Wir stimmen jetzt über die Aufnahme des Tagesordnungspunkts in die Tagesordnung ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU-Fraktion und der Herr Abgeordnete Krumpe. Danke schön. Gegenstimmen? Aus der AfD-Fraktion. Hier reicht einfache Mehrheit – Zweidrittelmehrheit ist auch gegeben –, sodass wir den Tagesordnungspunkt in die Tagesordnung aufnehmen. Als Platzierung wurde nach der Mittagspause gewünscht. Auch das stimmen wir jetzt noch einmal ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Krumpe. Gegenstimmen? Aus der AfDFraktion. Damit mit Mehrheit nach der Mittagspause platziert.
Dann treten wir nunmehr in die Tagesordnung ein, es sei denn, es gibt noch weitere Wünsche? Das ist nicht der Fall.
Thüringens Gestaltungsspielräume bei der Energiewende stärken – Für eine Landesnetzagentur Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3383
Die Fraktion wünscht, wie mir signalisiert wurde, das Wort zur Begründung. Herr Abgeordneter Gruhner erhält das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute diesen Antrag „Thüringens Gestaltungsspielräume bei der Energiewende stärken – Für eine Landesnetzagentur“ in den Thüringer Landtag aus zwei Gründen eingebracht. Der erste Grund ist vor allem inhaltlicher Natur, weil wir der Überzeugung sind, dass es durchaus im Grundsatz richtig ist, die Gestaltungsspielräume unseres Freistaats bei der Umsetzung der Energiewende tatsächlich auch zu stärken. Die Einrichtung einer eigenen Landesnetzagentur oder Landesregulierungsbehörde kann dafür durchaus ein geeignetes Instrument sein, weil sie im Besonderen für die Regulierung der Verteilnetzebene im Freistaat zuständig wäre. Es liegt auf der Hand, dass – wenn man insbesondere den Ausbaubedarf auf dieser Netzebene in den Blick nimmt – der Freistaat hier tätig wird, weil dieser Bereich für die Energiewende besonders wichtig ist und weil die Verteilnetze im besonderen Maße ausgebaut werden müssen, wenn all die energiepolitischen Zielstellungen umgesetzt werden sollen, die auf der Tagesordnung stehen.
Für uns ist inhaltlich aber wichtig – und wir werden das sicherlich in der Debatte auch noch mal vertiefen –, dass dieser Vorschlag den Steuerzahler nicht substanziell mehr Geld kostet, ein Vorschlag, den ja zum einen die Ministerin in den letzten Tagen in die Öffentlichkeit getragen hat, aber auch wir haben vor einiger Zeit diese Frage schon mal thematisiert. Ich will es noch mal deutlich sagen, dass Bedingung für uns ist: keine Mehrkosten in substanzieller Höhe für den Steuerzahler.
Ich möchte einen weiteren Punkt durchaus noch mal ansprechen: Wir sagen, es ist wichtig, dass wir diese inhaltliche Frage diskutieren, weil sich eben tatsächlich auch Vorteile im Besonderen für die Thüringer Netzbetreiber, für die Thüringer Stadtwerke ergeben können, weil wir möglicherweise Bürokratie entschlacken können, weil wir viel stärker Thüringer Interessen in den Fokus nehmen können und damit letztlich auch Verbraucher stärken, denn wenn es unseren Thüringer Stadtwerken gut geht, dann kann das auch den Thüringer Verbraucherinnen und Verbrauchern zum Vorteil gereichen.
Der zweite Grund, warum wir diesen Antrag heute ins Plenum eingebracht haben, ist aber auch, weil wir uns natürlich Klarheit von der Landesregierung über ihre Pläne erhoffen. Die zuständige Ministerin, Frau Siegesmund, hat ja bereits zweimal öffentlich deutlich gemacht, dass es ihre Zielstellung ist, eine Landesnetzagentur in Thüringen zu errichten, die Organleihe mit der Bundesnetzagentur zu beenden.
Angesichts dieser mehrfachen öffentlichen Ankündigung hat es uns dann doch verwundert, dass zum einen der Staatssekretär von Frau Siegesmund im Umweltausschuss deutlich gemacht hat, dass die Meinungsbildung der Landesregierung in dieser Frage noch nicht abgeschlossen ist. Uns hat es auch sehr verwundert, dass der Wirtschaftsminister am gestrigen Tag noch einmal in den Medien deutlich gemacht hat, dass auch er den Vorschlag von Frau Siegesmund zunächst erst einmal an Bedingungen knüpft. Und es hat uns durchaus auch sehr verwundert, dass – nachdem die Ministerin öffentlich angekündigt hat, was ihre Zielstellungen sind – die Koalitionsfraktionen erst einmal eine Anhörung im Umweltausschuss zu dieser Thematik beantragt haben. Meistens ist es ja so, wenn man öffentlich sagt, dass man etwas machen will, dann geht man eigentlich davon aus, dass eine Regierung/eine Koalition ihre Meinungsbildung bereits abgeschlossen hat. Offensichtlich scheint das hier nicht so zu sein; die Ministerin scheint mit einem nicht abgestimmten Vorschlag in die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Deswegen kann ich nur feststellen: Offensichtlich gibt es in dieser Frage keine klare Haltung innerhalb der Koalition und auch innerhalb der Landesregierung. Ich finde, das ist kein guter Stil, weil wir schon erwarten können, dass, wenn eine Ministerin öffentlich sagt, dass sie dieses und jenes machen, man sich auch darauf verlassen kann, dass eine Landesregierung/eine Koalition eine gemeinsame Position hat, damit die Öffentlichkeit nicht verwirrt wird. Deswegen – haben wir heute gesagt – wollen wir nicht die Privatmeinung der Ministerin in den Zeitungen lesen, sondern wir wollen heute hier im Hohen Haus eine abgestimmte Position der Thüringer Landesregierung hören. Deswegen freuen wir uns auf eine gute Debatte. Vielen Dank.
Vielen Dank. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zum Antrag und Frau Ministerin Siegesmund erhält das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ein echter Gestaltungsantrag, der uns jetzt vorliegt, über den wir heute diskutieren können, was durchaus erfreulich ist – ein Gestaltungsantrag zur Frage: Wie soll er denn aussehen, der Strommarkt der Zukunft in Thüringen, wer soll die zentralen Weichen stellen und vor allem wer soll wo Verantwortung übernehmen?
In der Bundesrepublik obliegt die Kontrolle der Geschäftstätigkeit der Strom- und Gasnetzbetreiber den Regulierungsbehörden von Bund und Ländern und ich will im Sofortbericht eine Vorbemerkung zu
diesem Punkt machen, was die Entwicklung der vergangenen Jahre angeht, und dann die einzelnen Fragen des Antrags sehr gern beantworten.
Zu den Aufgaben der Landesregulierungsbehörden gehören, meine sehr geehrten Damen und Herren, die im Energiewirtschaftsgesetz formulierten Regelungen, also die Überwachung der Vorschriften zur rechtlichen Entflechtung der Netzbereiche. Es gehört dazu die Überwachung der Vorschriften zum Netzanschluss, zum Netzzugang, die Genehmigung von Netznutzungsentgelten für die Strom- und Gasnetze und die Missbrauchsaufsicht. Das Land Thüringen hat – wie viele andere Länder auch – 2006 entschieden, die einzelnen Aufgaben, die ich Ihnen gerade vorgetragen habe, der Bundesnetzagentur zu übertragen. Die Regulierung größerer Unternehmen ab 100.000 Anschlüsse wie die TEN Thüringer Energienetze GmbH und das Stromnetz der Stadtwerke Erfurt liegen ohnehin in der Zuständigkeit der Bundesnetzagentur, aber auch die Verantwortung für Strom- und Gasnetzbetreiber unter 100.000 Anschlüsse sei seitens des Landes an dieser Stelle der Bundesnetzagentur übertragen worden. Das betrifft exakt 56 Strom- und Gasnetzbetreiber in Thüringen.
Seit dem 1. Januar 2006 vertritt uns die Bundesnetzagentur und was ist seitdem passiert? Ich finde, nach mehr als zehn Jahren darf man durchaus evaluieren und wägen, was jetzt richtig ist – die Aufgabe an dieser Stelle zu belassen oder angesichts immer komplexerer Aufgaben auch im Verteilnetzbereich zu sagen: Diese Frage wollen wir in Thüringen in eigener Verantwortung regeln. Bereits in der letzten Legislatur hat es dazu eine politische Debatte gegeben. Mein Vorvorgänger hatte eine ähnliche Idee, allein sie wurde nicht umgesetzt. Wenn man die anderen Bundesländer anschaut, dann ist es so, dass im Augenblick neben Thüringen allein Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen und Brandenburg noch die Aufgabe der Landesregulierung bei der Bundesnetzagentur angesiedelt haben. Aus gutem Grund hören Sie an dieser Stelle nur noch zwei Flächenländer, von denen eines – nämlich Schleswig-Holstein – gerade mitten im Prozess der Rückübertragung an das Land ist, sodass dann als einziges Flächenland noch Brandenburg verbliebe. Es gibt einen Grund, dass nur noch fünf Länder die Aufgaben der Landesregulierungsbehörde im Wege der Organleihe bei der Bundesnetzagentur haben, nämlich weil es angesichts der vielen diffizilen einzelnen Entscheidungsebenen schlicht und ergreifend viele Vorteile hat, das Ganze auf Landesebene zu regulieren.
Zu Frage 1 – Ist beabsichtigt die Organleihe mit der Bundesnetzagentur bei der Netzregulierung im Freistaat gemäß § 54 Energiewirtschaftsgesetz zu
beenden und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt? –: Wir befinden uns in dem eben schon dargestellten Abwägungsprozess. Die Landesregierung hat noch nicht abschließend entschieden, ob Thüringen eine eigene Landesregulierungsbehörde errichten und damit die Organleihe mit der Bundesnetzagentur beenden wird. Dazu gehört nämlich, dass man viele Gespräche führt, auf der anderen Seite die Rechtspositionen absichert und den Weg genau beschreibt. Und natürlich wird sich, wenn das alles fertiggestellt ist, das Kabinett damit befassen und eine Entscheidung treffen. Zu dieser Entscheidung gehört aber, dass man die letzten zehn Jahre bzw. die letzte Dekade sorgfältig wägt und das auch mit in den Entscheidungsprozess einfließen lässt. Das erfordert natürlich Sorgfalt.
Es sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren, viele Argumente für die Beendigung der Organleihe mit der Bundesnetzagentur. Was erhoffen wir uns? Wir erhoffen uns den Auf- und Ausbau eigener Expertise in Regulierungsfragen innerhalb der Landesverwaltung. Hierdurch könnten künftig zum Beispiel in Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren gegenüber dem Bund die Interessen des Landes wesentlich substantiierter vertreten werden. Im Augenblick vertritt ja die Behörde, mit der wir am meisten – ich nenne es mal sehr lax – Igel zu bürsten haben, auch noch die Interessen des Landes Thüringen. Da können Sie sich ausmalen, was das Ganze am Ende des Tages heißt, wenn es um schwierige einzelne Verhandlungsprozesse geht, dass das die Haltung des Landes Thüringen stärken würde. Ähnliches gilt für eine politische Bewertung der Positionen und Forderungen Thüringer Netzbetreiber durch die Landesregierung. Auch in der Auseinandersetzung kann mit dem Fachwissen einer eigenen Landesregulierungsbehörde im Rücken argumentativ wesentlich mehr Ausdruck verliehen werden. Sofern also die Entscheidung der Landesregierung zugunsten einer landeseigenen Regulierungsbehörde ausfällt, bedarf es zunächst der Kündigung des Verwaltungsabkommens. Diese ist jährlich zum 31. Dezember unter Beachtung einer Sechsmonatsfrist möglich. Das heißt der nächst mögliche Beendigungszeitpunkt ist der 31.12.2017. Dann könnte man frühestens zum 01.01.2018 beginnen. Es gibt regulatorische Gründe, die wir jetzt noch wägen müssen, das Ganze gegebenenfalls auch erst auf den 01.01.2019 zu orientieren. Diese Frage ist noch zu klären.
Zu Frage 2 – In welcher Form und mit welcher personellen Ausstattung soll der Aufbau geschehen? –: Aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben muss die Regulierungsbehörde ihre Aufgaben unparteiisch und transparent wahrnehmen können. Sie darf keine Weisungen von Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrich
tungen erhalten oder diesen unterliegen. Das muss sehr klar formuliert werden, dass mit der Rückübertragung nicht die Einflussnahme auf diese Aufgabe des Landes innerhalb der Energieversorger deutlich größer würde. Da will ich sehr klar sagen, wer diesen Eindruck erwecken möchte, läge falsch. Ihre institutionelle Stellung ist daher dem Status der Datenschutzbeauftragten etwa von Bund und Ländern angenähert. Die Regulierungsbehörde muss rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen sein. Deswegen wird auch die Einrichtung einer Regulierungskammer unumgänglich sein. Diesen Weg haben im Übrigen die Länder, die ich Ihnen vorhin genannt habe, die bereits den Weg der Rückübertragung gegangen sind, genauso auch gewählt. Dem würden wir uns selbstredend anschließen.
Damit die Regulierungsbehörde ihre Aufgaben im gerade genannten Sinne wahrnehmen kann, ist sie mit angemessenen personellen und finanziellen Ressourcen auszustatten. Deswegen gehen wir davon aus, dass die in Thüringen vorhandene Anzahl von 56 zu regulierenden Netzbetreibern im Stromund Gasbereich nach derzeitigen Schätzungen und Vergleichen auch mit anderen Bundesländern einen Personalbesatz von fünf Stellen, also fünf Personen bedeuten und nach sich ziehen würde.
Zu Frage 3 – Welche Auswirkungen wird diese Entscheidung auf den Landeshaushalt haben? –: Es ist uns bewusst, dass die Entscheidung für eine landeseigene Regulierungsbehörde zu höheren Ausgaben für die Regulierung führen wird. Die Frage ist nur: In welcher Hinsicht rechnet sich das an dieser oder anderer Stelle? Warum zu höheren Ausgaben? Es sind künftig Personalkosten, Sachkosten sowie Gemeinkosten, zum Beispiel für Gutachten und Gerichtsverfahren, einzuplanen. Basierend auf einer Schätzung gehen wir davon aus – das ist ein Maximalwert, aber den muss man auch klar benennen –, dass Kosten von circa 900.000 Euro jährlich entstehen. Diesen Ausgaben stehen allerdings auf der anderen Seite wegfallende Erstattungen an die Bundesnetzagentur entgegen. Dazu gehören 205.000 Euro plus 170.000 Euro aufgrund zufließender Gebühreneinnahmen, sodass fast die Hälfte – nicht ganz, aber fast die Hälfte – der Kosten durchaus amortisiert wird. Wir gehen vor allen Dingen davon aus, dass diese 900.000 Euro als eine sehr konservative Maximalschätzung betrachtet werden können. Aber das gehört dazu: Wenn man die Debatte führen will, dann muss man sich auch darüber im Klaren sein, was die Aufgabe und die Rückübertragung an das Land am Ende bedeuten würde. Die meisten kleineren Netzbetreiber in Thüringen, die in die Zuständigkeit der Landesregulierungsbehörde fallen, könnten ihre individuellen Argumente in den Verfahren deutlich effizienter vortragen. Es geht dann nicht mehr darum, sich an die „Black Box“ Bundesnetzagentur zu wenden, son
dern hier vor Ort miteinander Entscheidungen zu fällen. Es sind sprichwörtlich lange Wege zur BNetzA. Wir erhoffen uns einfach eine bessere Einzelfallgerechtigkeit im Sinne unserer lokalen, regionalen Energieversorger im Strom- und Gasbereich, die wir bislang – das kann man nach einer Evaluation der letzten zehn Jahre schon definitiv feststellen – an einigen Stellen deutlich vermissen.
Es geht – lassen Sie mich diesen Satz zum Schluss noch dem Sofortbericht anfügen – bei der Frage des Strommarkts der Zukunft eben auch um Flexibilität. Es geht auch um die Frage, wie wir die Kosten, den Kostenrahmen gerade für Verbraucherinnen und Verbraucher so transparent und so gering wie möglich halten können. Es geht auch um die Frage, wie wir künftig unser Stromnetz in Thüringen bei der Frage der Verteilnetze selbst gestalten wollen, inwiefern wir selbst uns in diese Diskussionsprozesse viel mehr einbringen wollen. Ich persönlich betrachte das als große Chance. Herzlichen Dank.
Danke schön. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht? Ein Ersuchen aus allen Fraktionen, sodass ich die Beratung eröffne. Als Erster hat Abgeordneter Kießling für die AfD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauer, vielen Dank erst einmal an die Ministerin für den Sofortbericht. Wir hatten jetzt einiges gehört, auch Herr Gruhner hatte da einiges ausgeführt, warum diese Notwendigkeit jetzt besteht. Allerdings muss ich sagen, mir hat da doch noch ein bisschen was gefehlt, denn, wie gesagt, es hieß jetzt hier: Wir haben mit der Möglichkeit, diese Organleihe zu beenden, mehr Gestaltungsspielraum. Wir haben gehört, es gäbe momentan Probleme mit der Bundesnetzagentur; nur haben wir die Probleme im Detail nicht gehört, dass man mal greifen kann, woran es genau lag. Sie sprachen von mehr Entscheidungsfreiheit, mehr Expertise, die das Land Thüringen aufbauen will. Wir hatten im Ausschuss darüber schon gesprochen gehabt. Ich hatte auch mal den Vorschlag gemacht, eventuell diese Expertise gemeinsam mit Sachsen aufzubauen, denn mir erschließt sich momentan noch nicht, warum Mehrkosten kommen sollen. Warum sollte man es nicht vielleicht eventuell mit Sachsen teilen, diese Expertise, diesen gemeinsamen Aufbau. Warum will Thüringen den alleinigen Sonderweg gehen? Das erschließt sich mir momentan noch nicht. Vielleicht können wir in späteren Beratungen noch etwas dazu hören, wie dieser
Gestaltungsspielraum dann aussieht, welche Probleme es im Detail gab, damit wir uns genauere Vorstellungen machen können. Denn wie gesagt, wir müssen diese 550.000 Euro Mehrkosten schon begründen. Herr Gruhner hatte extra ausgeführt, die CDU wäre für diese Beendigung der Organleihe, wenn es denn nicht mehr kostet. Aber wie wir jetzt gehört haben, kostet es halt mehr, und da ist eben die Frage: Ist es uns das wert? Welche Expertise gewinnen wir jetzt dazu, die mit 550.000 Euro mehr nachher im Haushalt verankert ist und kostet. Deswegen ist das eine Frage. Und ich meine, wir wissen ja alle, die Energiewende hat sich mittlerweile zu einem gesellschaftlichen Kostentreiber und zu einem Milliardengrab entwickelt; jährlich entstehen Gesamtkosten von über 30 Milliarden Euro. Neben der EEG-Umlage machen die Netzentgelte einen steigenden Anteil auf den Stromrechnungen aus. Die Kosten für Investitionen in den Stromentgelten belaufen sich inzwischen auf 5 Milliarden Euro jährlich, Tendenz steigend. Wir wissen ja nun auch, dass jetzt hier mehr ausgebaut werden muss und soll, denn dieser produzierte Wind- und Solarstrom muss ja irgendwo hin, denn leider wird der Strom zum großen Teil nicht in den Regionen produziert, wo er auch tatsächlich verbraucht wird, denn wir haben ja auch gestern in der Debatte von Offshore-Anlagen oben an der Ostsee und auch an Land gehört. Als Kind der Energiewende wurde nun der zerstörerische Netzausbau geboren. Seine Folgen sind in Thüringen deutlich zu spüren. Man braucht nur in die Landschaft zu gucken, die Trassen von SuedLink und SuedOstLink zerstören nachhaltig die Landschaft. Die Ursache für den Netzausbau ist die fast schon sozialistisch anmutende Förderung der erneuerbaren Energien. Der Blick auf die Ökonomie wird hier bewusst völlig ausgeblendet. Das hat man auch gestern schon in den Debatten gehört: Je mehr gebaut wird, desto mehr Leitungen werden benötigt. Das ist ja eigentlich eine notwendige Konsequenz daraus. Das Gleiche gilt für den Rückbau von Kraftwerkskapazitäten in den Metropolregionen. Hinzu kommt die sogenannte Ausfallarbeit der Anlagen, deren Strom nicht ins Netz eingespeist werden kann und wird. Windkraftanlagen werden außerdem mitten in der Pampa errichtet, so muss man das mal sagen, nach den Plänen von den Grünen auch im Staatswald. Teilweise fragt man sich, ob das dann wirklich noch mehr Schaden anrichten soll im Wald, denn es gibt genügend Gründe, die Anlagen nicht im Wald zu errichten. Die Netzbetreiber müssen die zerstörerischen Anlagen
(Zwischenruf Abg. Mühlbauer, SPD: Können Sie bitte zum Thema sprechen? Wir reden hier nicht über die Energiewende, sondern die Landesnetzanlagen!)
Kosten für die Reserve von Kraftwerken, das wissen wir, denn die Energieversorgung einer Industrienation darf natürlich nicht von Wetterlagen abhängig sein und muss ständig gesichert sein. Das würde einen Rückschritt bedeuten, statt eines Fortschritts. Im Anbetracht dieser von Frau CDU-Merkel verursachten Kostenexplosion greift die CDU nun nach entsprechenden Strohhalmen
und wir hören wieder einmal von Herrn Harzer unqualifizierte Zwischenrufe. Solch einen Strohhalm nutzt der Herr Harzer auch gern mal. Dahinter verbirgt sich die Hoffnung, dem Land mehr Einfluss auf die Netzentgelte zu geben. Das hatten Sie ausgeführt, Frau Ministerin, dass Sie mehr Einfluss auf die Netzentgelte nehmen wollen. Doch das ist nach unserer Meinung eine Illusion. Eine Länderbehörde wird an der Kostenentwicklung nichts ändern und eine Länderbehörde wird auch keinen echten Gestaltungsspielraum schaffen. Wo der dann sein soll, das würde ich gern noch einmal hören wollen. Nach Gründung der Landesnetzagentur ist wahrscheinlich alles so wie vorher, der einzige Unterschied wird sein, dass es mehr kostet, wie wir ja schon gehört haben, in Endkonsequenz 550.000 Euro. Ebenso wird die CDU erwägen, wie Rot-Rot-Grün der Einführung der Landesnetzagentur zuzustimmen. Was machen diese fünf neuen Leute, die dann eingesetzt werden, anders als die Bundesnetzagentur? Können wir da entsprechend noch mal Ausführungen bekommen, ob die Mehrkosten wirklich durch die Unabhängigkeit, die wir dann erreichen wollen, gerechtfertigt sind? Was machen diese fünf Mitarbeiter anders als bisher? Diese Fragen müssen noch geklärt werden. Gerade einmal ein Drittel der Netzentgelte in Thüringen fällt überhaupt in die Kompetenz der Landesbehörde, denn wir wissen ja, nur die Betreiber unter 100.000 betrifft es hier. Dieses Drittel ist natürlich durch zahlreiche gesetzliche Regulierungsvorschriften kaum variabel. Schon allein deshalb ist die Vorstellung einer Landesregulierung trügerisch. Es gibt ein einheitliches Recht und es wird, auch nachdem die Landesnetzagentur gegründet worden ist, angewendet werden müssen. Eventuell können minimale Änderungen der Kalkulation vorgenommen werden, doch an der Grundrichtung der Netzentgelte ändert das leider nichts, denn die zeigt tendenziell nach oben. Die Netzentgelte werden steigen. Wie gesagt, es betrifft ja hier 56 regionale Netzbetreiber im Bereich Strom und auch im Bereich Gas, die an diese einheitliche Behörde dann angegliedert werden sollen. Dann schauen wir, wie es mit dem Gestaltungsspielraum wird, denn dafür sind eigentlich einschlägige EU-Vorschriften verantwortlich. Dieser Gestaltungsspielraum ist also leider etwas beschränkt. Die neue Behörde muss personell und finanziell vollständig unabhängig sein, so auch die
Forderung der EU-Vorschriften. Sie unterliegen weder fachlicher noch personeller Weisung durch die Regierung, das hat auch Frau Ministerin Siegesmund noch einmal ausgeführt, dass es dort eine Entkopplung geben wird. Diese Landesbehörde wird dann geltendes Recht anwenden und zwar so, wie es die Bundesnetzagentur jetzt auch schon macht. Der einzige Unterschied ist eben – wie ich schon ausgeführt hatte –, es kostet jährlich eine halbe Million Euro mehr. Da ist die Frage, ob dieser Nutzen wirklich das Geld wert ist. Wie gesagt, wir stellen nun fest, dass die Vorschriften der EU da sind, aber wenn eigentlich klar ist, dass europäische Vorschriften diesen Schritt notwendig machen, dann überlegen wir, warum jetzt hier noch zu überlegen ist, denn die EU nimmt ja hierzu bereits Einfluss auf die politische Entscheidung in Thüringen. Selbst wenn Thüringen 2019 eine eigene Regulierungsbehörde hätte, würde das nichts an den Kostenexplosionen bei den Netzentgelten ändern. Die AfD schlägt deswegen vor, dass sich die Anlagenbetreiber an den Kosten des Netzausbaus beteiligen sollen, denn gerade die Windenergiebetreiber sind ja diejenigen, die weiteren Netzausbau verursachen, und normalerweise sollten die Verursacher der Kosten auch beteiligt werden. Es kann nicht sein, dass der Stromkunde diese ganzen Netzentgelte zu zahlen hat. Wenn Anlagenbetreiber die Kosten in die Höhe treiben, dann sollen sie diese auch bezahlen. Wie gesagt, sie wählen die Standorte aus und die Endkunden – sprich die Stromkunden – wurden bei dieser Auswahl der Standorte nicht gefragt und auch in die Planungen nicht mit einbezogen. Das ist sehr demokratiefeindlich. In Starkwindphasen müssen nämlich diese Windkraftanlagen abgeschaltet und ohne Entgelt vom Netz genommen werden. Schließlich muss das EEG abgeschafft werden, denn dieses EEG verursacht diese ganzen Kosten und diesen Ausbau, der nicht unbedingt wirtschaftlich ist, wie wir gestern bereits ausgeführt hatten. Das ist der einzige Weg, wenn wir das EEG abschaffen, diese steigenden Kosten abzukoppeln und damit zu sinkenden Netzentgelten zu kommen.
Wenn die Vernunft siegt, dann stehen Ökonomie und Ökologie wieder im richtigen Verhältnis im Mittelpunkt und nicht die politische Ideologie dieses Netzausbaus. Das so weit dazu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
ja wieder eine Sternstunde des Parlaments, was wir gerade gehört haben. Es wäre günstig, wenn Kolleginnen und Kollegen vielleicht einfach auch einmal lesen würden, was die Aufgaben einer Landesregulierungsbehörde sind und sich einmal mit den gesetzlichen Bestimmungen vertraut machen.
Es gibt das EnWG § 1 Abs. 2: „Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen“ – Herr Kießling, das haben Sie wahrscheinlich nicht gelesen – und ist Aufgabe einer Landesregulierungsbehörde, der alle Energie- und Gasnetzbetreiber jeweils mit weniger als 100.000 Kunden unterliegen. Das ist nicht nur in Nordthüringen gegeben, Herr Kießling, sondern das betrifft außer der TEAG und den Stadtwerken Erfurt alle anderen Stadtwerke.