Personalpolitik, an den Schulen – damit haben wir uns hier oft genug beschäftigt – aufarbeiten müssen und werden.
Aber danke für die Nachfrage. Eine Nachfrage ist immer angebracht, anders als das, was hier von dieser anderen Seite kommt.
Also, Sie sind der Meinung, dass wir oder die Landesregierung ihre Arbeit als Parlamentarier oder die ihrer Referenten machen sollen und wir Ihnen Studien geben sollen. Kollegin Astrid Rothe-Beinlich hat Ihnen schon einiges gesagt, ich möchte mich da gern anschließen. Zum Beispiel gibt es ein ganzes Heft der Fachzeitschrift „Pädagogik“ 12/2015 mit dem Titel „Inklusion konkret“. Nie gelesen.
Ja, sehr geehrter Herr Kollege, ich habe eine Frage: Ich habe 15 Jahre als Lehrer gearbeitet, unter anderem auch in der Oberstufe
und habe dort das Leistungsfach Sport bis zum Abitur unterrichtet. Sind Sie persönlich der Meinung, dass ein schwer körperbehindertes Kind eine Abiturprüfung im Fach Sport machen kann, darf und soll?
Nicht nach den Grundsätzen, die in den Lehrplänen stehen. Da müssen auch die Lehrpläne bzw. es muss eine Binnendifferenzierung stattfinden, weil das natürlich – also ich meine, das ist eine Suggestivfrage. Natürlich kann ein schwer körperbehindertes Kind nicht eine Sportprüfung ablegen. Wie soll denn das gehen?
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Noch mal, es kommt auf die Art der Behinderung an!)
Aber, es gibt Möglichkeiten, dem Leistungsniveau des Kindes entsprechend zu beurteilen, ob das Kind auch im Fach Sport Leistungen erbringen kann.
Das wissen Sie so gut wie ich. Genau darum geht es bei der Inklusion. Es geht nicht um die Gleichheit, sondern es geht um die Teilhabe und es geht um das Mitnehmen und um die möglichst konkrete Förderung
Noch mal: Ich habe schon die Fachzeitschrift „Pädagogik“ 12/2015 zitiert, „Inklusion konkret“. Ich bin
sehr gespannt und es ist ein weiterer Schwerpunkt 11/2016 mit verhaltensauffälligen Schülern angekündigt. In diesen Fachzeitschriften stehen sehr konkrete Aufsätze, sehr konkrete Gelingensbedingungen, bitte lesen Sie sich das durch. Ich verweise unter anderem natürlich auf den Entwicklungsplan Inklusion, auf die diversen Handreichungen aus dem TMBJS, früher TMBWK. Ich verweise auf einen Aufsatz – ich zitiere den Titel des Aufsatzes – „Wo lernen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf besser? Ein Vergleich schulischer Kompetenzen zwischen Regel- und Förderschulen in der Primarstufe“ in „Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie“ 66/2014, Seite 165 bis 191. Ich könnte das noch weiter fortsetzen. Ich habe eigentlich gar keine Lust, Ihre Referentenarbeit hier zu machen und ich bin auch nicht der Meinung, dass eine Thüringer Landesregierung bei schon bezahlten Referentenstellen Ihre Arbeit machen sollte. Aber das kennen wir auch aus anderen Ausschüssen, wo Inkompetenz immer wieder Raum greift. Das zeigt sich auch in Ihrem Antrag.
Ich sage es abschließend noch mal zusammenfassend. Ihr Antrag ist ein Sammelsurium aus Halbwissen, ideologischen Versatzstücken Ihres Parteiprogramms und populistischen Wir-wollen-das-nichtInhalten. So macht die AfD immer wieder und auch diesmal deutlich, wie sie zu charakterisieren ist. Wo Unfähigkeit und Unwissenheit auf Populismus trifft, sammelt sich das in der kleinsten Einheit
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Schülerinnen und Schüler und Gäste auf der Tribüne! „Förderschulen müssen erhalten bleiben“ – das ist eine oft geäußerte Forderung. Bevor man einer Forderung nach
kommt, sollte man aber überlegen, wem sie nutzt, wer was und aus welchen Gründen fordert. Ich finde, wir sollten uns auch einmal überlegen, wer diese Forderung eigentlich stellt. Wer redet hier? Auf welcher Grundlage? Wer ist es denn, der die Förderschulen erhalten will? Wollen das die Schülerinnen und Schüler?
Wie fühlt es sich an, wenn alle Kinder aus der Nachbarschaft morgens gemeinsam zur Schule aufbrechen, man selbst aber einen anderen Schulweg hat, wenn man merkt, man gehört nicht dazu? Wie denken die Absolventen der Förderschule an ihre Zeit auf der Förderschule zurück, wenn sie merken, dass der Abschluss „Förderschule“ ihnen Wege verbauen kann? Die Förderschule ist nicht in jedem Fall die beste Lösung für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf.
Die Förderschule kann zahlreiche Nebeneffekte und Langzeitwirkungen haben, die weder Kindern noch Eltern anfangs immer so klar sind. Das belegen Studien. Brigitte Schumann kommt in Ihrer Untersuchung aus dem Jahr 2007 zu dem Schluss, dass Förderschulen zu Schonraumfallen werden können.
Wer auf eine Förderschule geht, der wird von einer normalen Schule und damit von einem Stück normalen Lebens ausgeschlossen. Förderschüler fühlen sich daher oft stigmatisiert, schämen sich und tun sich schwer damit, ein positives Selbstbild aufzubauen.
Das sage nicht ich, das sagt diese Studie nach den entsprechenden Untersuchungen. Ich zitiere einen Text, der da lautet: „Wir anerkennen die Notwendigkeit und Dringlichkeit, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit besonderen Förderbedürfnissen innerhalb des Regelschulwesens zu unterrichten. […] Wir glauben und erklären, dass jedes Kind ein grundsätzliches Recht auf Bildung hat und dass ihm die Möglichkeit gegeben werden muss, ein akzeptables Lernniveau zu erreichen und zu erhalten, dass jedes Kind einmalige Eigenschaften, Interessen, Fähigkeiten und Lernbedürfnisse hat, dass Schulsysteme entworfen und Lernprogramme eingerichtet werden sollten, die dieser Vielfalt an Eigenschaften und Bedürfnissen Rechnung tragen, dass jene mit besonderen Bedürfnissen Zugang zu regulären Schulen haben müssen, die sie mit einer
kindzentrierten Pädagogik, die ihren Bedürfnissen gerecht werden kann, aufnehmen sollen, dass Regelschulen mit dieser integrativen Orientierung das beste Mittel sind, um diskriminierende Haltungen zu bekämpfen, um Gemeinschaften zu schaffen, die alle willkommen heißen, um eine integrierende Gesellschaft aufzubauen und um ‚Bildung für alle‘ zu erreichen; darüber hinaus gewährleisten integrative Schulen eine effektive Bildung für den Großteil aller Kinder und erhöhen die Effizienz sowie schließlich das Kosten-Nutzen-Verhältnis des gesamten Schulsystems.“ Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Text ist ein Zitat aus der Salamanca-Erklärung der UNESCO von 1994. Alle Worte haben für uns und unser Schulsystem heute mehr Bedeutung denn je. Sie sind modern, zukunftsweisend und niemand muss davor Angst haben.
Zu Punkt 1 des Antrags: Die Förderschule ist nicht grundsätzlich die beste Lösung für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf. Die grundsätzlich beste Lösung ist bereits seit 1992 die Beschulung im Gemeinsamen Unterricht. Das möchte ich klar allen Forderungen nach dem pauschalen Erhalt der Förderschulen entgegenhalten. Aber auch in einem inklusiven Bildungssystem gibt es weiterhin Kinder und Jugendliche oder Lernphasen, für die sonderpädagogische Förderkompetenz notwendig ist. Ein inklusives Bildungssystem benötigt sonderpädagogische Kompetenz. Deswegen werden wir das Schulgesetz novellieren, indem die sonderpädagogische Kompetenz erhalten bleibt und zugleich die Forderungen der Salamanca-Erklärung umgesetzt werden. Auch in einem inklusiven Bildungssystem bleiben Förderschulzentren als Unterstützungs- und Beratungszentren erhalten. Auch zukünftige Fördermaßnahmen werden maßgeblich von Förderpädagogen verantwortet. Förderpädagogen brauchen also einen Ort, an dem sie sich vernetzen und austauschen können und somit untereinander ihre Fachlichkeit erhalten können. Förderschulen, die als Förderzentren Unterstützung leisten, Unterstützung der Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen, Unterstützung der Kinder mit Förderbedarf und ihrer Eltern, sind eine wichtige Stütze des inklusiven Bildungssystems.
Sehr geehrte Damen und Herren, zu Punkt 2: Diese Behauptung ist schlicht falsch. Seit über 20 Jahren gibt es Untersuchungen zur Beschulung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung. Diese Studien zeigen, dass alle Kinder von der gemeinsamen Beschulung profitieren. Es gibt auf der Internetseite „inklusionsfakten.de“ eine Übersicht über Forschungsergebnisse zu Gemeinsamem Unterricht