Herr Präsident! Herr Abgeordneter Grob, ich beantworte Ihre Anfrage für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Eine statistische Erfassung, wie viele Wähler und Wählerinnen im Alter von 16 bis unter 18 Jahren an den Bürgermeisterwahlen am 5. Juni 2016 teilgenommen haben, erfolgte nicht. Das Thüringer Kommunalwahlrecht enthält keine Ermächtigung zur Aufstellung von Statistiken über Geschlechts- und Altersgliederung der Wahlberechtigten und Wähler. Die Anordnung einer solchen statistischen Erfassung der Thüringer Wählerinnen und Wähler in einer Altersgliederung ist im Thüringer Kommunalwahlrecht deshalb rechtlich auch nicht zulässig und ist aus diesem Grund nicht erfolgt.
Zu Frage 2: Konkrete Erkenntnisse über die Auswirkung der Absenkung des Wahlalters auf die Bürgermeisterwahlen liegen der Landesregierung nicht vor. Die der Landesregierung vorliegende Studie der Bertelsmann Stiftung „Zeitgemäß wählen – 8Punkte-Plan zur Steigerung der Wahlbeteiligung“ aus dem Jahr 2016 zeigt aber, dass die Herabsetzung des Wahlalters die Wahlbeteiligung nachhaltig erhöhen kann. Dabei ist die Teilnahme an der ersten Wahl entscheidend dafür, ob ein Wähler auch zukünftig an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen wird. Empirische Untersuchungen zum Hamburger Wahlrecht haben gezeigt, dass 16- und 17-jährige Wählerinnen und Wähler sehr gut über das Wahlrecht informiert waren, deutlich seltener ungültig abgestimmt haben und die Möglichkeit der Stimmverteilung auf verschiedene Wahlvorschläge in Hamburg stärker als andere Altersgruppen genutzt haben.
Zu Frage 3: Eine gesetzliche Ermächtigung zur Aufstellung von Statistiken über Geschlechts- und Altersgliederung der Wahlberechtigten und Wähler ist wegen des Grundsatzes der geheimen Wahlen nur dann zulässig, wenn die Stimmabgabe der einzelnen Wählerinnen und Wähler nicht erkennbar wird. Wegen der zum großen Teil sehr kleinen Wahlgebiete bei den Kommunalwahlen ist die Aufnahme einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zur Aufstellung solcher Statistiken in Bezug auf das Wahlgeheimnis sehr genau zu prüfen.
Ja, es ist mir ein bisschen schleierhaft, weil man doch durchaus anhand der Wahllisten zwar nicht die Meinungen erforschen, aber doch sehen kann, wie viele Jugendliche dort gewählt haben, damit man weiß, wie die Wahlbeteiligung ist. Denn ich glaube, das steht so im Wahlgesetz, dass diese Wählerbefragungen zur Stimmabgabe nicht vor Ende der Stimmabgabe veröffentlicht werden dürfen. Aber ansonsten kann man doch so etwas eventuell auch durchführen, das wäre doch ganz gescheit. Ihre Meinung vielleicht.
Na ja, da das Kommunalwahlrecht zurzeit keine Ermächtigung enthält, dann wäre Ihre Frage, ob man darüber hinaus dennoch auch ohne die Ermächtigung – so habe ich Sie verstanden – eine entsprechende Erhebung machen könnte. Bei Wahlstatistiken ist es so – das haben wir auch im Bundeswahlgesetz, da gibt es eine entsprechende Ermächtigung zur Erhebung von Alterskohorten –, da gilt natürlich der Vorrang des Gesetzes. Ich hätte meine Zweifel, ob man dann entgegen einer solchen Nichtberücksichtigung im Kommunalwahlrecht eine statistische Erhebung durchführen dürfte. Ich will das gern noch mal prüfen, aber die Auskunft, die ich Ihnen gegeben habe, ist der Grund, warum eine solche Erhebung bisher nicht stattgefunden hat.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Dann kommen wir zur nächsten Anfrage. Der Fragesteller ist Herr Abgeordneter Tischner, CDUFraktion. Die Frage trägt die Drucksachennummer 6/2314.
Die Einrichtung einer Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 wurden 250.000 Euro pro Jahr für diesen Zweck bereitgestellt. In den Erläuterungen wird darauf verwiesen, dass die Förderung auf der Grundlage der Neufassung der Richtlinie „Förderung von Maßnahmen zur Umsetzung des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit“ vom 12. August 2014 erfolgt. Allerdings findet sich weder in der Richtlinie noch auf der Internetseite des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ein Verweis auf die Einrichtung der Dokumentationsstelle oder ein Hinweis auf das Bewerbungsverfahren. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Deutschen Bundestags führt zur staatlichen Auswahl der geförderten Aktionen und Projekte gegen Extremismus aus, dass neben dem Gebot der Ausgewogenheit staatlicher Meinungsförderung auch das Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot zu beachten seien. Die Vergabe von Fördermitteln durch den Staat sei nicht allein auf Projekte gegen Rechtsextremismus zu beschränken, sondern habe im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung auch Projekte gegen andere extremistische Strömungen, insbesondere Linksextremismus und islamischer Extremismus, zu berücksichtigen.
1. Welche Zielstellung mit welcher personellen Besetzung und Förderdauer wird mit der Einrichtung der oben genannten Dokumentationsstelle im Rahmen des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit verfolgt?
2. Aus welchen Gründen erfolgt lediglich die Dokumentation vermeintlicher rechtsgerichteter Aktivitäten und wie ist das mit dem oben genannten Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Deutschen Bundestags vereinbar?
3. Aus welchem Grund erfolgte die Vergabe nicht nach europäischen und anderen vergaberechtlichen Vorgaben?
4. Wie wurden potenzielle Träger aus Thüringen und darüber hinaus über die Möglichkeit der Bewerbung informiert?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Tischner beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt – ich fasse die Antworten zu den Fragen 1 bis 4 zusammen: Schwerpunktmäßige Aufgabe dieser Dokumentationsstelle ist die Dokumentation neonazistischer und anderer gegen die Grundsätze der Verfassung gerichteter Aktivitäten in Thüringen, die wissenschaftliche Erforschung von Inhalt, Wirkungsweise und Verbreitung neonazistischer, rassistischer, antisemitischer, homophober und antiziganistischer Einstellungen sowie die Entwicklung geeigneter Gegenkonzepte. Die die Regierung tragenden Parteien und damit auch die Landesregierung haben sich diese Zielstellung mit dem Koalitionsvertrag gesetzt. Hierbei geht es insbesondere um die verschiedenen Elemente des Phänomens der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Insofern kann von einer einseitigen Ausrichtung nicht die Rede sein. Die Dokumentationsstelle wird in Form einer Projektförderung bezuschusst werden. Grundlage hierfür ist die Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Umsetzung des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. Es handelt sich demzufolge nicht um ein Vergabeverfahren. Mit dem Koalitionsvertrag wurde das Vorhaben zur Einrichtung einer Dokumentationsstelle im Dezember 2014 öffentlich gemacht. Die genannte Richtlinie steht auf der Website des Landesprogramms zum Download zur Verfügung. Als personelle Besetzung sind laut dem Antrag der Amadeu Antonio Stiftung 2,5 VbE für wissenschaftliches Personal und eine VbE für nicht wissenschaftliches Personal vorgesehen. Zunächst ist eine Förderdauer vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2016 vorgesehen. Ein Folgeantrag für das Jahr 2017 ist geplant. So weit zu Ihren Anfragen.
Sehr geehrter Präsident, zunächst möchte ich feststellen, dass meine Fragen 1 bis 4, die ich gestellt habe, dadurch, dass die Staatssekretärin alles zusammengefasst hat, sehr unzulänglich beantwortet sind. Ich habe mal versucht zu vergleichen. Die Sachen, die wir abgefragt haben, sind sehr unzulänglich beantwortet worden. Das möchte ich kritisieren und den Landtag und die Landtagsverwaltung auch bitten, das abzufordern, was wir tatsächlich gefragt haben.
Eine weitere Nachfrage: Wie begründet die Landesregierung, dass es sich um eine Dienstleistung für den Freistaat Thüringen handelt?
Wie begründet die Landesregierung, dass es sich um eine Dienstleistung für den Freistaat Thüringen handelt?
Ich würde Ihnen den Vorschlag machen, Frau Staatssekretärin, dass Sie dem Herrn Abgeordneten die Nachfrage schriftlich beantworten.
Im Übrigen, Herr Abgeordneter, haben Sie jederzeit die Möglichkeit, durch erneute Fragestellungen die Antworten, die Sie nicht bekommen haben, zu hinterfragen.
Ich dachte, Sie haben gemeint, Herr Präsident, ich solle der Staatssekretärin noch mal mitteilen, was Sie nicht beantwortet hat.
Nein, dann haben Sie mich offenkundig falsch verstanden. Sie könnten eine erneute Frage stellen, Mündliche Anfrage oder Kleine Anfrage, wie auch immer Sie wollen, um die Antworten zu hinterfra
gen, die Sie bekommen haben. Für jetzt ist Ihr Nachfragekontingent laut Geschäftsordnung erfüllt. Zwei Nachfragen sind möglich.
(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So gehen die mit dem Parlament um! Man muss doch auch mündlich die Fragen beantworten kön- nen!)
Jetzt kommen wir, wenn es keine weiteren Nachfragen anderer Abgeordneter gibt, die durchaus noch möglich sind, zur nächsten Anfrage, was gleichzeitig auch die letzte für den heutigen Tag ist. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Wucherpfennig von der CDU-Fraktion. Die Drucksache ist 6/2315.
Am 21. August 2015 kündigte das Thüringer Finanzministerium (TFM) die Einführung einer Investitionspauschale für die Schaffung von Unterbringungsplätzen in Wohnungen gemäß der Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz (ThürFlüKE- VO) an. In Erwartung der Umsetzung dieser Ankündigung beantragte der Landkreis Eichsfeld bereits Ende September 2015 die Gewährung dieser Investitionspauschale für 200 Unterbringungsplätze in Wohnungen. Mitte November 2015 genehmigte das TFM nach einer vorangegangenen Anfrage des Landrats des Landkreises Eichsfeld den vorzeitigen förderunschädlichen Maßnahmenbeginn; die Wohnungen wurden in Vorleistung des Landkreises hergerichtet und seit Längerem zweckgebunden genutzt. Unter dem 18. Januar 2016 beantragte der Landkreis Eichsfeld erneut die Gewährung der Investitionspauschale. Auf eine aktuelle Nachfrage des Landkreises Eichsfeld nach dem Bearbeitungsstand wurde durch das Landesverwaltungsamt mitgeteilt, dass Anträge auf Förderung von Wohnungen nachrangig zu Anträgen auf Förderung von Gemeinschaftsunterkünften bearbeitet werden. Die Landesregierung hat mehrfach betont, dass ihr die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen ein sehr wichtiges Anliegen ist.
3. Steht die lange Bearbeitungsdauer nach Auffassung der Landesregierung im Einklang mit der Bekundung, die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen sei ihr ein sehr wichtiges Anliegen?