Protocol of the Session on November 9, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man die Debatte von der CDU zu Ende denkt, was die Benutzung klassischer Friedhöfe betrifft, dann müsste die CDU hier einen Änderungsantrag einbringen und möglicherweise den Anschluss- und Benutzungszwang für Friedhöfe gesetzlich normieren wollen. Das ist sicherlich weit weg. Sie müssen in Ihrer Argumentation aufpassen, in welche Richtung Sie hier debattieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Entschließungsantrag wurde bereits etwas gesagt. Es ist die Reflexion dessen, dass mit der jetzigen Gesetzesänderung aktuelle, vor allem rechtliche Probleme gelöst werden, aber die Debatte über die Vielfalt von Bestattungskultur nicht abgeschlossen ist, weil sie sich weiterentwickeln wird. Trauer- und Gedenkkultur sind vielfältig und werden sicherlich noch vielfältiger. Das zeigt auch der Blick in andere

Staaten. Die sind viel breiter aufgestellt, was Bestattungsrituale und die Art des Trauerns und des Gedenkens betrifft. Insofern ist dieser Entschließungsantrag nur folgerichtig und wird dazu führen, dass wir uns im Thüringer Landtag absehbar, wenn dann die Landesregierung Ende 2017, spätestens im Frühjahr 2018 hier berichtet hat, sicherlich noch in dieser Legislaturperiode nochmals mit diesem Thema zu befassen haben. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt weitere Wortmeldungen. Zunächst hat Abgeordnete Tasch, Fraktion der CDU, das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht ist es ein Zufall oder auch nicht, dass wir gerade im November über das Bestattungsgesetz diskutieren. Der November ist der traditionelle Monat des Totengedenkens. Vor wenigen Tagen haben wir Allerheiligen und Allerseelen gedacht, am Sonntag ist Volkstrauertag und am 20. November der Totensonntag. Diese vier Gedenktage zeigen, wie unsere Vorfahren Tod und Leben gedacht haben, wie es Einklang in unsere Kultur gefunden hat. Wir sprechen hier so gern über das christliche Abendland, welche Verpflichtungen es gibt und woraus wir das nehmen. Ein Großteil auch unserer Bestattungskultur kommt aus dem christlichen Abendland, aus unserer Entwicklung. In den letzten Jahren ist der Zeitgeist leider dahin gegangen, dass Tod und Sterben aus der Öffentlichkeit herausgedrängt werden.

(Beifall CDU)

Man spricht nicht mehr gern im Privaten darüber. Wer stirbt noch zu Hause? Wer weiß noch wie – wenn wir hier gelesen haben – ein Toter gewaschen wird? Wenn einer zu Hause stirbt, der wird auch noch zu Hause gewaschen, er wird zu Hause aufgebahrt. Das ist in den letzten Jahren alles aus unserem Alltag herausgedrängt worden. Ich finde das sehr bedauerlich, dass sich gerade auch die Beerdigungskultur hier so als Nische darstellt. Wer aus einer Region kommt, so wie ich aus dem Eichsfeld, wo das Totengedenken noch eine große Rolle spielt, wer mal zu Allerheiligen in der Kirche war oder bei uns zur Gräbersegnung, wo an diesem Tag zum Beispiel in meinem Dorf noch drei-, vierhundert Leute auf dem Friedhof sind, wo das noch eine Bedeutung hat, wer auch auf den Dörfern noch schaut, wie dort Menschen unter die Erde gebracht wurden, mit was für einer Würde, der weiß eigentlich, was uns verloren geht, wenn der Tod an den Rand gedrängt wird.

(Beifall CDU, AfD)

(Abg. Kuschel)

Für mich ist das wirklich dem Zeitgeist geschuldet. Und wenn wir jetzt die Form – ich will niemandem in Abrede stellen, dass er gern unterm Baum beerdigt werden will. Unsere Friedhöfe sind in den letzten Jahren auch viel bepflanzt worden, wir haben alte Baumbestände. Heute wird auf den Friedhöfen viel gepflanzt. Und man kann dem auch Rechnung tragen, auch was das Thema „Urnenbestattung“ anbetrifft, was breiten Raum außerhalb des Eichsfelds einnimmt, unter einem Baum beerdigt zu werden. Es kann wirklich auch jeder so trauern, wie er will. Aber ich finde, man sieht gerade an diesen zentralen Themen „Tod“ und „Wie gehe ich mit Tod und Trauer um“, dass es gar nicht so einfach ist. Wie viele haben hinterher große Probleme, wenn diese Dinge nicht verarbeitet werden? Das ist ein Zeichen, dass wir einfach mehr darüber sprechen müssen. Da finde ich, gerade bei diesem Bestattungsgesetz ist es für mich der falsche Weg. Wir schieben den Tod raus aus unseren Dörfern und Städten. Das Thema „Tod und Leben“, dass jeder stirbt, ist eigentlich etwas Normales. Wenn nicht darüber gesprochen wird, wenn der Friedhof nun noch in den Wald verlegt wird und man nicht wieder hinkommt, halte ich das für mich persönlich – ich spreche hier auch meine persönliche Meinung dazu an – für keine gute Entwicklung. Deshalb kann ich auch als Katholikin hier auf keinen Fall zustimmen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Fiedler, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Kollegin Holbe hat die Meinung der Fraktion hier noch mal ganz klar benannt. Ich will an der Stelle auch meiner Kollegin Christina Tasch noch mal danken, denn die, die sich unter anderem sehr vehement dafür eingesetzt hat, dass das so bleibt, wie es jetzt ist, ohne Bestattungswald, war die katholische Kirche. Frau Kollegin Mühlbauer, jeder kann entscheiden, wie er will, aber – ich glaube, Sie sind doch in der katholischen Kirche – ich will nur sagen: Die katholische Kirche hat ihre Meinung die ganze Zeit, die vielen Jahre vertreten, das muss man mal festhalten.

(Beifall CDU)

Die evangelische Kirche hat es bis vor Kurzem noch vertreten und mittlerweile sind sie – ich sage es jetzt mal aus meiner Sicht – umgefallen. Ich will das nicht in Abrede stellen. Ich habe auch mit vielen gesprochen, der zuständigen Bürgerinitiative und mit anderen, die aus unterschiedlichen Gründen diese Bestattungen unbedingt haben wollen,

das kann man durchaus erst einmal zur Kenntnis nehmen. Ich gehe mal davon aus, dass das Votum hier auch entsprechend erfolgen wird.

Was mir noch mal wichtig ist, ist, dass – und das will ich auch noch mal ausdrücklich zur Anhörung sagen, dass da kein falscher Eindruck entsteht – die Anhörung sehr gut war, sachlich, ausgiebig, und dass viele Dinge beleuchtet worden sind. Gerade aus der Anhörung heraus ist unser Votum, dagegen zu stimmen, gekommen. Das hat aber meine Kollegin alles genannt, dass viele Dinge noch unklar sind – wer ist für was zuständig, ich meine, wie dort hinfahren usw. Da sind noch einige Dinge, die unklar sind.

Ich will kurz noch einige Worte zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen Linke, SPD und Bündnisgrüne hinzufügen. Der ist vorhin gerade ausgeteilt worden, das war alles so schnell und wichtig, dass das alles gerade noch mit heißer Nadel gestrickt wurde, wahrscheinlich bis zum 09.11., der ist, glaube ich, heute. Wie lange haben wir uns damit beschäftigt? Ich will noch mal auf ein paar Dinge hinweisen, wenn es darum geht, zum Beispiel wenn Sie sagen: „um stetig sich entwickelnden Bedürfnissen von Angehörigen und Trauernden, aber auch dem Willen Verstorbener künftig entsprechen zu können.“ Ich nenne nur mal den Punkt. Das ist wohlgesprochen. Vielleicht führen wir dann demnächst wieder – wie es bei Lenin und Stalin war – die Einbalsamierung ein und bringen das wieder.

(Beifall AfD)

Ich weiß, es gibt viele Gründe …

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Selbst Sie hatten schon bessere Beiträge, Herr Fiedler!)

Herr Abgeordneter Fiedler hat das Wort, meine Damen und Herren.

Das ist aber nett, Frau Präsidentin, dass Sie auch mal Ihre eigene Truppe rügen.

(Beifall CDU, AfD)

Ich will noch mal ganz klar und deutlich sagen: Wenn wir immer nur danach gehen würden, gleich dem Willen der Verstorbenen zu folgen, ja, was denken Sie – ich habe vorher nicht umsonst dazwischengerufen, das habe ich aber auch in der Anhörung gesagt: Wenn alles, was von Amerika hier herüberschwappt, ob das jetzt Halloween ist, wo wir ansonsten andere Dinge feiern, oder wenn es darum geht, die haben das schon lange, auch andere Länder, das hat was mit Bestattungskultur zu tun, dass Sie dann hier die Asche zu einem Diamanten

(Abg. Tasch)

pressen lassen, wenn ich richtig liege, ich bin kein Chemiker,

(Beifall CDU)

aber ich glaube, es ist ein Diamant, der dann gepresst wird. Oder, wie es in anderen Ländern möglich ist: Sie stellen die Asche auf den Kaminsims usw. Wenn wir uns diesen ganzen Dingen anschließen wollen – Sie können es gern machen, wir werden dem widerstehen. Wir werden sagen: Auch für Bestattungen, bei allen Schwierigkeiten und allem, was dazugehört – Leute sind weiter entfernt usw. –, gibt es immer Möglichkeiten; es ist die grüne Wiese genannt worden. Wenn wir immer nur jedem seinen Willen geben wollen: Allen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann. Und die kann auch dieses Parlament und wahrscheinlich auch die Landesregierung nicht leisten.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Gilt aber für andere Politikfelder!)

Deswegen muss man auch das noch mal ganz klar und deutlich sagen, denn Sie wollen mit dem Antrag suggerieren: Es geht noch weiter und es kommt schon das Nächste, was anrollt. Wenn es Ihnen so wichtig gewesen wäre, hätten Sie es ja gleich mitmachen können.

(Beifall AfD)

Das Zweite ist – ich will noch mal ein paar Dinge nennen – unter anderem die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für sarglose Bestattungen. Das klingt erst mal ganz einfach. Wollen Sie damit, dass in Zukunft alle nur noch im Tuch bestattet werden können? Das muss man ja aus dem Ganzen entnehmen. Wenn Sie denn schon etwas in der Hose hätten – Sie wissen, was ich meine, ich wollte das böse Wort nicht nennen –, dann hätten Sie doch gleich gesagt, was Sie damit bezwecken. Sie hätten es doch sagen können. Nein, es wird drumherum geredet.

Oder: Veränderungen von Bestattungsfristen unter Einbeziehung des Verfahrens der Leichenschau und Todesfeststellung – ich vermute, Sie wollen es verkürzen. Ich kann Ihnen auch sagen, aktuell steht drin: 48 Stunden nach Tod, spätestens zehn Tage. Das ist nicht ohne Grund hineingekommen; erst einmal – wie es meine Kollegin Tasch gesagt hat –, damit man das auch zu Hause das verarbeiten kann usw. Und zweitens sollten Sie mal auf die ganzen Pathologen und Kriminologen hören, wie viele Leute umgebracht wurden und uns durchrutschen, weil keine vernünftige Leichenschau gemacht wird.

(Beifall CDU, AfD)

Jetzt wollen Sie das noch weiter – ich vermute es, es ist ja nur der Antrag, ich kann dem nichts anderes entnehmen, als dass man auch auf diese Schiene gehen will. Wenn Sie das wollen, wird das

auf keinen Fall unsere Unterstützung finden. Sie bauen ja schon vor in Punkt e: „mit dem Ziel der Umsetzung der im Leitbild ‚Zukunftsfähiges Thüringen‘ verankerten Zielstellung der Kommunalisierung von Aufgaben primär in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden die Übertragung der Zuständigkeit gem. § 30 BestattG auf die Gemeinden nach Abschluss der Gemeindegebietsreform zu prüfen.“ Vielleicht wollen Sie es an die Kreise geben. Es kann ja sein, dass das in Zukunft dann die Kreise machen. Also hier sind Dinge drin!

Letzter Satz: Herr Kuschel, wenn Sie schon Anträge mit machen, dann sollten Sie nicht sagen „Ende 2017“, sondern in Ihrem Antrag steht zumindest zu Punkt 1: „bis zum 31. März 2018“. Also Entschließungsantrag ablehnen und das andere auch!

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Fiedler. Jetzt hat Abgeordneter Henke, Fraktion der AfD, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, werte Gäste! Mit diesem Entschließungsantrag fällt die Regierungskoalition von hinten durch die kalte Küche. Das heißt, wir sollen hier überfahren werden, denn Sie hätten die Chance gehabt, bei der öffentlichen Anhörung genau diese Punkte mit einzuarbeiten. Dass Sie es nicht gemacht haben, ist natürlich eine schwere Sache. Sie haben wahrscheinlich ein paar kleine Fehler gemacht und haben vergessen, diese Sachen mit einzuarbeiten.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Doch, genauso ist es.

Was natürlich in dem Antrag nicht steht: Eine muslimische Begräbnisstätte ist für immer und ewig, die kann nicht entfernt werden.

Das Gleichnis von Herrn Kuschel mit dem Fürsten greift natürlich nicht. Zu der Zeit des Fürsten haben in Thüringen vielleicht 50.000 Menschen gelebt. Das können Sie mit der heutigen Zeit überhaupt nicht vergleichen. Solche Gleichnisse taugen in diesem Zusammenhang überhaupt nichts.

(Beifall AfD)

Was natürlich sehr wichtig ist, ist die Beteiligung einer Behörde in der Regionalplanung. Mit dieser Behörde kann man natürlich vieles regeln. Dass Sie das jetzt so hintenrum durch die kalte Küche eingebracht haben, bedeutet, dass Sie darüber nicht reden wollten. Sie wollten es einfach nicht und machen so ein Ding 5 Minuten vor der Angst. Ich finde, das ist ein ganz schlechter Regierungsstil. Vielen Dank.

(Abg. Fiedler)

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir sind ja gar nicht die Regie- rung!)