Protocol of the Session on September 2, 2016

Vielen Dank, Herr Präsident. Eine lebhafte Diskussion und ich habe vorhin schon gesagt,

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Jetzt geht der Schmarrn weiter!)

das ist auch richtig so, auch hier im Parlament, dass wir uns darüber austauschen. Und ich denke, wir werden in weiteren Beratungen zum inklusiven Schulgesetz auch noch ganz andere Diskussionen erleben und damit werden wir uns dann auch noch mal vertiefter in den Ausschüssen beschäftigen. Hier so zu tun, als wäre der Standpunkt der AfD, was die Interpretationen der UN-Behindertenrechtskonvention anbetrifft, der allein gültige, ist schlichtweg falsch, weil – wie Frau Ministerin Werner, und ich danke ausdrücklich dafür, ausgeführt hat – es eben Vertragsbestandteil ist, dass ein jeder, ein jedes Kind einen Rechtsanspruch hat, in einer allgemeinbildenden Grund- oder Regelschule beschult zu werden.

(Zwischenruf Abg. Möller und Abg. Kießling, AfD: Nein, das stimmt nicht!)

Natürlich! So steht es wörtlich drin. Leider habe ich nur 2 Minuten und ich würde ganz gern noch etwas zum Kollegen Reinholz sagen.

Das ist immer richtig, hier die ganz eigenen Erfahrungen einzubringen, sehr geehrter Herr Kollege Reinholz. Natürlich geht es darum, jedem Kind den optimalen Bildungserfolg, den entsprechenden Bildungsweg, die Bildungskarriere zu ermöglichen. Aber genau darum geht es ja und deswegen ist es

eben nicht korrekt, hier so zu tun, als würden wir diese speziellen Schulen für Sehbeeinträchtigte und Gehörlose schließen wollen. Das haben wir gar nicht vor. Das wird auch nicht passieren. Niemand wird das machen. Diese Bildungsgänge an den entsprechenden Schulen wird es weiterhin geben, genau aus diesem Grund, aber

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie ich schon in meiner Rede ausgeführt habe, ist es – und Frau Ministerin Werner hat darauf hingewiesen –, eben auch ein Bestandteil eines Trennschulsystems mit Förderschulen, dass diese Kinder niemals die Chance haben oder – das stimmt nicht ganz, Entschuldigung – nur in etwa zur Hälfte die Chance haben, einen allgemeinbildenden Schulabschluss zu machen. Das ist nicht dem Kindeswohl entsprechend, denn Kinder können mehr, wenn sie gefördert werden und sie werden auch

(Beifall DIE LINKE)

in den Grund- und Regelschulen und auch an den Gymnasien weiter gefördert. Vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Wolf. Als Nächste hat Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann es im Prinzip nach meinen Vorgängerinnen und Vorgängern auch kurz machen. Es ist schlicht und ergreifend eine Unwahrheit, Herr Höcke, wenn Sie behaupten, dass die UN-Behindertenrechtskonvention nicht von Inklusion spricht. Sowohl der deutsche Text als auch der englische Text – und da Sie ja so sprachgewandt sind, werden Sie das sicherlich verstehen – sprechen von Inklusion bzw. von inclusion. Und meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Es gibt … Übersetzungen, Frau Kollegin!)

ich zitiere sozusagen aus der Einleitung, Zitat: „Das Leitbild der Behindertenrechtskonvention ist ,Inklusion‘.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es geht also nicht darum, dass sich der oder die Einzelne anpassen muss, um teilhaben, ,mithalten‘ zu können. Es geht darum, dass sich unsere Gesellschaft öffnet.“ Vielen Dank.

(Ministerin Werner)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Redezeit ist erschöpft. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Doch, Herr Fiedler, Entschuldigung.

Die Kampfhennen können ruhig wieder ruhig werden.

(Beifall AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, …

Herr Kollege Fiedler, für den Begriff der „Kampfhenne“ muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ach, ich werde mich bessern!

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gebe ungern Herrn Höcke in einigen Punkten recht. Aber heute muss ich Ihnen sagen, bei der Frage „Inklusion“ kann ich in vielen Punkten zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist bezeichnend!)

(Beifall CDU, AfD)

Ob Ihnen da drüben das passt oder nicht, ist mir vollkommen egal. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich begleite jetzt seit über 25 Jahren auch die, mal hießen sie Lernbehindertenschulen, dann gab es immer mal unterschiedliche Ansätze, wie sie genannt wurden, und bin dort seit vielen Jahren wirklich einund ausgegangen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dort erstens ein hervorragendes Klima herrscht, dass die Kinder, die Lehrer eine hervorragende Zusammenarbeit haben. Was noch viel wichtiger ist, dass am Ende der Bildung auch stehen sollte: Was kommt hinten raus, was für Abschlüsse? Ob das ein Hauptschulabschluss ist oder was auch immer. Dass die Menschen, die ein bestimmtes Handicap haben, vorbereitet werden, dass sie auch in den nachfolgenden Jahren in der Gesellschaft ihren Mann oder Frau stehen können. Es wird nicht bei allen gelingen, aber es kann bei vielen gelingen.

Ich rede seit vielen Jahren mit den Lehrerinnen und Lehrern vor Ort. Wissen Sie, was in den letzten Jahren passiert ist? Ich höre von sehr vielen Lehrern, die ich lange kenne, bis zur Direktorin und anderen, die sagen entweder: „Wissen Sie, Herr Fied

ler, ich bin heilfroh, dass ich jetzt in Rente gehen kann“ oder „Ich bin heilfroh, dass ich jetzt woanders meinen Unterricht gebe.“ Was hier passiert, zerstört das Gewachsene, was sich seit über 20 Jahren gut bewährt hat.

(Beifall CDU, AfD)

Auch Oberlehrer müssen sich jetzt nicht unbedingt einmischen.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann nur aus meinen Erfahrungen reden, die ich seit vielen Jahren gemacht habe, weil ich dort Jahre ein- und ausgehe, die Gespräche führe mit den Schülern und mit den Lehrern.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind Sie ja der Einzige!)

Das sage ich doch überhaupt nicht. Ich habe doch gar nicht für mich in Anspruch genommen, dass ich der Einzige bin. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich seit vielen Jahren mit den Menschen dort rede. Da kann ich doch wohl, da habe ich doch wohl das Recht, aus meiner Sicht hier herüberzubringen, wie es dort ist, ob Ihnen das passt oder nicht. Das Ganze ist aus meiner Sicht jedenfalls eine ideologisch vollkommen überzogene Debatte. Nur weil die UN das Ganze in Nummer sowieso mal irgendwo aufgeschrieben hat, dann müssen wir doch das jetzt machen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wel- che Nummer meinen Sie, Nullachtfünfzehn?)

Darüber können Sie lachen, wie Sie wollen. Gehen Sie mal in Ihre Schulen vor Ort und reden Sie mit den Menschen dort. Es muss doch vor allen Dingen wohl darum gehen, nicht darum, dass jemand von oben etwas vorgibt. Es muss doch wohl zuerst um das Kindeswohl gehen, es muss doch zweitens um die Eltern gehen und dass das doch das Primat sein muss.

(Beifall CDU, AfD; Abg. Gentele, fraktionslos)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Haben Sie schon mal einen Blick in die UN- Konvention genommen, Herr Fiedler?)

Ach, kommen Sie nachher zu mir. Ich muss mich nicht bei allen Dingen mit Ihnen auseinandersetzen. Ich will Ihnen nur schildern, wie ich das seit vielen Jahren erlebe. Da muss es doch darum gehen, dass vor allen Dingen die Kinder und die Eltern im Mittelpunkt stehen. Wenn die sagen, wir wollen das für unser Kind so und so, da kann doch nicht irgendjemand kommen und sagen: Nein, nein, aber das wird jetzt alles so gemacht.

(Beifall CDU, AfD; Abg. Gentele, fraktionslos)

Das ist Ihre Verblendung, weil Sie meinen – und das zieht sich ja wie so ein roter Faden durch –, dass Sie meinen, es muss von oben alles vorgege

(Abg. Henfling)

ben werden. Das erinnert mich an Zeiten, wo ich lange Zeit in der DDR gelebt habe. Ich bin ja noch einer, der dort gelebt hat.

(Beifall CDU, AfD; Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Reinholz, fraktionslos)

Manch einer redet ja darüber und war gar nicht dabei.

Jetzt soll wieder von oben bestimmt werden, was denn gut für die Kinder ist, was denn gut für die Eltern ist und dabei werden Dinge zerstört. Ich habe erst wieder in den letzten Tagen – nur mal ein kleiner Abschweifer – mit Vertretern von Schulämtern und ähnlichen gesprochen; die schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und sagen: So etwas haben wir in 20/25 Jahren noch nicht erlebt, was hier los ist. Wir wissen überhaupt nicht mehr, was los ist. Die kommen überhaupt nicht mehr rund, um ihre gesamten Schulen zu besuchen, nicht einmal in einem Jahr schaffen die das. Sie müssen wieder näher an die Praxis heranrücken, Frau Staatssekretärin und Frau Ministerin, und müssen sich damit beschäftigen und nicht nur aus ideologischen Gründen solche Dinge hier einbringen.