Protocol of the Session on February 26, 2015

(Präsident Carius)

Die CDU hat die Schullandschaft mit den Schulen in freier Trägerschaft aufgebaut. Wir, die FDP und die Grünen sind die einzigen Parteien, die aus innerster Überzeugung heraus für die Vielfalt in unserem Schulsystem stehen. In unserem Programm finden Sie immer wieder Forderungen, dass freie Schulen transparent und auskömmlich zu finanzieren sind, sodass Elternbeiträge fair sind und weiterhin freie Schulen entstehen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU will sich mit diesem Gesetzentwurf nicht aus der Verantwortung für die gesetzlichen Änderungen des Jahres 2010 stehlen. Die Gesetzesänderungen im Jahr 2010 waren aber in erster Linie ein notwendiges Zugeständnis an unseren damaligen Koalitionspartner und

(Heiterkeit SPD)

ich verspreche Ihnen, die müssen Sie, liebe Kollegen der Grünen, auch bald machen. Die CDU-Fraktion hat schon 2010 – das habe ich in den Protokollen des Landtags noch einmal nachlesen können – darauf hingewiesen, dass es eine gewisse Intransparenz bei der Berechnung der Kostensätze gibt, und wir haben erklärt, dass das Gesetz fortlaufend zu evaluieren und wenn nötig auch zu verbessern ist. Die 2010 befürchtete mangelnde Planbarkeit der staatlichen Förderhöhe in Abhängigkeit der Verwaltungsvorschrift wurde so 2014 als verfassungswidrig beurteilt. Das Gesetz in seiner derzeitigen Form darf nach dem Richterspruch nur noch 34 Tage angewandt werden. Insofern hätte es eine der ersten Hausaufgaben der neuen Landesregierung sein müssen, die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft in Thüringen neu zu regeln, zumal diese Landesregierung unter grüner Beteiligung steht.

(Beifall CDU)

Wir sind hier als Oppositionsfraktion in Vorleistung gegangen. Wir sehen es als unsere Pflicht an, einen eigenen Vorschlag in die Debatte um die Neuregelung der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft einzubringen und die Landesregierung an ihre Wahlversprechen zu erinnern, denn es ist wichtig, dass die Schulen in freier Trägerschaft möglichst schnell wissen, wie es mit ihrer Finanzierung in diesem Schuljahr und in Zukunft weitergeht. Viele freie Schulen haben nach dem Richterspruch gehofft, dass es schnell zu Änderungen kommt, und auch für dieses Schuljahr entsprechend geplant. Unser Gesetz soll deswegen auch rückwirkend zum 01.01.2015 in Kraft treten. Ausgangspunkt unseres Gesetzes ist das Gesetz aus dem Jahr 2003 und die Rücknahme der Änderungen, die das SPD-Bildungsministerium den Schulen in freier Trägerschaft in der letzten Legislatur zugemutet hat.

Zwei Dinge waren uns besonders wichtig: Planungssicherheit und Entbürokratisierung. Aus Sicht

meiner Fraktion kommt es darauf an, eine verlässliche, nachvollziehbare und auskömmliche Finanzierung mit jährlichen Anpassungen im Gesetz festzuschreiben. Wir sind für die Rücknahme der finanziellen Fehlentwicklungen durch die von der SPD verantwortete Gesetzesänderung im Jahr 2010 und wir sind für die Regelung der Finanzausstattung sowie der Berechnungsgrundsätze im Gesetz. Eine Entbürokratisierung wollen wir erreichen durch die Änderung des Finanzierungsmodells, durch Erleichterungen bei der Lehrereinstellung und bei der Schulleiterbestellung sowie der Auszahlung von Finanzhilfen und der Neugründung von Schulen in freier Trägerschaft.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tischner. Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat die Abgeordnete Marion Rosin für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginen und Kollegen, lassen Sie mich zu Beginn eines feststellen: Zwischen der Regierungskoalition und der CDU besteht grundsätzlich Einigkeit darin, das Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtshofs vom Mai letzten Jahres zu novellieren. Die Verfassungsrichter hatten seinerzeit bemängelt, dass die bisherigen gesetzlichen Modalitäten zur Bestimmung des Finanzbedarfs der freien Schulen und zur Ermittlung der hieraus abzuleitenden konkreten Landesförderung zu komplex und zu intransparent sind. Dem Freistaat wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgetragen, die entsprechenden Gesetzesabschnitte bis zum 31. März 2015 neu zu fassen. Das SPD-geführte Bildungsministerium – Sie hatten es bereits genannt, Herr Tischner – der schwarz-roten Koalition hat sich seinerzeit diesem Auftrag gestellt. Vor Ende der letzten Legislaturperiode wurde damit begonnen, gemeinsam mit den freien Schulträgern ein neues, einfach strukturiertes und transparenteres Finanzierungsmodell zu entwickeln. An diesen Vorarbeiten knüpft nun das neu geführte Ministerium an und wird im Konsens mit den freien Schulen den entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Geplant ist seitens der Landesregierung, dem Parlament parallel zum Entwurf des Landeshaushalts 2015 auch die Novellierung des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft zuzuleiten. Dieser Entwurf wird rückwirkend zum 1. April 2015 in Kraft treten, sodass nicht nur den inhaltlichen Anforderungen, sondern auch der Zeitvorgabe des Gerichtshofs entsprochen wird. Von der CDU hätte ich allerdings erwartet, diesem Prozess die notwendige Zeit einzuräumen. Leider fehlt es hier an der not

(Abg. Tischner)

wendigen Bereitschaft, auch im Interesse der Träger. Mit diesem voreiligen Oppositionsentwurf wurden einige Jahre alte, inzwischen längst überholte Gesetzesbestimmungen mehr schlecht als recht zusammengeschustert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum komme ich denn zu dieser kritischen Einschätzung? Eben deshalb, weil die CDU mit ihrem Gesetzesvorhaben überhaupt nicht an die Vorarbeiten des Ministeriums Matschie anknüpft. Anstatt sich an dem vom TMBWK bereits gemeinsam mit den freien Trägern entwickelten neuen Finanzierungsmodell zu orientieren, stellt die Opposition mit ihrer Novellierung lediglich den Iststand des Gesetzes aus der Zeit des CDU-Kulturministers Goebel wieder her. Das lässt sich an einem prägnanten Beispiel herleiten. Im CDU-Entwurf finden Sie die freien Gemeinschaftsschulen nicht, ganz einfach deshalb, weil diese Schulart zur Zeit von Minister Goebel noch gar nicht vorhanden war. Inzwischen ist die Gemeinschaftsschule aber seit Jahren im Schulgesetz verankert. Die CDU müsste das eigentlich wissen. Sie hat der letzten Schulgesetznovellierung in der letzten Legislaturperiode ja zugestimmt. Die nun präsentierten Regelungen werden also dem bereits erarbeiteten Stand der gemeinsamen Diskussion von Landesregierung und freien Schulträgern überhaupt nicht gerecht. Stattdessen wird dem Landtag ein Finanzierungsmodell vorgelegt, dass letztmals 2008/2009 gegolten hat und das damals – Herr Emde, Sie müssten sich erinnern – seitens der Träger nicht gerade mit großem Applaus bedacht wurde. Mich wundert es daher nicht, dass die freien Träger den Offerten von Herrn Mohring standhielten. Vielmehr haben die freien Schulen nachdrücklich erklärt, dass für sie allein der in Kürze vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ausschlaggebend ist und nicht das inhaltlich unzulängliche,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Woher ha- ben Sie denn das?)

weit hinter dem erreichten Iststand zurückbleibende Papier der Opposition.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Frau Ro- sin, die Quelle!)

Mit solch einer Vorlage gelingt es der CDU nicht, die rot-rot-grüne Regierungskoalition unter Druck zu setzen.

Damit nicht genug! Bemerkenswert finde ich auch, welche Mehrkosten eine Umsetzung Ihres Entwurfs produzieren würde. Die Opposition selbst gibt den zusätzlichen Aufwand für das aktuelle Haushaltsjahr mit 17,5 Millionen Euro an. In unserem Koalitionsvertrag hingegen ist für 2015 lediglich eine Erhöhung der Landesleistungen für freie Schulen um 100 Millionen festgeschrieben.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: … Zuwen- dungen … Leere Worte!)

Das genügt der Opposition jedoch offenbar nicht.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Die nehmen wir!)

Sie will allein in diesem Jahr sage und schreibe 75 Prozent mehr als Rot-Rot-Grün ausgeben. Vor dem Hintergrund und dem der Haushaltskonsolidierung ist das Augenwischerei.

Ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin bitten.

Danke, Herr Präsident.

(Unruhe CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist sicherlich deutlich geworden, dass wir den Gesetzentwurf der CDU für inhaltlich ungenügend und mit Hinweis auf die bereits existierenden Absprachen mit den freien Trägern für wenig zielführend halten. Dennoch schlagen wir vor, diesen an den Bildungsausschuss zu überweisen. In der Ausschussberatung planen wir eine gemeinsame Anhörung des in Kürze vorliegenden Koalitionsentwurfs und des CDU-Papiers und dabei wird sich sicherlich sehr schnell herausstellen, welchen Entwurf die freien Träger unterstützen werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Rosin. Das Wort hat nun Abgeordneter Torsten Wolf für die Fraktion Die Linke.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Eberl von der Evangelischen Schulstiftung, nun muss ich doch etwas Wasser in den Wein kippen, Herr Eberl. Wir planen nicht 100 Millionen, liebe Marion Rosin, wir planen 10 Millionen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Was ist schon eine Null?)

Das ist ein Betrag – darauf hat Frau Rosin schon hingewiesen –, der mit dem Haus Matschie damals und mit dem Haus Klaubert jetzt besprochen und ausgehandelt wurde. Das ist eine belastbare Zahl, an der wir uns auch orientieren.

(Abg. Rosin)

Nichtsdestotrotz möchte ich noch einmal kurz darauf eingehen, was Frau Rosin gerade gesagt hat, was bei der CDU fehlt. In der Tat haben wir ein Drittel aller Gemeinschaftsschulen in Thüringen in freier Trägerschaft. Das zeigt auch, wie gut die freien Schulen aufgestellt sind. Das zeigt, dass die freien Schulen immer Innovationsmotor sind und waren. Wenn Sie die dahinterstehenden 2.071 Schülerinnen und Schüler einfach so vergessen, dann ist das schlechtes Handwerk. Um sich noch mal etwas an den Zahlen entlangzuarbeiten: Wir haben von 2009/2010, immer Schuljahr, auf 2013/2014 einen Aufwuchs der Schüler in den freien Schulen um 6,7 Prozent, an den staatlichen Schulen eine Abnahme um 4,3 Prozent. Wir haben an den staatlichen Schulen im selben Zeitraum eine Abnahme von 11 Prozent der Lehrkräfte, an den freien Schulen aber einen Aufwuchs um knapp 22 Prozent. Wir haben – das ist auch eine Tatsache – seitdem 16 freie Schulen mehr und haben 16 staatliche Schulen weniger. Trotz alledem, und das ist ja – Sie haben gesagt, Herr Tischer,

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Tischner!)

Sie wollen sich da auch nicht aus der Verantwortung stehlen, ich habe Ihre Rede aber sehr wohl verstanden – Gesundheit, Herr Mohring –, dass wir heute hier stehen, weil Sie 2010 ein Gesetz verabschiedet haben, das schon in der damaligen Debatte durchaus auf Kritik, und zwar auf berechtigte Kritik gestoßen ist. So ganz richtig wohl war Ihnen dabei wohl auch nicht, insbesondere dem Kollegen Emde, denn er sagte in der Debatte damals oder gab dem Ministerium mit auf den Weg, dass die CDU-Fraktion voraussetzt, dass dahin gehend Klarheit geschaffen wird, was die Finanzierung anbetrifft. Gemacht haben Sie seitdem nicht wirklich viel trotz einer großen gesellschaftlichen Debatte, vielen Anträgen seitens der Opposition damals, vielen Anfragen. Erst jetzt, nachdem Sie selber die harte Bank der Opposition drücken, ist Ihnen wieder in den Sinn gekommen: Ja, das ist ein Thema

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Mensch, hör doch auf!)

ich sage jetzt mal bewusst –, mit dem man sich auch weiter profilieren kann.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir haben die freien Schulen vor 20 Jahren gegründet und erfunden!)

Sie haben es nicht erfunden, es steht im Grundgesetz. Es ist ein grundgesetzlicher Anspruch, die Gründung von freien Schulen. Es ist nur in der Thüringer Landesverfassung umgesetzt worden.

(Unruhe CDU)

Von daher auch hier etwas runterfahren. Nun ist es so, dass das Gesetz der Schulen in freier Trägerschaft dringend nachgebessert werden muss. Es ist

unserem Koalitionspartner, den Grünen, zu verdanken, und das meine ich jetzt sehr positiv, dass wir mit dem Start heute die Nachbesserung angehen. Denn die Grünen haben den Landesverfassungsgerichtshof angerufen und um Klärung gebeten.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So war es!)

Damals sagte noch Herr Emde den Grünen oder gab ihnen mit auf dem Weg nach Weimar, sie sollen vorsichtig sein. Wer vor Gericht zieht, wisse nie, wie es ausgeht. Kollege Emde, der Richterspruch wurde zu Ihrem Cannae. Eine Niederlage, die vermeidbar gewesen wäre.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen heute, wenn Sie auf die vielen Mahner und die substanzielle Kritik gehört hätten, dann wäre uns vieles erspart geblieben, unter anderem die jetzt unter Hochdruck zu formulierende und zu verabschiedende Gesetzesnovelle.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wenn das Hochdruck ist!)

Umso deutlicher soll wohl das Signal sein, welches die CDU mit der vorliegenden Gesetzesinitiative senden will. Einerseits, wie der Fraktionsvorsitzende Mohring letzte Woche der versammelten Weltpresse – es waren zwei Vertreter da – verkündete, dass die CDU Handlungsfähigkeit beweisen will, was nach ihrer Lesart die Regierungskoalition nicht kann. Dazu kann ich nur sagen, dass hier sehr wohl Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht

(Beifall DIE LINKE)