Meine sehr geehrten Damen und Herren, überlegen Sie, wie Sie dieses Land hier umkrempeln wollen und ob das die Bürger im Lande verdient haben!
hatten in Ihrem Beitrag ziemlich am Anfang die Behauptung aufgestellt, dass, wenn das so weitergerechnet würde, im Jahr 2050 alle weg seien. Worauf stützen Sie diese Annahme oder war die einfach nur zur Diskreditierung aller statistischen Berechnungen gedacht?
Die war nicht zur Diskreditierung gedacht, sondern weil die politische Selbstständigkeit der Gemeinden wegfällt. Sie haben keinen Bürgermeister mehr, sie haben keinen Rat mehr und sie haben kein eigenes Budget. Damit sind sie zwar nicht von der Landkarte verschwunden – weil Sie immer versuchen, das so zu interpretieren –, sondern ihnen ist einfach ihre Handlungsgrundlage entzogen worden.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zunächst dem Ministerpräsidenten, der Landesregierung, insbesondere dem zuständigen Minister für Inneres und Kommunales, den Ausschussmitgliedern und auch den kommunalen Spitzenverbänden danken, dass sie bisher in sachlicher Form am Gesetzgebungsverfahren mitgewirkt haben. Es war nicht selbstverständlich, dass eine Landesregierung eine Vorgabe eines Landtags so umgesetzt hat wie hier. Ich darf daran erinnern, der Thüringer Landtag hat mit den Stimmen von Rot-Rot-Grün im Februar 2015 die Landesregierung beauftragt, ein Leitbild zu erstellen. Diesen Auftrag hat die Landesregierung umgesetzt und am 22. Dezember 2015 dieses Leitbild beschlossen, danach den Entwurf des Vorschaltgesetzes, sodass wir heute in der Lage sind, dieses Vorschaltgesetz auf den Weg zu bringen. Damit beginnt am 1. Juli dieses Jahres die Freiwilligkeitsphase und dauert bis zum 31.10.2017. Nach unserer Wahrnehmung stehen viele Gemeinden in den Startlöchern
und warten darauf, sich in der Freiwilligkeitsphase nach den Vorgaben des Vorschaltgesetzes neu zu gliedern,
Dabei haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern wir haben ein Entscheidungsproblem. Seit 2004 ist der Reformbedarf überdeutlich. Wenn die CDU damals den Mut gehabt hätte, die Reform auf den Weg zu bringen, dann wäre auch ausreichend Zeit gewesen. Jetzt stehen wir alle vor der Herausforderung, diese Reform tatsächlich in einem engen Zeitfenster umzusetzen. Zu diesen Rahmenbedingungen werde ich noch mal kommen, warum diese Reform im Jahr 2019 zwingend umgesetzt sein muss. Die CDU will offenbar bei ihrer bisherigen Strategie bleiben. Sie will nämlich schwache Kommunen haben.
Anders ist es nicht zu erklären. Und Sie haben Angst vor Kontrollverlust. Sie haben kein Vertrauen in die kommunale Ebene, sondern Sie wollen die Fäden alle in der Hand haben mit einem schwachen Partner auf der kommunalen Ebene, um möglichst alle Prozesse zu entscheiden. Das erklärt auch, warum Sie bei den zurückliegenden Kommunalisierungen die Kommunalisierung in den übertragenen Wirkungskreis vorgenommen haben. Und es erklärt eben auch, warum Sie diese kleingliedrige Struktur bei den Gemeinden beibehalten wollen. Rot-Rot-Grün will etwas anderes, will die kommunale Ebene stärken. Wir haben ein hohes Vertrauen in die Funktionsweise der kommunalen Ebene. Dort findet das Leben statt. Dort können auch die Regularien von Kontrolle, Steuerung, Transparenz und Bürgerbeteiligung am ehesten wirken, viel effizienter als auf Landesebene. Deshalb machen wir diese Reform.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Mohring hat recht, wenn er hier den Appell an uns alle gibt, nicht so sehr im Vergangenen zu wühlen, sondern sich – ich darf zitieren – „mehr auf die Zukunft zu konzentrieren“. Doch Ihr Appell muss natürlich auch Maßstab Ihres eigenen Handelns sein.
Sie sind aber im Alten verhaftet und meinen, mit einem Konzept, immer noch aufgebaut auf die Grundsätze des Herrn von Stein von 1806, Thüringen im 21. Jahrhundert gestalten zu können. Das wird schiefgehen.
Da müssen Sie ein hohes Verständnis haben, dass wir einen anderen Ansatz haben. Es ist sehr erfreulich, dass die CDU ihren politischen Irrtum und ihr politisches Versagen in der Vergangenheit, als sie noch Regierungspartei war, eingesteht und meint, Bürgerbeteiligung ist ein Weg, um dieses Land tatsächlich nach vorn zu bringen. Die Initiatoren des Volksbegehrens für sozial gerechte Kommunalabgaben haben mich heute früh angerufen und gesagt, jetzt ergibt sich eine neue Chance. Als 2010 über 25.000 Bürgerinnen und Bürger den Antrag für
ein Volksbegehren gestellt haben mit einem interessanten Modell, war es die CDU, die es blockiert hat. Es ist nicht einmal zum Volksbegehren gekommen, geschweige denn zu einem Volksentscheid. Jetzt wollen Sie das alles öffnen. Ich finde die Frage spannend, dass wir mit Bürgerinnen und Bürgern in den Dialog kommen, wie künftig das Kommunalabgabenrecht in Thüringen gerechter ausgestaltet werden kann.
Insofern hat die CDU hier einen Beitrag geleistet und es ergeben sich tatsächlich jetzt ganz neue Perspektiven, auch losgekoppelt von der jetzt anstehenden Gebietsreform.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der immer wieder geäußerte Vorwurf, Rot-Rot-Grün würde Bürgerbeteiligung nicht ermöglichen oder eingrenzen oder nicht wollen, ist schon allein durch die Heftigkeit der Debatte in den letzten Monaten widerlegt.
Ich mache schon lange Politik im Landtag, aber auch außerhalb. Ich habe noch nie erlebt, dass über ein solches Gesetz so umfassend und kontrovers diskutiert wird.
Ich bin nahezu jeden Abend unterwegs bei vielfältigen Veranstaltungen. Dort wird kaum noch über das Ob diskutiert, sondern nur noch über das Wie. Die Debatten halte ich für zulässig, während die CDU den Menschen in diesem Land einreden will, wir brauchen diese Reform gar nicht. Ihr Änderungsantrag sagt etwas anderes, da weichen Sie Ihre Position auf. Aber wenn man sich mit dem Änderungsantrag beschäftigt, muss man eingestehen, de facto wollen Sie keine Veränderung, Sie wollen Stillstand.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bürgerbeteiligung ist schon umfassend normiert, auch bei der künftigen Herangehensweise an Gemeindeneugliederungen. Alle Gemeindeneugliederungen bedürfen – auch wenn sie freiwillig sind – eines Neugliederungsgesetzes. Dort wird der Gesetzentwurf in allen beteiligten Gemeinden sechs Wochen ausgelegt, da können die Bürgerinnen und Bürger Anregungen vorbringen, die dann im zuständigen Fachausschuss abzuwägen sind. Die Gemeinden werden angehört, die Spitzenverbände werden angehört, also geht der Vorwurf, Rot-Rot-Grün würde hier den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht suchen, tatsächlich fehl. Ich darf auch noch
daran erinnern, dass wir parallel zu dem Gesetzgebungsverfahren die Regelungen für mehr Demokratie nachjustieren und dort weitere Optionen der Bürgerbeteiligung eröffnen, zum Beispiel das Ratsbegehren. Das zielt gerade auf die Gebietsreform ab. Wenn also ein Gemeinderat der Auffassung ist, er will diese Entscheidung zur Neugliederung nicht allein treffen, kann er diese Entscheidung künftig im Rahmen eines Bürgerentscheids den Bürgerinnen und Bürgern vorlegen. Auch umgekehrt, wenn Bürgerinnen und Bürger mit der Entscheidung des Gemeinderats nicht einverstanden sind, vereinfachen wir das Verfahren, um gegen einen Gemeinderatsbeschluss einen entsprechenden Bürgerentscheid auf den Weg zu bringen. Bürgerbeteiligung hat bei Rot-Rot-Grün eine breite Palette und wir sind davon überzeugt, die Bürgerinnen und Bürger werden damit ganz behutsam und verantwortungsbewusst umgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, immer wieder wird thematisiert, wir hätten hier die Rechte der kommunalen Spitzenverbände hinsichtlich der Fristen zur Anhörung beschränkt. Diese These – das hat auch Herr Fiedler noch mal wiederholt – ist durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes widerlegt, das im Auftrag der CDU gefertigt wurde. Das hat bestätigt, dass Rot-Rot-Grün weit über das gesetzliche und verfassungsrechtliche Mindestmaß hinaus die Anhörungsrechte gesichert hat. Die Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebunds beispielsweise zu den Änderungsanträgen der Koalition zeigt, wie man innerhalb von 18 Tagen auch eine fundierte Stellungnahme abgeben kann. Dafür auch noch mal herzlichen Dank. Die CDU muss sich einfach fragen, Sie haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, aber sicherlich doch mit dem Ziel, dass Sie das auch respektieren. Wenn Ihnen der Inhalt aber nicht passt, wollen Sie es offenbar nicht respektieren und blenden es in der öffentlichen Debatte aus. Das ist natürlich auch keine Herangehensweise.
Herr Fiedler wird nicht müde, hier immer wieder im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt und dem kommunalen Finanzausgleich eine These aufzustellen, die aber so nicht richtig ist – um es vorsichtig zu formulieren. Da ist nämlich die Frage: Hat Rot-Rot-Grün tatsächlich die Kommunalfinanzen im Jahr 2016 um 100 Millionen Euro gekürzt? Da Herr Fiedler diese These immer wieder in den Raum stellt, muss ich sie ja immer anhand der Zahlen widerlegen. Die Öffentlichkeit kann sich selbst ein Bild machen. Die Zahlungen an die kommunale Ebene sind von 2015 zu 2016 von insgesamt 2,8 Milliarden auf 3 Milliarden angestiegen, sowohl innerhalb des Finanzausgleichs als auch außerhalb. Das macht einen Aufwuchs von 200 Millionen. Jetzt muss Herr Fiedler immer mal erklären, wie er aus einem Aufwuchs von 200 Millionen eine Kürzung von 100 Millionen vornimmt. Das, was Herr Fiedler
immer meint, ist, er betrachtet nur die Finanzausgleichsmasse. Aber die Kommunen erhalten erhebliche Zahlungen außerhalb: Kulturlastenausgleich ist außerhalb, die Erstattungen im Sozialbereich, der Landesanteil an den Kosten der Unterkunft im Bereich SGB II ist außerhalb, die gesamte Erstattung der Kosten für die Flüchtlingsintegration und Unterbringung ist außerhalb. In anderen Bundesländern ist das innerhalb des Finanzausgleichs. Wir könnten also die Finanzausgleichsmasse künstlich aufwachsen lassen, die Kommunen hätten trotzdem keinen Euro mehr. Deshalb muss man das System immer als Ganzes betrachten. Herr Fiedler, da stimmt eben Ihre These, dass wir die Mittel gekürzt haben, nicht. Vielmehr müssen Sie sich fragen lassen, warum Sie hier im Haus 2013 einen neuen Finanzausgleich beschließen und es sofort mit einem jährlichen Hilfsprogramm koppeln. Wir hatten das Hilfsprogramm 2013, 2014 und 2015 jeweils im dreistelligen Millionenbereich immer für ein Jahr fixiert. Und das sagt schon der Name: Sie haben das immer als ein Hilfsprogramm für den Übergang formuliert. Daraus aber zu schlussfolgern, dass sozusagen daraus ein Bestandsschutz für Kommunen wird, und zu sagen, wir rechnen mal die Hilfsprogramme immer fest mit ein, das geht nicht. Ich habe drei erwachsene Söhne, die kriegen ab und zu mal Taschengeld. Wenn sie knapp bemessen sind, kriegen sie mehr. Daraus können sie auch keinen Bestandsschutz ableiten und können sagen: Das nehmen wir jetzt mal als Ausgangsbasis für Künftiges. Dann ist es eben ein einmaliger Akt für Sondereffekte. So haben Sie es deklariert und jetzt tun Sie so, als würde das ständig gelten müssen.
Im Übrigen hat Rot-Rot-Grün mit dem Finanzausgleich 2016 erhebliche Strukturfehler des Voß‘schen Finanzausgleichs behoben. Der Finanzausgleich ist immer noch nicht ideal und immer noch nicht gerecht; da könnte weiter nachjustiert werden. Aber wir haben bestimmte Fehler behoben und haben ihn gerechter gemacht. Wir haben die Sozialkosten stärker berücksichtigt, wir haben Kinder unter sechseinhalb Jahren stärker berücksichtigt, weil das eine große Position bei den Gemeinden ist. Und wir haben zum ersten Mal die Kurorte gesondert betrachtet, weil sie eben gesonderte Aufwendungen haben. Das haben Sie 24 Jahre nicht mal ansatzweise auf den Weg gebracht
und Sie stellen sich hierhin und wollen die kommunale Eben verteidigen. Nein, Sie wollen die kommunale Ebene schwach halten und dort Konflikte erzeugen, sodass auf der kommunalen Ebene Konflikte ausgetragen werden und Sie sich dann als Gönner hinstellen, und Ihr Hauptschlagwort heißt dann: Wir machen Hilfsprogramme. Das kann nicht
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wurde immer wieder hier jetzt thematisiert: Die demografische Entwicklung, die sich aus der neuesten Bevölkerungsprognose vom 5. September 2015 ergibt, wird in dem Maße nicht eintreten. Darüber wären wir hier im Hause sicherlich alle froh. Aber wenn tatsächlich dort Abweichungen eintreten, dann nicht aus den Geburten und aus den Sterbefällen, sondern aus Zuwanderung – aus dem Wanderungssaldo – oder aus Binnenwanderung innerhalb des Landes. Das bringt uns aber nicht mehr. Auch hier müssen wir noch mal auf einen Irrtum verweisen, dem die CDU unterliegt. Die demografische Entwicklung ist eine von vielen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Neben der nominalen Größe der Einwohner ändert sich unsere Einwohnerstruktur rapide, zum Glück, wir werden alle älter. Damit wird der Anteil der Bevölkerung, zum Beispiel mit Mobilitätseinschränkungen, viel größer. Darauf sind unsere Gemeinden noch gar nicht vorbereitet. Unsere Städte und unsere Dörfer sind noch nicht für diese Bevölkerung fit gemacht. Nicht von ungefähr haben wir ja einen Zuzug in die Städte, weil dort eine andere Infrastruktur ist, gerade von Menschen, die eben mit Mobilitätseinschränkungen zu tun haben.
Eine weitere Herausforderung ist die rasante gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung, allein im Technologiebereich. Wir sehen das; der Rechnungshof hat ja auch mal geprüft – und das Wirtschaftsministerium –, wie die Gemeinden in der Lage sind, die Herausforderung Breitbandversorgung möglichst zeitnah zu realisieren, und hat festgestellt: In dieser Struktur, wo wir von 843 Gemeinden 571 mit weniger als 1.000 Einwohnern haben, kann man sich dieser Herausforderung, die Breitbandversorgung in kürzester Zeit zu realisieren, überhaupt nicht effizient nähern. Das funktioniert nicht. Auch das sind Belege, dass also die jetzige Kommunalstruktur diesen Herausforderungen nicht gewachsen ist.
Wir haben fiskalische Herausforderungen – Solidarpakt II. Herr Fiedler ist darauf eingegangen, hat noch mal den Dank ausgesprochen. Er läuft aber aus und es ist nicht absehbar, ob es ein Anschlussprogramm gibt – eher nicht. Dort haben wir mal 2 Milliarden Euro herausbekommen. Der Länderfinanzausgleich muss neu geordnet werden. Die Regionalisierungsmittel – das hat der Ministerpräsident angesprochen – sind unklar und wir haben 2020 eine neue Förderperiode der Europäischen Union. Da braucht man kein Prophet zu sein, um zu wissen, dass der Aufholprozess der osteuropäischen Beitrittsländer 2020 bei Weitem noch nicht abgeschlossen sein wird. Insofern wird sich die Europäische Union mit ihrer Förderpolitik auf die osteuropäischen Beitrittsländer konzentrieren
und wir als Thüringen oder die Bundesrepublik als Ganzes, die neuen Bundesländer werden nicht mehr vorrangiges Fördergebiet sein. Darauf müssen wir uns doch vorbereiten und können nicht einfach sagen: Augen zu und durch. Da sind wir als Land und als Gemeinden gefordert.
Meine Damen und Herren, hinzu kommt das Fachkräfteproblem. Das ist gerade bei den kleinen Verwaltungen in einer Verwaltungsgemeinschaft so. Wir haben keine Verwaltungsgemeinschaft von den 69, die mehr als 20 Vollbeschäftigteneinheiten hat. Bei diesen 20, wenn ich so kleine Verwaltungen habe, brauche ich Allrounder. Da muss jeder Mitarbeiter mehrere Aufgabenfelder bewältigen. Das ist aber für Fachkräfte keine lukrative Behördenstruktur, sowohl was den Einstieg betrifft und vor allen Dingen den Aufstieg in ihrer Berufslaufbahn. Insofern müssen wir auch aufgrund dieser Dinge handeln. Das Innenministerium hat einmal durch Umfrage ermittelt, dass bei den Verwaltungsgemeinschaften immer von etwa einem Drittel Personalabgang aufgrund altersbedingten Ausscheidens ausgegangen wurde. Bei Verwaltungsgemeinschaften liegt das bei 64 Prozent. 64 Prozent der Beschäftigten in den Verwaltungsgemeinschaften werden in den nächsten zehn Jahren altersbedingt ausscheiden. Die müssen wir ersetzen. Deshalb müssen wir dort entsprechend handeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurden hier immer die Einsparungen oder Effizienzgewinne thematisiert. Damit haben wir uns sehr intensiv beschäftigt. Zunächst möchte ich mal – weil Herr Fiedler hier auf Sachsen verwiesen hat – aus der Stellungnahme des Freistaats Sachsen im Anhörungsverfahren zitieren, mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin. Das ist also die Zuschrift des Freistaats Sachsen. Dort führt das zuständige Ministerium – Staatsministerium des Innern des Freistaats Sachsen – aus: „Mit der Verwaltungsreform hat sich der Freistaat Sachsen ebenfalls auf bevorstehende Herausforderungen, wie den fortschreitenden demografischen Wandel, sinkende Zuweisungen von Bund und EU sowie den zunehmenden Standortwettbewerb, eingestellt. Mit der Übertragung staatlicher Aufgaben auf die Kommunen war unmittelbar die Schaffung größerer Landkreise verbunden.“ Nichts anderes vollziehen wir jetzt nach. Offenbar haben auch die Sachsen dieses Konzept als alternativlos angesehen.
Aber welche Effizienzpotenziale sind denn offensichtlich und sicherlich auch von der CDU und insbesondere von Herrn Fiedler, der über viele Jahre kommunalpolitisch verankert ist, erkennbar? Ich will nur einige benennen: Wir haben eine Doppelstruktur bei der Wahrnehmung der Landkreisaufgaben, nämlich bei den kreisfreien Städten und bei den Landkreisen in engen regionalen Räumen. Oftmals liegen maximal 15 bis 20 Kilometer zwischen diesen Doppelstrukturen. Diese entfalten keine Außen
wirkung. Wir müssen uns einfach überlegen, wo wir unser Geld einsetzen – verwaltungsintern oder mit Außenwirkung. Wir als Rot-Rot-Grün wollen die Außenwirkung. Wir brauchen mehr Gelder für Investitionen, mehr Gelder für Zuschüsse an Träger der sozialen und kulturellen Infrastruktur und dergleichen. Wir haben noch 23 kreisangehörige Gemeinden, die für das Gewerberecht zuständig sind. Die Landkreise sind zuständig, die kreisfreien Städte sind zuständig, die Großen kreisangehörigen Städte sind zuständig und darüber hinaus haben wir noch kreisangehörige Städte, die oftmals in Sichtweite zum Landratsamt ein eigenes Gewerbeamt unterhalten. Ich komme aus dem Ilm-Kreis, wir haben drei Gewerbeämter – zwei in Ilmenau für die Stadt Ilmenau, für den südlichen Ilm-Kreis und in Arnstadt für den nördlichen Ilm-Kreis. Dazwischen liegen 12 Minuten mit dem Auto über die A 71. Wer meint, dass das Auswirkungen auf Gewerbeanmeldungen und -ummeldungen hat, wenn man das Gewerberecht/die Struktur dort tatsächlich strafft, der ist ganz weit weg vom Leben. Die Unternehmen müssen dort eine viel höhere Flexibilität an den Tag legen. Die wollen inzwischen global Geschäfte machen. Da will man uns einreden, dass die Autofahrt – 12 Minuten zum nächsten Landratsamt – jemanden abhalten würde, ein Gewerbe anzumelden. Da sind ganz andere Dinge entscheidend, aber nicht der Weg zum Gewerbeamt.
Das ist das erste Potenzial, das wir haben: Abbau dieser Doppelstrukturen. Ich will das anhand der Stadt Weimar erläutern. Wir haben uns damit beschäftigt. Die Stadt Weimar als kreisfreie Stadt erfüllt alle städtischen Aufgaben und die Landkreisaufgaben. 20 Kilometer weiter, in Apolda, haben wir die gleiche Ämterstruktur für die Landkreisaufgaben. So weit also, was Bewegung von Bürgern, Entfernung zu Behörden betrifft. Weimar ist gern bereit, für diese Landkreisaufgaben jährlich etwa 8 Millionen Euro städtische Mittel einzusetzen, nur um diese Landkreisaufgaben zu erfüllen. Es gibt nicht eine Landkreisaufgabe, die kostendeckend ist. Es sind alles Aufgaben, die letztlich Zuschüsse bedürfen. Gleichzeitig schlägt der Oberbürgermeister dem Stadtrat vor, die 250.000 Euro für das Kulturfest zu streichen. Die Schizophrenie muss man mir mal erklären: Für Landkreisaufgaben gibt diese Stadt selbstverständlich jedes Jahr 8 Millionen aus und für das Kulturfestival stehen 250.000 Euro im Jahr nicht zur Verfügung. Dann kommt die CDU und entfaltet Horrorszenarien, dass angeblich künftig ein Kreistag über die Kultur in Weimar entscheidet, und dabei wissen Sie ganz genau, dass die städtischen Aufgaben – und dazu gehört die Kultur – überhaupt nicht betroffen sind vom Status der Kreisfreiheit. Vom Status der Kreisfreiheit sind nur die Landkreisaufgaben betroffen. Das ist unser Appell insbesondere an die kreisfreien Städte, dass wir dort die entsprechenden Potenziale sehen und die kreisfreien Städte dann als kreisangehörige Ge