Dort wird jeder zum rassistischen Hetzer, den es zu melden und anzuzeigen gilt, der sich kritisch gegenüber der ungesteuerten Zuwanderung äußert oder auch nur einfache Vergleiche zieht zwischen „die“ und „wir“. Die geplante Dokumentationsstelle wird als Propagandainstrument und Geheimdienstersatz für die Verunglimpfung liberaler, patriotischer und konservativer Strömungen des bürgerlichen Lagers missbraucht werden und der faktischen Umgehung des Landesamts für Verfassungsschutz dienen, wie es der damalige innenpolitische Sprecher der Linken schon 2014 angekündigt hat. Dass ausgerechnet eine ehemalige Stasi-Spitzelin mit der Überwachung und Dokumentation von Meinungsäußerungen und Protesten von Bürgern beschäftigt werden soll, ist ein Skandal und ein Beleg für die fehlende historische Sensibilität unserer Landesregierung.
Ihr Vorhaben hat mit Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit so viel zu tun wie Präsident Erdogan mit Friedensbewegungen.
Nicht nur, dass Sie die Opfer der zweiten Thüringer Diktatur auf Thüringer Boden verhöhnen, nein, Sie finanzieren auch eine Stiftung aus Landesmitteln, die Mitarbeiter beschäftigt, die sich offen grundrechts- und deutschenfeindlich äußern, vor Hass gegen das Land und seine Bevölkerung strotzen, ein verfassungsfeindliches Weltbild haben oder mit vermeintlicher Satire auf den Tod Tausender in Dresden 1945 reagieren. Die Denkweise der Stiftung ist weder mit dem Grundgedanken des Landesprogramms noch mit unserer demokratischen Gesellschaft vereinbar. Wer sich offen gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung stellt, Schlüsselpositionen mit Linksradikalen, Linksextremisten und ehemaligen Stasi-Spitzeln besetzt, wer zur Denunziation von Personen aufruft und ein Klima der Denunziation statt der demokratischen Debatte fördert – gerade angesichts der aktuellen Ereignisse in Ansbach und Reutlingen, wo die Sorgen der Bürger wirklich aufgegriffen und ernst genommen werden sollten – diese Stiftung sollte keine Mittel aus dem Thüringer Landeshaushalt erhalten und darf nicht von einer Thüringer Landesregierung unterstützt werden.
Herr Ministerpräsident, Sie haben beim Antritt Ihres Amts versprochen, sich für die Aufarbeitung des DDR-Unrechts einzusetzen. Ich empfehle Ihnen, lesen Sie Schiller und „geben Sie Gedankenfreiheit“.
Vielen Dank. Ich frage: Wer möchte zur Drucksache 6/2441 das Wort zur Begründung übernehmen? Herr Abgeordneter Möller, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, unser Antrag fordert die Neuausrichtung des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. Wer sich mit diesem Programm und seinen Projekten in der bisherigen Fassung kritisch auseinandersetzt, der stellt als Erstes fest, dass Sie, liebe Kollegen von den etablierten Parteien, gerne schlechten Dingen einen guten Namen geben. Für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ist fast jeder, das klingt gut, doch genauso wenig wie in Orwells „1984“ das Ministerium für Wahrheit mit Wahrheit zu tun hatte, zielt Ihr Landesprogramm auf Demokratie oder gar auf Toleranz ab. Im Gegenteil: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen Welten.
Ihr Landesprogramm richtet sich aufgrund vieler grober Webfehler in der Umsetzung nicht wie angekündigt gegen Extremismus und Menschenfeindlichkeit, schon gar nicht gegen Linksextreme oder religiöse Spielarten. Nein, mit den Mitteln des Landesprogramms werden seit Jahren – und verschärft natürlich unter der rot-rot-grünen Landesregierung – Meinungen, Ansichten und Überzeugungen bekämpft, die zwar im linken Lager unbeliebt, aber eben bürgerliche Ansichten und keinesfalls extremistische Positionen sind.
Kleines Beispiel gefällig: Einer Ihrer geförderten Projektträger, die linksradikale Amadeu Antonio Stiftung, versucht bereits, die Äußerung der Tatsache, dass das Grundrecht auf Asyl von vielen Asylbewerbern aus wirtschaftlichen Gründen genutzt wird, als rassistische Hetze zu diffamieren. Wie bei der Gedankenpolizei Orwells in Orwells „1984“ geht es der Stiftung also darum, einen Diskurs über die Frage, ob diese Aussage richtig oder falsch ist, gar nicht erst zuzulassen, sondern sie von vornherein als rassistisch zu ächten und damit vom Diskurs auszuschließen. Damit sind wir auch bei dem Grund, warum wir dieses Landesprogramm mittlerweile am liebsten abschaffen würden.
Es operiert nämlich an der Grenze der Meinungsfreiheit herum und das völlig ohne Not, man braucht es schlicht nicht. Es ist auch Geldverschwendung.
Die Grenze der Meinungsfreiheit ist nämlich verfassungsrechtlich zu klären, und zwar durch ausgebildete Richter, nicht durch irgendwelche Zivilgesellschaftsdarsteller aus den Reihen linksradikaler Gewerkschaftsfunktionäre oder weltfremder Sozialindustrievertreter.
Die Grenzen der Meinungsfreiheit werden in strafrechtlicher Hinsicht durch die Justiz und entsprechend ausgebildetes Fachpersonal geschützt. Sie können sich auch nicht damit rausreden, dass das Landesprogramm zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erforderlich wäre, denn dafür gibt es den Verfassungsschutz. Selbst für die ausgewogene Meinungsbildung in der Bevölkerung braucht man das Landesprogramm nicht, denn dafür gibt es bereits die Landeszentrale für politische Bildung.
Was Sie mit Ihrem Landesprogramm geschaffen haben, meine Damen und Herren, ist eine Doppelstruktur für fachlich und persönlich ungeeignete Leute, die gar nicht dazu in der Lage sind, in den etablierten Institutionen über die Grenzen der Meinungsfreiheit rational mitzubestimmen. Die Meinungsfreiheit als Herz der Demokratie verträgt es nicht, wenn Pfuscher mit linksradikaler Gesinnung ihre Grenzen definieren dürfen oder zum Beispiel ein Ex-Stasispitzel – wie Anetta Kahane – mitreden darf, die schon in der DDR Oppositionelle als Staatsfeinde diffamiert und an die Stasi verraten hat, aber heute behauptet, sie hätte ja keinem geschadet,
und die im Übrigen den Osten zu weiß findet, also offenkundig selbst ein rassistisch geprägtes Weltbild verfolgt.
Als Realisten wissen wir natürlich, dass Sie das Landesprogramm nicht abschaffen werden, aber wenn Sie es schon aufrechterhalten, dann sollten Sie es wenigstens so gestalten, dass es ausgewogen allen Spielarten des Extremismus genügend Beobachtungsraum gibt, keine linksradikalen Verfassungsfeinde – wie Anetta Kahane oder Julia Schramm – mitwirken dürfen und dadurch der Meinungsfreiheit und im Übrigen auch Ihrer eigenen politischen Glaubwürdigkeit schwersten Schaden zufügen, obwohl Letzteres nicht mein Problem ist. Wie das im Konkreten praktisch geht, wird Ihnen gleich mein Kollege Höcke im Detail erklären. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön. Jetzt frage ich die CDU-Fraktion, ob jemand das Wort zur Begründung des Alternativantrags wünscht. Das ist nicht der Fall, sodass ich die Beratung eröffne und darauf aufmerksam mache, dass wir in doppelter Redezeit verhandeln. Als Erster erhält Abgeordneter Tischner für die CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute erneut über die Vergabe des Aufbaus einer Dokumentationsstelle für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit und über das Landesprogramm. Die CDU-Fraktion kritisiert die Einrichtung der Dokumentationsstelle scharf und fordert mit ihrem Alternativantrag die schnellstmögliche Einstellung.
Nicht umsonst haben wir als erste Fraktion im vergangenen Jahr öffentlich Kritik geübt und mehrfach in öffentlichen und nicht öffentlichen Sitzungen des Landtags intensiv nachgefragt. Ende Juni 2016 hat sich auf Antrag der CDU-Fraktion der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport in einer Sondersitzung mit dieser Thematik beschäftigt. Die mehr als dürftigen Antworten seitens der Landesregierung in dieser Sondersitzung haben nicht dazu beigetragen, unsere massiven inhaltlichen, datenschutzrechtlichen, verfassungsschutzrechtlichen und verfahrensrechtlichen Bedenken bei der Schaffung der Dokumentationsstelle zu beseitigen. Vielmehr haben die Einlassungen der Kollegen von Linken und Grünen weitere Alarmglocken bei uns läuten lassen. Für die nächste Sitzung erwarten wir noch eine verlässliche Aussage des Landesrechnungshofs bezüglich einer Prüfung der Vergabe an die Amadeu Antonio Stiftung.
Auch wenn man sich mit Blick auf die sehr spärlichen Auskünfte der Exekutive gegenüber der Legislative zum Ansinnen der Doku-Stelle an Aufgaben und Methoden des Verfassungsschutzes erinnert sieht, verbietet sich aus unserer Sicht eine Gleichstellung mit dem Ministerium für Staatssicherheit. Mit dem Doku-Amt die Staatssicherheit zu relativieren, ist nicht in Ordnung.
Es verbietet sich aus Respekt gegenüber den Opfern, die allerorten in unserem Freistaat bespitzelt, traumatisiert, gefoltert, verschleppt und ermordet wurden.
Dass der selbst ernannten Alternative in der Euphorie nach medialem Populismus nichts Besseres für den Titel ihres öffentlichen Plenarantrags eingefallen ist, ist traurig und beschämend und zeugt von ihrem selektiven historischen Kenntnisstand.
Im Übrigen verbietet sich auch die Gleichsetzung der Stasimethoden mit anderen Themen, die uns aktuell beschäftigen, wie beispielsweise der Abhörskandal im Bereich des Innenministeriums, den Herr Ministerpräsident letzte Woche ebenfalls mit Stasimethoden verglichen hat. Was das Ziel der Linken wirklich ist, beweist einmal mehr die öffentliche Aussage von Herrn Kalich vom 11. April 2014, ich darf zitieren: „Dies war heute hoffentlich der letzte Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission an den Thüringer Landtag, weil der Verfassungsschutz nach der Landtagswahl von einer LINKEN in Regierungsverantwortung durch eine Informations- und Dokumentationsstelle ersetzt werden wird.“ Vielleicht ist es der Verdienst der Sozialdemokratie, dass dies nun zunächst nur in einer abgespeckten Version passieren soll, aber das Ziel der linken Ideologen ist klar. Man kann nur hoffen, dass die von Herrn Hey letzte Woche im Deutschlandfunk angekündigten hochgezogenen Augenbrauen dann tatsächlich helfen, das Schlimmste zu verhindern.
Wenn Abgeordnete der Regierungsparteien neuerdings als Begründung für die Dokumentationsstelle die Konsequenzen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss benennen, dann sollten diese aber doch nicht immer neue Kontroversen aufmachen. Die ungeheuerliche Thematik des NSU, dieses Versagen staatlicher Ordnung, verpflichtet uns Parlamentarier, nicht ständig neue Kontroversen beim Schutz unserer parlamentarischen Demokratie mit ihrem Grundwert der Menschlichkeit aufzureißen. Diese Thematik verpflichtet alle demokratischen Abgeordneten, im nicht kontroversen Sektor nach Lösungen zu suchen oder zumindest die geltenden Spielregeln der Verfassung, des Rechtsstaats, der Demokratie, die sich im nicht kontroversen Sektor befinden, einzuhalten.
Leider liegt aber vielen Kolleginnen und Kollegen dieser Kerngedanke der pluralistischen Demokratie nach Ernst Fraenkel sehr fern. Wie ist es sonst zu erklären, dass Sie ein völlig intransparentes Vergabeverfahren gewählt haben? Wie sonst ist es zu erklären, dass Sie eine wissenschaftliche Terminologie verwenden, die eben nicht alle Bedrohungen unseres parlamentarischen Systems in den Blick nimmt: Bedrohungen von rechts, von links und von religiös-fanatischer Seite?
Die Koalitionsparteien sprechen in ihren Äußerungen stets von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ – ein Begriff, der Einstellungsmuster im Bereich Rassismus, Rechtsextremismus, Diskriminierung und Sozialdarwinismus in einem verbindenden
Ansatz aufzeigen will und unstrittig aus der Rechtsextremismusforschung stammt. Dabei wurden lange Zeit jährlich 3.000 Menschen telefonisch befragt, inwieweit sie Aussagen zustimmen, die Elemente von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Homophobie, Abwertung von Obdachlosigkeit, Abwertung von Behinderten, islamfeindliche, sexistische Sachen, Etablierungsvorrechte und der Abwehr von Langzeitarbeitslosigkeit beinhalten – alles schlimme Sachen. Abgesehen aber von dem grundlegenden Zweifel an standardisierten quantitativen Forschungen im Rahmen von Bewusstseinsuntersuchungen vernachlässigt dieser Ansatz Elemente des Linksextremismus und des religiösen Extremismus völlig. Um ein umfassendes Bild von Extremismus zu erhalten, muss unter anderem aber auch nach Absolutheitsansprüchen, Dogmatismus, Fanatismus, antidemokratischen Ideen, fanatischer Intoleranz, Verschwörungstheorien, FreundFeind-Stereotypen, Anarchismus, antireligiösen Einstellungen, Antiglobalisierung, Antiamerikanismus, Antizionismus usw. gefragt werden.
Es zeigt sich: Dieser von der linken Landesregierung favorisierte wissenschaftliche Zugang ist ein offener wissenschaftlicher Diskurs. Er trägt damit nicht als wissenschaftlicher Ansatz für eine Stelle bei, die personenbezogene Daten irgendwie und irgendwo sammelt und bewertet und lässt tatsächlich – was Herr Hasse, Datenschutzbeauftragter, so gern formuliert – ein neues datenschutzrechtliches Fukushima entstehen.
Anlass unserer Kritik ist zum einen die Tatsache, dass eine solche Dokumentationsstelle völlig überflüssige Doppelstrukturen mit unklaren Aufgabenstellungen schafft.
Die Erfassung von Einstellungen leistet seit vielen Jahren der von Bernhard Vogel ins Leben gerufene Thüringen-Monitor. Die Beobachtung und die Dokumentation extremistischer Umtriebe ist Sache des Amts für Verfassungsschutz und nicht Aufgabe privater Stiftungen. Intervention ist Aufgabe der Polizei. Hinzu kommt, dass mit ezra, MOBIT und dem Kompetenzzentrum Rechtsextremismus an der Friedrich-Schiller-Universität weitere Stellen in Thüringen gefördert werden, die sich gegen rechtsextreme Aktivitäten richten und somit wertvolle Dokumentation, Prävention und Beratung leisten. Wir fragen Sie: Warum haben Sie nicht das offene Angebot von MOBIT im vergangen Jahr angenommen? Sandro Witt hat öffentlich vorgeschlagen, dass MOBIT sich zur zentralen Koordinierungs- und Anlaufstelle in Thüringen für den Kampf gegen rechte Ideologien mit wissenschaftlichem Anspruch entwickeln könnte und zudem über erfahrenes Personal verfügt, dass seit 15 Jahren in diesem Bereich Erfahrungen gesammelt hat. Stattdessen erleben wir linke Kaderpolitik in Reinkultur.
Meine Damen und Herren, ja, auch die CDU hat in der Konsequenz des Untersuchungsausschusses 5/1 eine Weiterentwicklung des Landesprogramms für sinnvoll erachtet; wir werden dann später darauf eingehen. Aber Sie müssen sich nicht ständig abmühen, unsere klare Position von damals zu verwischen oder umzuinterpretieren.
Damit bin ich bei den verfassungsrechtlichen Bedenken. Die CDU hat von Anfang an im Rahmen der Landesprogrammdiskussion schon in der letzten Wahlperiode immer darauf hingewiesen: Man muss alle extremistischen Seiten im Blick haben.
Unsere Position ist klar: Rechts, Links und religiöser Fanatismus müssen beobachtet werden. Im Übrigen bestätigt uns in unserer verfassungsrechtlichen Kritik auch das aktuelle Gutachten des Deutschen Bundestags mit dem Titel „Verfassungsrechtliche Grenzen der finanziellen Förderung von Initiativen gegen Rechtsextremismus“.