Protocol of the Session on January 26, 2017

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir hier über Integration reden, dann dürfen wir eins nicht tun: glauben, die Menschen würden sich integrieren, wenn sie in ständiger Sorge darum leben, ob ihre Frauen und Kinder oder ihre nahen Angehörigen in Syrien die nächste Woche, den nächsten Monat noch überleben. Wenn wir Integration wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Möglichkeit besteht, diese engen Verwandten tatsächlich nachzuholen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es bleibt deshalb tatsächlich mein Ziel, zu verbesserten Familiennachzugsregelungen zu kommen, weil auch wir heute und gestern schon mehrfach über Sicherheit diskutiert haben. Wenn wir wirklich wollen, dass Menschen sich integrieren und dass Menschen sich hier mit Schwung und Elan in diese Gesellschaft einbringen, dann ist es auch gut für die Sicherheit in diesem Land. Auch unter dem Gesichtspunkt sollten wir mehr für Familiennachzug tun. Ja, da war es kontraproduktiv, dass wir eine Situation bekommen haben, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Frühjahr die Anerkennungspraxis für Syrer doch relativ signifikant geändert hat, nämlich von der Tatsache, dass es bis dato einen Flüchtlingsstatus gegeben hatte hin zum subsidiären Schutz. Jetzt kann man sagen: Ist das so schlimm? Die Leute dürfen doch bleiben. Ja, es war für die einzelnen Betroffenen sehr schlimm, weil mit dieser Zuerkennung von lediglich subsidiärem Schutz eben genau der Familiennachzug nicht mehr möglich war. Deshalb auch die bundesweit Zehntausenden Klagen vor den Verwaltungsgerichten und die Situation, dass erstinstanzlich in vielen Fällen diese Menschen auch gewonnen haben, zweitinstanzlich haben wir im Moment eine unklare Rechtslage, da gab es Oberverwaltungsgerichte, die die Entscheidung der Verwaltungsgerichte wieder aufgehoben haben. In Thüringen haben

wir jetzt die Situation, dass unser Oberverwaltungsgericht die Berufungen des Bundesamts gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen aus Meiningen zurückgewiesen hat. In Thüringen war die Situation, dass die Syrer, die geklagt haben, letztendlich auch rechtskräftig recht bekommen haben. Aber dahinter steckt nur die Tatsache des Familiennachzugs. Wenn Sie sich die Mühe machen würden, mit den Menschen zu reden, die hier angekommen sind, die sich im Moment in Integrationskursen befinden, die tatsächlich auch versuchen, auf die eigenen Füße zu kommen, dann werden Sie immer wieder gefragt werden: Habe ich eine Chance, meine Frau und meine Kinder nachzuholen? Deswegen noch einmal, um es ganz klar zu sagen: Unser Ziel bleibt, dass man das ausbaut, dass man diese Regelung erleichtert, um den Menschen auch die Möglichkeit zur Integration zu geben. Wir sind da auf einem komplett anderen Weg, als Sie ihn vorschlagen. Das ist richtig. Das ist aber auch gut so. Schade, dass wir heute nicht mehr die Möglichkeit haben, auch noch über die Gesundheitskarte nachzudenken, die Sie stoppen wollen. Ich freue mich sehr, dass wir die zum 1. Januar eingeführt haben,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass wir jetzt in wenigen Wochen mehrere Tausend Karten ausgegeben haben. Und wir werden definitiv eins nicht mehr tun: dieses Projekt stoppen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Die Kranken- versicherten werden sich freuen!)

Vielen Dank, Herr Minister. Jetzt die Zwischen-/ Schlussfrage von Herrn Abgeordneten Henke. Bitte.

Ja, vielen Dank, Herr Präsident. Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass mithilfe Russlands eine Befriedung in Syrien stattgefunden hat und die Menschen wieder in ihre Städte zurückkehren?

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Mit Fassbomben!)

Und zweitens: Die Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, wonach 620.000 Euro gezahlt worden sind, müssen an die Kommunen weitergereicht werden, denn die Kommunen sind dringend auf diese Gelder angewiesen. Da können Sie mir zustimmen, dass das gemacht werden muss.

(Minister Lauinger)

Also, ich habe eine andere Einschätzung als Sie zu der Sicherheitslage in Syrien. Dass wir in den Debatten immer mal wieder kurzfristige Waffenstillstände hatten, ist richtig, aber dass sich dramatisch etwas verändert hat, kann ich nicht sehen.

Zur Situation der Kommunen: Es ist immer so, dass natürlich eine Abrechnung von Leistungen zwischen Kommunen und Land erfolgen muss; das ist richtig. Ich glaube, das können Sie auch, wenn Sie in den Haushalts- und Finanzausschuss gehen, gut nachlesen, was dieses Land an Unterstützung für Kommunen einschließlich der zweimal 25 Millionen Euro, die wir jetzt noch mal gegeben haben, geleistet hat. Wir haben die Bewachungskosten erstattet, unabhängig davon, ob es dafür eine Verordnung gab, einfach weil die Kommunen da höhere Kosten haben. Ich glaube, wir haben den Kommunen da eine sehr, sehr große Unterstützung zuteilwerden lassen, um genau diese Fragen alle zu regeln. Vielen Dank!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ausschussüberweisung ist auch nicht beantragt worden, sodass wir direkt zur Abstimmung über den Antrag kommen. Wer für den Antrag der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/2652 – bitte schön, Herr Zippel.

Die CDU-Landtagsfraktion beantragt die getrennte Abstimmung der Punkte 1 und 2 des Antrags der AfD-Fraktion.

Dann stimmen wir also getrennt ab. Wer für den Punkt 1 des Antrags der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/2652 ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Ich würde mal sagen, wir zählen auch durch. Danke schön. Gegenstimmen? 38 Gegenstimmen. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wie viele waren das?)

Wir kommen zur Abstimmung über den Punkt 2 des AfD-Antrags. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen sowie der CDU-Fraktion und von Herrn Gentele. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt – damit ist der Antrag insgesamt abgelehnt – und rufe auf den Tagesordnungspunkt 11

Schüler- und Auszubildendenfahrkarte endlich einführen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2657 - Neufassung

Wünscht die AfD-Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall, sodass ich die Beratung eröffne. Das Wort erteile ich Herrn Abgeordneten Tischner für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin jetzt ein bisschen überrascht, dass die AfD es nicht einmal für nötig hält, ihren Antrag zu begründen. Das wäre ja schon mal interessant gewesen, auch für die Öffentlichkeit, zu hören, was uns jetzt eigentlich hier präsentiert werden soll. Denn das ist ja nichts Neues, da ist nichts dahinter, was uns irgendwie noch weiterbringt. Ich will vielleicht noch mal daran erinnern, dass wir als CDUFraktion im Januar 2015 hier dazu im Landtag einen Antrag eingebracht haben. Wir haben den damals gemeinsam sehr intensiv im Ausschuss beraten, wahrscheinlich war die AfD...

(Zwischenruf Abg. Lukasch, DIE LINKE: Die haben geschlafen!)

Ja, Herr Tischner hat das Wort und alle anderen Kollegen beruhigen sich etwas.

Die Kollegen der Linken und so haben ja recht, dass das nichts Neues ist, aber es ist trotzdem anstrengend, wenn man versucht zu reden.

Also es ist nichts Neues, was uns da vorliegt. Wir haben im Ausschuss gemeinsam damals beraten. Die AfD war wahrscheinlich wieder mal nicht anwesend, genauso wie sie vielleicht nicht zur Kenntnis genommen hat, wie manche Berichte jetzt derzeit ausfallen. Wir als CDU-Fraktion sind natürlich nicht damit glücklich gewesen, dass damals schon aus unserem Antrag herausgestrichen wurde, dass wir eine Einführung bis zum Schuljahr 2015/2016 gefordert haben. Wir haben uns damals die Gründe angehört, die die Frau Ministerin da vorgetragen hat. Es sind aber nun schon zwei Jahre ins Land gegangen und es ist relativ wenig passiert, jedenfalls dahin, dass nun endlich mal ein Ergebnis in Sicht ist. Vielleicht hören wir jetzt oder nachher noch etwas Neues. Wir bleiben dabei als CDUFraktion: Es dauert uns zu lange, sehen aber in

dem Antrag, was die AfD hier vorlegt, überhaupt nichts Neues. Im Gegenteil, der Antrag ist total widersprüchlich, denn Sie fordern auf der einen Seite, ein Auszubildendenticket einzuführen im Sinne des Studententickets, wie wir es in Thüringen haben, und auf der anderen Seite sprechen Sie sich völlig gegen ein solidarisches Modell aus. Also da müssen Sie schon mal überlegen, was Sie eigentlich wollen. Wir fordern von der Landesregierung am heutigen Tage noch mal sehr, sehr deutlich, dass es endlich zu Ergebnissen kommt. Die Betroffenen warten darauf. Aber populistische und alte Anträge brauchen wir dazu auch nicht.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Dann erteile ich Frau Abgeordneter Muhsal für die AfD-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Abgeordnete! Herr Tischner, Sie haben ja gerade festgestellt, es dauert zu lange, und die logische Konsequenz daraus, dass es zu lange dauert, wäre, unserem Antrag zuzustimmen. Das für Sie nur noch mal als Denkanregung!

Am 31.01.2015, also vor zwei Jahren, stellte die Fraktion der CDU den Antrag mit dem Namen „Schüler- und Auszubildendenticket zügig einführen – Jugendliche und Eltern entlasten“. Durch Beschluss des Landtags in seiner 4. Plenarsitzung am 28. Januar 2015 ist der Antrag an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten federführend, an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen worden. Dort hat sich der Antrag bis Ende des Jahres 2015 aufgehalten und wurde dort deutlich modifiziert und abgeschwächt. Mit dem Hinzufügen der Begriffe „langfristig“ und „schrittweise“ ist der Antrag so butterweich geworden, dass neben der CDU auch Rot-Rot-Grün problemlos zustimmen konnte.

Unser strengerer Alternativantrag fand demgegenüber leider keine Zustimmung. Es liegt also ein Beschluss des Landtags darüber vor, dass die Landesregierung „zeitnah ein Konzept zur schrittweisen Einführung eines vergünstigten, langfristig thüringenweit einheitlichen Schüler- und Auszubildendentickets“ entwickeln und dem Landtag vorlegen möge, und dabei soll die Landesregierung die wichtigsten Partner einbeziehen. Termine werden nicht genannt, einen Zeitplan gibt es nicht und stattdessen gibt es inhaltsleere Phrasen und viel heiße Luft. Dementsprechend passiert wenig bis nichts.

(Beifall AfD)

Ende Juni 2016 gab es dann zwar eine Unterrichtung über den Sachstand in der Problemlage, in der Unterrichtung war aber sinngemäß nur zu lesen, dass die Landesregierung immer noch keine Idee hat, wie wir zu einer Schüler- und Auszubildendenfahrkarte kommen. Im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen wollen wir uns mit einer solchen Situation eben nicht zufriedengeben und haben daher bereits im September des vergangenen Jahres dieses wichtige Anliegen ein weiteres Mal auf die Tagesordnung gebracht.

In der von uns ursprünglich eingereichten Version des Antrags haben wir gefordert, dass die Landesregierung bis zum 31. Dezember 2016 endlich Nägel mit Köpfen machen soll und eine Schüler- und Auszubildendenkarte einführen soll. Die Kosten dieser Karte für die Auszubildenden sollen sich an den Kosten orientieren, die für Studenten auch anfallen.

Diese Frist konnte schon allein deswegen nicht eingehalten werden, weil die Regierungsfraktionen unsere Anträge immer weiter nach hinten schieben, sodass Monate vergehen, bis sie beraten werden. Dafür, dass es sich dabei um die angeblich demokratischen Fraktionen handelt, ist das doch ein recht undemokratisches Verhalten.

(Beifall AfD)

Wie dem auch sei, wir haben eine neue Frist gesetzt, Ihnen zuliebe, und geben Ihnen aber jetzt mit unserer Neufassung erneut zwei Monate Zeit, unsere Forderung zu erfüllen.

Die Landesregierung plant derzeit gravierende Einschnitte in das Thüringer Berufsschulnetz. Fünf Standorten, drei davon in Ostthüringen, droht die Schließung. Bei knapp sechzig Ausbildungsberufen sollen Veränderungen bezüglich der Schulstandorte vorgenommen werden. Standorte in Sömmerda, Leinefelde, Gotha und Meiningen zum Erlernen von Bauberufen werden wegfallen. Einige Berufe, wie Glaser oder Pferdewirt, wird man zukünftig an Thüringer Schulen nicht mehr erlernen können, wenn es nach der Landesregierung geht. Zukünftig können also gerade die jungen Menschen in Ostthüringen, wo die Einschnitte besonders tief sein werden, sich auf weitaus längere Wege gefasst machen, wenn sie trotz aller politischen Widerstände im Freistaat Thüringen den Mut besitzen, eine Berufsausbildung aufzunehmen. Wenn beispielsweise ein Metallbauer künftig den schulischen Teil seiner Ausbildung nicht mehr in Bad Salzungen absolvieren kann, sondern nach Erfurt pendeln muss, so investiert er viel mehr Lebenszeit und außerdem noch viel mehr Geld in diesen Weg. Und selbstverständlich wird er sich dann nicht ganz unbegründet fragen, wieso er das denn eigentlich tut und warum er nach dem Abitur nicht doch besser ein Studium absolvieren sollte und dann unbekümmert für den kleinen Obolus das gesamte Thüringer Streckennetz nutzen kann. Durch das Zusammenstreichen

(Abg. Tischner)

des Berufsschulnetzes schwächt die rot-rot-grüne Landesregierung die Thüringer Wirtschaft und vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen.

(Beifall AfD)

Statt dem Akademisierungswahn entgegenzutreten, statt daran zu arbeiten, dass mehr junge Menschen eine Berufsausbildung aufnehmen können, macht die Thüringer Landesregierung genau das Gegenteil. Sie schließt Standorte und kümmert sich dann nicht einmal darum, dass die verbliebenen Auszubildenden zu ihren Ausbildungsorten kommen.

Uns als AfD ist es ein Anliegen, auch die Rahmenbedingungen für Ausbildungsberufe zu verbessern. Dazu gehört zweifellos eine vernünftige und kostengünstige Streckenfahrkarte. Der Thüringer Handwerkstag hat festgestellt, dass Thüringer Studenten durchschnittlich 17,15 Euro für ihr Semesterticket bezahlen, während Auszubildende nicht selten mit monatlichen Kosten von über 100 Euro rechnen können. Diese hohe finanzielle Belastung von Auszubildenden führt einmal mehr dazu, dass Ausbildungen für junge Menschen immer unattraktiver werden. Dieser Ungleichbehandlung wollen wir mit unserem Antrag ein Ende setzen.

(Beifall AfD)

Mittlerweile haben nicht nur wir erkannt, dass dieses Problem dringend gelöst werden muss. Nein, sogar der DGB, der sonst eigentlich eher Ihnen von der rot-rot-grünen Fraktion nahesteht, kritisiert Ihr Vorgehen ebenfalls. So äußerte Sandro Witt, den bzw. dessen Organisation die Landesregierung sonst umfänglich mit Mitteln aus dem Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ausstattet, dass er den Eindruck habe, Zitat, „dass da viel geredet wird, aber wenig passiert“.