Protocol of the Session on June 1, 2017

Frau Abgeordnete König, ich sagte, ich rede hier nicht in erster Linie als Abgeordneter, ich rede auch

(Abg. Wolf)

nicht in erster Linie heute hier als Lehrer mit einer 15-jährigen Berufserfahrung in sämtlichen Schulformen des Sekundarbereichs I und II. Ich rede und stehe heute in erster Linie als vierfacher Familienvater hier vorn, der in Kürze, nämlich nach den Sommerferien, dann sein jüngstes Kind auch in die Schule und in einen neuen Lebensabschnitt entlassen wird. Mein jüngster Spross, der ist wirklich schulreif, das spüren meine Frau und ich. Er freut sich riesig auf diesen neuen Lebensabschnitt, er freut sich riesig auf die Schule.

Meine Frau und ich können allerdings diese Freude unseres jüngsten Sprosses nur begrenzt teilen. Wie Millionen Eltern in Thüringen und Deutschland sind wir in Sorge um die Bildungszukunft unserer Kinder in einem einst für Bildung gerühmten und berühmten Land. Wir spüren, und nicht nur wir, dass die Bildungssubstanz unseres Landes – Sie spüren, ich werde jetzt grundsätzlich, weil der Politik in diesem Lande die Grundsätzlichkeit verloren gegangen ist und wir gerade leider von den Altparteien in erster Linie nur noch ein Kurieren an Symptomen gewöhnt sind. Ich werde grundsätzlich und das ist notwendig und das ist unsere Aufgabe als AfD-Oppositionsfraktion im Thüringer Landtag und bald auch im Deutschen Bundestag.

(Beifall AfD)

Die Bildungssubstanz ist angegriffen. Sie ist sehr stark angegriffen trotz oder besser wegen der von Prof. Hoff auch schon mehrfach erwähnten sogenannten Bildungsoffensiven und sie ist vor allem angegriffen aufgrund gesamtgesellschaftlicher Fehlentwicklungen, die natürlich das System Schule und die Bildung stark beeinflussen. Die Klagen über mangelnde Ausbildungs- und Studierfähigkeit der Schulabsolventen nehmen zu. Es ist genau so, wie das Ehrhardt Bödecker mal auf den Punkt gebracht hat, als er diagnostizierte – ich zitiere mit ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin –: „Noch nie haben so viele Menschen [...] unsere Schulen und Universitäten besucht, um so wenig [dabei] zu lernen.“ Viele fragen sich: Warum ist das so? Warum ist dieser Zustand so trefflich beschrieben, obwohl niemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, niemals zuvor in der Geschichte dieses Landes mehr Geld in Bildung investiert worden ist und mehr Lehrer pro Schüler zur Verfügung gestanden haben als in der Gegenwart? Warum ist das so?

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, das ist so, weil – ich muss mich hier natürlich verkürzt darstellen – erstens – ich nenne jetzt vier Punkte – Schüler, Eltern und Lehrer mit immer neuen Bildungsexperimenten in ihrer Handlungssicherheit verunsichert werden. Das ist das sogenannte Kontinuitätsdefizit. Das ist einerseits strukturell bedingt. Wir leben in einer parlamentarischen Demokratie, die natürlich in Legisla

turperioden funktioniert. Das bedeutet, dass gerade in diesem zentralen, landespolitischen Politikfeld Bildung immer wieder neue Landesregierungen ihre ideologischen Duftmarken setzen wollen und entsprechend Eindruck hinterlassen möchten. Dadurch ist das Bildungswesen in einer Dauerreformsituation und manchmal auch in einer Dauerrevolutionssituation. Das stört natürlich den Schulfrieden, denn wir wissen als Pädagogen, wir wissen als Eltern, die Kinder in der Schule haben, dass Pädagogik, Erziehung, Bildung vor allen Dingen eines brauchen, nämlich Schulfrieden. Um diesen Schulfrieden zu erreichen, um Kontinuität in den Bildungsprozess zu bekommen, zumindest die, die in diesem System der Diskontinuität überhaupt möglich ist, brauchen wir ein Ende der Dauerrevolution im Bildungsbereich, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete.

(Beifall AfD)

Warum ist das noch so, dass unsere Bildungssubstanz verzehrt und verfällt? Das ist zweitens so, weil immer mehr die Tendenz vorherrscht, dass der Lehrer zu einem Lernbegleiter degradiert wird und sich kaum noch traut – eine Ursache liegt auch darin, dass er von der Politik alleingelassen wird –, eine natürliche, ordnende Autorität auszubilden. Das ist das von mir so benannte Autoritätsdefizit.

Das ist drittens so, weil immer weniger Schüler die notwendige Gruppenfähigkeit besitzen, wenn sie in das System Schule kommen. Das ist das sogenannte Sozialisationsdefizit, das Minister Prof. Hoff durchaus zumindest indirekt auch angesprochen hat. Ja, es gibt ein notwendiges Mindestmaß an Gruppenfähigkeit, damit das System Schule als Ort des kollektiven Lernens überhaupt funktionieren kann. Wenn aber immer mehr Kinder in diesen Schulen sind, bei denen zu Hause keine Ordnungsliebe, keine positive Unterordnungsfähigkeit, die dann entsteht, wenn beispielsweise Geschwisterkinder zugegen sind, ausgebildet und in die Schulen transportiert wird, dann fehlt das Fundament einer gemeinsamen kollektiven Beschulung. Dann muss alles von unseren Lehrern wieder neu erklärt werden. Dann muss erst einmal Gruppenfähigkeit antrainiert werden. Das dauert und das bindet Energie, Lehrenergie und vor allen Dingen viel Lehr- und Lernzeit. Das ist das von mir so genannte Sozialisationsdefizit.

Viertens und letztens ist das so, weil immer mehr Schüler unsere Schulen besuchen, die über keine oder nur geringe Deutschkenntnisse verfügen. Auch das belastet den Erziehungs- und Bildungsprozess in unseren Schulen, in Thüringen noch nicht so stark wie in den westlichen Bundesländern und wie in den Großstädten, aber die Situation wird sich, wenn die Einwanderungsdynamik so anhält, in einigen Jahren auch in Thüringen verstärkt einstellen. Um das vorauszusagen, muss man leider

wahrlich kein Prophet sein. Das ist das von mir so genannte Integrationsdefizit.

Das Kontinuitätsdefizit, das Autoritätsdefizit, das Sozialisationsdefizit und das Integrationsdefizit sind dafür verantwortlich, dass die Bildungssubstanz in Deutschland und in Thüringen verfällt und zerfällt.

(Beifall AfD)

Um das jetzt einfach noch einmal in Kürze zusammenzufassen, weil das jetzt einige Begriffe waren, die etwas abstrakt sind, kann man sagen, dass die Schulen bzw. die Lehrer immer mehr erziehen müssen. Sie müssen immer mehr integrieren und jetzt müssen sie auch noch immer mehr inkludieren und kommen so logischerweise immer später zu ihrem Kerngeschäft, nämlich der Vermittlung von Bildung.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, das ist die bedrückende Ausgangslage der Schule in Deutschland und auch in Thüringen im Jahr 2017. Diese bedrückende Ausgangslage dürfen wir nicht nur bildungspolitisch interpretieren und analysieren, die müssen wir vor allen Dingen auch gesellschaftspolitisch und familienpolitisch analysieren und erklären. Wir müssen sie nicht nur bildungspolitisch verändern, sondern wir müssen sie auch gesellschaftspolitisch und familienpolitisch zum Besseren verändern.

(Beifall AfD)

Die allgemeine betrübliche Lage wird in Thüringen noch durch hausgemachte Probleme verschärft, nämlich durch den heute schon oft erwähnten Stundenausfall, durch Zentralisierungstendenzen, die leider für linke Projekte typisch sind, und durch Ideologisierung – ebenfalls ein typisches Phänomen linker Politikansätze. In der Schule eines meiner Kinder muss der verzweifelte Schulleiter, der jeden Tag versucht, irgendwie noch einen ordentlichen Unterricht zu gewährleisten und zu organisieren, mittlerweile Klassen tageweise nach Hause schicken. Das ist im thüringischen Eichsfeld, den Namen der Schule nenne ich hier nicht.

In Worbis, ebenfalls im thüringischen Eichsfeld, in meinem Heimatlandkreis, fallen am örtlichen Gymnasium – viele der Kollegen dort und der Schüler, die dort unterrichtet werden, sind heute hier in Erfurt zu Gast – 50 bis 70 Unterrichtsstunden pro Woche aus; das Fach Informatik wird zurzeit gar nicht mehr unterrichtet. Eltern, Lehrer und Schüler haben eine großartige Unterschriftenaktion gestartet. Über 2.000 Unterschriften – ich glaube, es waren genau 2.280, die dort übergeben worden sind – sind gesammelt worden, um zu zeigen, wie groß der Leidensdruck der Schüler, der Eltern und der Lehrer in Worbis ist und wie groß auch gleichzeitig die Lernbereitschaft ist, die man verständlicherweise und gesetzlich auch vorgeschrieben gestillt haben möchte.

So, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wie im Eichsfeld sieht es leider in ganz Thüringen aus. Wir haben einen Stundenausfall, der auf Rekordniveau liegt. In der zweiten Erhebungswoche des Schuljahres 2016/2017 sind 5 Prozent des Unterrichts an den allgemeinbildenden Schulen ersatzlos ausgefallen. Und dazu kommt noch der nicht regulär erteilte Unterricht, also Vertretungsstunden durch fachfremde Kollegen, aber auch Vertretungsstunden durch Fachlehrer, die aber nicht wissen, wo denn gerade der Unterrichtsgang in dieser Schulklasse zuletzt stehen geblieben ist, oder auch sogenannte Stillarbeitsstunden. Alles das sind Stunden, die nicht in der Statistik erscheinen, die dem Einzelnen in seinem Bildungsgang aber keine Weiterentwicklung ermöglichen. Wir können also davon ausgehen, dass grob geschätzt etwa 10 Prozent der Stunden in Thüringen zurzeit ausfallen. Und 10.000 Schüler haben zuletzt nur ein lückenhaftes Zeugnis bekommen, weil die Noten aufgrund des zu hohen Unterrichtsausfalls nicht erteilt werden konnten. 10 Prozent Stundenausfall in Thüringen – das bedeutet, dass ein thüringischer Abiturient nach zwölf Jahren über ein Schuljahr verloren hat. Das ist in unseren Augen nicht hinnehmbar. Das ist Arbeitsverweigerung und das ist nichts anderes als ein völliges Scheitern im Bereich der Bildungspolitik,

(Beifall AfD)

ein Scheitern – und darauf hat Minister Prof. Dr. Immanuel Hoff zu Recht hingewiesen –, das natürlich alle Regierungsverantwortlichen der letzten Jahrzehnte in unterschiedlichen Gewichten hier in Thüringen und bundesweit jeweils zu tragen haben. Hier in Thüringen, das wissen wir und das ist heute auch schon oft beschrieben worden, fehlt eine komplette Lehrergeneration.

Ein Blick in die Statistik zeigt uns nun, dass wir noch lange nicht die schwierigsten Zeiten erreicht haben. Der Thüringer Durchschnittslehrer war nämlich im Schuljahr 2016/2017 51,3 Jahre alt. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren Tausende Lehrer in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen werden. Diese Stellen müssen neu besetzt werden. Aber wie das geschehen soll, das verrät uns die Landesregierung nicht. Es gibt keinerlei Konzept. Es gibt noch nicht mal den Ansatz eines Konzepts, wie die Pensionierungsfälle der nächsten Jahre aufgefangen werden sollen. Das nenne ich tatsächlich Arbeitsverweigerung.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen – und da müssen wir uns nichts vormachen, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete – werden wir diese Tausenden neuen Lehrer in den nächsten Jahren nicht bekommen. Deswegen haben wir als AfD-Fraktion im Thüringer Landtag hier vor Kurzem einen Antrag eingebracht, der die Attraktivität des Lehrerberufs, und das ist notwendig, in Thüringen deutlich hätte –

und leider muss ich hier den Konjunktiv verwenden, ich hätte gern im Indikativ gesprochen – steigern können. Wir haben unter anderem vorgeschlagen, das Einstellungsverfahren zu straffen, eine Anstellung von Lehrern zum nächstmöglichen Termin sicherzustellen, Zulagen für Lehrer zu schaffen, die im ländlichen Raum und/oder in Mangelfächern unterrichten, und Lehrer vor allen Dingen – und das ist auch meine Erfahrung als Lehrer und vor allen Dingen das, was die Motivation unserer Lehrer untergräbt – von bürokratischen Aufgaben zu entlasten. Aber leider wollten das die anderen Fraktionen in diesem Hohen Hause nicht. Und so wandelt die Landesregierung, sie wandelt, wandelt und wandelt Lehrerstellen um. Das macht sie lieber, als neue Lehrer einzustellen bzw. den Lehrerberuf in Thüringen attraktiv zu machen. In einem Drittel der Fälle werden Stellen nur noch durch eine entsprechende Wandlung besetzt. Man stellt anstatt des Mathe/ Physik-Lehrers, der gebraucht wird, dann eben einen Sozialkunde/Ethik-Lehrer ein, obwohl der wahrscheinlich nicht benötigt wird – was für ein Possenstück aus der Kategorie Schildbürgerpolitik!

(Beifall AfD)

Uns als AfD-Fraktion hier im Landtag verwundert natürlich auch, dass die Landesregierung in dieser angespannten Lage, in der sich die Schulen in Thüringen befinden, an der zeitlichen Abfolge ihres Stellenabbauplans festhält. Wie wir aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Wiebke Muhsal wissen, hält die Landesregierung es weiterhin für machbar, im Bereich des Bildungsressorts 2.426 Stellen bis zum Jahr 2025 einzusparen. Wir halten das für keineswegs machbar. Die Umsetzung des Stellenabbauplans muss dringend im Bereich des schulischen Personals ausgesetzt werden. Zusätzlich müssen in dieser Lage sofort die Lehrer, die sich in Abordnung befinden, die also lehrfremde Aufgaben zu erfüllen haben, in die Schulen zurückbeordert werden, um den Unterrichtsausfall zu minimieren. Nur so ist es möglich, den Unterricht an den Thüringer Schulen abzusichern. Und darauf – das dürfen wir niemals vergessen – haben unsere Kinder ein Recht.

(Beifall AfD)

Anstatt in diesen wichtigen Bereich der Unterrichtsabdeckung Arbeit zu investieren und schnell Abhilfe zu schaffen, investiert diese Landesregierung ihre Energie lieber in einen kompletten Umbau, in eine komplette Neustrukturierung des Thüringer Schulsystems. Anders als die präsidialen Äußerungen des Ministers Prof. Benjamin Hoff vermuten lassen, geht im Hintergrund genau das vonstatten, was er – das habe ich eingangs meiner Rede bereits erwähnt – eine Revolution auf dem Verordnungsweg genannt hat. Das größte Anliegen ist dabei die Abschaffung der Förderschulen und ein ideologiegetriebenes Vorantreiben der Inklusion an Thüringer

Schulen auf Kosten der beeinträchtigten und vor allen Dingen auch auf Kosten der nicht beeinträchtigten Kinder. Gerade das muss an dieser Stelle, an diesem Ort und im Rahmen dieser Diskussion mal offen und deutlich ausgesprochen werden, weil sich das außerhalb der AfD anscheinend niemand in dieser Deutlichkeit auszusprechen traut: Es sind nämlich besonders die unauffälligen, die „gewöhnlichen“, die nicht anders begabten Kinder, die Kinder der „Normalos“. Man traut sich kaum, diesen Begriff auszusprechen, aber er ist genau richtig platziert. Es sind die Kinder der „Normalos“, die jeden Tag in Thüringen und Deutschland als Erziehungshelfer – ich habe es erlebt, 15 Jahre war ich im Unterricht –, die überall in Deutschland heute und in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren immer wieder als Erziehungshelfer, Mediatoren, Integrationshelfer und Inklusionshelfer gebraucht und leider manchmal auch missbraucht werden.

(Beifall AfD)

Ein Unterrichtstag hat an deutschen Schulen eben nur sechs oder acht Stunden, und wenn die Nachmittagsbetreuung hinzukommt, was aber nicht Unterricht bedeutet, dann sind es vielleicht auch mal neun oder neuneinhalb Stunden. Aber die Lehrer haben auf jeden Fall immer weniger Zeit für die Kinder der „Normalos“, das liegt in der Natur der Sache, denn ein Unterrichtstag hat nur die von mir dargestellte Quantität an Schulstunden. Der Bildungsanspruch dieser „Normalos“

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist unglaublich!)

ich rede jetzt hier als Vater von vier normalen Kindern. Darf man das noch sagen? Ja, ich tue es. – in Thüringen und Deutschland bleibt auf der Strecke. Die Eltern dieser „Normalos“ sind hochbesorgt und das sind sie leider zu Recht.

(Beifall AfD)

Ich möchte in diesem Kontext noch mal darauf hinweisen, dass es keine Studien dazu gibt, dass alle Kinder mit einer Behinderung von der Inklusion profitieren. Diese hier forcierte flächendeckende Inklusion ist nichts als ein gesellschaftliches Experiment von Ideologen, das unter den inakzeptablen Rahmenbedingungen einen Bildungserfolg behinderter und nicht behinderter Kinder gefährdet. Besonders das, was man den Lehrern hier zumutet, ist in meinen Augen erschreckend. Die von Ihnen, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sicherlich alle zur Kenntnis genommene Forsa-Studie zur Inklusion, die vor einigen Tagen zu großen Diskussionen geführt hat, hat herausgefunden, dass jede dritte Lehrkraft, die in inklusiven Klassen unterrichtet, keinen Ansprechpartner hat, um sich fachlichen Rat einzuholen, dass über 80 Prozent der im inklusiven Unterricht eingesetzten Lehrer in ihrer Ausbildung niemals mit dem Thema „Inklusion“ in Kontakt ge

kommen sind, davon abgesehen, dass ein Modul „Inklusion“ in einem allgemeinen Lehramtsstudium natürlich nicht ein sonderpädagogisches Studium ersetzen kann – das muss uns klar sein –, und, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, dass über 80 Prozent an ihren Schulen mit der Bewältigung physischer und psychischer Belastung durch Inklusion alleingelassen werden.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, so ruiniert man die Motivation unserer Lehrer. So ruiniert man aber darüber hinaus vor allen Dingen die Gesundheit unserer Lehrer. Sie, sehr verehrte Frau Staatssekretärin, Sie, sehr verehrte Landesregierung, befinden sich in meinen Augen auf einem bildungspolitischen Amoklauf. Aber ich verspreche Ihnen, dass wir diesen bildungspolitischen Amoklauf zusammen mit den Schülern und den Eltern hier in Thüringen stoppen werden.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Amoklauf – Sie denken in schlimmen Bildern!)

Die Belastung von Inklusion an Thüringer Schulen ist zu greifen. Die Belastung wird in jeder Schule artikuliert, wenn Sie mit Lehrern ins Gespräch kommen. Sie alle sind an unseren Schulen unterwegs und Sie wissen, was Sie alle den Lehrern in Thüringen zumuten. Deswegen ist es heute noch mal an der Zeit und es ist der richtige Ort dafür, etwas zu tun, was Wiebke Muhsal und ich bereits vor einem Monat getan haben: Thüringen braucht ein Moratorium für Inklusion und es braucht dieses Moratorium sofort.

(Beifall AfD)

Wir wollen – ganz entgegen der Vorstellung der Landesregierung –, dass die Bildung vom Kind aus gedacht wird und nicht von der Ideologie, dass die Förderschulen in allen bestehenden Förderschwerpunkten erhalten und sogar weiterentwickelt werden, denn die Förderschulen mit ihrer passgenauen Förderung in Kleingruppen durch hoch spezialisierte Lehrer sind kein Hemmnis bei der Durchsetzung der sogenannten UN-Behindertenrechtskonvention. Nein, das sind sie nicht, sie sind – im Gegenteil – deren Übererfüllung.

(Beifall AfD)

Jetzt begrüße ich auch den Minister Prof. Dr. Immanuel Hoff – schön, dass Sie da sind!

Natürlich wollen wir auch Inklusion zulassen, aber Inklusion muss an Schulen stattfinden, die dementsprechend ausgestattet sind, die die entsprechenden Fachkräfte haben. Deswegen haben wir als AfD-Fraktion vorgeschlagen, sogenannte Schwerpunktschulen einzurichten, die inklusiv unterrichten und an denen Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam lernen können. Wenn beide Sei

ten das für sich als richtigen Weg erachten, spricht in unseren Augen nichts dagegen.

Ja, Schulvielfalt, das wurde auch angesprochen, die Schulvielfalt wurde hochgelobt, es wurde ein Loblied auf die Schulvielfalt gesungen, jedenfalls tat das der augenblickliche Bildungsminister. Beim Kollegen Wolf sah das schon wieder ein bisschen anders aus, er kaprizierte sich sehr auf die Thüringer Einheitsschule.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, er sprach von der Gemeinschaftsschule!)

Ich habe so das Gefühl, dass die Landesregierung doch insgeheim diese Thüringer Einheitsschule will. Sie präferiert das Konzept der sogenannten TGS doch sehr deutlich und gibt hier und da auch mal ganz offen und ehrlich zu, die Gemeinschaftsschule zukünftig noch besser stellen zu wollen als die anderen Schularten, mehr noch, als es heute dank erhöhter Stundenzuweisung schon der Fall ist. Damit fährt die Landesregierung entgegen ihrer Beteuerung, Herr Prof. Dr. Immanuel Hoff, einen offenen Kurs gegen das bewährte und vielfältige Thüringer Schulsystem. Um auf diese Gefahr hinzuweisen, haben wir im letzten Plenum mit einem Antrag gefordert, das gegliederte Schulsystem in Thüringen zu stärken, denn die Regelschule – das ist heute auch schon mal hier und da zaghaft betont worden; ich muss es noch mal tun, weil ich das in einer wirklich wahren Absicht tue und dahinterstehe – muss wieder zum Herzstück unseres Schulsystems werden und junge Menschen gezielt auf eine Ausbildung vorbereiten, während das Gymnasium wieder zu Studierfähigkeit führen muss. Dafür stehen wir ein.