Ja, ich begleite Demonstrationen, ich begleite eher selten Einsätze der Polizei auf Demonstrationen, sondern ich beobachte und begleite Neonazidemonstrationen, um festzustellen, was dort geschieht. Ich kritisiere die Polizei eher selten für ihre Einsätze, zumindest habe ich das in den letzten Wochen und Monaten nicht getan. Das, was ich am Sonnabend gemacht habe – und ich denke, darauf bezieht sich Herr Brandner hier: Ich habe den Thügida-Aufmarsch in Saalfeld begleitet und habe da ähnliche Reden und ähnliche Äußerungen gehört
wie das, was Herr Brandner hier gerade gesagt hat, nämlich: wer im LKW deportiert werden müsste, dass es ein etwas anderes Dschungelcamp für Herrn Gabriel und unsere Bundeskanzlerin Frau Merkel bräuchte, wer eine linke Spinne oder auch eine nicht als Frau wahrnehmbare Person sei. Wissen Sie, die Rede von Herrn Brandner gerade eben – so ähnlich redet Herr Köckert auf den Neonazidemonstrationen von Thügida.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dafür lässt sich Herr Brandner auch noch feiern!)
Dass Herr Höcke in seiner Rede hier keinen Ton über die Vorfälle von rechts verliert, über die Übergriffe, die Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte, auf Menschen, die sich demokratisch engagieren, das ist, glaube ich, sehr entlarvend für das Weltbild, für das Sie hier stehen, für das Sie politisch agieren und für das wir Sie auch – zumindest verbal – immer wieder versuchen anzugreifen – in Anführungszeichen, verbal, wie gesagt –, und was wir Ihnen auch kontinuierlich vorhalten werden, weil: Sprache schafft Realität.
Und die Sprache, die Sie hier heute im Plenarsaal verwendet haben, weist, glaube ich, ganz eindeutig auf das hin, was Sie zukünftig in Deutschland vorhaben. Sie kritisieren die Verwendung der Begrifflichkeit „Revolution“ durch Herrn Hoff und gleichzeitig ignorieren Sie, dass sich Herr Höcke im September 2016 bei einer AfD-Demonstration hier in Erfurt hinstellt und an „sein“ Volk ruft: „[…] dann können wir das Ganze nicht anders als parteipolitische Revolution bezeichnen. Und Ihr seid diese Revolution. Und wir werden diese Revolution weitertragen, bis die Politik in diesem Land um 180 Grad gewendet ist.“ Das sind Zitate von Herrn Höcke. Und ich glaube, mit diesen Zitaten entlarven Sie sich selbst viel mehr als mit den Reden, die Sie hier gerade versucht haben, oder auch mit den versuchten Diffamierungen gegenüber Herrn Hoff oder auch gegen andere Kollegen und Kolleginnen hier im Hause. Und das ist, ach, das ist nicht nur unverschämt, ich nenne es jetzt einfach mal AfD. Etwas anderes fällt mir dazu nicht mehr ein.
Ich glaube, das sollte man auch als eine entsprechende Begrifflichkeit zu etablieren beginnen, um die zum Teil doch sehr vielfältige deutsche Sprache nicht zu missbrauchen, indem man für Sie Begrifflichkeiten heraussucht.
So, ich habe überlegt: Mit was fängt man da eigentlich an. Also, Links- und Rechtsextremismus sind angeblich Brüder im Geiste – so die Einbringungsrede von Herrn Henke. Das spricht dafür, dass er überhaupt keine Vorstellung von der Extremismustheorie hat und von den wissenschaftlichen Forschungen und auch von dem Forschungsstand, den es mittlerweile bundesweit gibt und nicht nur bundesweit, sondern auch in den USA, in England, in Frankreich, also über Ihren Horizont hinaus. Ich will nur als ein Beispiel hier bringen: Richard Stöss, Professor an der Freien Universität Berlin, sagt ganz klar: Das Extremismuskonzept ist eindimensional. Aber gut, eindimensional passt ja wieder zu Ihrem Agieren. Insofern ist das höchstwahrscheinlich dann auch die Entscheidung gewesen, warum Sie sich hier an der Extremismustheorie abarbeiten.
Sie kritisieren, dass die Rote Hilfe unter anderem Personen finanziell unterstützt oder auch Beschuldigten rät, keine Aussagen zu treffen. Wissen Sie, das ist gesetzliche Grundlage, man hat ein Zeugnisverweigerungsrecht. Und da frage ich mich manchmal: Auf welcher Grundlage bewegen Sie sich überhaupt hier in diesem Landtag, auf welcher Grundlage führen Sie Reden, auf welcher Grundlage wollen Sie Politik machen? Zumindest nicht auf der Grundlage des Grundgesetzes, welches Sie immer wieder gern hochhalten, wenn Sie meinen, dass es in Ihre Politik passen würde. Nun hat Herr Höcke ein Stück weit angefangen, Herr Brandner hat es fortgeführt, Herr Helmerich hat zumindest begonnen – wir können das ja auch. Insofern, wenn wir hier darüber reden, was sozusagen politisch rechtsextrem ist, dann arbeiten wir uns doch mal ein bisschen an dem ab, was die AfD hier in Deutschland, insbesondere in Thüringen, so tut – nur ein paar Beispiele:
Dresden 2010 ist ja schon erwähnt worden. Ich will an der Stelle nur den vielen Tausend Menschen danken, die 2010 in Dresden die Blockade durchgeführt haben.
Ein extra Dankeschön an die Antifaschisten und Antifaschistinnen und ich will vielleicht für die, die das nicht mehr so ganz in Erinnerung haben, mal kurz ein paar Zitate von dieser Demonstration bringen, an der sich Herr Höcke beteiligt hat, nämlich unter anderem: „Nie, nie, nie wieder Israel!“ Das passt zu dem, was Herr Höcke und was die AfD hier im Landtag sonst zum Thema „Israel“, zum Thema „Antisemitismus“ usw. zu sagen bzw. – noch besser – zu zeigen haben. Sie sind nämlich eine antisemitische Fraktion.
Mehrere Hundert Neonazis sind 2010 unter den Rufen „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ durch Dresden gezogen und haben dabei unter anderem Menschen überfallen und zusammengeschlagen. Das sind die Teilnehmer, mit denen Herr Höcke gemeinsam auf einer Demonstration war. Wer sich heute hier hinstellt, als einer derjenigen, die 2010 daran beteiligt waren, und meint, er könne hier den Anspruch erheben, sich gegen politischen Extremismus jedweder Art auszusprechen, der versucht nur, von uns einen Persilschein für das eigene Verhalten zu bekommen. Das können Sie vergessen, dass Sie von uns – und da rede ich, glaube ich, nicht nur für die Koalition, ich denke, das betrifft die CDU genauso – diesen Persilschein hier im Plenum erhalten.
Die AfD in Thüringen kooperiert sehr eng mit der Identitären Bewegung. Die Identitäre Bewegung wird in mehreren Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet. Das ist für mich kein Maßstab, aber was ein Maßstab für mich ist, ist das Vorgehen der Identitären Bewegung und deren Verbreitung völkisch-nationalistischer Ideologie und dann eben auch die Umsetzung des Ganzen. Das heißt im Zweifelsfall – wie es vor wenigen Tagen passiert ist –, dass dann eben auch ein Identitärer mit einem Messer einen Gegendemonstranten niedersticht. Mit solchen Personen kooperieren Sie. Sie streiten das in Thüringen ab, aber verrückterweise gibt es ja das entsprechende Bildmaterial und auch die entsprechenden Berichte, unter anderem bei „Report Mainz“ erst vor wenigen Wochen. Auf Ihren Demonstrationen, die Sie hier in den letzten zwei Jahren in Thüringen durchgeführt haben, treten auf: Mitglieder der NPD, Mitglieder der Partei Die Rechte, Antisemiten der Europäischen Aktion, Mitglieder der Partei Der Dritte Weg. Wissen Sie: Sie legen uns hier solche Anträge vor, meinen, sich distanzieren zu können, und auf Ihren Demonstrationen demonstriert oder marschiert sozusagen die erste Garde der Neonazis in Thüringen. Distanzierungen sind – wenn sie überhaupt zu vernehmen sind – nicht ernst zu nehmen, da es bisher überhaupt keine Konsequenzen gab, sich sozusagen von diesen zu differenzieren.
Unabhängig davon, wer da alles mitmarschiert, gab es bei den Demonstrationen der AfD von September 2015 bis Mai 2016 43 Straftaten Rechts – nur bei den Demonstrationen der AfD. Da geht es noch nicht um Straftaten, die darüber hinaus irgendwo hier in Thüringen von Rechts geschehen sind, sondern nur um Personen, die sich auf Ihren Aufmärschen aufgehalten haben. Ihre befreundete AfDFraktion in Baden-Württemberg, die ja auch Ihren Fraktionsvorsitzenden Herrn Höcke unterstützt, beantragte vor einigen Wochen, die Fördergelder für die NS-Gedenkstätte zu streichen. Ich frage mich:
Was ist denn extremistisch oder wo geht denn Gewalt los, die Sie vermeintlich ablehnen? Ich meine, es beginnt mit der Sprache und Sie beginnt auch mit solchen Forderungen, die Sie als AfD hier in Thüringen, aber auch in anderen Bundesländern, vertreten. Da werden antisemitische Bücher veröffentlicht – Wolfgang Gedeon, auch Baden-Württemberg –, da vernetzen sich unter anderem auch Abgeordnete der AfD hier im Thüringer Landtag mit Neonazis und Holocaust-Leugnern in diversen Facebook-Gruppen, da wird antisemitische Propaganda geteilt, und Thügida erklärt dann – natürlich auch ein Stück weit logisch nachvollziehbar –, dass ihr parlamentarischer Arm bereits im Landtag säße, nämlich die AfD-Fraktion.
Natürlich gibt es keinen Widerspruch, warum auch? Das sind doch die eigenen Wähler, das sind doch die Personen, mit denen man im Zweifelsfall auch zusammen agiert.
Ich will gar nicht die restlichen – ich weiß gar nicht, ich glaube, wir haben so circa 10 Seiten von dem, was die AfD eigentlich verbieten will, von dem sie sich distanzieren will, wo man aber feststellt: Exakt das ist die AfD, das, von dem sie sich angeblich abwenden will.
Ich will vielleicht zur Extremismustheorie noch eins sagen: Der Thüringen-Monitor, den wir hier in Thüringen haben, aber genauso auch andere Studien belegen ganz klar, dass die Extremismustheorie nicht greift und dass sie abzulehnen ist, weil suggeriert wird, es gäbe eine vermeintlich saubere, eine vermeintlich ideologisch korrekte oder eine wie auch immer legale Mitte, aus der hervor nichts geschehen würde, die rein wäre und die sozusagen sich selbst wie auch immer vor dem politischen Extremismus schützen könne – politischer Extremismus immer in Anführungszeichen gedacht. Das funktioniert nicht. Das funktioniert nicht, wenn Sie die Studien lesen, es funktioniert auch nicht, wenn Sie sich anschauen, wie viele der Brandanschläge auf Unterkünfte, die es in den letzten Monaten gegeben hat, nicht von politisch rechts oder wie auch immer neonazistisch stehenden Personen verübt wurden. Es gibt einen Extremismus der Mitte, der mittlerweile auch durch Forscher sehr genau beobachtet wird. Die von Ihnen hier dargestellte Extremismustheorie lehnen wir in aller Konsequenz und in jeglichen Formen ab. Ich hoffe, dass sich irgendwann auch die CDU dazu bekennt, dass es nicht um die Extremismustheorie geht, sondern dass es
darum geht herauszufinden, wie Demokratie vor Einflüssen geschützt werden kann und wie man überhaupt negative Einflüsse abbilden kann, sei es im sozialwissenschaftlichen, im soziologischen oder in welchem Bereich auch immer. Denn der Extremismusbegriff ist ohne Inhalt und hat lediglich eine Funktion zu erfüllen und stellt die abweichenden politischen Vorstellungen unter den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit, was aber per se als solches nicht funktioniert, denn es gibt beispielsweise einen Sozialismus, der definitiv sowohl durch das Grundgesetz als auch durch die Verfassung möglich und der auch legitimiert ist. Und dann gibt es – natürlich – auch Personen, die mit anderen Formen agieren oder die auch einen Stalinismus fordern, wo auch wir als Fraktion ganz klar sagen: Das ist abzulehnen. Darüber reden wir überhaupt nicht.
Nur, mit der Extremismustheorie bekommen Sie das überhaupt nicht erfasst. Da sind wir noch gar nicht bei dem Ganzen, was auf der rechten Seite stattfindet. Und unabhängig davon: Wie wollen Sie denn den Islamismus auf dieser Extremismustheorieebene überhaupt einordnen?
Als Letztes: Herr Höcke würde gern die Rote Hilfe verbieten. Ich glaube ja, dass das, was die Rote Hilfe macht, vollkommen in Ordnung ist, nämlich Menschen bei einem Grundrecht auf anwaltliche Vertretung zu unterstützen, indem beispielsweise finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden oder eben auch, indem sie beraten werden, was denn ihre Rechte sowohl als Beschuldigte als auch als Zeugen sind. Es gibt ein Beispiel aus Baden-Württemberg – Herr Fiedler, weil Sie gerade so mit dem Kopf schütteln: Da wurde ein Lehrer mit einem Berufsverbot überzogen. Das Verfahren hat 15 Jahre gedauert und wurde durch die Rote Hilfe begleitet und durch die Rote Hilfe finanziell unterstützt. Am Ende wurde festgestellt, höchstrichterlich, dass das Berufsverbot falsch war. Da sage ich ganz im Ernst: Wenn die Rote Hilfe so was macht, was ist dann das Problem daran? Ich jedenfalls finde, das ist unterstützenswert.
Ich sehe da kein Problem. Ebenso wenig sehe ich kein Problem bei der von der AfD so bezeichneten Antifa. Mal im Ernst: Wenn Sie mir nachweisen können, wer und wo und wann und in welcher Struktur die Antifa existiert, bin ich bereit, mit Ihnen über die Antifa zu reden. Solange Sie das nicht können, sage ich einfach nur: Danke, Antifa, und macht weiter so.
Danke, Frau König. Allerdings muss ich auch die Formulierung „antisemitische Fraktion“ im Zusammenhang mit der AfD im Nachgang rügen.
Sie haben nicht belegt, dass die AfD insgesamt eine antisemitische Fraktion ist. Vielleicht haben Sie es für einzelne Personen belegt, aber nicht für die gesamte Fraktion. Deswegen rüge ich das an dieser Stelle.
Es hat sich der Innenminister zu Wort gemeldet. Oder sehe ich weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Herr Adams, Entschuldigung! Herr Adams, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Herr Brandner, so machen Sie das. Alle Menschen wissen in diesem Land – und ich werde nicht müde, mit Ihnen darüber heute auch zu diskutieren –, dass es technische Revolutionen gibt, dass es Revolutionen im Haushalt gibt, zum Beispiel bei Staubsaugern. Viele Menschen in diesem Raum haben an einer friedlichen Revolution aktiv teilgenommen, die maßgeblich und international bekannt geworden ist. Das heißt, Ihr Versuch, Revolution zu diskreditieren, indem Sie eine Definition herbeiholen, in der zum Glück auch noch das Wort Gewalt vorkommt, und Sie dann ganz schlau die Frage stellen, ob das nicht zufällig auch noch auf ein Landesregierungsmitglied zutreffen könnte, und wenige Minuten später sind Sie dann bei Terror, das ist dieses Stück-für-Stück-Diffamieren, das ist dieses Aneinanderreihen von alternativen Fakten, das sind diese unglaubwürdigen Reue-Inszenierungen von Herrn Höcke am letzten Samstag, die dazu führen, dass es zu Abwertungen kommt, zu Abwertungen von Menschen. Diese Menschenverachtung führt am Ende zu der Gewalt, die Sie meinen, hier heute ächten zu müssen. Aber mit Ihren Reden tun Sie genau das. Wir alle wissen leider aus der Geschichte, wohin diese Menschenverachtung führen kann. Vielen Dank.
Herr Adams, ich fange dann gern noch einmal mit der Revolution an. Das ist ja keine Erfindung von uns, dass Herr Hoff da in mehr als einem Zwielicht steht. Ich hatte Ihnen vorgetragen und das ergibt sich aus meiner Kleinen Anfrage: Herr Hoff war von 1992 bis 2011 Mitglied der JungdemokratInnen/ Junge Linke. Das ist eine linkssektiererische Gruppierung, die im Verfassungsschutzbericht erwähnt wurde. Herr Hoff ist da nicht etwa ausgetreten, weil er im Laufe der Zeit reifer wurde und schlauer, sondern er ist ausgetreten, weil er das Lebensalter, die Höchstgrenze erreicht hatte. Diese Organisation – wurde mir vom Innenminister mitgeteilt – hat im Jahr 1999 ein internationalistisches Wochenende unter dem Motto „Willkommen Terroristen in der fünften Generation“ in Braunsdorf durchgeführt – dummerweise auch noch in Braunsdorf. Da ist der Bogen von Hoff über Revolution zu Gewalt und Terror doch nicht überspannt.
Herr Hoff muss sich dazu erklären, warum er in so einer Linkssektierersekte war, die Terroristen willkommen geheißen hat.
Da bin ich mal gespannt, wie er das erklärt und wie Sie mir dann erklären, was Herr Hoff in der Landesregierung verloren hat.
Im Übrigen war Frau Werner – die ist ja nicht da – in der gleichen Gruppe, ja, in der gleichen Gruppe, und ist auch nicht ausgetreten, weil sie schlauer wurde, sondern ganz schlicht und einfach, weil sie zu alt war. So sieht das nämlich aus in der Thüringer Landesregierung. Zwei Linksextremisten, zumindest linksextremistisch affine Minister haben wir hier. Zum Terror können Sie sich gerne äußern, Herr Hoff.