Protocol of the Session on May 4, 2017

(Beifall CDU)

(Abg. Rothe-Beinlich)

Eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Adams. Bitte. Wir gehen nach der Reihenfolge vor, das ist das Einfachste. Herr Adams, Sie haben sich zuerst gemeldet, Frau Marx hat sich jetzt erst gemeldet, sie kommt dann nach Ihnen. 4 Minuten und 20 Sekunden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, Parlamentarismus ohne Regeln – das habe ich an vielen Stellen, besonders nach Äußerungen der AfD-Fraktion, hier immer wieder sagen müssen – funktioniert nicht. Wir haben heute hier ein wunderbares Lehrstück darüber, dass unsere drei Säulen, nämlich Exekutive, Legislative und Judikative, in einem engen Wechselzusammenhang stehen, in einer Wechselbeziehung stehen. Heute diskutieren wir über den Zusammenhang von Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit, denn beide Sphären berühren sich an dieser Stelle. Deshalb ist es richtig, dass der Kollege Scherer, als Kollege Abgeordneter darf ich ihn so ansprechen, natürlich mit seinem juristischen Werkzeug hier juristisch parlamentarisch argumentiert. Sie sind Parlamentarier, Sie sind Beteiligter, Sie sind Antragsgegner des Antrags der Koalitionsfraktionen hier. Sie argumentieren juristisch, zum Beispiel, indem Sie zitieren oder auslegen. Aber da kann ich nur sagen, lieber Kollege Scherer, auch da sind Sie bei Ihrer Ehre als Jurist nun gepackt, auch als Parlamentarier. Sie dürfen nicht unvollständig zitieren. Und Sie dürfen, wenn Sie auslegen, eben als Jurist nicht gegen den Wortlaut auslegen. Und weil auch Herr Brandner das als Jurist versucht hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich ganz kurz den § 114 unserer Geschäftsordnung und hier den Absatz 1 Satz 1 zitieren: „Jeder Abgeordnete ist berechtigt, die Akten des Landtags einzusehen, die über Gegenstände der parlamentarischen Beratungen im Plenum sowie in Ausschüssen und den sonstigen Gremien des Landtags angelegt sind,“ – alle angelegten – „soweit nicht die Einsicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder dieser Geschäftsordnung, insbesondere aus Gründen der Geheimhaltung, eingeschränkt ist.“ Jetzt zeigen Sie mir die gesetzliche Vorschrift oder den geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalt, der hier dagegenspricht. Und dann, lieber Herr Scherer, müssen wir sagen: Der Wortlaut sagt sehr klar, dass alle Abgeordneten alles sehen dürfen, was unter diesen Fall fällt.

(Zwischenruf Abg. Scherer, CDU: „Alles“ steht da nicht!)

Es sei denn, gesetzlich spricht etwas oder die GO spricht dagegen und es wäre kein parlamentarisches Verfahren und kein Ausschussverfahren.

Aber worüber ist denn das Organstreitverfahren Ihrer Fraktion anhängig? Natürlich über ein parlamentarisches Verfahren und deshalb ist es natürlich eine parlamentarische Angelegenheit insbesondere des Ausschusses für Inneres und Kommunales, die hier verhandelt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt komme ich zur Sphäre der Rechtsstaatlichkeit. Worüber diskutieren wir an dieser Stelle? Wir diskutieren hier darüber, dass die CDU ihr gutes Recht, ihr sehr gutes Recht in die Hand genommen hat, gegen ein Gesetz und das Zustandekommen dieses Gesetzes Klage zu erheben. Und wissen Sie was? Das gute Recht des Innenausschusses, der von Ihnen beklagt wird, ist es, sich zu verteidigen. Das muss im Rechtsstaat möglich sein. Und demjenigen, der sich verteidigt, darf man keine Knüppel in den Weg legen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Sie, Herr Scherer, haben es sehr klar gesagt: Die Entscheidung trifft der Innenausschuss und die Landtagsverwaltung kann maximal Entscheidungshilfen bereitstellen. Ich sage es Ihnen hier sehr deutlich: Das Handeln der Landtagsdirektorin war das Entziehen der Entscheidungshilfen für den Ausschuss.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es war das Entziehen unserer Entscheidungshilfen, es war das Behindern unseres gerechtfertigten Interesses, uns verteidigen zu können in einem rechtsstaatlichen Verfahren. Sie wollten verhindern, dass wir uns durch umfassenden Vortrag in diesem rechtsstaatlichen Verfahren verteidigen. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, appelliere ich an unseren Landtagspräsidenten, zu erkennen, dass es die einzige Aufgabe in dieser Situation sein kann, zerstörtes Vertrauen wieder aufzubauen und sich nicht hinter einer Kommission zu verstecken. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete Marx, bitte.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Scherer, ich möchte noch einmal wirklich in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass Ihre Interpretation von § 104 a nicht zutreffend ist. Beim Absatz 4, den Sie nennen, der angeblich in Wegfall gekommen wäre, in Abkehr davon, dass man sozusagen immer alles zusammen macht in der Geschäftsordnung, war es tatsächlich so, dass wir gesagt haben, das ergibt sich schon aus dem Text da

vor, dass der § 104 a bei Organstreitverfahren nicht anwendbar ist, und dieser 4. Absatz hat nur einen deklaratorischen Charakter Daraufhin hat Ihre Farbe darauf verzichtet, diesen Absatz aufzunehmen. Da gab es keine streitige Abstimmung, weder im Plenum noch bei den vorbereitenden Gremien. Deswegen ist es auch richtig und zutreffend, dass die Landtagsverwaltung eine Stellungnahme erarbeitet hat, dass sie gesagt hat, in diesem Fall gibt es nicht dieses Verfahren mit dem Hauptvotum und dem Sondervotum, weil der Landtag sich ja selber beklagt. Wir haben die absurde Situation, dass aufgrund der Postbotenfunktion, die die Direktorin mit Billigung des Präsidenten – vermute ich – wahrgenommen hat, der Kläger CDU-Fraktion in dem Organstreitverfahren jetzt quasi dreimal vertreten ist. Er sitzt da auf Klägerseite, er darf auch noch mal die Beklagtenseite schmälern und dann kann der Präsident dann auch noch als Kläger selber mitgehen, wenn er das gerne möchte, und dann auch noch mal die Position des Klägers vertreten. Das kann doch nicht normal sein. Und dass Sie das als fair anmahnen: Wenn Sie sich das noch mal genau anschauen, und das wollen wir auch im Justizausschuss tun, dann werden Sie feststellen, dass das nicht so ist. Wenn dann gesagt wird, es sei eine bloße Unterstellung, dass die erheblichen Kürzungen der Landtagsdirektorin zu einer inhaltlichen Schwächung geführt hätten, Sie also versuchen, den Eindruck zu erwecken, das sei fachlich gerechtfertigt gewesen, dann hat der Kollege Dittes Ihnen schon Beispiele dazu genannt.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Der zuständige Referent hat nun auch selber gesagt, dass er das nicht mittragen kann, weil wesentliche Teile fehlen. Wir schauen es uns genauer an.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Brandner, bitte, Sie haben das Wort.

Ich wollte noch mal auf die Worte der Betroffenheitsbeauftragten der Grünen-Fraktion eingehen. Frau Rothe-Beinlich, Ihr Vortrag hier vorne, der hat sehr tief blicken lassen, und zwar sehr tief blicken lassen in Ihr demokratisches und parlamentarisches Verständnis, was Sie jetzt gerade wahrscheinlich durch das Rausgehen auch zum Ausdruck bringen.

(Unruhe SPD)

Ich kann mir richtig vorstellen, was da bei den Koalitionsverhandlungen auf der rot-rot-grünen Seite los war. Da waren der Landtagspräsident und die Geschäftsordnung unseres Landtags wahrscheinlich Verhandlungsmasse.

(Beifall CDU, AfD)

Nicht anders sind die Ausfälle von Frau RotheBeinlich zu erklären. Denn das, wie man hier einen Landtagspräsidenten kürt, geht ja weit über Gepflogenheiten hinaus. Dass der von der stärksten Fraktion gestellt wird, mag eine Gepflogenheit sein, aber bei uns steht es ja in der Geschäftsordnung richtig drin. Schauen Sie in § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung, danach werden die Landtagspräsidenten quasi auf Vorschlag der Fraktionen unter Beachtung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen gewählt. Das ist eine gesetzliche Vorschrift. Die haben Sie auf dem Altar Ihrer Koalitionsverhandlungen offenbar opfern wollen,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was wollen Sie uns denn jetzt hier unterstellen?)

wahrscheinlich als Manövriermasse, um Ihnen noch ein Pöstchen untereinander zuzuschieben. Das, muss ich Ihnen sagen, geht weit über das hinaus, was ich gesagt habe. Nicht die Partei hat immer recht, das war gestern. Die Mehrheit hat immer recht, habe ich vermutet. Bei Ihnen heißt es wahrscheinlich hier: Der Ramelow-Block hat immer recht, komme, was da wolle.

(Unruhe DIE LINKE)

Das, muss ich Ihnen sagen, hat mit Parlamentarismus nicht viel zu tun.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Mit Ca- rius haben wir eine Dreistimmenmehrheit!)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich damit die Aussprache schließe. Wir kommen zur Abstimmung.

Herr Blechschmidt.

Namens der Koalitionsfraktionen, Herr Präsident, beantrage ich namentliche Abstimmung.

Über die Ausschussüberweisung?

(Abg. Marx)

Über den Antrag, Herr Präsident. Wir stimmen jetzt über den Antrag ab und dann wird der automatisch an den Ausschuss überwiesen.

Also ich habe die Debatte vorhin anders verstanden, als würde die Ausschussüberweisung beantragt werden.

Dann bitte ich die beiden Stimmzähler, die Karten einzusammeln und eröffne die namentliche Abstimmung.

Hat jeder die Gelegenheit zur Stimmabgabe gehabt? Dann möchte ich selbst meine Stimme noch abgeben, wenn es geht. Dann schließe ich den Abstimmungsvorgang und bitte um Auszählung.

Wir haben ein Ergebnis. Es wurden 80 Stimmen abgegeben, Jastimmen 45, Neinstimmen 35, keine Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe An- lage 2). Damit ist der Antrag in der Drucksache 6/ 3809 mit Mehrheit angenommen.

(Beifall SPD)

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Fortsetzung der Arbeit der drei Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Thüringen im Rahmen eines Gedenkstättenkonzeptes Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3489 dazu: Überprüfung und Verbesserung der wissenschaftlich-pädagogischen Ausstrahlung der drei Außenstellen in Zusammenarbeit mit dem Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3855

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Kellner, bitte, Sie erhalten das Wort.

Danke. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Antrag „Fortsetzung der Arbeit der drei Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen im Rahmen eines Gedenkstät

tenkonzeptes“ soll heute hier beraten und beschlossen werden. Ich gehe davon aus, dass nach wie vor allen Fraktionen im Landtag die Aufarbeitung von SED-Unrecht wichtig ist und damit auch der Zugang zu den Stasiakten dauerhaft gewährleistet wird. Grundlage des heutigen Antrags ist unser Antrag vom vergangenen Jahr für den Erhalt der Außenstellen des BStU – also Beauftragten für Stasiunterlagen – in Gera, Erfurt und Suhl. Auch wenn man hier und da den Vorwurf gehört hat, dass wir von dem ursprünglichen Antrag abrücken, so kann ich Sie beruhigen. Es ist mitnichten der Fall. Nur, es haben sich die Verhältnisse und die Umstände geändert und deswegen muss man auch darauf Bezug nehmen. Anlass dazu gab nun die Auswertung des Abschlussberichts der vom Bundestag eingesetzten Expertenkommission zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR vom 5. April 2016 sowie der Handlungsauftrag des Beauftragten für Stasiunterlagen Herrn Jahn, diese Handlungsempfehlung zügig umzusetzen. Kernaussage des Abschlussberichts: Nach 2019 soll die Aufgabenwahrnehmung der Behörde so organisiert werden, dass diese an das Bundesarchiv angegliedert wird und damit auch die Akten in den Bestand des Bundesarchivs zu überführen sind. Zudem empfiehlt der Kommissionsbericht für die 5 betroffenen Bundesländer, also auch Thüringen, nur noch eine Außenstelle des BStU als zentralen Archivstandort pro Bundesland zu erhalten. Darüber hinaus findet sich die in diesem Kontext wichtige Aussage im Bericht, dass die Bestände aufgrund mangelhafter Archivierungsbedingungen in sämtlichen Außenstellen ernsthaft gefährdet seien und daher moderne konservatorische Bedingungen zu schaffen sind und ein Zentralarchivneubau mit Bundesmitteln nötig wird.

Warum der Antrag jetzt? Die Empfehlung dieser Expertenkommission soll Grundlage für die Entscheidung des Bundesbeauftragten Jahn noch in diesem Jahr sein. Also nicht der Bundestag entscheidet – neuer Kenntnisstand nach Auskunft des BStU. Natürlich müssen zum Schluss die Haushälter noch darüber befinden, wenn entsprechende Vorlagen da sind, was die Mittelbereitstellung anbelangt. Aber in erster Linie sind das Entscheidungen des Beauftragten für die Stasiunterlagen, welche noch dieses Jahr getroffen werden sollen. Im Sommer wird die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in den fünf betroffenen neuen Bundesländern die Standorte, die die Landesregierungen dort empfohlen haben, abschließend prüfen. In den anderen vier betroffenen Bundesländern wurden bereits Standortfragen einvernehmlich gelöst. Man hat mit Herrn Jahn verhandelt und sich auf die entsprechenden Standorte in den anderen vier Bundesländern verständigt.

Die Landesregierung hat im Jahr 2017 einen gemeinsamen Antrag mit Sachsen, Sachsen-Anhalt in den Bundesrat eingebracht, gleichzeitig haben die anderen Bundesländer bereits parallel Verhandlungen mit dem BStU geführt und sich für einen zentralen Archivstandort entschieden. Das habe ich gerade gesagt, Grundlage war dieser in den Bundesrat eingebrachte Antrag. Nur Thüringen hat bis heute diese Entscheidung nicht getroffen. Solange wir aber keinen Vorschlag für einen zentralen Archivstandort unterbreiten, haben wir unter Umständen folgendes Problem: Erstens, die Bundesinvestition für einen zentralen Archivneubau ist für Thüringen ungewiss und der Zerfall der Akten wird in absehbarer Zeit nicht aufgehalten werden und zweitens ist der damit in Verbindung stehende langfristige Verbleib der Akten in Thüringen gefährdet und diese könnten nach Berlin in das Bundesarchiv kommen, was wir natürlich alle nicht wollen. Deswegen bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Wünscht jemand aus den Koalitionsfraktionen das Wort zur Begründung? Bitte, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wünschte, ich könnte jetzt hier einen Alternativantrag vorstellen, der von vier Fraktionen getragen wird,