Protocol of the Session on June 1, 2017

Ich habe so das Gefühl, dass die Landesregierung doch insgeheim diese Thüringer Einheitsschule will. Sie präferiert das Konzept der sogenannten TGS doch sehr deutlich und gibt hier und da auch mal ganz offen und ehrlich zu, die Gemeinschaftsschule zukünftig noch besser stellen zu wollen als die anderen Schularten, mehr noch, als es heute dank erhöhter Stundenzuweisung schon der Fall ist. Damit fährt die Landesregierung entgegen ihrer Beteuerung, Herr Prof. Dr. Immanuel Hoff, einen offenen Kurs gegen das bewährte und vielfältige Thüringer Schulsystem. Um auf diese Gefahr hinzuweisen, haben wir im letzten Plenum mit einem Antrag gefordert, das gegliederte Schulsystem in Thüringen zu stärken, denn die Regelschule – das ist heute auch schon mal hier und da zaghaft betont worden; ich muss es noch mal tun, weil ich das in einer wirklich wahren Absicht tue und dahinterstehe – muss wieder zum Herzstück unseres Schulsystems werden und junge Menschen gezielt auf eine Ausbildung vorbereiten, während das Gymnasium wieder zu Studierfähigkeit führen muss. Dafür stehen wir ein.

(Beifall AfD)

So weit erst mal zu den Plänen, zu den angedachten Plänen, zu den begonnenen Projekten der Landesregierung. Aber was hat sie in der ersten Hälfte eigentlich geschafft? Wie sieht die Halbzeitbilanz der Landesregierung im wichtigen, zentralen Bereich der Bildung aus? Zum Beispiel hat sie die Rücküberführung der Hortner in den Landesdienst durchgedrückt und ein funktionierendes System ihrem Zentralisierungswahn geopfert. Jetzt müssen die Kinder oftmals in großen und zusammengelegten Gruppen betreut werden. In vielen Fällen kann nun zum Beispiel eine Hausaufgabenbetreuung nicht mehr stattfinden. Es spricht ja auch Bände, dass mittlerweile die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in Briefen an ihren Bildungsminister die Situation und die Zustände in den Thüringer Horten beklagen.

Außerdem hat die Landesregierung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit Gebühren für die Unterbringung hochbegabter Kinder am Spezialgymnasium erhöht und damit viele Eltern vor große Herausforderun

gen gestellt, die die bestmögliche Förderung für ihre Kinder wünschen. Auch wenn es mittlerweile leider etwas ruhig um das Thema geworden ist, man gewöhnt sich ja doch an so vieles, darf es hier im Rahmen einer Halbzeitbilanz durchaus noch mal erwähnt werden. Die Förderung hochbegabter Kinder, sei es im Sport, in der Musik oder in den Sprachen, muss Priorität für eine Landesregierung haben und diese muss gewährleisten, dass sich jede Familie einkommensunabhängig eine solche Förderung leisten kann.

Die Landesregierung kann sich auf die Fahnen schreiben – ich setze das „auf die Fahnen schreiben“ natürlich in Anführungszeichen –, einen völlig unnützen Bildungsplan! – was für ein Euphemismus – für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr auf den Weg gebracht zu haben. Dieses stark ideologisch eingefärbte Machwerk – anders kann man es nicht bezeichnen – umfasst 370 Seiten und hat 440.000 Euro Steuergelder verschlungen, Geld, das wir als AfD-Fraktion lieber in die Sanierung von Schulen oder die Einstellung von entsprechenden Lehrern investiert hätten.

(Beifall AfD)

Es ist ein Machwerk, dieser Bildungsplan – natürlich. In zentralen Punkten dieses Bildungsplans wird etwas eingefordert und angeregt, was wir grundsätzlich ablehnen: nämlich die Früh- und Hypersexualisierung unserer Kinder. Ja, es ist so, Frau Kollegin Rothe-Beinlich. Der Plan sieht unter anderem vor, Lernarrangements für Kinder zu schaffen, in denen lustbetonte Selbstberührungen akzeptiert und wertschätzend thematisiert werden. In gegenseitigen Massagen soll die Körperwahrnehmung der Kleinsten verbessert werden.

Wir reden hier von Kindergartenkindern, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, von Kindergartenkindern, die sich in gegenseitigen Massagen wahrnehmen sollen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie ein Problem damit oder was?)

Diese sollen dann gemeinsam besprechen, was gut tut und was nicht – Kindergartenkinder. Es scheint fast so, als ob der Grünen-Politiker, der uns allen bekannt ist – ich glaube, der Name war Daniel Cohn-Bendit –, seine Finger bei der Formulierung des Thüringer Bildungsplans doch im Spiel gehabt hätte.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich weiß ja nicht, woran Sie denken, wenn Sie „Massage“ sagen!)

Der sogenannte Bildungsplan – denn Bildung ist eigentlich ein Eingriff in das Werden eines Menschen, das die positiven Anlagen des Menschen

entwickeln soll – will den „Rollentausch“ – so wörtlich – ermöglichen, indem zum Beispiel klassische Märchen in geschlechtsvertauschten Rollen dargestellt werden: „Der Prinz wird wachgeküsst!“

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind ekelhaft!)

Das steht im Thüringer Bildungsplan von null bis 18, lesen Sie es nach! Besorgniserregend ist auch die dem Bildungsplan zugrunde liegende Konzeption des Geschlechts als soziales Konstrukt. Das ist der sogenannte Gender-Mainstreaming-Ansatz. Dieses Geschlecht, das natürliche Geschlecht, von dem wir ausgehen, dass es die Natur eben so gewollt hat, gilt es aufzulösen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann müssen Sie sich mal hinterfragen, wenn Sie so denken! Solch ein Männlichkeitsgehabe!)

Mit solchen postfaktischen Konzepten erfolgt ein Angriff auf die Identität von Kindern, die so in ihrer Entwicklung geschädigt werden.

(Beifall AfD)

Die im Bildungsplan bis 18 Jahre verfolgten Absichten und nahegelegten Methoden sind geeignet, die Identitätsentwicklung von Kindern erheblich zu stören und den Erziehungszielen von Kindern diametral entgegenzulaufen. Ich betone noch einmal: Frühsexualisierung im Kindergarten führt zum Raub der Kindheit. Da sagen wir als Eltern: Hände weg von den Seelen unserer Kinder!

(Beifall AfD)

Zu guter Letzt hat die Landesregierung auch ihr ideologisches Lieblingskind, das sogenannte Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit, weiter aufgestockt und fördert damit die ideologische Politisierung von Schulkindern und Lehrern. Das tut sie, als hätte sie nie von einem Beutelsbacher Konsens, vom Thüringer Schulgesetz oder gar von der Thüringer Verfassung gehört. Sie indoktriniert ihre vorgefertigte politische Meinung und verstößt damit in unseren Augen gegen das Neutralitätsprinzip des Staats.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Im Gegensatz zu Ihnen wissen wir, was das bedeutet!)

Fassen wir das Ganze am Schluss verdichtet zusammen: Arbeitsverweigerung bei der Bewältigung des schulischen Alltags – das ist das Erste, was man der Landesregierung vorwerfen muss –, aber dafür maximale Leidenschaft für die Zentralisierung und Ideologisierung. Das ist die ehrliche Analyse der rot-rot-grünen Bildungspolitik in Thüringen. Wir freuen uns schon auf die zweite Halbzeit Ihrer Legislaturperiode. Wir hoffen, dass sie wie im Fluge

vergehen wird, und wir sind guter Hoffnung, dass das rot-rot-grüne Experiment vor allen Dingen auch im Bereich der Bildungspolitik zulasten unserer Kinder,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Hoff- nung ist nur Mangel an Information!)

zulasten der Eltern und zulasten der Thüringer Lehrer dann 2019 spätestens beendet wird. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Matschie, Fraktion der SPD, das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste auf der Tribüne, Herr Minister! Ich will zunächst eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Höcke, machen,

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Gern!)

denn das, was Sie hier zum Bildungsplan gesagt haben, dass Sie die in den Schulen notwendige Sexualaufklärung zum Beispiel in einen Zusammenhang mit Körpererfahrung im Kindergarten stellen

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Lesen Sie nach!)

und das Ganze in den Zusammenhang einer Pädophilie-Debatte rücken, das ist einfach nur widerlich, Herr Höcke, was Sie hier machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Wenn es wi- derlich ist, warum haben Sie es dann reinge- schrieben?)

(Unruhe AfD)

Das ist einfach nur widerlich! Es verkehrt die Tatsachen.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Sie haben die Scheiße da reingeschrieben!)

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es verkehrt wissentlich die Tatsachen, die im Bildungsplan niedergeschrieben sind. An diesem Bildungsplan haben viele Beteiligte mitgewirkt,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Steht alles drin bei Ihnen, schwarz auf weiß!)

Lehrer, Wissenschaftler, die Kirchen, unterschiedlichste Institutionen, Elternvertretungen, und denen allen einen solchen Bildungsplan zu unterstellen

und das hier so zu artikulieren, das ist einfach nur schäbig und vor allem eins: widerlich, Herr Höcke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Stehen Sie dazu! Seien Sie wenigstens ehrlich!)

(Unruhe AfD)

Meine Damen und Herren vor allen Dingen der AfD-Fraktion, jetzt hat Abgeordneter Matschie das Wort.

Herr Möller, Sie können sich hier gern zu Wort melden, aber diese Verdrehung von Tatsachen kann ich hier nicht so stehen lassen.