Protocol of the Session on December 8, 2016

Und liebe Kollegen von der CDU, in Ihre Richtung muss ich leider jetzt auch einmal eine sehr deutliche Anmerkung machen. Es ist Teil Ihres politischen Versagens der letzten Jahrzehnte – wie gesagt, ich öffne jetzt mal die politische Perspektive etwas –, dass Sie sich als ehemalige konservative Volkspartei den Begriff des „Umweltschutzes“ – ja, ein paar Spitzen muss ich setzen – bzw. des „Naturschutzes“ von den Grünen haben rauben lassen. Das ist ein Teil Ihres politischen Versagens, denn Konservatismus und Naturschutz, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sind zwei Seiten derselben Medaille.

(Beifall AfD)

Es ist auch etwas sehr Verwunderliches für den externen Beobachter, dass es die Grünen als doch recht bedeutungslose politische Kraft geschafft haben, den Zeitgeist zu diktieren. Unter der Ägide des grünen Zeitgeistes ist der Naturschutz zum Umweltschutz degeneriert. Die naturabgewandte Umweltpolitik der Grünen und leider in der Folge die aller Altparteien hat beispielsweise zu einer Energiewende geführt, die auf dem Irrglauben beruht, man könne oder man müsse das Niveau des heutigen Energieverbrauchs konstant halten oder sogar noch steigern.

Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, solange der Aufbau regenerativer Energiequellen auf Zentralisierung setzt, wird er die Umweltkrisen vielerorts verschärfen. Pestizidgeschwängerte Maismonokulturen für überdimensionierte Biogasanlagen und Photovoltaikanlagen auf früheren landwirtschaftlichen Nutzflächen sind Beispiele dafür, ebenso 200 Meter hohe Windräder auf Waldhügeln oder Starkstromtrassen, die das Land vernarben.

(Beifall AfD)

Entstellende und stellenweise irreversible Eingriffe in die Natur im Namen für etwas, das der Mensch nicht beeinflussen kann, sind das eine Extrem. Das andere Extrem ist ein völliger Rückzug des Menschen. Das ist eine Entwicklung, die im Augenblick leider forciert wird. Thomas Hof schreibt dazu, ich zitiere: Seit zehn Jahren verabschiedet sich der Naturschutz von einem integrativen Konzept einer Rückbindung der Landnutzung an Ziele des Landschaftsund Artenschutzes und verfolgt eher klammheimlich als öffentlich diskutiert einen segregativen Naturschutz mit Mitteln der Nutzungsentnahme, der Stilllegung, des Brachfallens, der Aushagerung und der völligen Abschottung einiger Landesteile, die nach ihrer Eigenlogik einer umgesteuerten Sukzession überlassen bleiben sollen; Wald zu Urwald, Acker zu Brache, Grünland zu Moor, der vollständige Rückbau einer vielhundertjährigen meliorativen Anstrengung, die aus der Wildnis einen großen Garten schuf.

(Beifall AfD)

(Abg. Becker)

Unsere Thüringer Heimat, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, ist eine über Jahrhunderte entstandene Kulturlandschaft. Unsere Thüringer Heimat ist ein gepflegter Garten. Wer aus ihm ein Museum machen will, wird diesen Schatz schnell verlieren. Wir wollen das nicht. Deswegen halten wir es für kontraindiziert, Landwirten und Waldbesitzern die Bewirtschaftung des Grünen Bandes zu untersagen.

(Beifall AfD)

Diese Befürchtungen, die ich hier gerade geäußert habe, sind gerechtfertigt, auch wenn alles im Konsens gelöst werden soll, wie das hier vorn verkündet worden ist. Am Ende steht dann doch entsprechend das Verbot und der Eingriff in Eigentumsrechte und in entsprechende Nutzungsrechte. Das steht zu befürchten. Dass diese Befürchtung nicht unbegründet ist, zeigt sich daran, dass vor allem im Hinblick auf die Initiativen des Bundes für den weiteren Umgang mit dem Nationalen Naturerbe und dem Grünen Band diese entsprechenden Projekte geplant werden. Die Flächen des Naturerbes sind gemäß den derzeitigen Planungen den Naturschutzverbänden zu übereignen. Diese entwickeln sie dann nach sogenannten naturschutzfachlichen Vorgaben und das bedeutet nach Ansicht des Bundesumweltministeriums in vielen Fällen sogar, dass die Flächen wieder zur Wildnis werden sollen. Eine weitere Bewirtschaftung ist in den Planungen nicht vorgesehen. Wälder sollen ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung überlassen werden. Gerade die Deutsche Bundesstiftung Umwelt misst der Ausweisung

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 5 Prozent der Waldfläche, Herr Höcke!)

der Wildnisgebiete größte Bedeutung bei. Ich sage in aller Deutlichkeit: Das ist keine gute Entwicklung.

(Beifall AfD)

Doch das Grüne Band verdankt, das ist heute auch schon betont worden, seinen einzigartigen Charakter eben seiner Bewirtschaftung, der Bewirtschaftung der Flächen. Die Kultivierung des Grünen Bandes als Weidefläche bietet zahlreichen Arten Lebensraum. Verständlicherweise stoßen die Pläne der Schutzgebietsausweisung und Stilllegung auf den Widerstand der Landwirte und Grundstückseigentümer.

(Beifall AfD)

Der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbands forderte völlig zu Recht, dass das Grüne Band nicht zur grünen Grenze werden dürfe. Der Chef des Eichsfelder Bauernverbands, Ingolf Lerch, fand noch deutlichere Worte, als er das Grüne Band als ein, so wörtlich, „grünes Sperrgebiet“ bezeichnete. Nicht grundlos fand im benachbarten

Duderstadt im April 2013 eine Demonstration von Landwirten statt. Sie warfen den Projektverantwortlichen Sturheit im Umgang mit den Eigentümern vor, also von wegen Konsensorientierung – Sturheit wurde dort gelebt. Ein Jahr später folgte dann eine Unterschriftenaktion gegen die geplanten Flächenstilllegungen.

(Beifall AfD)

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, vor Ort stößt nicht nur die derzeitige Entwicklung um das Grüne Band Eichsfeld-Werratal auf Skepsis und Unmut, denn entgegen offizieller Lippenbekenntnisse zur Pflege des Grünen Bandes durch aktive Bewirtschaftung werden die Flächen eben doch aufgekauft und der Nutzung entzogen. Der Kauf der Grundstücke hat bereits Auswirkungen auf die Pachtpreise und verringert die Flächenausstattung. Land- und Forstwirte fürchten um die Entwicklungsfähigkeit ihrer Betriebe.

(Beifall AfD)

Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, anstatt das Grüne Band in eine Galerie zu verwandeln, muss die Bewirtschaftung vor Ort gewährleistet bleiben, natürlich nachhaltig – ein oft gehörter und leider viel missbrauchter Begriff. Nachhaltig meine ich im Hinblick auf eine jahrhundertealte Bewirtschaftungstradition. Anstatt einem Naturschutzkonzept zu folgen, das die Menschen aussperrt, muss die historische Nutzung der Region durch die Forst- und Landwirte ermöglicht werden. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Primas das Wort.

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Jetzt aber or- dentlich Applaus hier!)

(Beifall SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Tasch hat, denke ich mal, in ihren Ausführungen klar begründet, warum es wichtig ist, dass wir erst mal ein Gesetz machen, die Kategorie „Nationales Naturmonument“ in unser Naturschutzgesetz aufnehmen und dann anschließend schauen, was geht, was wir darunter verstehen können. Sie hat, Herr Kummer, klar gesagt, was sie darunter versteht, unter anderem auch den Kolonnenweg – keine Frage. Aber offensichtlich geht es nicht um den Kolonnenweg, denn das, was der Herr Staatssekretär hier in seinem Bericht vorgetragen hat – herzlichen Dank dafür –, hat mit dem Kolonnenweg nichts zu tun. Auf dem Kolonnenweg ist so viel

(Abg. Höcke)

Pflanzenvernichtungsmittel aufgespritzt und gesprüht worden wie nirgendwo auf der Welt. Wenn dort heute die besten Pflanzen wachsen, dann frage ich mich, warum wir gegen Pflanzenschutz sind.

(Heiterkeit AfD)

Das war mal zur Auflockerung. – Das kann es nun wirklich nicht sein. Es geht offensichtlich um das ehemalige Fünf-Kilometer-Sperrgebiet, da wird ein Schuh draus. Dann sind wir wieder bei der Diskussion, die wir vor ein paar Jahren schon mal geführt haben – Herr Höcke und Herr Kummer haben es schon angesprochen –, nämlich über das Naturschutzgroßprojekt. Jetzt machen wir das über diesen Weg erneut. Also ich kann Ihnen nur „Herzlichen Glückwunsch“ aussprechen, wenn Sie es versuchen. Tun Sie es, Sie können uns keinen größeren Gefallen tun. In der öffentlichen Debatte fühlen wir uns bei den Menschen sehr wohl, die dann ihre Meinung sagen. Davor haben wir überhaupt keine Angst. Aber ich würde Sie warnen: Das wird kein Spaß. Sie müssen sich immer klar sein: Nationales Naturmonument bedeutet Unterschutzstellung; nicht das, was Sie versuchen uns einzureden, das ist alles schön, da machen wir Tourismus und da machen wir dieses und jenes. Nein, das bedeutet klar Unterschutzstellung. Am Kolonnenweg, nur am Kolonnenweg, haben wir es jetzt mit über 500 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche zu tun – nur in dem schmalen Streifen, 100-MeterStreifen. Wir wissen noch nicht – dazu hat ja keiner eine Aussage gemacht –, um wie viel Hektar es denn eigentlich wirklich geht, sage ich jetzt mal, in dem 5-Kilometer-Streifen. Was soll das denn werden? Wollen wir jetzt tatsächlich den Leuten wieder die Lebens- und Arbeitsgrundlagen entziehen, indem wir alles unter Schutz stellen? Ist das wirklich Ihr Ziel,

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Das hat doch keiner gesagt!)

wieder ein Sperrgebiet einzuführen, wo die Leute nicht mehr leben können? Das kann es doch nicht wirklich sein.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das ist doch Quatsch!)

Ich meine, vernünftig zu schauen – Grünes Band, Kolonnenweg, da ist das Angebot deutlich gekommen. Da sind wir ja nicht dagegen. Aber wir müssen das ein bisschen vernünftig gestalten und die Erfahrung der letzten Jahre auch mal nutzen. Da kann ich Ihnen wirklich nur sagen, das funktioniert so nicht, indem ich sage, wir machen jetzt alles unter dem Deckmäntelchen Naturmonument und dann setzen wir das Großprojekt um. Das wird so nicht funktionieren. Ich erinnere mal an die Diskussion im letzten Plenum, wo unbedingt die Kormoranverordnung durchgehen musste – unbedingt diese.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Ganz genau!)

Und dann stellen wir fest: Ätsch, es war nichts. Also lieber ein bisschen besser überlegen, den Weg gehen, den wir vorgeschlagen haben. Sie sind jetzt bereit – ich habe es gehört –, unseren Gesetzentwurf an den Ausschuss zu überweisen – sicher, wenn dann einer von der Landesregierung kommt –, das gemeinsam zu beraten und das Beste daraus zu machen. Aber ich kann Sie nur warnen: Es geht um den Kolonnenweg, da spielen wir mit. Die große Breite und Entzug von Tausenden Hektar Nutzfläche, land- und forstlicher Fläche, da spielen wir nicht mit. Da wird die Landwirtschaft nicht mitspielen und da wird die Forstwirtschaft nicht mitspielen. Und da werden die Bürger, die dort wohnen, auch nicht mitspielen.

(Beifall CDU)

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen, viel Spaß. Wir machen mit, wenn es um den Kolonnenweg geht, wenn es um andere Geschichten geht. Wir freuen uns, wenn Sie den Weg mit uns gehen, dass wir das im Gesetz erst mal verankern, ehe wir überhaupt was machen. Und dann wird ein Schuh daraus. Ich meine, das geht. Gestern Abend – ich war leider nicht dabei, ich konnte nicht – hat der Ministerpräsident bei den Bauern noch mal ganz deutlich gesagt, dass er dafür steht, dass wir keinen Boden weiter entziehen und der Landwirtschaft wegnehmen. Heute machen wir genau das Gegenteil. Schönen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden heute hier über zwei Punkte, zum einen über den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, wozu schon ausgeführt wurde, dass dieser zur weiteren und umfänglichen Beratung und Weiterentwicklung an den Fachausschuss verwiesen werden soll, und zum Zweiten über einen Antrag, der überschrieben ist: Das Grüne Band zum Nationalen Naturmonument entwickeln. Über diesen wollen wir heute hier entscheiden. Wir als Bündnisgrüne meinen auch, dass das ein wichtiges, ein überfälliges, ein gutes Signal ist.

(Beifall DIE LINKE)

„Naturmonument“ wurde als Begriff auch sehr bewusst gewählt, wenn Sie mal nachschauen, was sich dahinter verbirgt.

(Abg. Primas)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist eine Schutzkategorie!)

Es ist eine Schutzkategorie, völlig richtig, die aber sowohl den landschaftlichen als auch den kulturhistorischen als auch den Schutz aus landeskundlichen Gründen insgesamt vorsieht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ja genau das Gute daran, dass wir hier zweierlei verbinden. Viele kennen das Motto „Vom Todesstreifen zur Lebensader“. Es war eine brutale, eine mörderische Grenze, die auch dazu führte, dass sich viele seltene Tiere und Pflanzen dort an dieser Stelle ansiedeln konnten. Wir wollen beides bewahren, wir wollen sowohl die Erinnerungskultur – das ist im Antrag auch umfänglich beschrieben – wachhalten, diese natürlich auch leben lassen und wir wollen die Natur gleichermaßen schützen.

Ich bin aber hier nach vorn gegangen, um auf einen ganz anderen Punkt kurz aufmerksam zu machen, weil mir dieser wichtig ist. Tilo Kummer hat in seinem Redebeitrag vom Grenzgesetz der DDR gesprochen. Es ging um die Begrifflichkeit „Schießbefehl“, so habe ich es verstanden, die der Staatssekretär Olaf Möller hier vorn am Pult benannt hatte und die ihm offenkundig so nicht gefallen hat. Ich will es ganz deutlich sagen: An den Grenzen rund um die ehemalige DDR sind Menschen nur deshalb durch Kugeln und auf andere brutale Art und Weise gestorben, weil sie den Weg in die Freiheit gesucht haben.