Mittlerweile haben nicht nur wir erkannt, dass dieses Problem dringend gelöst werden muss. Nein, sogar der DGB, der sonst eigentlich eher Ihnen von der rot-rot-grünen Fraktion nahesteht, kritisiert Ihr Vorgehen ebenfalls. So äußerte Sandro Witt, den bzw. dessen Organisation die Landesregierung sonst umfänglich mit Mitteln aus dem Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ausstattet, dass er den Eindruck habe, Zitat, „dass da viel geredet wird, aber wenig passiert“.
Zum Abschluss sage ich: Wenn unsere Studenten kostengünstig das gesamte Streckennetz im Freistaat Thüringen nutzen können, dann sollten unsere Auszubildenden das selbstverständlich auch tun können.
Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, jetzt endlich nach so langer Zeit mal ihrer Arbeit nachzukommen. Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung. Ich möchte mich auch im Namen unserer Koalition gegen die Unterstellung der Abgeordneten Frau Muhsal verwahren, die pressemäßig verlauten ließ, dass Linke, Bündnis 90/Die Grünen und SPD den Antrag der AfD auf Einführung des AzubiTickets blockieren würden. Erstens ist diese Behauptung falsch und zweitens erweckt sie den Eindruck, dass mit dem Antrag der AfD etwas substanziell Neues gesagt oder eventuell gar ein Lösungsvorschlag unterbreitet wird. Beides ist nicht der Fall.
Der vorliegende Antrag der AfD lässt völlig außer Acht, dass in der Ihnen vorliegenden Drucksache 6/2379, aus der Sie einige Passagen abgeschrieben haben, nicht nur ein Zwischenstand dargelegt wurde, sondern auch der Weg zum Azubi-Ticket. Dass er langwierig sein wird, dürfte selbst der AfD klar sein. Der Antrag, der damals gemeinsam hier im Landtag beschlossen wurde, sieht vor, ein Konzept zur schrittweisen Einführung eines vergünstigten, langfristig thüringenweit einheitlichen Schüler- und Azubi-Tickets zu entwickeln. Warum ist das so formuliert? Nicht etwa, weil sich die Landesregierung oder die betreffenden Schüler und Azubis möglichst lange auf ein Azubi-Ticket freuen wollen, sondern weil es keinen einheitlichen thüringenweiten Verkehrsverbund gibt. Es gibt auch kein einheitliches Tarifsystem. Es gibt auch viele, die Vorschläge machen, aber nicht sehr viele, die mitfinanzieren wollen. Es gibt auch sehr unterschiedliche Finanzierungsstränge bei der Finanzierung des Schülerverkehrs. All das müssten Sie doch irgendwo mal gelesen haben, wenn Sie den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis nehmen.
Trotzdem wurde viel erreicht. Einmal: Im Jahr 2016 wurde die Richtlinie des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport „Zuschüsse zu Fahrt- und Unterbringungskosten an Berufsschülerinnen und Berufsschüler für die Ausbildung in Bundes- und Landesfachklassen bzw. anderen überregionalen Fachklassen“ finanziell erweitert und vereinfacht. Es wurden umfangreiche Analysen der Modelle vorgenommen, die Grundlage für ein Schüler- und AzubiTicket sein können – einmal das Angebotsmodell und das Solidarmodell.
Sie wissen sicherlich – ich hoffe es wenigstens –, dass das Azubi-Ticket bereits zumindest zu 25 Prozent subventioniert wird, dass die Schülerbeförderung ab Klasse 11 und die für Berufsschüler bisher im Ermessen der jeweiligen Träger der Schülerbeförderung liegen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbstständig geregelt werden. Es gibt hier ein ganz unterschiedliches Bild: Die Städte Eisenach und Weimar geben 50 Prozent Beteili
gung an einer günstigen Zeitkarte; einige Landkreise wie zum Beispiel Altenburg oder der Ilm-Kreis lassen einen Eigenanteil des Betroffenen in Höhe von 40 oder 20 Euro zahlen und subventionieren. Deshalb ist die ganze Geschichte relativ schwierig zu gestalten. Die Landesregierung hat inzwischen Lösungsvorschläge mit auf den Weg gebracht. Einmal wird die Ausweitung der Schulwegkostenfreiheit avisiert, und zum anderen gibt es ein Modell vom VMT für ein Azubi-Ticket bzw. ist ein verbessertes Angebotsmodell des SPNV in Vorbereitung.
Aber jetzt zu Ihrer Forderung. Die Forderung heißt ja schlicht und ergreifend: „Landesregierung, mach mal“. Mehr steht ja da nicht drin, außer der relativ konfusen Forderung, einerseits die Konditionen eines Semestertickets zu erreichen, andererseits kein Zwang – Herr Tischner hatte das schon mal kurz mit angerissen. Sie müssen doch wissen – zumindest müsste es eigentlich allen, die sich mit einem Semesterticket befassen, klar sein –, dass es nur so preiswert ist, weil es eben ein sogenanntes Solidar- oder Zwangsmodell ist. Das heißt, jeder Student, der an einer Thüringer oder an einer anderen Hochschule studiert, muss mit seinem Semesterbeitrag das Semesterticket bezahlen, egal ob er Fahrrad fährt, läuft oder Auto fährt und den ÖPNV nutzt oder nicht, das ist völlig offen. Das heißt, es ist Voraussetzung. Sie können sich ja mal die Zahlen ansehen, wie viel ein Erfurter Student bezahlt, ein Jenaer Student oder einer der TU Ilmenau. Das ist nämlich ganz unterschiedlich. Es ist nicht nur abhängig davon, wo sie studieren oder wo ihr Wohnort ist, sondern welche Bahn- und Buslinien dort mit in eine überhaupt nicht kostenfreie Nutzung einbezogen sind, sondern in eine von ihnen gemeinsam finanzierte, preiswerte Nutzung, die im Semesterticket verankert ist.
Also ich bitte Sie einfach, wenn Sie solche Forderungen stellen, machen Sie sich vorher sachkundig, lesen Sie sich zumindest die Anträge genau durch. Dann beschränken Sie sich nicht nur auf „Ich will aber“ und „Landesregierung, mach mal“, sondern machen Sie konkrete Vorschläge, beteiligen Sie sich an der Diskussion. Das ist das mindeste Maß, was man erwarten kann.
neten nicht vor. Doch, Herr Abgeordneter Brandner, dann bitte. Wir haben auch lange nichts gehört von Ihnen, das stimmt.
Unser Antrag ist weder widersprüchlich noch irgendwas anderes, er ist einfach nur schlicht vernünftig. Zum einen haben wir den Antrag, oben. Sie müssen sich mal den Antrag anschauen, der sieht so aus. Bei Ihnen ist das vielleicht nicht gelb markiert. Oben ist das, was wir wollen, und da unten, Herr Tischner, da steht dick „Begründung“ drin und untendrunter steht die Begründung, sodass ich gar nicht verstehe, warum Sie die Begründung vermisst haben. Einfach mal lesen, und zwar weiter als bis „AfD“.
Also da steht die Begründung drin und daher wissen Sie auch, warum wir das machen wollen. Oben steht drin, dass wir die Landesregierung auffordern, für die Voraussetzungen zu sorgen, die sich daran orientieren sollen, wie das Semesterticket für Studenten aussieht. Wo ist da ein Widerspruch? Das müssen Sie mir mal erklären.
Da ist nirgendwo ein Widerspruch. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, Frau Dr. Lukin und Herr Tischner.
Soweit Sie darauf ansprachen, wenn man kein Solidar- und Zwangsmodell hätte, würde das System nicht funktionieren, Frau Lukin, dann halte ich Ihnen mal Folgendes vor: Wir ja schon üppig versorgte Abgeordnete haben alle eine Jahresnetzkarte 1. Klasse, bezogen auf die Bahnverbindungen in Thüringen – 1. Klasse. Das brauchen wir für die Studenten nicht unbedingt zwingend machen, das würde die Auszubildenden und Studenten vielleicht auch nicht stören, das muss ja nicht sein, es reicht vielleicht auch 2. Klasse. Da habe ich am Anfang meiner Tätigkeit im Landtag mal ein bisschen nachgebohrt und gefragt: Wie ist denn das? Sie wissen ja selber, das ist kein Solidar- und auch kein Zwangsmodell. Und da habe ich ein Schreiben vom
10.02.2015 vorliegen von der Thüringer Landtagsverwaltung an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn, in dem die Thüringer Landtagsverwaltung dem Bevollmächtigten mitteilt: Gegenwärtig würden dem Landtag für eine Jahresnetzkarte 1. Klasse/Abgeordneter 180 Euro in Rechnung gestellt – kein Solidarmodell, kein Zwangsmodell, 1. Klasse Bahnfahrkarte, 180 Euro. Da frage ich Sie: Wo ist das Problem? Warum soll das nicht funktionieren? 2. Klasse, ungefähr die Hälfte, 100 Euro im Jahr, warum soll das nicht auch für Auszubildende funktionieren? Das ist mir schleierhaft.
Warum hier wieder Privilegien, die wir uns aber mit überhaupt nichts, und Sie noch weniger als wir von der AfD, verdient haben? Warum für uns Gutverdienende eine Jahresnetzkarte für 180 Euro? Und für Auszubildende und Studenten soll das in der Preislage von der Hälfte für die 2. Klasse nicht notwendig oder möglich sein? Das erklären Sie den Leuten draußen mal. Das wird kein Mensch verstehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, von dem eben Vorgetragenen steht leider weder in der Begründung noch in dem Antrag etwas. Sie haben einen Antrag vorgelegt, der sich an den Konditionen des Semestermodells orientieren soll. Ich habe Ihnen klargelegt, worin das Semestermodell besteht, was es beinhaltet und wie der Antrag zu bewerten ist. Außer dass Sie das Datum verändert haben, steht dort nichts Neues drin. Sie hätten ihn in der Zwischenzeit mal qualifizieren können, Sie hätten auch mitteilen können, dass die AfD selbstverständlich sofort alle ihre Karten spendet. Dann hätten wir auf dieser Grundlage auch noch mal in die Diskussion kommen können.
Aber diese billige Polemik über einen abgelehnten Antrag, den wir in der Sache kritisiert haben, finde ich diesem Hohen Haus nicht angemessen.
Nun liegen mir keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Frau Ministerin Keller, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, ich versuche es auch noch mal, denn wir haben mehrfach im Landtag darüber diskutiert, welche Möglichkeiten es gibt, zu einem Azubi-Ticket zu kommen, welche offensichtlich viel schwieriger umzusetzen sind als die, die wir jetzt herausgefiltert haben.
Wir hatten im Bericht an den Thüringer Landtag in der Drucksache 6/2379 im Juni des vergangenen Jahres ausführlich dargestellt, wie die Organisation und die Finanzierung des Semestertickets für Studierende in Thüringen erfolgen und aus welchen Gründen die Landesregierung eine analoge Umsetzung für Auszubildende als problematisch einschätzt und daher für fraglich hält. Insoweit bin ich schon etwas erstaunt, dass die AfD-Fraktion in ihrem Antrag fordert, ein Azubi-Ticket zu beschließen, das in seiner Umsetzbarkeit als rechtlich problematisch einzustufen ist, weil es eben für die Auszubildenden keine einheitliche Vertretungskörperschaft analog des Studierendenwerks und damit niemanden gibt, der die Verhandlungen mit den Verkehrsunternehmen führen kann. Das war ein Teil.
Zudem stellt der vorliegende Antrag zwar auf eine analoge Gestaltung zum Semesterticket ab, gleichzeitig wird aber gefordert, keinen Zwang zum Erwerb auszuüben. Das erschließt sich, denke ich, niemandem. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein Widerspruch in sich, denn Solidarmodelle funktionieren eben nur dann, wenn alle potenziellen Nutzer und Nutznießer gleichermaßen einen finanziellen Beitrag leisten. Die Abgabe der Studierenden für den ÖPNV ist ein Pflichtbeitrag, der Voraussetzung für die Immatrikulation bzw. Rückmeldung ist, unabhängig davon, ob die mit dem Beitrag verbundene Leistung während des Semesters tatsächlich in Anspruch genommen wird. Vonseiten der Studierendenschaft ist dieses Solidarmodell durch Urabstimmung bei den Studierenden legitimiert. Nur weil alle Studierenden einen finanziellen Beitrag leisten, aber nicht alle den ÖPNV gleichermaßen nutzen, können die Thüringer Semestertickets zu derart günstigen Konditionen angeboten werden.
Ich möchte den vorliegenden Antrag aber gerne zum Anlass nehmen, um kurz über den Stand der Umsetzung des eigentlichen Landtagsbeschlusses vom 21.11.2015 durch die Landesregierung zu berichten, und möchte gern vorwegschicken: Ich bin natürlich sehr froh, dass wir so viel Forderungsmechanismus auslösen mit dem Koalitionsvertrag, in dem Rot-Rot-Grün sich einhellig zum Azubi-Ticket bekannt hat, und wir deshalb natürlich intensiv nach einer Lösung suchen, die wir – wie ich sicher bin – auch finden werden.
In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir mit Hochdruck am Thema gearbeitet und dabei verfolgen wir zwei verschiedene Ansätze. Zum einen ist es ein Azubi-Angebotsmodell, das aber nicht sofort flächendeckend, sondern nur schrittweise eingeführt werden kann. Zum anderen prüfen wir, ob auch Auszubildenden ähnlich Schülern an allgemeinbildenden Schulen Schulwegkostenfreiheit gewährt werden kann. Beim ersten Ansatz, dem Azubi-Angebotsmodell, können Schüler oder Auszubildende mit einer Abo-Schüler-Azubi-Zeitkarte für einen Aufpreis den Schienenpersonennahverkehr in Thüringen nutzen.
Die Schwierigkeiten dieses Modells ergeben sich vor allem durch unsere kleingliedrige Verwaltungsstruktur mit 23 kommunalen Aufgabenträgern und mehr als 40 konzessionierten Verkehrsunternehmen. Aus diesem Grund werden wir jetzt nach Vorlage der Machbarkeitsuntersuchung zur Erweiterung des VMT auch darauf drängen, dass möglichst viele Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen dem VMT beitreten. Denn in einer solchen Verbundstruktur ist die Realisierung eines einheitlichen Tickets wesentlich einfacher. Ein Blick über Thüringen hinaus bestätigt das Ganze.