Protocol of the Session on February 23, 2017

Im Übrigen war Frau Werner – die ist ja nicht da – in der gleichen Gruppe, ja, in der gleichen Gruppe, und ist auch nicht ausgetreten, weil sie schlauer wurde, sondern ganz schlicht und einfach, weil sie zu alt war. So sieht das nämlich aus in der Thüringer Landesregierung. Zwei Linksextremisten, zumindest linksextremistisch affine Minister haben wir hier. Zum Terror können Sie sich gerne äußern, Herr Hoff.

(Unruhe DIE LINKE)

Zweitens: Wenn sich hier eine Politikerin der Linken hinstellt und von diesem Rednerpult aus Demonstrationsblockaden gutheißt, heißt sie Straftaten nach § 21 Versammlungsgesetz gut. Das finde ich mehr als befremdlich, Frau König.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Das ist Zivilcourage!)

Wenn sich eine Rednerin der Linken hier hinstellt und

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie kennen schon das Brok- dorf-Urteil?)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Nein, das kennt er nicht!)

die Rote Hilfe verteidigt, dann frage ich mich das auch. Ist auch seltsam: Die Rote Hilfe taucht seit Jahren – das ist ja keine Erfindung von der AfD – im Verfassungsschutzbericht auf. Der Verfassungsschutzbericht listet Organisationen auf, die zumindest verfassungsrechtlich zweifelhaft dastehen. Das ist doch nicht unsere Erfindung. Das finde ich auch sehr befremdlich, wenn das von hier vorne aus stattfindet.

In einem anderen Punkt, Frau König, könnte man fast meinen, wir hätten uns abgestimmt. Haben wir nicht, nicht, dass Sie noch Ärger mit Ihren Freunden bekommen. Wir haben uns nicht abgestimmt. Aber ich habe mir schon gedacht, ich reduziere meine Rede so ein bisschen oder konzentriere die auf den Linksextremismus, die Frau König wird das dann hier in epischer Breite mit dem Rechtsextremismus machen. Das hat sie auch gut gemacht. Aber der riesige Unterschied zwischen uns ist: Sie behaupten extremistische Verquickungen bei uns, können die aber nicht belegen, Frau König.

(Unruhe DIE LINKE)

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir behaupten und beweisen extremistische Unterwanderungen oder extremistische Bestrebungen bei Ihnen. Beweis können wir führen, siehe die Kleine Anfrage, die ich gerade zitiert habe, was den Herr Hoff betrifft. Wir weisen Ihnen nach, dass Sie zu Gewalttaten aufrufen, dass Sie von hier vorne Gewalttaten gutheißen und dass Sie den Verfassungsschutzbericht offenbar nicht ernst nehmen.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Schauen Sie sich mal an, wer mit Frau Muh- sal beim Bürgerdialog in Weida gegessen hat!)

Jetzt kommt noch ein riesengroßer Unterschied – das ist der Kern und daran werden Sie sehen, wer glaubwürdig ist und wer nicht: Wir wollen sämtliche – und das sage ich noch einmal – politische Gewalt aus allen Richtungen ächten und sprechen uns gegen jeglichen politischen Extremismus aus. Das machen wir von der AfD. Sie machen das anders. Sie fabulieren und reden über den Rechtsextremismus,

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Des- wegen sitzt man mit dem III. Weg zusam- men!)

gegen den sprechen wir uns auch aus, aber zum Linksextremismus verlieren Sie kein Wort. Sie müssen sich dazu nicht äußern, es ist Ihnen peinlich, weil Sie mittendrin versteckt sind. Aber Sie sollten doch zumindest so tun, als würden Sie auf dem Boden der Verfassung stehen und auch politische Ge

walt in alle Richtungen ächten. Genau das tun Sie nicht. Das ist der gewaltige Unterschied.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir machen das, was wir für richtig halten, und schreiben es rein: keine politische Gewalt. Nichts rechtfertigt politische Gewalt. Sie sagen: Politische Gewalt, ja, muss nicht sein, aber wenn sie gegen rechts geht und von links kommt, ist sie nicht verdammenswert.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat denn das gesagt? Das behaupten Sie!)

Ja, dann stimmen Sie unserem Antrag doch gleich zu. Ich bin mal gespannt. Wir werden nämlich namentliche Abstimmung beantragen. Sie können Ihre Truppen schon mal reinholen und dann sehen wir, wie Sie abstimmen.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Rechtsextremist!)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ordnungs- ruf!)

Das können wir gern noch einmal prüfen, habe ich jetzt nicht gehört, Entschuldigung!

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Herr Harzer war es! Vielleicht meint er sich selbst!)

Weitere Wortmeldungen vonseiten der Abgeordneten liegen mir aktuell nicht vor, sodass ich Herrn Minister Poppenhäger für die Landesregierung das Wort gebe.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, wer heute Nachmittag die Debatte verfolgt hat, kann jedenfalls eines feststellen: So oft wie der Begriff „Revolution“ gebraucht wurde, so viel Revolution im Thüringer Landtag war bisher noch nie. Deshalb kommt auch der Innenminister nicht umhin, sich an dieser Stelle zu bekennen, denn wenn es richtig sein soll, wenn Herr Prof. Dr. Hoff richtig zitiert worden sein soll, dass „der Weg zur Revolution mit Rechtsverordnungen gepflastert“ sein sollte, dann muss ich als ein langjähriger Minister natürlich bekennen, ja, auch ich habe offenbar schon eine ganze Menge an revolutionären Pflastersteinen gelegt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Debatte ging eigentlich ursprünglich um zwei Anträge

(Abg. Brandner)

der AfD-Fraktion. Ich will an einer Stelle deutlich machen: Es wird unterstellt, dass die Landesregierung in diesem Zusammenhang womöglich nicht alle rechtlichen Möglichkeiten verfolgt, um das zu bekämpfen, was die AfD wörtlich als „alle Spielarten des Extremismus“ bezeichnet. Ich verwahre mich dagegen. Die Landesregierung steht für ein Land, in dem sich alle Bürgerinnen und Bürger frei entfalten können. Wir ermöglichen dies in Freiheit und Sicherheit und wir zeigen aber auch, dass wir keine Toleranz gegenüber Intoleranten dulden. Unsere Sicherheitsbehörden, Polizei, Justiz, Verfassungsschutz, verteidigen unsere Demokratie gegen die, die sie ablehnen. Insbesondere natürlich der Kampf gegen Rechtsextremismus ist und bleibt eine zentrale Aufgabe für alle Demokratinnen und Demokraten. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus stellt auch für die Landesregierung eine gesamtgesellschaftliche Hauptherausforderung dar. Es ist Aufgabe der gesamten demokratischen Gesellschaft und aller ihrer Institutionen, dafür zu sorgen, dass vor allem junge Menschen auch in für sie zum Teil schwierigen wirtschaftlichen Zeiten und gefühlter persönlicher sozialer Unsicherheit nicht von verfassungsfeindlichen, menschenverachtenden, aber auch von rassistischen Parolen beeinflusst werden. Es geht um Respekt für andere, um Demokratie und Toleranz. Ja, unsere Aufgabe ist es auch, sich demokratiefeindlichen Tendenzen dauerhaft und nachhaltig entgegenzustellen und für eine Gesellschaft mit einer lebendigen und friedlichen Streitkultur einzutreten. Es gilt zugleich, die Demokratie wehrhaft zu halten, ohne ihre Grundprinzipien aufzugeben.

Wir haben hier bereits vor einem Jahr zum Thema „Religiösen Extremismus bekämpfen“ debattiert. Meine Aussage damals lautete: „Den Sicherheitsbehörden in Thüringen liegen derzeit keine Anhaltspunkte vor, das von religiös beeinflussten Extremisten eine unmittelbare Gefahr für die Thüringer Bürgerinnen und Bürger ausgeht.“

Es ist richtig, dass in Deutschland in den vergangenen Jahren die Gefährdung insbesondere durch islamistischen Terror zugenommen hat. Die Bundesrepublik Deutschland und damit auch der Freistaat Thüringen werden von verschiedenen international ausgerichteten dschihadistischen Organisationen weiterhin als Gegner wahrgenommen und stehen auch in ihrem erklärten Zielspektrum. Es ist auch richtig, dass es erst im letzten Oktober in Thüringen Durchsuchungen wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung und der versuchten Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gegen eine Gruppierung russischer Staatsbürger tschetschenischer Volkszugehörigkeit gab. Es bleibt also eine hohe abstrakte Gefährdungslage auch in Thüringen. Insofern sind die Aufforderungen des Antrags der AfD-Fraktion inhaltlich weder neu noch notwendig, da sie bereits in der Praxis

durch die Thüringer Landesregierung mit Leben erfüllt werden.

Lassen Sie mich noch konkreter auf die zwei Anträge eingehen. In einem der AfD-Anträge wird eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Staatsschutzdelikte gefordert, um auf dem Gebiet Thüringens links- und rechtsextremistische sowie islamistische Vereine sowie Teilvereine von bundesweiten Vereinen zu verbieten. Soweit der Antrag dazu auffordern will, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Staatsschutzdelikte einzurichten, ist dem entgegenzuhalten, dass Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Staatsschutzdelikte de facto bereits für einen großen Bereich dieser Delikte aufgrund bundesgesetzlicher Anordnungen vorhanden sind.

Für den Bereich der Strafsachen wegen Staatsschutzdelikten ist grundsätzlich der Generalbundesanwalt gleichsam als bundesweit zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft zuständig. Soweit der Generalbundesanwalt bei bestimmten Voraussetzungen die Sache an die Landesstaatsanwaltschaft abzugeben hat, ist die Generalstaatsanwaltschaft am jeweiligen Oberlandesgericht zuständig. In Thüringen ist die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft für den gesamten Freistaat zuständig. Für die Delikte, die der landgerichtlichen Staatsschutzkammer zugewiesen sind, ist die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht zuständig, in dessen Bezirk das Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Das Thüringer Oberlandesgericht hat seinen Sitz in Jena, mithin im Bezirk der Staatsanwaltschaft Gera. Soweit besteht dort in der Staatsanwaltschaft Gera eine für den gesamten Freistaat zuständige Schwerpunktabteilung für Staatsschutzdelikte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie bereits erwähnt, fordert die AfD auch dazu auf, extremistische Vereine zu verbieten, die in unserem Land Tätigkeiten entfalten. Artikel 9 Abs. 1 Grundgesetz verleiht allen Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Vereinsverbote sind im jeweiligen Einzelfall anhand der vorliegenden Erkenntnisse und an der Gesamtschau zahlreicher Einzelkriterien zu prüfen. Dies betrifft insbesondere das Vorhandensein von Vereinsstrukturen und den Nachweis gerichtsverwertbarer Informationen von rechtswidrigen Handlungen von Vereinsmitgliedern, die dem Verein als Organisation im Sinne der vom Vereinsgesetz geforderten Kriterien auch zugerechnet werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung und das für das öffentliche Vereinsrecht zuständige Innenresort sind stets im Sinne eines wehrhaften Rechtsstaats aufmerksam und beobachten gemeinsam mit Polizei und Verfassungsschutz den extremistischen Phänomenbereich und auch, ob eventuell der Anfangsverdacht zur Einleitung eines Vereinsverbotsverfahrens besteht. Sie können mir glauben: Wenn das der Fall ist, dann

(Minister Dr. Poppenhäger)

werde ich das dem Thüringer Landtag dann auch mitteilen, aber nicht bevor wir so etwas machen, sondern danach. Thüringer Behörden waren in den vergangenen 20 Jahren wiederholt im Rahmen der Vorbereitung des Vollzugs von Vereinsverbotsverfahren des Bundes beteiligt. Gegenstand dieser Vereinsverbotsverfahren waren Gruppierungen, deren Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht gehören auch als Wesensbestandteil zu unserer Demokratie. Wir sind uns sicher einig, dass wir nicht zulassen dürfen, dass diese missbraucht werden. Verbote allein reichen aber nicht. Zum einen sind die Anforderungen hoch, wie ich eben angedeutet habe, zum anderen tragen sie nur teilweise dazu bei, Radikalisierungstendenzen auch nachhaltig zu bekämpfen. Besonders verlässliche Strukturen vor Ort und die Etablierung einer langfristigen Finanzierung von Initiativen gegen Gewalt sind unabdingbar im Kampf gegen Extremismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Staat und Gesellschaft stehen in ihrer Gesamtheit vor der Herausforderung, die demokratischen Werte wie Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz und Rechtsstaatlichkeit, zu verteidigen. Nur so sorgen wir dafür, dass niemand unsere demokratische Gesellschaft einschüchtert, gleich aus welcher politischen oder religiösen Motivation heraus. Deshalb hat die Landesregierung auch den Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU zur Einrichtung einer Enquetekommission „Auseinandersetzung mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Thüringen“ in den Sitzungen des Thüringer Landtags im Dezember und im Januar unterstützt. Es ist ein wichtiges Anliegen dieser Landesregierung, zivilgesellschaftliche und institutionelle Konzepte zur Zurückdrängung rassistischer Einstellungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit mit weiterzuentwickeln und in ihrer Arbeit zu unterstützen. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, meine Ausführungen haben hoffentlich gezeigt, dass die Landesregierung bereits in den von der AfD geforderten Bereichen tätig ist bzw. dass die Forderungen wie nach Schwerpunktstaatsanwaltschaften an der Praxis vorbeigehen. Beide Anträge sollten deshalb aus Sicht der Landesregierung keine Unterstützung finden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Innenminister. In der Zwischenzeit habe ich noch mal den Zwischenruf von Herrn Abgeordneten Harzer nachprüfen lassen. Sie ha

ben auf einen AfD-Abgeordneten, wo jetzt nicht klar signalisierbar war, wer das war, „Rechtsextremist“ gerufen. Dafür erteile ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Wieso das denn?)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er hat doch keine Person genannt!)

Wir können alles Weitere gern an anderer Stelle besprechen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Man darf den Präsidenten nicht kommentieren!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jus- tizausschuss einberufen!)