Protocol of the Session on December 8, 2016

Danke schön. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, das Thüringer Betreuungsgeldmehrbelastungsausgleichsgesetz trat mit Wirkung vom 1. August 2013 in Kraft. Ziel des Gesetzes war, den Landkreisen und kreisfreien Städten die für den Vollzug des Bundesbetreuungsgeldgesetzes notwendigen Mehrbelastungen auszugleichen. Demzufolge erhielten die Landkreise und kreisfreien Städte für jeden Antrag auf Betreuungsgeld vom Land eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 32,85 Euro, die zu vier Stichtagen im Jahr vom Thüringer Landesverwaltungsamt ausgezahlt wurde.

Wie Sie wissen, hat das Bundesverfassungsgericht am 21. Juli 2015 das Betreuungsgeldgesetz für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt. In der Folge wurde gemäß einer Weisung des Bundes kein Betreuungsgeld mehr bewilligt. Eingehende Anträge wurden und werden abschlägig beschieden. In der Folge ist die Zahl der Anträge auf Betreuungsgeld kontinuierlich zurückgegangen. Während im dritten Quartal 2015 bei den Thüringer Elterngeldstellen noch circa 1.000 Anträge auf Betreuungsgeld registriert wurden, waren es im dritten Quartal 2016 lediglich 19 Anträge auf Betreuungsgeld. Im September 2016 sind in Thüringen insgesamt sechs Anträge auf Betreuungsgeld registriert worden. Aus den immer geringer werdenden Zahlen wird deutlich, dass den Landkreisen und kreis

freien Städten kein nennenswerter Verwaltungsaufwand für das Betreuungsgeld mehr entsteht, der vom Land auszugleichen wäre. Daher wird das Thüringer Gesetz zur Regelung des Mehrbelastungsausgleichs für den Vollzug des Betreuungsgeldgesetzes nicht mehr benötigt und soll auch im Sinne von Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung aufgehoben werden. Die Aufhebung soll in der Weise vollzogen werden, dass im Interesse der Rechtsanwendenden der 1. April 2017 als Datum für die letztmalige Zahlung des Mehrbelastungsausgleichs und der 30. April 2017 für das Außerkrafttreten des Gesetzes bestimmt werden. Dieses Verfahren hat auch die Billigung des Thüringer Justizministeriums gefunden; im Anhörungsverfahren wurden keine Einwände gegen den Gesetzentwurf geltend gemacht, auch nicht von den kommunalen Spitzenverbänden. Ich bitte Sie um Unterstützung des Gesetzentwurfs. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich eröffne damit die Aussprache und gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Pfefferlein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Frau Ministerin hat es eben gerade schon ausgeführt und ich möchte ganz kurz noch einmal auf die Intention des Gesetzes eingehen: Das Thüringer Gesetz zur Regelung des Mehrbelastungsausgleichs für den Vollzug des Betreuungsgeldgesetzes vom 13. März 2014 trat mit Wirkung vom 1. August 2013 in Kraft. In dem Gesetz wurde beschlossen, dass Landkreise und kreisfreie Städte zum Ausgleich der für den Vollzug des Betreuungsgelds notwendigen Mehrbelastungen eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 32,85 Euro pro Antrag auf Betreuungsgeld vom Land erhalten. Die Zahlung erfolgte in Abhängigkeit von der Anzahl eingegangener Anträge auf Betreuungsgeld. Am 21. Juli 2015 hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil das Betreuungsgeldgesetz vom 15. Februar 2013 für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt. Ebenfalls am 21. Juli 2015 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Ländern empfohlen, ab sofort kein Betreuungsgeld mehr zu bewilligen. Den Elterngeldstellen und den Erziehungsgeldstellen wurde mitgeteilt, dass Antragsformulare für Betreuungsgeld nicht mehr auszugeben und zu vernichten sind. In der Folge sind die Antragszahlen natürlich auch stark zurückgegangen. Damit entsteht den Landkreisen und kreis

freien Städten kein nennenswerter Verwaltungsaufwand mehr, der nach dem Thüringer Gesetz zur Regelung des Mehrbelastungsausgleichs für den Vollzug des Betreuungsgeldgesetzes auszugleichen ist. Damit wird das Gesetz für den Verwaltungsvollzug nicht mehr benötigt. Es ist gut, dass dieses Gesetz und diese Form des Betreuungsgeldes nicht mehr auf Bundesebene und auch nicht mehr in Thüringen angewandt werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das sehe ich anders!)

Diese Art der Familienförderung stellte weder gesamtwirtschaftlich noch für die Familien eine nachhaltige Politik dar.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das sehe ich anders!)

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das haben wir ja nun gehört!)

Ich kann hier auch für die Koalition reden: Eine wirtschaftlich stabile Situation von Familien und eine effektive Bekämpfung von Kinderarmut können nur über gesicherte Arbeitsverhältnisse der Eltern und hochwertige Bildungsangebote für die Kinder garantiert werden. Aus diesem Grund haben wir auch auf Landesebene das Erziehungsgeld abgeschafft und setzen die dabei frei werdenden Mittel für eine nachhaltige und gerechte Familien- und Sozialpolitik ein. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Redewünsche? Bitte schön, Frau Meißner.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Kollegen, werte Zuschauer! Eigentlich wollte ich zu diesem formalen Gesetzesvorhaben keinen Redebeitrag bringen. Aber, liebe Frau Pfefferlein, Ihre letzten Worte waren dann doch inhaltlicher Natur, sodass ich es mir an dieser Stelle nicht nehmen lassen kann, doch noch ein paar Sätze zu sagen. Denn hier geht es zwar um die Abschaffung des Bundesbetreuungsgelds auf Bundesebene, aber Sie nannten in dem Zusammenhang auch die Abschaffung des Erziehungsgelds. Wenn Sie das in einem Atemzug nennen, dann muss man natürlich auch eines sagen: Seit einem halben Jahr wird in Thüringen kein Erziehungsgeld mehr an Familien gezahlt.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Schlimm, schlimm ist das!)

Das, was Sie in diesem Zusammenhang den Familien in Thüringen versprochen haben, haben Sie

gebrochen, denn es gibt kein gebührenfreies KitaJahr und es steht auch nicht in Aussicht.

(Beifall CDU)

Deswegen steht es im Zusammenhang mit der Abschaffung des Bundesbetreuungsgelds, dass Sie hier in Thüringen eine verkorkste Familienpolitik vollziehen.

(Unruhe und Beifall CDU)

Wenn Sie das Erziehungsgeld hier in Thüringen abgeschafft haben, dann sollten Sie dafür Ersatz schaffen, wie Sie es im Wahlkampf versprochen haben. Das wäre ein kostenfreies erstes Kita-Jahr.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Erstes!)

Aber wir hören ja, das kommt nicht; vielleicht kommt das letzte. Mein letzter Satz dazu: Was bringt den Familien in Thüringen ein kostenfreies Kita-Jahr, wenn die Bedingungen in den Kitas nicht stimmen?

(Beifall AfD)

Deswegen: Investieren Sie in die Bedingungen, in die Qualität in den Kindertagesstätten, in das Personal,

(Unruhe SPD)

in den Betreuungsschlüssel und letztendlich auch in die Sanierung und den Ausbau der Kindertagesstätten,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das bezahlt die Kommune hoffentlich!)

denn mit der Abschaffung des Bundesbetreuungsgelds und des Erziehungsgelds werden Sie mehr Plätze in den Kindertagesstätten in Thüringen brauchen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wahlfreiheit einschränken, Wahlfreiheit abschaffen!)

Vielen Dank, Frau Meißner. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Frau Meißner, schade, bis zum Sozialausschuss waren wir noch im adventlichen Frieden, im Weihnachtsfrieden, in der Vorweihnachtszeit. Aber nach dem, was Sie jetzt gesagt haben, muss ich dann doch noch das eine oder andere dazu sagen. Also noch mal: Was Frau Pfefferlein hier zum Ausdruck gebracht hat, war, dass am 21. Juli 2015 das Bundesverfassungsgericht aufgrund einer Klage von Hamburg

(Abg. Pfefferlein)

entschieden hat, dass das Bundesbetreuungsgeld mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Dumm gelaufen. Wer hat es gemacht? CSU hat es damals gemacht – weg damit!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben damals schon argumentiert, zum einen wegen einer Doppelfinanzierung. Wir haben erklärt, warum wir das Betreuungsgeld nicht wollen, warum wir das Erziehungsgeld nicht wollen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ihr wollt es nicht, die Eltern wollen es!)

Seinerzeit wurde dieses böse Wort immer gesagt, bei dem gerade Frau Tasch immer gleich fast auf den Tisch gehüpft ist; „Herdprämie“ wurde es umgangssprachlich genannt.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Schlimm, schlimm, schlimm!)

Dies haben wir abgeschafft.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Schlimm!)

Wir haben gesagt, Bundesebene haben wir abgewartet, da gab es dann dieses Gerichtsurteil. Was auf Landesebene passiert ist, haben wir auch immer angekündigt. Jeder wusste, wenn Rot-RotGrün regiert, wird das Landeserziehungsgeld abgeschafft werden, weil wir gesagt haben: Es hat jeder die Möglichkeit zu wählen, ob er sein Kind zu Hause erzieht oder ob er es in eine Einrichtung bringen will, aber dann muss das Zuhausebleiben, wenn ich eine Einrichtung nicht in Anspruch nehme, nicht finanziert werden. Punkt, Ende.

(Beifall SPD)

Das war das, was wir gesagt haben. Ich finde es ja schön, Frau Meißner, aber Sie müssen sich wirklich nicht unseren Kopf zerbrechen. Erstens: Das beitragsfreie Kita-Jahr kommt, wir sind ja schon auf dem Weg.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Welches?)

Sie können ja jetzt immer rumschreien und sagen: Menschenskind, immer noch nicht da, muss doch endlich. Machen Sie mal keine Hektik, wir diskutieren das intensiv, auch in dem Ausschuss, wo es hingehört. Sie sind doch die Ersten, die immer sagen: Wir müssen auf das Geld achten und wir müssen sehen, was alles finanzierbar ist. Ja, auch über die Frage, was können wir ausgeben, was können wir uns leisten, diskutieren wir.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wollen Sie immer nicht hören, dass Rot-RotGrün auch auf das Geld achtet – das tun wir aber –,