Protocol of the Session on August 31, 2017

Zum Zweiten wurde auch ganz klar dargestellt, was unser Problem, also der Fraktion Die Linke, mit diesem jetzt beschlossenen Gesetz ist und warum wir das dann auch in der Konsequenz nicht vertreten und uns auch im Bundestag dazu entsprechend verhalten haben.

Zum Dritten wurde zumindest durch Vertreterinnen der Grünen als auch der SPD als auch von meiner

Fraktion dargestellt, was die AfD faktisch macht, was sie mit Zensur meint, was sie am Ende damit beabsichtigt.

Ich will wenigstens ein paar kurze Beispiele noch machen. Wenn die AfD davon redet, dass sie sozusagen die Meinungsfreiheit schützen will und das Zensurverbot durchsetzen möchte, dann geht es ja unter anderem darum, wie sich die AfD aktuell verhält, nämlich ganz brandaktuell mal ein Beispiel: Sie sind angeblich die Verfechter der Meinungsfreiheit. Gleichzeitig probieren Sie, Ihnen missliebige und unliebige Positionen zu unterdrücken, dies beispielsweise auch mit entsprechenden Äußerungen, wie es gestern hier auch schon klar vom Landtagspräsidenten, Herrn Carius, aber auch anderen, zurückgewiesen wurde, nämlich bis dahin, dass sie Menschen entsorgen wollen. Faktisch geht es Ihnen darum, dass Äußerungen der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration nicht mehr so geäußert werden können.

Das Zweite ist, der Fraktionsvorsitzende der AfD hat sich bei einer Rede ähnlich positioniert, nämlich die „Alteliten“ entsorgen zu wollen. Das ist die Position der AfD, das ist das, was Sie gerne durchsetzen würden und worum es Ihnen geht, wenn Sie davon sprechen, dass Sie Zensur verhindern wollen.

Die AfD selbst versucht aktuell auch – das hatte, glaube ich, auch Frau Marx hier gestern schon erwähnt –, dem Oberbürgermeister von Jena gerichtlich untersagen zu lassen, bestimmte Veranstaltungen durchzuführen, die sich mit Rechtspopulismus und Ähnlichem mehr befassen. Wissen Sie, auf der einen Seite sagen Sie, Sie lehnen Zensur ab, und gleichzeitig machen Sie ganz deutlich mit Ihrem Agieren, mit Ihren Reden, mit Ihrem Handeln, mit Ihren Gerichtsverfahren, um was es Ihnen geht. Es geht Ihnen darum, wie schon ganz konkret hier in der letzten Sitzung gesagt,

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Um Wahr- heiten, darum geht es!)

Rassismus zu legitimieren, neonazistische Äußerungen zu legitimieren, Antisemitismus zum Alltagssprachgebrauch und auch zu einer Alltagshaltung zu machen, und dem widersetzen wir uns. Dem widersetzen sich alle Fraktionen – von der CDU bis zur Linkspartei –, und ich denke und hoffe, dass das auch heute erneut wieder so sein wird.

(Beifall DIE LINKE)

Sie schrecken ja nicht einmal davor zurück und erdreisten sich sogar, allein im Titel des Gesetzes von Medienfreiheit zu sprechen. Ich möchte an der Stelle nur einmal die Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, wer sich wie gegenüber freien Medien verhält und woher bestimmte Begrifflichkeiten, die mittlerweile fast schon Alltagssprache geworden sind, stammen – nämlich von den Demonstrationen

(Abg. Scherer)

der AfD, wo mehrere Tausend Menschen ungestört und unwidersprochen durch Ihre Redner, durch Ihre Vertreter „Lügenpresse“ skandieren können, wo Vertreter von Ihren Anhängern, ohne dass es entsprechende Widersprüche gibt, Journalisten attackieren können.

Dann erdreisten Sie sich, in einem Titel eines Gesetzentwurfs von Medienfreiheit zu sprechen und das zu fordern. Es gibt ein altes Sprichwort: Jeder kehre vor seiner Tür und sauber ist jedes Hausquartier. Ich empfehle Ihnen, ich habe jetzt mal nur als Beispiel ein paar Sachen von Postings, Kommentaren der Abgeordneten Muhsal, die öffentlich nachvollziehbar auf Facebook lesbar sind, herausgenommen. Ich empfehle Ihnen, vielleicht auch mal bei Ihnen, bei sich selbst anzufangen und bestimmte Kommentare zu entfernen, weil es am Ende um Respekt und Würde und Achtung anderer Menschen geht. Ich zitiere einen Kommentar vom 21. Juli, den jemand auf der Facebook-Seite von Wiebke Muhsal hinterlassen hat: „Irgendwann wird euch dummen Bahnhofsklatschern gezeigt, wo der Frosch die Locken hat. Und dieser hässliche Heiko Maas wird der Erste sein, der das merken wird, genau wie seine Mutter Merkel, das Ferkel.“ Das steht seit dem 21. Juli bei Ihnen auf der Facebook-Seite, Frau Muhsal. Wissen Sie, wir als Abgeordnete sind ein Stück weit dafür verantwortlich, was öffentlich auf unseren Seiten zu lesen ist.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin definitiv keine Wählerin von Frau Merkel, aber ich erweise – zumindest im Umgang mit ihr – Respekt. Solch ein Kommentar wäre bei mir innerhalb von 24 Stunden gelöscht. Da sage ich Ihnen ganz klar, es ist nicht nur einer. Ich habe hier sieben Seiten, auf denen ähnliche Kommentare stehen. Es gibt noch mehr. Es ist ja schön, dass Sie lachen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Lesen Sie mal bitte vor!)

Aber, wissen Sie, Frau Muhsal, dass Sie darüber lachen, zeigt am Ende, worum es Ihnen geht.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich lese vielleicht noch etwas anderes vor, einen weiteren Kommentar, der ist gar nicht so alt, der ist vom 25. August. Da steht unter anderem: „White Lives Matter“. Es geht also um die Erhöhung des weißen Lebens, das ist angesichts dessen, was in den USA stattfindet, auch noch mal extra inhaltlich zu bewerten und einzuordnen. Ebenso wird kommentiert darunter: „Nie wieder 1945“. Was ist denn in der Verbindung am Ende daraus zu verstehen? Nie wieder die Befreiung vom Hitlerfaschismus, nie wieder die Befreiung Deutschlands? Das steht bei Ihnen seit mehreren Tagen unwidersprochen und ohne dass Sie das löschen. Darum geht es Ihnen mit

dem, was Sie hier vorlegen. Sie wollen solche Kommentare und dass die Bundeskanzlerin aufs Tiefste und unter der Gürtellinie beleidigt wird, wo der Bundesjustizminister angegriffen wird, dass so was legitim ist, dass so was legal ist und dass Sie dafür nicht mehr angegangen werden können. Ich sage Ihnen ganz klar, mir ist es egal, wen Sie dort diskreditieren lassen ohne zu widersprechen. Ob es jemand aus der CDU, SPD, von den Grünen, von der Linkspartei ist – ich werde mich dem widersetzen. Nicht nur heute hier, indem ich das ablehne, sondern auch kontinuierlich in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren. Ich hoffe, dass möglichst viele sich mit widersetzen, wenn es darum geht, rassistische, antisemitische, neonazistische Äußerungen zu legitimieren oder zu legalisieren, so wie Sie es vorhaben. Danke schön.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau König-Preuss. Als Nächste hat Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann wirklich nahtlos an das anschließen, was Frau König-Preuss eben gesagt hat. Sie beschweren sich nämlich dann in Ihrem Antrag noch über die angebliche soziale Ächtung, die Ihnen zuteil wird. Wenn wir aber jetzt lesen oder hören, was auf Frau Muhsals Seite geschrieben wird, dann wundern Sie sich, dass keiner von uns Lust hat, mit Frau Muhsal einen Kaffee trinken zu gehen?

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Frau Marx, jetzt hören Sie doch einmal auf zu lügen!)

Es steht nicht auf Ihrer Seite?

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Das steht auf Ihrer Facebook-Seite! Ich habe Screenshots davon!)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie sind verantwortlich für Ih- re Kommentare, Frau Muhsal!)

Ja, aber die Kommentare sind auf Ihrer Seite und für Ihre Seite – junge Frau –, wenn Sie es noch nicht wissen, sind Sie selbst verantwortlich. Sie eröffnen durch Ihr Portal denjenigen,

Frau Muhsal, wir haben jetzt kein Zwiegespräch, Frau Marx redet jetzt.

(Abg. König-Preuss)

die Kommentare auf Ihrem Portal posten, die Möglichkeit der Veröffentlichung von rechtswidrigen Meinungen, von Aufrufen zu Straftaten und von Beleidigungen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben die Verpflichtung, die zu löschen. Man kann sich über Einzelheiten vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz streiten, aber da ging es darum, genau festzulegen, dass solche Inhalte im Netz nichts zu suchen haben, dass da auch Netzwerkbetreiber dafür Verantwortung haben, aber natürlich in erster Linie, wenn Ihnen politische Kultur doch ernsthaft wirklich am Herzen liegen sollte, dann hätten Sie einen solchen Eintrag doch längst gelöscht. Die Diskreditierung Ihres Begehrens ergibt sich aber nicht nur aus Ihrem faktischen Handeln, sondern auch aus dem Text Ihres Antrags. Ich zitiere noch mal aus dem Vorblatt: „Ähnlich wie in autoritären Regimen richtet sich diese Strategie der sozialen Ächtung [...] nicht gegen den einfachen Bürger, der eine abweichende Meinung hat, diese aber für sich behält, sondern nur gegen diejenigen, die aktiv für ihre Überzeugung und einen Politikwechsel eintreten.“ Damit meinen Sie sich selbst.

Und dann schreiben Sie: „Es handelt sich“ – bei uns hier angeblich – „um ein ausgefeiltes System indirekter Zensur, wie man es auch aus der Türkei und anderen autoritären Staaten kennt.“ Das ist eine Ungeheuerlichkeit und die weise ich hier für uns alle zurück.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit Ihren Meinungsfreiheitskampagnen meinen Sie immer nur, dass Ihre eigene Meinung Vorfahrt genießen soll und dass sozusagen der Chor der Demokraten zu verstummen hätte. Dem gilt auch hier Ihr Gesetzentwurf. Wir haben dazu in der letzten Debatte in der letzten Landtagssitzung auch schon alle ausführlich gesprochen. Aber, wie gesagt, von Ihnen lassen wir uns hier nicht irgendwelche Ratschläge geben. Was Sie für Zensur halten, ist die Durchsetzung von Grundrechten, ist die Durchsetzung von Strafvorschriften und ist die Achtung der Menschenwürde und der Pluralität der Gesellschaft. Und wenn Sie das als Zensur bezeichnen, dann tun Sie mir leid, aber wir werden wie schon in der ersten Lesung Ihren Entwurf hier ablehnen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Marx. Als Nächster und voraussichtlich Letzter hat Herr Möller für die AfD-Fraktion um das Wort gebeten.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, das ist schon eine schöne Sache: Da wird der Tagesordnungspunkt aufgerufen, da geht es um Meinungsfreiheit, und dann spricht Frau König-Preuss von der Linken über Hetze und über die Würde von Menschen und dass man sie doch achten müsste. Offensichtlich hat sie da aber ganz wesentliche Sachen vergessen, nämlich was sie zum Beispiel zur Sperrung des linksextremistischen Portals „linksunten“ gesagt hat.

(Beifall AfD)

Das hat sie offensichtlich vergessen, dass sie das also schon als Bedrohung der Meinungsfreiheit ansieht, dass dieses linksextreme Portal gestoppt wird.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Was habe ich denn gesagt?)

Angesichts der Tatsache, dass dieses linksextreme Portal – jedenfalls laut Meldung des Verfassungsschutzberichts – das wichtigste Medium

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wollen Sie jetzt von Frau Muhsal ablenken, oder was?)

des gewaltorientieren Linksextremismus ist, kann man sich vorstellen, welche Positionen Frau KönigPreuss vertritt und wie glaubhaft es ist, wenn sich Frau König-Preuss hier am Podium gegen Hetze und für die Wahrung der Würde des Menschen und für die Achtung aller Menschen einsetzt.

(Unruhe DIE LINKE)

(Beifall AfD)

Das Ganze ist höchst selektiv und, Frau KönigPreuss, es wird eines klar, warum Sie das tun, warum Sie so selektiv herangehen: Es ist der Grund, warum im Grunde genommen die Ideologie, die Ihre Partei auch vertritt, schon immer auf Gewalt gesetzt hat, wenn sie nur die Richtigen trifft. Wenn Sie nur die Richtigen trifft, ist Gewalt für Sie immer okay gewesen.

(Beifall AfD)

Damit haben Sie nie ein Problem gehabt. Die Geschichte Ihrer Ideologie, die Sie ja nach wie vor in Abwandlungen vertreten, Sie haben sie etwas modernisiert, ist noch dieselbe verdorbene Ideologie, die bis zu 100 Millionen Tote auf der ganzen Welt gekostet und verursacht hat.

(Beifall AfD)