Protocol of the Session on February 23, 2017

Das Thema scheint Ihnen aber nicht so wichtig zu sein. Sie haben gezeigt, dass sie kein wirkliches Interesse an den Existenzfragen der Hebammen haben, die wirtschaftliche Nachteile haben, weil sie in unterversorgten Gebieten sitzen, zu viele Notdienste haben, der Umsatz mit weniger Geburten zu gering ist und die Haftpflichtprämien drückend sind. Daher erscheint mir unser Antrag als die einzig gebotene und mögliche Alternative und ich bitte hier um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön, Frau Herold. Als Nächste erhält Frau Abgeordnete Stange für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, werte Frau Wanierke, einen Satz zu Frau Herold, die heute im Tierreich unterwegs war, was ich nicht so sehr passend finde,

(Beifall CDU)

aber eins will ich ganz entschieden zurückweisen: Ihre letzten Sätze waren meiner Meinung nach menschenverachtend.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Flüchtlinge gegen einen Fonds für Hebammen auszuspielen, ist etwas, was Politik in diesem Hause nicht dulden wird; das sage ich an der Stelle ganz eindeutig: Das geht nicht!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und ich gehe auch davon aus, dass das vom Landesverband der Hebammen, aber auch von den freiberuflichen Hebammen registriert wird. Diese Politik wird durch uns nicht unterstützt.

(Beifall DIE LINKE)

Werte Kolleginnen und Kollegen, Frau Meißner hat bereits zu Beginn eines genannt, was den Antrag anbelangt: die sogenannte Genese, wie Sie es nannten. Ich will heute noch ein bisschen Wasser in den Wein hineingießen und will die Kritik zurückweisen, die Sie zu Beginn formuliert haben, dass es lange gedauert hätte, bevor der Runde Tisch im Dezember 2015 installiert worden ist. Denn Sie wissen, Frau Meißner – genauso wie wir, die wir gemeinsam im Sozialausschuss in den letzten Monaten ganz intensiv an diesem Thema gearbeitet haben –, dass das zuständige Ministerium – die Hausspitze – eine nochmalige Beauftragung der Studie in Gang setzen musste, weil sich in der ersten Studie viel zu wenige beteiligt haben und wir somit kein belastbares Zahlenmaterial hatten und wir einfach zu Beginn der Legislatur eine neue Studie brauchten. Wir sind darüber informiert worden, dass circa zehn Tage, 14 Tage, nachdem die Ergebnisse zu der zweiten Studie vorlagen, der Runde Tisch installiert worden ist.

Ich will mit noch einer Mär aufräumen, die immer wieder im Raum schwebt. Das Thema der Versorgung mit Hebammenleistungen, mit Geburtshelfern, mit der Haftpflichtprämie hat dieses Hohe Haus in den letzten sieben Jahren jährlich beschäftigt. Im Jahr 2010 fing es mit einer Großen Anfrage durch meine Fraktion Die Linke an und es wurden sukzessive Kleine Anfragen durch die unterschiedlichsten Abgeordneten gestellt. Anträge von Bündnis 90/Die Grünen waren eine Grundlage der Thematik. Es ist inhaltlich richtig etwas passiert, nach vorn gegangen, seitdem Rot-Rot-Grün hier in dem Land regiert und seitdem wir uns auch auf den Weg gemacht haben, mit der Ministerin an der Seite den Runden Tisch zu installieren. Wir sind in dem Ausschuss in den zurückliegenden anderthalb Jahren wirklich sehr ausführlich darüber informiert worden, welche Schritte verabredet worden sind und welche noch gegangen werden müssen.

Hier am Pult hat in den letzten Minuten ganz oft die Thematik der Ausbildungssituation eine Rolle gespielt. An der Stelle bin ich sehr glücklich darüber, dass ab September dieses Jahres in Erfurt ein Mehr an Ausbildung zur Verfügung gestellt wird und dass ein Mehr an Ausbildung dann auch in den folgenden Jahren in Jena auf den Weg gebracht wird. Denn wir wissen alle – und das sagen uns auch die Gespräche mit den Hebammen und den Geburtshelfern: auf den Anfang kommt es an, werte Kolleginnen und Kollegen. Es ist nicht wichtig für eine

(Abg. Herold)

junge Familie, ob der Breitbandausbau in Thüringen weiter vorangetrieben ist, für sie ist es zum Beispiel zu Beginn einer Schwangerschaft wichtig, eine gute Hebammenversorgung zu haben. Für sie ist es wichtig, dass die Wochenbettbetreuung gut gewährleistet wird, damit die circa 17.000 Kinder, die in Thüringen in den letzten Jahren geboren worden sind, und die Familien gut betreut werden. Darum ist es auch gut, dass heute das Thema der Versorgung mit Hebammenleistungen als erster Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung zur Beratung ansteht, um auch noch mal die Bedeutung dieses Themas für uns hier darzulegen.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Problematik des Antrags der CDU-Fraktion machen: Wir haben schon darauf hingewiesen, dass sich durch die Beratungen in den letzten anderthalb Jahren der Antrag im Prinzip erledigt hat. Zwei Punkte möchte ich herausgreifen, die im Antrag der CDUFraktion formuliert waren: Das ist einmal die Möglichkeit zu überlegen, ob es eine Zertifizierung von Geburts- und Kinderkliniken nach dem Motto der Babyfreundlichkeit geben kann. Auch hier hat die Ministerin darauf aufmerksam gemacht, dass es möglich ist, dass die Kliniken sich auf den Weg machen können, diese Zertifizierung anzustreben. Aber – auch das wissen wir – Zertifikate kosten Geld. Ein zweiter Punkt ist die Kampagne, die Sie auch in Ihrem Antrag gefordert haben. Hier sage ich für meine Fraktion Die Linke: Eine nochmalige Imagekampagne, um den Beruf der Hebamme aufzuwerten, ist nicht notwendig. Der Hebammenberuf hat in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass dieser Stellenwert immer wieder artikuliert wird und dass wir vor allem gute Arbeitsbedingungen für Hebammen und Geburtshelfer gewährleisten können, die in Kliniken, aber auch freiberuflich unterwegs sind. Wenn wir das schaffen, ist meiner Meinung nach viel Image-Arbeit geleistet worden, um perspektivisch noch mehr junge Männer und junge Frauen für diesen Beruf zu begeistern und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, dass sie in diesem Beruf nicht nur die Ausbildung zu Ende bringen, sondern auch in dem Beruf arbeiten.

Wie bereits durch meine Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen erwähnt, haben wir uns aufgemacht, einen gemeinsamen Alternativantrag zu formulieren. Ich gehe davon aus, dass wir in den Alternativantrag einen weiteren Punkt setzen, um in der Plenarsitzung im Sommer 2017 über weitere Ergebnisse zu beraten, die sich aus der Bearbeitung der unterschiedlichsten Themen am Runden Tisch ergeben. Ich frage an der Stelle nur – und ich denke, da wird es auch noch mal eine inhaltliche Auseinandersetzung geben: Wie bekommen wir eine Änderung der Richtlinien auf den Weg, wo die Qualität der Geburtsabteilungen und die Qualitätssicherung im Mittelpunkt stehen? Wir werden uns

sicher auch noch inhaltlich mit der Thematik auseinandersetzen müssen, ob die Haftpflichtproblematik auf Bundesebene wirklich ein für alle mal geklärt ist ober ob es da noch weiterer Bundesratsinitiativen der Landesregierung bedarf. Hier sind wir offen und ich bin sehr zufrieden damit, dass wir heute gemeinsam mit unserem Alternativantrag einen inhaltlichen Schritt gehen, um die Thematik weiter voranzubringen. Und Kollegin Pelke hat es bereits formuliert: Den Änderungsantrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion nehmen wir in unseren Antrag mit auf. Es ist ein Prüfauftrag und auf die Ergebnisse des Prüfauftrags seitens des Ministeriums dann im Sommer bin ich sehr gespannt. Ich danke der Ministerin für die Arbeit. Danke. Und für uns heute, denke ich, noch einen angenehmen Tag.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste haben wir Frau Abgeordnete Pfefferlein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Wanierke, sehr geehrte Gäste, auch ich – in Richtung AfD – fand es eben sehr, sehr bedenklich und vor allem sehr zynisch, was Frau Herold in ihren letzten Sätzen gesagt hat, gerade Sie als Medizinerin. Menschen gegeneinander auszuspielen und das in einer Art und Weise, wo ich – ich finde gar keine Worte dafür, was ich dazu sagen soll.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Genau!)

Herr Brandner, dieser Zwischenruf jetzt zeigt doch schon wieder, was Sie für eine Einstellung haben. Das finde ich so was von schrecklich, gerade bei Hebammen, gerade bei Babys,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

gerade bei Kindern, gerade bei Müttern. Und wie viele geflüchtete Frauen sind hier, die Kinder kriegen, die schwanger sind, die genauso behandelt werden von Hebammen? Hier macht eine Hebamme keinen Unterschied. Aber Sie stellen sich hier hin und – das finde ich so etwas von gruselig, unterirdisch.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich werde meine Rede jetzt hier trotzdem ordentlich halten.

Ich bin sehr froh, dass die CDU-Fraktion hier sehr bei uns ist und dass wir im Großen und Ganzen bei

(Abg. Stange)

diesem Thema einer Meinung sind. Aber ich muss auch sagen, dass es bei diesem Thema noch sehr viel zu tun gibt. Wir haben als Koalition schon sehr viel auf den Weg gebracht. Ich muss an dieser Stelle auch sagen: Wir haben den Runden Tisch im Koalitionsvertrag verankert und es war keine Idee der CDU-Fraktion. Also an dieser Stelle möchte ich das auch noch mal unterstreichen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben uns sehr bemüht, in den letzten Monaten sehr intensiv diskutiert …

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Verantwor- ten und umsetzen ist zweierlei!)

Wir sind gerade dabei, Herr Fiedler – und ich gehöre nicht zu den Kollegen, die von vor 20 Jahren reden, denn ich bin erst seit zwei Jahren im Parlament und ich kann es nicht beurteilen, was hier früher gegangen ist.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich habe von jetzt gesprochen!)

Ja, aber Frau Meißner war in der letzten Legislatur auch schon in diesem Parlament und sie hätte es auch schon intensiv angehen und umsetzen können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und jetzt fangen Sie bei diesem Thema an, als ob Sie das gerade vor zwei Jahren neu erfunden hätten. Das sind Sachen, die ich einfach nicht verstehe.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ruhig, sei doch lieb!)

Aber ich bin froh, dass wir mittlerweile im Großen und Ganzen einer Meinung sind und dass wir auf dem Weg sind, und ich bin da auch ganz frohen Mutes, dass wir das gut zusammenbringen. Ja, ist ja alles gut. Das muss ich ja auch mal sagen dürfen.

Wie gesagt, wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten sehr viel Zeit genommen und wir haben sehr viel erfahren. Auch die Ministerin hat immer berichtet. Für uns ist es wichtig, auch gerade bei dem Thema des Runden Tisches, dass wir auch die Akteure mit am Tisch haben. Deshalb wird darüber auch so lange diskutiert. Es ist auch eine Wahrheit, dass sich auf Bundesebene auch lange Zeit nichts bewegt hat, wenn man die Haftpflichtproblematik anschaut oder das DRG-System, von dem Expertinnen und Experten immer noch der Meinung sind, dass das nicht in die Geburtshilfe gehört.

Es wurde schon viel gesagt zu diesem Thema. Ich kann nur für meine Fraktion auch noch mal sagen: Wir haben uns in den letzten Jahren starkgemacht

für die Hebammen. Das wird auch so bleiben bei uns. Wir Grüne lassen die Hebammen nicht im Stich und wir lassen auch die Frauen nicht im Stich. Hebammen sind ausgebildete Fachfrauen, die einen unschätzbaren Beitrag für die Frauen- und Familiengesundheit leisten. Frauen und Mütter haben ein Anrecht auf eine gute und bedarfsgerechte Versorgung mit Hebammenleistungen. Dieses Thema in all seinen Facetten steht auch ganz oben auf der familien- und gesundheitspolitischen Agenda. Es geht hier nicht mehr und nicht weniger um das Wegbrechen eines ganzen Berufsstands. Die Wahlfreiheiten von werdenden Eltern, wo und wie sie ihr Kind auf die Welt bringen, ist in Gefahr. Ich möchte ganz klar sagen: Es geht hier nicht nur um die freiberuflichen Hebammen. Nein, das Ausmaß ist viel größer. Es betrifft die Vor- und Nachsorge, die Beleggeburten, die Geburtshäuser, die Hausgeburten, aber auch die Kliniken. Die Kliniken in Thüringen suchen händeringend nach Nachwuchs. Junge Menschen werden sich aber nur für diesen Beruf entscheiden, wenn auch die Arbeitsbedingungen stimmen. Neben einer kurzfristigen Lösung für das Problem der stetig steigenden Haftpflichtversicherungsprämien gehören dazu auch Konzepte für neue Versorgungsformen. Schon jetzt steigen immer mehr Hebammen aus der Geburtshilfe aus und schon jetzt müssen Frauen immer wieder abgewiesen werden und suchen lange nach einer Hebamme. Die Zeit läuft gegen uns, gegen die Familien im Land und vor allem gegen die Hebammen selbst. Deshalb brauchen wir ein überfraktionäres Engagement. Selbstverständlich muss kurzfristig sichergestellt werden, dass die Hebammen von den gesetzlichen Krankenversicherungen angemessene Vergütungen erhalten, um ihre Haftpflichtprämien bezahlen zu können. Was wir auf Bundesebene brauchen, ist eine grundsätzliche Lösung. Was wir tatsächlich brauchen, ist eine tragfähige Lösung für alle Gesundheitsberufe. Deswegen schlagen wir seit Langem vor zu prüfen, ob und wie die Regelprinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Berufshaftpflichtversicherung für alle Gesundheitsberufe übertragen werden kann, das heißt konkret, eine Berufshaftpflichtversicherung, die solidarische Elemente enthält, eine Versicherung, die keine gewinnorientierten Beiträge erheben wird, eine Versicherung, in der Versicherungspflicht besteht, und eine Einbeziehung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Selbstständigen erfolgt.

In Thüringen ist es natürlich wichtig, dass ein besonderes Augenmerk auf die Ausbildungssituation und die Mitarbeiterinnenzufriedenheit gelegt werden muss. Wir haben als Koalition schon im Doppelhaushalt einen Schwerpunkt gelegt und werden im kommenden Haushalt darauf achten, dass hier auch genügend Mittel eingestellt werden. Wir bitten die Landesregierung, dass wir spätestens im Juni 2017 dem Landtag über die Ergebnisse des Runden Tisches „Geburt und Familie“ berichten kön

nen. Wir werden das Thema bald wieder hier im Plenum beraten und darauf freue ich mich. Dem Änderungsantrag von der CDU stimmen wir zu. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor, sodass ich für die Landesregierung Frau Ministerin Werner das Wort erteile.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Frau Wanierke! Die Betreuung von Müttern und die Sicherstellung dieser Betreuung hat für die Thüringer Landesregierung einen hohen Stellenwert. Ich will deswegen zuallererst meine Irritation, Frau Meißner – die ich gerade, doch, da steht sie –, zum Ausdruck bringen. Wegen des Zeitplans: Nur mal als Erinnerung: Ich wurde am 5. Dezember 2014 berufen, ein Jahr später habe ich den Runden Tisch „Geburt und Familie“ einberufen, also nach einem Jahr. Die CDU hätte 25 Jahre lang Zeit gehabt, genau so ein Gremium zu installieren

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und entsprechend den Versorgungsnotwendigkeiten etwas entgegenzustellen. Ich will auch sagen, dass wir den Runden Tisch gern noch viel eher installiert hätten. Aber – das habe ich Ihnen sehr ausführlich im Ausschuss berichtet – wir hatten ein Gutachten, das nicht ausführlich genug gewesen ist und nicht alle Dinge, die für uns wichtig waren, so dargestellt hat, um die Situation beurteilen zu können. Daher war es notwendig, noch mal Befragungen durchzuführen, an der einen oder anderen Stelle das Gutachten nacharbeiten zu lassen. So hatten wir dann am 4. Dezember 2015 ein Gutachten, das belastbar war, und am 14. Dezember 2015 – also neun Tage später – habe ich diesen Runden Tisch „Geburt und Familie“ am Ministerium installiert.