Protocol of the Session on March 22, 2017

Ende des vergangenen Jahres hat das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales im Rahmen der Informationskampagne zur Gebietsreform unter anderem von den Thüringern wissen wollen, welchen Informationsstand bzw. welche Informationsdefizite in der Bevölkerung vorhanden sind. Ein wesentliches Ergebnis dieser Befragung war, dass mit zunehmender Kenntnis über die Gründe

der Reform gleichzeitig die Einsicht in ihre Notwendigkeit gestiegen ist, und zwar massiv.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das träu- men Sie wahrscheinlich!)

Bei einem so wichtigen und in die Zukunft reichenden Projekt wie der Gebietsreform sehe ich parteiübergreifend alle Akteure in der Pflicht. Ein einfaches Nein zur Gebietsreform hilft nicht und wird der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen nicht gerecht. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Es gibt die Möglichkeit für alle Fraktionen, noch mal zwei Minuten mehr zu sprechen. Aber ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Oh schnell! Zwei Minuten ist eine Menge Zeit!)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Es kommt darauf an, was man daraus macht, Herr Fiedler!)

Doch, Herr Abgeordneter Fiedler. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, Sie haben ja versucht, das Ganze noch mal positiv darzustellen – es ist ja auch Ihre Aufgabe, dafür werden Sie bezahlt –, aber nichtsdestotrotz: Es glaubt Ihnen niemand.

(Beifall CDU)

Also ich kann Ihnen nur sagen: Ich war am Montag mit auf dem Platz in Weimar und die Leute haben unisono gesagt, dass sie sich das nicht bieten lassen. Und Sie wissen ganz genau, dass, hätte man diese Reform angefangen und als Erstes erst mal eine Verwaltungs- und Funktionalreform vorangestellt und dann die weiteren Schritte, man ganz anders über die Dinge hätte reden können.

(Beifall CDU, AfD)

Wenn Sie das jetzt so salbungsvoll darstellen, dass die Leute doch alle bei Ihnen waren – es waren viele bei Ihnen. Ich kann Ihnen berichten: Aus meiner Verwaltungsgemeinschaft haben sich 21 Gemeinden beim Ministerium befragt. Die Antwort war: Also wir haben nicht vorgesehen, selbst wenn Sie zusammenbleiben, dass Sie alle da- und dorthin können, sondern da kommen welche dorthin, dorthin und dorthin. Das ist denen schon klipp und klar dort gesagt worden. Ich habe ihnen vorher gesagt: Geht gar nicht erst hin, die bringen euch sowieso nicht weiter. Und genauso ist es mit vielen anderen Din

(Staatssekretär Götze)

gen. Ich habe gerade heute früh noch mal mehrere Anrufe bekommen, da geht es zum Beispiel um die Große Landgemeinde. Es gibt Kommunen, auch bei mir, zum Beispiel Hermsdorf, die haben vor vier Monaten angefragt: Was ist mit der Großen Landgemeinde, wie können wir mit der Großen Landgemeinde umgehen? Sie kriegen keine Antwort, und wenn sie überhaupt was hören, wird gesagt: Große Landgemeinde macht ihr am besten nicht. Aus Ihrem Hause, Herr Staatssekretär, und nicht irgendwoher! Wir werden nachher noch zu ein paar Dingen kommen. Die Entfristung, die immer angekündigt war, auch der Großen Landgemeinde, ist bis dato immer noch nicht passiert. Deswegen lehnt das Innenministerium das ganz klar ab und sagt: Ihr braucht es gar nicht erst zu machen, es wird sowieso nichts. Das sind solche Dinge, die die Leute draußen verunsichern, obwohl sie dort beraten werden, angeblich beraten werden. Sie haben sicher die Altfälle jetzt gezählt und die paar Neufälle, die dazu kommen – wir wissen ja die Zahlen immer noch nicht –, die da angeblich jetzt fusionieren wollen. Es glaubt niemand mehr daran.

Herr Abgeordneter Fiedler, die Redezeit endet.

Ja, ich dachte, ich kriege von vorhin noch was, weil ich meine Plakette abnehmen musste – aber na gut.

(Beifall CDU)

Das habe ich schon draufgelegt. Vielen Dank. Nun hat Abgeordneter Kuschel für die Fraktion Die Linke das Wort.

Danke, Herr Präsident. Es ist einfach anmaßend, was Herr Fiedler hier von sich gibt, indem er formuliert: Ihnen glaubt niemand mehr. Sagen Sie mal, für wen sprechen Sie eigentlich?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie können für Ihre Leute sprechen, aber bitte schön nicht so anmaßend sein. Das hatten wir mal bis 1989, da hat auch eine Partei für sich in Anspruch genommen,

(Unruhe CDU)

für alle zu sprechen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ja wohl die Krönung!)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie sind an- maßend!)

Es zeigt, Sie sind Handlungsnachfolger dieser Partei. Wir sind vielleicht Rechtsnachfolger, aber Sie sind Handlungsnachfolger.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU steht in einem Spannungsverhältnis. Sie beschreiben hier angeblich einen flächendeckenden Widerstand gegen die Reform und Ihre Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker handeln und entscheiden auf kommunaler Ebene. Mit dem Widerspruch kommen Sie einfach nicht zurecht. Ich will Ihnen das mal zeigen: Sonneberger Unterland, Schleusingen, Nahetal-Waldau, Sankt Kilian, Ilmenau, überall gibt es diese Bewegung, über das ganze Land hinweg und Sie tun so, als bewege sich nichts. Wenn Sie heute die Presse gelesen haben, es steht ein sehr interessanter Kommentar in der „Südthüringer Zeitung“ von Herrn Wetzel, der bekanntermaßen nicht im Verdacht steht, Rot-RotGrün sehr nahezustehen. Er hat beschrieben, was in Hessen passiert ist und wie das funktioniert, und nur mal die Frage gestellt, warum die CDU in Thüringen von solchen Monsterkreisen berichtet. Oder: Das Eichsfeld will nach Göttingen. Am 01.01.2016 ist der neue Landkreis Göttingen mit 329.000 Einwohnern gebildet worden. Da will das Eichsfeld hin, weil das angeblich kein Monsterkreis ist.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sie haben doch gar keine Ahnung vom Eichsfeld!)

In Thüringen, wo wir 130.000 Einwohner als Untergrenze haben, wird von Monsterkreisen gesprochen. Das ist doch widersprüchlich und das ist CDU-Politik.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind davon überzeugt – und da können Sie mich in einem Jahr beim Wort nehmen –, dass wir 70 Prozent der Fälle vom Tisch bekommen.

(Unruhe CDU)

Sie werden als Blockierer danebenstehen.

(Unruhe CDU)

Herr Abgeordneter Kuschel, die Redezeit ist vorüber. Vielen Dank. Damit schließe ich jetzt die Aussprache. Herr Abgeordneter Henke, bitte, noch eine Wortmeldung.

Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Abgeordnete, werte Gäste! Erst mal, Wolfgang, wieder vielen Dank für deine sehr eloquente Rede. Aber ich möchte kurz auf Herrn Adams eingehen: Da ist mir

(Abg. Fiedler)

fast die Bemme aus der Hand gefallen, als ich gehört habe, dass Sie doch tatsächlich leise Kritik an der Gebietsreform geübt haben. Vielleicht können Sie mal ein paar Sachen dazu sagen, wie Sie das gemeint haben, was Sie in der Presse berichtet hatten.

Danke schön. Weitere Wortmeldungen habe ich jetzt nicht. Damit schließe ich die Aussprache zum zweiten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Nichts außer ‚heiße Luft‘? – Vermeintliche Alternativen für Gemeindefusionen erweisen sich als Flop“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3622

Abgeordneter Fiedler hat für die CDU-Fraktion das Wort.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich lasse meinen Stift jetzt hier! Ich überlege noch, ob ich ihn dem Staatssekretär für den Minister mitschicke, aber es wird wahrscheinlich nichts helfen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Aktuelle Stunde „Nichts außer ‚heiße Luft‘? – Vermeintliche Alternativen für Gemeindefusionen erweisen sich als Flop“. Die Begründung ist ganz kurz, ich will sie nur öffentlichkeitswirksam noch mal vortragen. Ministerpräsident Bodo Ramelow hat in Interviews mehrfach in Aussicht gestellt, als Alternative zu Einheitsgemeinden und Landgemeinden auch Verbandsgemeinden im Gebietsreformvorschaltgesetz zu verankern. Diese Möglichkeit hat die Regierungskoalition verworfen. Damit sind Erwartungen in vielen Kommunen enttäuscht worden.

Meine Damen und Herren, ich will als Erstes damit anfangen, weil es vorhin genannt wurde, was dabei eingespart wird. Hätten wir die geplanten 155 Millionen Euro, die für die Gebietsreform insgesamt als – ich sage mal – Zielprämie gezahlt werden sollen, den Kommunen gegeben, ginge es ihnen heute viel besser und sie könnten viel mehr gestalten – Nummer 1.

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, weil vorhin auch verantwortungsvolles Umgehen miteinander angemahnt wurde, will ich nur einmal darauf hinweisen – Herr

Staatssekretär, nehmen Sie es an den Innenminister mit –: Verantwortungsvolles Umgehen heißt auch, dass ein Innenminister sich nicht in die Belange des Landtags einmischt, wenn der Landtag hier seine eigenen Probleme zu klären hat. Das geht ihn nämlich überhaupt nichts an.

(Beifall CDU)