Protocol of the Session on June 24, 2016

und ihren Einsatz bejahen, lehnten die anderen ihren Einsatz – von Ausnahmen abgesehen – vor dem Hintergrund der genannten und bereits beschriebenen Erfahrungen als ungeeignetes, weil nur bedingt steuerbares und führbares Mittel der Informationsgewinnung ab.

(Beifall SPD)

Konkret traten im Rahmen der Beratungen zu den Terroranschlägen in Paris und Brüssel und zu möglichen Gefahren im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen die unterschiedlichen Auffassungen zutage, insbesondere bei der Forderung der CDUKollegen, V-Leute auch im Bereich der Aufnahmeeinrichtungen einzusetzen. Maßstab muss die Gewährleistung eines zur Bekämpfung von Gefahren für die innere Sicherheit ausreichenden Informationsflusses sein.

(Beifall CDU, SPD)

Auch wurde vonseiten der CDU-Kollegen eine stärkere Überprüfung des in den Flüchtlingsunterkünften eingesetzten Wachpersonals gefordert.

(Beifall CDU)

Diese Position wird von der gesamten Kommission geteilt. Mit Sorge wird betrachtet, welches Personal zum Teil dort tätig ist, hat doch das Sicherheitsgewerbe mithin eine große Anziehungskraft auf die rechte Szene.

(Beifall CDU)

Ausdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass dies keine Pauschalisierung sein soll, doch ist gerade das Wachpersonal häufig erster Ansprechpartner der Flüchtlinge und Asylbewerber bei Vorkommnissen in den Einrichtungen, noch vor dem Eintreffen von Polizeikräften. Somit darf an der Eignung des eingesetzten Personals keinerlei Zweifel bestehen.

(Beifall CDU, SPD)

Hier darf wirklich nicht der Bock zum Gärtner gemacht werden. Diese Thematik wurde auch deshalb problematisiert, weil in der 5. Wahlperiode Wachpersonal im Thüringer Wirtschaftsministerium eingesetzt worden war, welches keiner Sicherheitsüberprüfung unterzogen wurde. In diesem Zusammenhang traten seinerzeit die unterschiedlichen Sichtweisen des Thüringer Innenministeriums und des Thüringer Wirtschaftsministeriums zur Thematik „Sicherheitsüberprüfungen“ deutlich zutage.

Unterschiedliche Meinungen und Überzeugungen, meine Damen und Herren, sind legitim, solange sie sachlich vor- und ausgetragen werden. Uns allen

gemein ist das Bemühen, die öffentliche Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten; allein der politische Streit über den richtigen Weg unterscheidet uns in manchen Fällen.

(Beifall SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, RAF 4.0 – hinter diesem zunächst eigentümlich anmutenden Kürzel verstecken sich Morddrohungen, die im Herbst des vergangenen Jahres gegen die Thüringer Justiz und die Politik ausgesprochen wurden. In mehreren Briefen, die bei der Staatsanwaltschaft Gera, dem Landgericht Gera, der Landespolizeiinspektion Jena, der AfD-Landesgeschäftsstelle in Erfurt und der NPD-Landesgeschäftsstelle in Eisenach eingingen, sind Morde an zehn Richtern, zehn Staatsanwälten, zehn Polizisten und zehn Politikern sowie vier weiteren konkret benannten aktiven bzw. ehemaligen Thüringer Politikern angekündigt worden. Als Grund für die angekündigten Tötungen wurde benannt, dass die Behörden bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit der rechten Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund versagt hätten. Der oder die Absender der Schreiben sind bislang nicht bekannt. Der Diktion nach ist es nicht zwingend, dass die Schreiben aus dem linksextremistischen Milieu kommen. In der Folge wurden die Sicherheitsvorkehrungen bei den Justizbehörden in Gera verschärft. Auf Kritik der Kommission stieß zum einen, dass die Erkenntnisse über die Androhungen den namentlich genannten, zum Teil exponierten Persönlichkeiten des Freistaats Thüringen zunächst nicht mitgeteilt und zum anderen Meldewege innerhalb der Polizei offensichtlich missachtet wurden. Es hatte den Anschein, dass die Briefe zunächst nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betrachtet wurden. Dies wiegt umso schwerer, da der oder die Absender der anonymen Schreiben sich bereits mit den ausgesprochenen Bedrohungen strafbar gemacht haben, selbst wenn sie nicht beabsichtigen, was nur zu hoffen ist, die Ankündigungen in die Tat umzusetzen.

Die Parlamentarische Kontrollkommission sieht die Schreiben als sehr ernst zu nehmend an und appelliert, derartige Drohungen zukünftig mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu bearbeiten. Die Schreiben wurden dem gesamten Verfassungsschutzverbund zugeleitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie wissen, ist das Amt für Verfassungsschutz, obwohl rechtlich beim Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales angesiedelt, derzeit noch in einem Mietobjekt in der Haarbergstraße 61 im Erfurter Süden untergebracht. Mit dem Schließen der Außenstelle in der Häßlerstraße sind auch alle „ausgelagerten“ Bediensteten seit 2014 wieder im Amt untergebracht, was natürlich zu Platzproblemen führte, von der nur noch eingeschränkt gewährleisteten Abdeckung der in der nachrichten

dienstlichen Beschaffung tätigen Bediensteten ganz zu schweigen.

Es gab im Rahmen der Verfassungsschutzreform in den vergangenen Jahren immer wieder Überlegungen, die stärkere rechtliche Angliederung des Amts für Verfassungsschutz an das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales auch räumlich nachzuvollziehen. Präferiert wurde in diesem Zusammenhang zeitweise ein Umzug des Amts für Verfassungsschutz zum zuständigen Ministerium in das Haus III in der Steigerstraße 24. Dies scheiterte schlussendlich daran, weil der bisherige Mieter, das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, seine Abteilungen 2 und 3 dort belassen hat.

Mit der Einweihung der neuen Gebäude für das Landeskriminalamt Thüringen in der Liegenschaft Am Schwemmbach bzw. Kranichfelder Straße im Dezember 2014 forderte die Parlamentarische Kontrollkommission – übrigens nicht zum ersten Mal – zu prüfen, inwieweit auf dem dortigen landeseigenen Areal perspektivisch auch ein neues Gebäude für das Amt für Verfassungsschutz gegebenenfalls gemeinsam mit einem Ministeriumsneubau errichtet werden kann.

(Beifall CDU)

Die Platzkapazitäten würden für einen Neubau ausreichen. Das Areal wäre für die besonderen Zwecke des Verfassungsschutzes besser geeignet als das Mietobjekt in der Haarbergstraße.

(Beifall CDU)

Zudem würde ein Neubau den Standards und Anforderungen an eine moderne nachrichtendienstliche Arbeit besser genügen als das gegenwärtige Mietobjekt mit all seinen Unwägbarkeiten und damit einhergehenden Kompromisslösungen. Leider kann mit einem Baubeginn erst nach Abschluss der Baumaßnahmen für die Bereitschaftspolizei 2019 gerechnet werden.

An dieser Stelle ergeht trotz oder gerade wegen der ernüchternden Informationen der eindringliche Appell an die Landesregierung, namentlich an das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales, einen Neubau prioritär zu behandeln, um den Herausforderungen der Zukunft für unser aller Sicherheit gerecht zu werden.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Mitgliedern des damaligen Untersuchungsausschusses 5/1 wurde am 6. Juni 2014 eine E-Mail weitergeleitet, in welcher dem Mitteldeutschen Rundfunk vom damaligen Landesamt für Verfassungsschutz bestätigt wird, dass es eine bislang kaum bekannte Außenstelle des Landesamts für Verfassungsschutz in der Erfurter Häßlerstraße gibt. Besondere Brisanz erhielt dieser Umstand dadurch, dass weni

ge hundert Meter von der Außenstelle der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kurz vorher seinen neuen Dienstsitz bezogen hat, nachdem er aus den Räumlichkeiten des Thüringer Landtags ausgezogen war.

Diese den Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission bislang nicht bekannte Außenstelle nahm die Kommission zum Anlass, sich in einer Sondersitzung zu den Umständen der Einrichtung der Außenstelle berichten zu lassen. Im Anschluss an die Sondersitzung nahmen die Kommissionsmitglieder die Räumlichkeiten in der Häßlerstraße in Augenschein. Kritisiert wurde in aller Schärfe, dass die Kommission nicht schon viel früher über die Existenz der Außenstelle informiert wurde, lief der Mietvertrag für das Objekt doch bereits seit dem 1. September 2002, somit fast zwölf Jahre. Zudem stieß die widersprüchliche Unterrichtung durch den damals zuständigen Staatssekretär im Innenministerium auf Unverständnis.

(Beifall CDU)

In dem Außenobjekt waren bis zu ihrem Auszug Bedienstete des Verfassungsschutzes aus dem Bereich der sogenannten nachrichtendienstlichen Beschaffung, unter anderem die V-Mann-Führer und die Observationsgruppe, untergebracht. Die Nutzfläche der dort ansässigen Tarnfirma mit dem Namen „TeFor-System“ betrug knapp 1.000 Quadratmeter auf zwei Etagen, die Mietkosten betrugen rund 6.256 Euro inklusive zweier Stellplätze in der Tiefgarage. Die Landesregierung versicherte, dass keinerlei sachlicher Zusammenhang zwischen der Unterhaltung einer Außenstelle einer Verfassungsschutzbehörde und der jeweiligen Nachbarschaft besteht. Ein solcher Zusammenhang wurde von der Kommission ebenfalls nicht gesehen, existierte die Außenstelle doch bereits über ein Jahrzehnt, bevor der Datenschutzbeauftragte einzog.

In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die Landesregierung verpflichtet ist, die Parlamentarische Kontrollkommission von sich aus und unaufgefordert über alle wesentlichen Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zu unterrichten.

(Beifall CDU, SPD)

Diese Kenntnisse sind Voraussetzung für die wirksame Wahrnehmung der Rechte der Kommission und für die demokratische Legitimation des Verfassungsschutzes. Daher erging die Aufforderung an die damalige Landesregierung, die Parlamentarische Kontrollkommission zukünftig vor – und ich betone: vor – der Einrichtung eventueller Außenstellen zu informieren, um sich jeweils einen allgemeinen Überblick über die Dienststellen zu verschaffen. Die Befugnis der Kommission, Akten vor

Ort einzusehen, darf nicht in irgendeiner Weise umgangen werden.

(Beifall CDU, SPD)

Ausdrücklich möchte ich diese Hinweise nicht als Kritik an der Einrichtung und Unterhaltung konspirativer Objekte verstanden wissen. Neben der rechtlichen Zulässigkeit hält es die Parlamentarische Kontrollkommission nach wie vor auch für zweckmäßig, abgetarnte Außenstellen, konspirative Wohnungen und Zimmer einzurichten und zu unterhalten, um die der Geheimhaltung unterliegende operative Tätigkeit des Amts für Verfassungsschutz abzusichern und abzudecken, um so nachrichtendienstliche Arbeit zu ermöglichen und in diesen Bereichen eingestellte Bedienstete zu schützen. Wir appellieren eindringlich an die Landesregierung, auch zukünftig dafür Sorge zu tragen, die in der nachrichtendienstlichen Beschaffung eingesetzten Bediensteten des Amts bestmöglich zu schützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss des Tätigkeitsberichts für den Zeitraum von April 2014 bis Juni 2016 kann ich feststellen: Die Parlamentarische Kontrollkommission hat ihre Aufgabe mit den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten erfüllt. Aufgrund der Geheimhaltungsbestimmungen war und ist es uns leider nicht möglich, kontinuierlich über unsere Arbeit und Erkenntnisse öffentlich zu berichten. In mehreren Fällen haben wir aber die Öffentlichkeit über zentrale Entwicklungen und Forderungen der Kommission mittels Pressemitteilungen informiert. Die Parlamentarische Kontrollkommission wird dieses Instrument auch künftig im Sinne der erforderlichen Transparenz nutzen. Im neuen Verfassungsschutzgesetz ist nunmehr auch das Recht zur Information der Fraktionsvorsitzenden verankert, was den Rückfluss der Ergebnisse der Kontrolle in die parlamentarische Arbeit stärkt.

Für die zurückliegende Zeit möchte ich meinen persönlichen Dank an meine Kolleginnen und Kollegen, die Abgeordneten Frau Marx, Herr Fiedler, Herr Walk und Herr Adams, richten. In den letzten Monaten haben wir wieder viele Stunden gemeinsam zugebracht. Die Arbeit war trotz oder gerade wegen unterschiedlicher politischer Sichtweisen und Positionen stets konstruktiv und von großer Sachlichkeit sowie gegenseitigem Respekt geprägt. Viele Entscheidungen haben wir einvernehmlich getroffen. Hierfür gebührt Ihnen, verehrte Kollegin Marx, verehrte Kollegen Fiedler, Walk und Adams, mein Dank und meine persönliche Anerkennung.

Danken möchte ich an dieser Stelle auch den Vertretern der Landesregierung, allen voran Herrn Minister Dr. Poppenhäger und seinem Vorgänger Minister a. D. Geibert. Das Klima der Zusammenarbeit und die Auskunftsbereitschaft haben sich in den vergangenen Monaten merklich verbessert.

(Beifall SPD)

Dem neuen Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz, Herrn Kramer, wünschen wir entsprechend alles Gute für seine Arbeit.

Mein ausdrücklicher Dank geht schließlich auch an den Geschäftsführer der Parlamentarischen Kontrollkommission, Herrn Dr. Thomas Poschmann, an die Mitarbeiter der Kommissionsgeschäftsstelle, Herrn Volker Bieler, Herrn Michael Apel und Frau Julia Seifert sowie an Frau Judith Malicke als Protokollantin; zudem an die weiteren Bediensteten der Landtagsverwaltung, die in verschiedenster Art und Weise die Arbeit der Parlamentarischen Kontrollkommission unterstützen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren im Hause, danke ich für Ihre große Geduld.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hausold, für diesen wirklich umfassenden Bericht. Ich eröffne damit die Beratung und als Erster hat Abgeordneter Fiedler für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nur noch einige Anmerkungen zum Bericht machen. Der Vorsitzende hat ihn vorgetragen und ich will auch hier ganz klar sagen: Es ist eine faire Zusammenarbeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission, es ist auch eine faire Zusammenarbeit mit dem jetzigen Innenminister, aber auch mit dem Vorgängerminister. Man sollte die letzte Zeit nicht vergessen, was auch der Innenminister – ich sage mal – mit Offenlegung der Akten bundesweit zu ertragen hatte. Auch das sollte man bei dem Ganzen nicht vergessen.

(Beifall CDU)

Denn das war quasi der Beginn, um NSU – ich sage mal – richtig zu bekämpfen. Deswegen, meine Damen und Herren, geht mein Dank auch an die Kommissionsmitglieder, wo das wirklich bis dato immer sehr gut geklappt hat. Ich wünsche mir, dass alle Kommissionsmitglieder weiterhin erkennen, dass sie dort nicht parteipolitisch sitzen, sondern ein Amt zu kontrollieren haben. Da bin ich guter Hoffnung, dass das auch weiterhin passiert.

An der Stelle will ich auch – der Vorsitzende hat es gerade genannt – den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung herzlichen Dank sagen. Viele wissen gar nicht, weil wir geheim tagen, dass wir jeden Monat tagen, dass wir stundenlang tagen. Auch das