Protocol of the Session on March 23, 2017

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung wann und gegenüber wem ergriffen, um eine Novellierung der bundesrechtlichen Regelungen zum Sonn- und Feiertagsfahrverbot mit dem Ziel der Vereinheitlichung zu erreichen?

2. Welche Ergebnisse wurden dabei erzielt?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Frau Ministerin Keller.

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Malsch beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Ich bitte wegen des Sachzusammenhangs darum, die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantworten zu dürfen.

Die Landesregierung setzt sich im Rahmen der eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine Novellierung der bundesrechtlichen Regelungen zum Sonn- und Feiertagsfahrverbot in der StVO sowie der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO ein. Aktuell befindet sich eine Verordnung zur Änderung der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO in der Erarbeitungsphase beim Bund. Hierin soll eine Regelung enthalten sein, die Kraftfahrzeuge, bei denen die beförderten Gegenstände zum Inventar gehören, generell vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot ausnimmt. Dies betrifft auch entsprechende Schaustellerfahrzeuge, sodass für diese Fahrzeuge mit Wirksamwerden der Verwaltungsvorschrift Ausnahmegenehmigungsverfahren nicht mehr erforderlich sein werden. Da die Beratungen in der sporadisch tagenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe nur sehr langsam voranschreiten, habe ich die zuständigen Thüringer Behörden darüber informiert, dass diese Regelung für entsprechende Schaustellerfahrzeuge in Thüringen bereits im Vorgriff auf die bundesrechtliche Regelung anwendbar ist.

Derzeit wird von den Thüringer Behörden an einer zeitnahen Umsetzung gearbeitet. Über den Zeitpunkt des Inkrafttretens werde ich Sie, sobald dieser feststeht, auch informieren.

(Staatssekretär Götze)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Gibt es Nachfragebedarf? Das sehe ich nicht. Herzlichen Dank.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Henfling, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, vorgetragen von Frau Abgeordneter Rothe-Beinlich, Drucksachennummer 6/3600.

Extrem rechte Konzertsaison 2017

Thüringen wird als „Kernland“ für den Rechtsrock in der Bundesrepublik Deutschland gesehen. Mobit, die Mobile Beratung in Thüringen für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, prognostizierte in einem Zeitungsartikel in der „Thüringer Allgemeinen“ mit dem Titel „Thüringen ist Kernland des Rechtsrock“ vom 30. Dezember 2016 einen Anstieg der Konzerte und Liederabende. Mir ist bekannt, dass am 1. April 2017 in Mittelthüringen, am 6. Mai 2017 in Leinefelde, am 6. Mai 2017 in Mitteldeutschland, am 10. Juni 2017 in Gotha, am 1. Juli 2017 in Gera, am 15.07.2017 in Südthüringen und am 29. Juli 2017 an einem Ort in Thüringen rechtsextremistische Konzerte stattfinden werden (Quelle: Thürin- gen-Rechtsaussen).

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung bekannt, als welche Art von Versammlung oder Vergnügung (Versammlung unter freiem Himmel oder Versammlung im ge- schlossenen Raum) die vorstehend genannten Veranstaltungen angemeldet wurden (Bezeichnung der Veranstaltung mit Angabe des/der Veranstaltenden/ Anmeldenden sowie angegebene Anzahl der Teil- nehmenden werden erbeten)?

2. Wie bewertet die Landesregierung diese Frequenz von extrem rechten Musik-Events in Thüringen?

3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung gegen solche Events in Thüringen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Henfling beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Mündliche Anfrage nimmt Bezug auf eine Internetmeldung, wonach die rechtsextremistische Szene am 1. April 2017 in Mittelthüringen, am 6. Mai 2017 in Leinefelde, ebenfalls am 6. Mai 2017 in Mit

teldeutschland, am 10. Juni 2017 in Gotha, am 1. Juli 2017 in Gera, am 15. Juli 2017 in Südthüringen und am 29. Juli 2017 an einem Ort in Thüringen rechtsextremistische Konzerte plant. Hierzu liegen der Landesregierung im Sinne der Fragestellung folgende Erkenntnisse vor:

Bei dem für den 1. April in Rede stehenden Konzert in Mittelthüringen ist noch nicht bekannt, ob es überhaupt in Thüringen stattfindet, da hier noch keine behördliche Anmeldung vorliegt. Der NPD-Kreisverband Eichsfeld zeichnet für die angemeldete Kundgebung/Versammlung unter freiem Himmel mit Rede- und Musikbeiträgen am 6. Mai 2017 in Leinefelde verantwortlich. Die Veranstalter erwarten etwa 800 Teilnehmer.

Hinsichtlich des geplanten rechtsextremistischen Konzerts am 6. Mai 2017 in Mitteldeutschland liegen Hinweise auf den Veranstaltungsort Kirchheim vor. Das Konzert wurde bislang nicht angezeigt.

Die Anmeldung für den geplanten Thüringentag der nationalen Jugend am 10. Juni 2017 in Gotha wurde vom Veranstalter zurückgezogen.

Der NPD-Kreisverband Gera mobilisiert gemeinsam mit freien Kräften für die Kundgebung „Rock für Deutschland (ist zurück!)“ am 1. Juli 2017. Eine Anmeldung liegt noch nicht vor.

Für den 15. Juli 2017 ist eine Kundgebung/Versammlung unter freiem Himmel mit Rede- und Musikbeiträgen in Hildburghausen angemeldet, zu der derzeit etwa 2.000 Teilnehmer erwartet werden. Der Veranstalter ist ein langjähriger Angehöriger der rechtsextremistischen Szene aus Thüringen.

Des Weiteren liegt für den 29. Juli 2017 eine Anmeldung für eine Kundgebung/Versammlung unter freiem Himmel mit Rede- und Musikbeiträgen in Sömmerda vor, zu der etwa 750 Teilnehmer erwartet werden. Der Veranstalter ist ein langjähriger Angehöriger der rechtsextremistischen Szene aus Bayern.

Die Antworten zu den Fragen 2 und 3 möchte ich zusammenfassen: Knapp 74 Prozent aller rechtsextremistischen Konzertveranstaltungen in Deutschland fanden in den ostdeutschen Bundesländern statt. Thüringen weist aufgrund seiner zentralen geografischen Lage sowie des großen Angebots an preisgünstigen oder leer stehenden Gebäuden eine Infrastruktur auf, die sich sowohl für die Veranstalter der Konzerte als auch für die anreisenden Teilnehmer als Vorteil erweist. Der Handlungsspielraum der Landesregierung sowie der jeweils zuständigen Behörden ergibt sich aus den rechtlichen Vorgaben. Die handelnden Behörden sind als Teil der vollziehenden Gewalt an das Rechtsstaatsprinzip gebunden und haben nach Maßgabe der einschlägigen verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Vorgaben alle gesetzlichen Möglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen. Rechtsextremis

tische Veranstaltungen werden deshalb auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften konsequent bereits im Vorfeld mit Auflagen versehen, verboten oder aufgelöst, sofern von ihnen in der Prognose bzw. im Verlauf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Die zuständigen Ordnungs- und Sicherheitsbehörden stehen hierzu in unmittelbarem Kontakt. Rechtsextremistische Musik übt auf einen Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine starke Anziehungskraft aus, deshalb wird die Szene auch künftig bestrebt sein, dieses Personenpotenzial unter anderem über rechtsextremistische Konzerte, aber auch über Kundgebungen mit Musikbeiträgen an sich zu binden. Aus diesem Grund werden nicht nur die Sicherheitsbehörden die Lage und Entwicklung weiter beobachten und den hohen behördlichen Druck auf die rechtsextremistische Szene aufrechterhalten, sondern auch die Landesregierung führt ihre Aktivitäten, die auf eine Verdrängung von Rechtsextremisten und rechtsextremistischem Gedankengut in der Gesellschaft gerichtet sind, weiterhin fort. Hier wird insbesondere auf das überarbeitete Landesprogramm mit Maßnahmen für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Thüringen hingewiesen. Zudem besteht für die Kommunen in Thüringen die Möglichkeit, zur Bekämpfung rechtsextremistischer Tendenzen ergänzend auf die Präventionsangebote wie zum Beispiel den Handlungsleitfaden für kommunale Entscheidungsträger in Thüringen oder das Vortragsangebot des Amts für Verfassungsschutz zurückzugreifen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Frau Rothe-Beinlich, eine Nachfrage. Bitte.

Ja, ich habe eine Nachfrage mit Blick auf die Veranstaltung, die am 1. Juli in Gera geplant ist. Sie haben sie als Kundgebung bezeichnet. Sie steht ja unter dem Motto „Rock für Deutschland“. Im Internet findet sich nämlich dazu, dass dort 25 Jahre „Frontalkraft“ gefeiert würde, unterstützt von unter anderem „Division Germania“, „Hausmannskost“, „Frontfeuer“ und anderen. Weiter ist da zu lesen, am 10. März 2017, dass in den nächsten Wochen der Kartenverkauf online ginge. Kann man dann eine solche Veranstaltung als Kundgebung bezeichnen oder handelt es sich nicht vielmehr um eine kommerzielle rechtsextremistische Veranstaltung?

Das wird in jedem Einzelfall geprüft, aber es ist nicht so, dass, wenn Eintritt oder eine Aufwandsentschädigung verlangt wird, per se der Kundgebungscharakter entfällt. Aber wir werden uns das

selbstverständlich anschauen. In der Vergangenheit ist es aber auch so gewesen – wir haben, glaube ich, auch gerichtliche Entscheidungen dazu –, dass das Verlangen von Eintrittsgeldern nicht automatisch dazu führt, dass damit der Kundgebungscharakter entfällt.

Gibt es weitere Nachfragen? Frau Abgeordnete König, bitte.

Herr Staatssekretär Götze, Sie hatten gesagt, dass aufgrund von Prognosen dann eben entsprechende Gefahrenanalysen erstellt werden bzw. Auflagen bis hin zum Verbot möglich sind. Jetzt frage ich Sie konkret einmal: Am 6. Mai in Leinefelde beim sogenannten Eichsfeldtag tritt unter anderem die Band „Amok“ aus der Schweiz auf, deren Sänger gleichzeitig Sänger von „Erschießungskommando“ ist, die ein Lied veröffentlicht haben, in dem zum Mord an einer Abgeordneten des Thüringer Landtags aufgerufen wird. Inwieweit wird das zur Bewertung herangezogen, dass sozusagen diejenigen, die solche Mordaufrufe singen, in anderer Bandkonstellation auftreten? Ebenso dasselbe für den 15. Juli in Hildburghausen, das Ganze wird von Blood & Honour, der internationalen Neonazi-Terrorvernetzung, auf der offiziellen Plattform beworben – ist in Deutschland eine verbotene Organisation. Inwieweit führt das dazu, dass es entsprechende Auflagen oder eben auch ein Verbot des sogenannten Rock gegen Überfremdung gibt?

Ich gehe davon aus, dass die zuständigen Versammlungsbehörden das bei ihrer Bewertung selbstverständlich mit berücksichtigen. Sie bekommen da auch die Unterstützung des Landesverwaltungsamts. Wie die Behörden am Ende entscheiden, kann ich von hier aus nicht beantworten. Die Prüfung ist erst noch durchzuführen. Aber es wird ganz sicher bei der Bewertung das, was Sie hier eben vorgetragen haben, eine Rolle spielen und dann muss man schauen, ob die Kundgebung entsprechend beauflagt wird oder eben auch verboten werden kann, wenn eine derart gravierende Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt, die ein Verbot rechtfertigen würde.

Einen kleinen Moment, Frau König. Frau RotheBeinlich hat ihre zweite Nachfrage als Fragestellerin. Bitte schön.

(Staatssekretär Götze)

Genau, ich habe eine Nachfrage noch einmal zu der Problematik der sogenannten Aufwandsentschädigung Spenden- oder Eintrittskarten. Ich habe immer wieder in den letzten Jahren, wenn das „Rock für Deutschland“ in Gera stattgefunden hat, nachgefragt, da sind in der Regel sogenannte Spenden genommen worden. Diesmal wird aber offen mit einem Kartenvorverkauf geworben. Muss man das nicht anders bewerten?

Hier kann ich auch nur wieder auf die zuständigen Versammlungsbehörden verweisen. Die haben das zu prüfen. Ich gehe davon aus, dass diese Prüfung auch erfolgen wird.

Frau König, eine weitere Nachfrage, die letzte.

Genau. Herr Götze, Sie hatten gesagt, dass am 15. Juli das Ganze von einem thüringenweit bekannten Neonazi angemeldet worden wäre und für den 29. Juli von einem Neonazi aus Bayern. Kann ich davon ausgehen und können Sie mir bestätigen, dass es sich am 15. Juli konkret um Tommy Frenck handelt und am 29. Juli um den Neonazi Patrick Schröder?

Hier muss ich auf das Recht für informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 1 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz und Artikel 6 Abs. 2 der Thüringer Verfassung verweisen und auf die einschlägige Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts, Beschluss vom 5. März 2014, welche alle Bezug nehmen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ich kann Ihnen diese Namen daher von hier aus nicht bestätigen, sondern mache dazu überhaupt keine Angaben.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit sind alle Nachfragemöglichkeiten erschöpft und wir kommen zur nächsten Anfrage, eine von Frau Abgeordneter König, Fraktion Die Linke, in Drucksache 6/3602.

Genau, das ist die Folgeanfrage zu der von Frau Henfling.

Seit mehreren Wochen werden diverse größere Rechtsrockkonzerte in Thüringen beworben, so beispielsweise das „Rock gegen Überfremdung 2“, das

„Rock für Deutschland“, das „LIVE H8“, der „Eichsfeldtag“ etc. Im vergangenen Jahr organisierten Thüringer Neonazis eines der bisher größten Neonazi-Konzerte in Unterwasser, Schweiz, an welchem circa 5.000 Neonazis teilnahmen. Ebenfalls nahmen im vergangenen Jahr an einem Rechtsrockkonzert in Hildburghausen mehr als 3.500 Nazis teil. Bei mehreren dieser Konzerte treten Bands auf, deren Alben bzw. Lieder indiziert sind sowie denen Kontakte zur in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Gruppierung nachgesagt werden. Oftmals werden diese Neonazi-Veranstaltungen als politische Kundgebungen angemeldet und fallen somit unter das Versammlungsrecht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Rechtsrockkonzerte einschließlich als „rechtsextrem“ eingestuften angemeldeten politischen Versammlungen mit Musikanteilen finden nach Kenntnis der Landesregierung im Jahr 2017 wann und wo in Thüringen noch statt?

2. Wer ist jeweils Anmelder bzw. Organisator für diese Veranstaltungen?

3. Bei welchen dieser Veranstaltungen treten nach Kenntnis der Landesregierung welche Bands auf, von denen Alben oder Lieder indiziert sind?