Protocol of the Session on June 24, 2016

(Beifall CDU, SPD)

Nach 25 Jahren Studentenwerk und Erfolgsgeschichte kommt jetzt Rot-Rot-Grün. Und ich verstehe nicht, wie bei einem so wichtigen Thema, bei dem es so breiten Konsens hier im Haus gibt, dass wir es finanziell besser ausstatten sollen, dass es eine exzellente Arbeit macht, die Vorlage einer Landesregierung so viel Murks beinhalten kann. Ich will Ihnen drei Punkte nennen. Das Erste: Sie schaffen finanzielle Unsicherheit. Das Zweite: Sie führen unsinnige und kostspielige Namensdebatten. Und drittens: Sie lösen keine einzige Zukunftsfrage, die tatsächlich für das Studentenwerk wichtig wäre.

(Beifall CDU)

Weil der Staatssekretär gestern bei dem Gesetz zur Dualen Hochschule sagte, dass bei der Landesregierung – ich zitiere – erstens „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ geht, gucken wir uns mal die Schnelligkeit an: Duale Hochschule kommt anderthalb Jahre zu spät. Evaluation zum Studentenwerk kommt ein Jahr zu spät. Breitbandförderung verpennen wir total. Die Arbeit des Ministeriums ähnelt offen gestanden einer Schnecke. Eine Schnecke zur Schnelligkeit bewegen zu wollen, das ist schwierig und unsinnig. Aber ich kann Ihnen nur eines sagen: Es schadet dem Standort Thüringen. Deswegen kann ich nur eines sagen: Schnelligkeit ist manchmal auch wichtig und bei der Gründlichkeit haben Sie bei diesem Gesetz auch geschlampt.

(Beifall CDU)

Ich will es Ihnen im Hinblick auf den Haushalt genau vorführen oder im Hinblick auf die Finanzierung. Die KTS sagt zu Recht in ihrer Stellungnahme, dass wir eine Untergrenze für die Finanzierung definieren müssen. Laut Ihrem Gesetz streichen Sie einfach eine bestehende Praxis, die wir in Thüringen seit 2006 haben, nämlich eine Festbetragsförderung für das Studentenwerk, 5 Millionen, aus dem Gesetz heraus und sagen, wir wollen eine Ziel- und Leistungsvereinbarung. Tatsächlich verankern Sie in den Gesetzen/der Gesetzesnovelle aber keine Übergangsbestimmung. Das heißt, mit dem Tag heute, wenn wir dieses Gesetz beschließen, gibt es keine bestehende Finanzierungsgrundlage für das Studentenwerk. Das bedeutet, dass ab morgen das Studentenwerk nicht mehr finanziert ist, sondern erst ab dem Zeitpunkt, wo Sie vermeintlich eine Ziel- und Leistungsvereinbarung auf den Weg bringen. Vereinbarung heißt eigentlich, dass sich zwei Partner einigen müssen. Tatsächlich führt das dazu, da Sie keine Übergangsbestimmungen haben, dass das Studentenwerk von Ihnen er

presst wird. Unterschreiben sie die Vereinbarung nicht, gibt es kein Geld. Deswegen finde ich das, was Sie hier machen, wirklich schändlich im Hinblick auf das, was wir eigentlich mit dem Studentenwerk erreichen wollen.

(Beifall CDU)

Tatsächlich ist es nicht einmal geübte Praxis in Deutschland. Ich habe mir einmal angeschaut, wo Ziel- und Leistungsvereinbarungen sind. Da muss man einfach mal festhalten: Es gibt Ziel- und Leistungsvereinbarungen in Ländern, in denen es mehrere Studentenwerkstandorte gibt, wo man zwischen unterschiedlichen Studentenwerken ausdifferenzieren muss. Aus Ihrem Land, aus dem Sie herstammen, aus Niedersachsen, gibt es eine Festbetragsförderung im Hochschulgesetz und es gibt Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Warum? Weil man unterschiedliche Studentenwerke hat; um zwischen diesen Studentenwerken ausdifferenzieren zu können. In Thüringen ist das anders. Herr Staatssekretär, herzlich willkommen! Wir haben ein Studentenwerk und dieses Studentenwerk mit einem Festbetrag zu unterstützen, halten wir für viel zielführender und vor allem auch für viel besser.

Frau Mühlbauer hat schon eine Pressemitteilung herausgegeben, obwohl noch nicht einmal das Gesetz beschlossen worden ist, und da steht drin, dass für zwei Jahre 1,3 Millionen Euro mehr Förderungen kommen sollen. Mit Verlaub, dass die Evaluation stattfinden soll, hat uns der Staatssekretär letzte Woche erst zugesagt. Jetzt beziehen Sie sich in Ihrer Pressemitteilung darauf, dass schon eine Evaluation stattgefunden hat und diese dazu führen soll, dass 1,3 Millionen Euro mehr gezahlt werden. Also wenn Sie das Parlament an der Nase herumführen wollen, dann müssen Sie es sagen, aber tatsächlich erwarte ich von Ihnen mehr Gründlichkeit und mehr Schnelligkeit, Herr Staatssekretär.

(Beifall CDU, AfD)

Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass das Studentenwerk mindestens 5,7 bis 6 Millionen Euro braucht. Das ist auch ziemlich schnell errechnet. 20 Millionen Euro sind Personalkosten im Studentenwerk. Wenn wir jetzt einfach einmal die Inflation und auch die Tarifsteigerungen der letzten Jahre drauflegen, dann muss man sagen: 2 Prozent, das umgelegt auf die Steigerung, da muss man klipp und klar sagen, wir reden hier von 5,7 bis 6 Millionen Euro. Das heißt, sie fallen total unten weg. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Studentenwerk sich wieder neue Mittel aus den schon engen Kassen herausschwitzen muss, weil Sie nicht richtig handeln.

Ich habe zu den Übergangsbestimmungen schon etwas gesagt. Ich kann wirklich nur an die Regierung und die koalitionstragenden Fraktionen appellieren: Stimmen Sie dem Entschließungsantrag der

Union zu. Da haben wir wenigstens eine Untergrenze von 5 Millionen Euro definiert. Wenn wir heute dieses Gesetz beschließen, gibt es keine existierende Finanzierungsgrundlage, auf der das Studentenwerk Geld abrufen kann.

Ich sage, das ist der erste Beleg für das haushaltsrechtliche Leichtmatrosentum im Wirtschaftsministerium, aber es gibt noch einen zweiten. Das haben wir vorhin gerade bei den Mündlichen Anfragen erlebt, Herr Staatssekretär. Sie stellen sich hierher und sagen, ja, den Mehrbedarf werden wir in der Titelgruppe decken. Tatsächlich gibt es in dieser Titelgruppe nur zwei Bereiche. Das sind einmal laufende Zwecke für das Studentenwerk, das andere ist der Investitionstitel für das Studentenwerk. Das bedeutet im Umkehrschluss nichts anderes, als dass Sie Geld aus den Investitionen, die wir bei Mensen und dem Studentenwohnheim brauchen, rausnehmen und zur Vollfinanzierung der laufenden Zwecke verwenden. Das ist nicht Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, wie Sie vorhin behauptet haben, weil Sie dem Haushaltsausschuss im Oktober genau das Gegenteil von dem erzählt haben, was Sie heute hier berichtet haben. Sie haben gesagt, dass diese Mittel, die Sie jetzt für die laufenden Zwecke verwenden wollen, tatsächlich gebunden sind für Investitionen als Teil Ihres 15-Millionen-Programms. Das haben Sie im Haushaltsausschuss gesagt – ich habe extra das Protokoll noch einmal kommen lassen, habe es mir angeguckt. Das finde ich offen gestanden schwierig, wenn Sie in den Haushaltsausschüssen das eine berichten, im Parlament das andere, aber tatsächlich gar nicht wissen, wie Sie es finanzieren können, weil Sie es einfach schlichtweg verpennt haben, den Haushaltstitel ausreichend zu füllen und jetzt haushaltsrechtlich da hängen und nicht wissen, wie Sie den Mehrbedarf beim Studentenwerk decken können. Das ist ein Zeichen für Ihr haushaltsrechtliches Leichtmatrosentum und dass Sie eigentlich gar nicht wissen, was in Ihrem Ministerium los ist.

Wir könnten noch über viele andere Fragen reden, aber ich will Ihnen noch kurz etwas zum Thema „Namensänderung“ sagen. Der Rechnungshof schätzt die Kosten auf knapp 200.000 Euro, nur für den Austausch eines Namensschilds. Ich will gar nicht über Partizip Präsens und alles Mögliche reden. Studenten und Studierende. Studieren ist ein Status, ist eine Tätigkeit, deswegen ist ein Studierender auch jemand, der eine Tätigkeit ausführt. Student ist eine Statusgruppe. Und es ist vollkommen egal, ob es ein männlicher oder weiblicher Student ist. Ernsthafterweise: 25 Jahre lang hat dieses Studentenwerk exzellente Arbeit gemacht.

(Beifall CDU, AfD)

Es wird Ende dieses Jahres 25 Jahre feiern. Womit feiern sie es? Dass sie ihr Namensschild austauschen. Das kann doch bitte schön nicht unser Ernst

sein. Wenn das wirklich das Problem unserer Hochschulpolitik ist, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Thüringen.

(Beifall CDU, AfD)

Herr Abgeordneter Dr. Voigt, es gibt eine Anfrage der Kollegin Henfling. Lassen Sie die zu?

Ich muss sie leider zurückstellen, weil ich nur noch anderthalb oder zwei Minuten Redezeit habe.

Übrigens, die Empirie widerlegt Sie auch. 4 von 16 Bundesländern haben das vollzogen, das Deutsche Studentenwerk hat es abgelehnt, diese Änderungen zu vollziehen, mit dem guten Argument, wir haben seit 1921 eine hervorragende Marke aufgebaut, Deutsches Studentenwerk, warum sollen wir diese gute Marke durch eine unsinnige Namensänderung gefährden? Genau dasselbe gilt übrigens auch in Thüringen.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bis vor einigen Jahrzehnten durften Frauen auch nicht wählen!)

Ja, wie gesagt, ich muss mich ein bisschen sputen, denn der Staatssekretär will nachher auch noch was sagen.

Ich werbe noch für unseren Entschließungsantrag, und zwar aus zwei weiteren Gründen: Wenn Sie schon nicht Zukunftsfragen anpacken, dann machen wir es als Union. Da will ich auf zwei Punkte hinweisen. Das Erste ist, ich erwarte von Ihnen genau aus dem Grund heraus, weil Sie aus dem Investitionstitel Geld wegnehmen und das jetzt wegen Ihrer eigenen haushalterischen Schlampereien in die laufenden Zwecke hineinpacken wollen, dass Sie ein Programm für die Mensen und für die Studentenwohnheime tatsächlich diesem Hohen Haus hier vorlegen. Sie haben es in Ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dann legen Sie es uns vor! Dadurch können wir sicherstellen, dass all die Investitionen, die Sie mal mit Ihrem 15-Millionen-Euro-Programm angekündigt haben, auch tatsächlich beim Studentenwerk landen und nicht einfach nur eine Ankündigungsblase gewesen sind.

Das ist Punkt 1. Punkt 2, das ist auch in mehreren Stellungnahmen deutlich geworden: Wir sollten klar benennen, dass die Rolle der Mitarbeiter auch eine ist, die diese Hochschullandschaft und die Landschaft bereichert. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Rechtsstatus der Mitarbeiter und Bediensteten, die bisher nur einen Duldungsanspruch in den Mensen und in den Betreuungsplätzen der Kitas haben, auch tatsächlich im Gesetz festgeschrie

ben wird. Das wären mal wichtige Punkte gewesen, worüber man hätte reden können. Tatsächlich legen Sie sich fest, 200.000 Euro zum Fenster rauszuhauen, um Namen zu ändern, statt solche wesentlichen Fragen anzupacken. Unsinnige Reform, riskant gemacht, finanzpolitisch nicht durchdacht und deswegen auch nicht zukunftsweisend. Wir werden das ablehnen und ich kann nur sagen, es ist schlecht für das Studentenwerk, wenn Sie solchen Murks machen. Schönen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Genau!)

Vielen Dank, Herr Dr. Voigt. Als Nächste hat Abgeordnete Mühlbauer für die SPD-Fraktion das Wort. Die Redezeit läuft schon.

Bei 36 Grad, Herr Voigt, noch so viel Temperament, ich bin begeistert von Ihnen. Das hat mir jetzt ein bisschen die Sprache verschlagen, ich muss jetzt erst mal tief durchatmen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Das Tem- perament funktioniert noch bei 40 Grad!)

Zuerst mal vielen Dank, Herr Präsident, für das Wort, vielen Dank, werte Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank an die Zuhörer, die uns hier zuhören. Lassen Sie mich bitte ein paar Kleinigkeiten aus Ihrer – es ist Sonnenschein und klare Sicht, aber Sie haben hier doch ein paar Nebelbomben zu dem Thema platziert, die – glaube ich – nicht ganz so im Raum stehen bleiben dürfen.

Irgendwie habe ich erkannt, dieses Plenum ist – Frau Tasch, für Sie hat es sehr viel mit Tieren zu tun, und zwar mit „S“: Schnecken, Schweine, also Sie haben doch einiges hier aus der Tierwelt für dieses Plenum mit beigetragen. Nein, wir haben hier kein Schneckentempo, so wie wir gestern auch keinen Schweinsgalopp hatten, um das mal in der Deutlichkeit zu sagen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Wild- schweingalopp!)

Ja, wir haben evaluiert und wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Ich verweise auf die Drucksache 6/1971, Herr Dr. Voigt, das ist nämlich der Gesetzentwurf in der Problem- und Regelungsbedürftigkeit – Zitat, Sie erlauben mir bitte: „das […] zuständige Ministerium [hatte] erstmals zum 1. Januar 2015 die Angemessenheit der Finanzhilfe zu prüfen.“

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Wann?)

Hier steht es. Hier, dritte Spalte oben: Am 1. Januar 2015 wurde die Angemessenheit der Finanzhilfe geprüft. Aus diesem Grund haben wir erklärt, haben

wir ein Problem und ein Regelungsbedürfnis. Das steht auch in unserem Gesetzentwurf – ich darf kurz mal darauf hinweisen. Genau aus diesem Grund – bitte am Schluss, lassen Sie mich meine Gedanken bitte zu Ende bringen, bei der Temperatur muss ich mich etwas sortieren – haben wir uns dieser Aufgabe gewidmet, weil wir erkannt haben, der von Ihnen verhandelte Deckel unter Finanzminister Voß, der auf 5 Millionen festgeschrieben ist, hat überhaupt nichts mehr mit Angemessenheit zu tun gehabt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Vor vier Jahren!)

Diese Nebelbombe der Sicherheit der CDU, die Sie hier Richtung Studenten- oder demnächst Studierendenwerk – auf das ich mich sehr freue –, streuen, ist eigentlich sehr traurig und entspricht in keiner Weise den Erwartungen, die ich an Sie und Ihre fachliche Kompetenz habe. Da enttäuschen Sie mich schon schwer, weil Sie hier sehenden Auges ohne Bauchschmerzen aus der letzten Legislatur in ein unterfinanziertes Studentenwerksgesetz reingegangen sind,

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Unver- schämtheit! Ich habe Ihnen 5 Millionen Euro...!)

(Unruhe DIE LINKE)

wissend, dass das Geld schon in der letzten Legislatur nicht gereicht hat, wohl wissend, dass die Vorminister hier jedes Mal Nachschussfinanzierungen machen mussten,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

weil die Angemessenheit vor 2015 schon nicht gegeben war.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Das stimmt doch gar nicht! Informieren Sie sich mal!)

Das bitte noch mal so kurz. Auch wenn Sie es hier abstreiten, damit wird es nicht wahrer, Herr Voigt. Wiederholen von falschen Sachverhalten ändert nicht den Inhalt.