzer: Das steht Ihnen doch frei. Wenn Sie aber die Fähigkeit dazu nicht haben, nebenberuflich Einkommen zu generieren,