Protocol of the Session on June 23, 2016

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Wolf- gang, das bleibt!)

Du warst ja da, du hast es live erlebt. Ja, ich habe ja nichts gegen Beifall. Ich habe auch nichts gegen Buh-Rufe, wenn ich was Falsches sage. Das ist nun mal so, das muss man aushalten.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Manchmal kriegst du auch Beifall für das Falsche, Wolfgang!)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Weil die Leute doof sind nach eurer Meinung!)

Wir wollen das jetzt nicht vertiefen. Wir haben noch genügend Gelegenheit, uns damit auseinanderzu

setzen. Ich will nur sagen, die AG Selbstverwaltung, das sind alles Menschen vor Ort, auch die wurden schon diskreditiert: Die wollen nur ihren Posten erhalten usw. Meine Damen und Herren, dort haben sich viele aufgemacht, um diesen Unsinn zu verhindern.

(Beifall CDU)

Wenn es uns nicht gelingt oder den Klagenden vor dem Verfassungsgericht, das mit den üblichen Mitteln zu verhindern – wir wissen auch, damit das ganz klar ist, dass der Hof in den entsprechenden Fristen entscheidet. Ich würde mich freuen, wenn der Hof da schnell entscheiden könnte, Herr Präsident. Aber wir haben dem Hof nichts vorzuschreiben noch irgendwas zu sagen. Selbst wenn das Vorschaltgesetz stürzt, wir werden die AG Selbstverwaltung vor Ort hier unterstützen, Unterschriften sammeln, mit allem, was dazugehört. Dann ist die Gebietsreform nicht aufgehoben, sondern es geht weiter. Das muss man den Menschen sagen. Deswegen auch unser Vorstoß, der hier heute besprochen wurde. Auch dieser Vorstoß würde für das Vorschaltgesetz nicht zutreffen, damit das ganz klar ist, sondern erst für folgende Gesetze. Deswegen, meine Damen und Herren, ich habe schon mal zwei Gebietsreformen mitgemacht. Oberste Prämisse war immer und selbst die Abgeordneten, die ein bisschen länger dabei sind und Opposition waren, haben immer gesagt: Wir sollten nach Möglichkeit auf Vergleichbarkeit im Lande und darauf achten, dass wir nicht vor das Verfassungsgericht gezogen werden, dass wir die Anhörungsfristen einhalten, dass wir alles, was irgendwo beeinflussbar ist, einhalten. Über die Inhalte kann man durchaus streiten. Ich sage Ihnen nur noch mal ein Beispiel: In Jena wurde Cospeda eingemeindet. Die haben sich heftig dagegen gewehrt, sind vor das Verfassungsgericht gezogen, haben recht bekommen und haben sich dann trotzdem bei Jena angeschlossen. Also es gibt auch kuriose Dinge, die da passieren. Aber der Weg ist Gott sei Dank zum Hof offen. Es ist nicht so wie früher, dass da oben die Partei sitzt und aussagt und die anderen alle zu folgen haben. Das ist das Gute an unserer neuen Demokratie.

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, zum Änderungsantrag von Rot-Rot-Grün, der Zeitplan – Redezeitende? Das kann nicht sein.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Ich glaube, deine Fraktion möchte, dass du lang- sam zum Schluss kommst!)

Was meine Fraktion denkt und macht, das sagen die mir direkt, da brauche ich keinen Souffleur von links außen von hier. Also Redezeit ist noch da. Ich muss mich leider beeilen, damit mein Fraktionsvorsitzender noch was kriegt, aber wir haben so viel Redezeit, Mike, du kannst genügend sagen.

Dies hat dazu geführt, dass der von meiner Fraktion ordnungsgemäß eingebrachte Änderungsantrag von den Spitzenverbänden nicht bearbeitet und gewürdigt werden konnte, meine Damen und Herren. Ich will Ihnen noch mal sagen: Es ist das Normalste auf der Welt, es gibt eine Anhörung, die Anhörung wird ausgewertet, mit dieser Meinung – so ist es zumindest in meiner Fraktion, da bestimmt keiner da oben – geht man in die Fraktion, dort wird es diskutiert, dann wird es dort verabschiedet und dann wird es eingereicht. Das haben wir alles ordnungsgemäß gemacht. Dass Herr Dittes mit seinen Kollegen versucht hat, das in irgendeiner Form abzuändern, kann ich nicht beeinflussen, aber auch da haben wir Widerspruch eingelegt.

Meine Damen und Herren, deswegen konnten die Spitzenverbände und andere sich gar nicht mit unserem Vorschlag befassen. Deswegen, meine Damen und Herren, konnten auch der Gemeinde- und Städtebund und der Landkreistag nicht darauf Bezug nehmen. Er konnte gar nicht Bezug darauf nehmen. Innerhalb von drei Tagen sollte er darüber irgendwas sagen. Wo sind wir denn eigentlich hier?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Im Landtag!)

Hier werden Dinge gemacht, die nicht mehr nachvollziehbar sind. Deswegen, meine Damen und Herren, muss man das alles noch mal nennen. Die Hälfte aller Landkreise soll aufgelöst werden. Das Grundproblem dieser Reform ist weiterhin nicht gelöst, denn es ist noch immer völlig unklar, wo und wie diese Reform überhaupt etwas einsparen soll. Da wird auf einmal gesagt, um Einsparen geht es doch gar nicht mehr. Aber das ist am Anfang und immer wieder gesagt worden, dass es auch um Einsparung gehen soll. Es fehlt zudem an fundierten Berechnungen, mit denen der Nutzen einer Reform bewiesen wird. Wo ist der Beleg, dass neue Strukturen tatsächlich Einsparungen in messbaren Größenordnungen bringen? Herr Innenminister Poppenhäger hat – wie schon mehrfach gesagt – dort in der Anhörung geschwiegen, hat nichts dazu beigetragen. Auch das war übliche Art und Weise. In Anhörungen wird immer auch die Landesregierung von den Abgeordneten befragt. So eine Verweigerung habe ich auch noch nicht erlebt in den 25 Jahren, dass ein Minister sich hinstellt und sagt: Ich will hier zuhören. Also das ist nicht in Ordnung, dass man so etwas macht.

(Beifall CDU, AfD)

Deswegen, meine Damen und Herren, will ich auch an die Erfahrungen der anderen Bundesländer in den letzten Jahren erinnern. Am Ende der bisher in anderen Ländern durchgeführten Reformen standen regelmäßig höhere Kosten und ein Verlust an Bürgernähe. Das haben wir mehrfach gehört. Selbst das Letzte, was von Dresden kam, sagt, dass die Bürgernähe immer geringer wird, dass

Leuten das immer schwerer fällt usw. usf. Man könnte auf viele Dinge noch hinweisen.

So zog der Gemeinde- und Städtebund Mecklenburg-Vorpommern 2015 eine ernüchternde Zwischenbilanz nach der Gebietsreform 2011: „Besonders die [...] 2010 von den Gutachtern errechneten Personaleinsparungen gibt es nicht. [...] Damit fällt für den Städte- und Gemeindetag eine wesentliche Begründung für die Landkreisneuordnung weg.“ Auch bei den Kreisumlagen ist die Reform gescheitert. Wir können „keine Reformdividende für unsere Gemeinden erkennen“. In anderen Bundesländern sieht es nach einer Gebietsreform ähnlich aus. Eine echte und substantielle Diskussion über die Reform ist ohnehin erst dann möglich, wenn die Landesregierung die Karte vollständig auf den Tisch legt. Auch reißen Sie die Landkreise in ein Dilemma und verdammen sie zu ungewissem Handeln, denn bereits jetzt ist klar, dass die Landkreise bis 2018 aufgelöst und anschließend in anderer Form neu gegründet werden. Das heißt, deren ganzes Handeln zum jetzigen Zeitpunkt fußt auf der Ungewissheit, was künftig einmal wird. Hier wäre ein klärendes Wort mehr als geboten.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, das Vorgehen „Gebietsreform“ ist verantwortungslos gegenüber dem Land und den Menschen und ist zum Scheitern verurteilt. Hieran ändert auch Ihr nachgeschobenes Modell einer Großen Landgemeinde nichts, zumal es sich nur um ein Übergangsmodell handeln soll. Rechtssicherheit sieht anders aus!

Meine Damen und Herren, auch der Ministerpräsident scheint wohl bis vor Kurzem noch der Meinung gewesen zu sein, dass das 2024 weg ist. 2024 hat die Koalitionstruppe festgeschrieben. Also wer von dem Instrumentarium Gebrauch macht – es ist kein fortwirkendes Instrumentarium, sondern es geht maximal bis 2024, meine Damen und Herren. Das sind solche Dinge, wo die Leute hinter die Fichte geführt werden, und das kann nicht sein!

Deswegen will ich heute noch einmal unseren Änderungsantrag zum Vorschaltgesetz, der im Innenausschuss ohne tiefere sachliche Diskussion und ohne Stellungnahmen der Spitzenverbände einfach weggestimmt wurde, vortragen. Unsere wichtigsten Vorschläge will ich Ihnen noch einmal vorstellen: Absenkung der Einwohnergrößen bei Landkreisen von aktuell 130.000 bis 250.000 Einwohner auf in der Regel mindestens 80.000 ohne Obergrenze plus Ausnahmen von der Einwohnergrenze, sofern die dauernde Leistungsfähigkeit hinreichend gewährleistet ist.

Meine Damen und Herren, auch hier ausdrücklich, und hier geht es auch um die Landkreise, wir sind da in unserer Folge, das war damals ein Kriterium

von der Reform 1994, die hat das beinhaltet – damit Sie sehen, wie wir in Kontinuität zu unseren Dingen sind: Möglichkeiten zum Erhalt der Kreisfreiheit für kreisfreie Städte aufgrund – man höre zu, damit man nicht immer das eine nimmt – kultureller, geschichtlicher oder touristischer Belange oder b) durch Bürgerbefragung in der jeweils kreisfreien Stadt bis 31.12.2017. Hier geht es uns insbesondere – ich sage nur die zwei jetzt – um Gera und Weimar. Wer kann sich denn nur ernsthaft vorstellen, dass man alles nur noch an Zahlen festmacht und die Kulturhauptstadt Weimar hier so weit entmündigen will! Ob da das Geld dann noch vorhanden ist für bestimmte Dinge, wenn die zu den Landkreisen noch dazukommen? Ich sage Ihnen, das wird nicht funktionieren! Auch in Gera, wo die umliegenden Landräte bis zur Frau Sojka alle unisono gesagt haben: Das ist Quatsch, lasst die kreisfrei, das haben die verdient und das brauchen die auch. Deswegen haben wir das eingebracht.

Absenken der Gemeindegrößen von 6.000 auf 5.000 Einwohner – auch das haben wir immer gesagt, 5.000 Einwohner.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Eise- nach zwei oder wie?)

Territoriale Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Freiwilligkeitsphase für VGs – auch das fordern wir eindeutig ein.

Eine besondere Unterrichtungspflicht der Landesregierung gegenüber Gemeinden, die nach den Vorgaben des Gesetzes einer Neugliederung unterliegen, aber bereits in der 5. Legislatur neu gebildet wurden. Vorhin sagte der Ministerpräsident: Mindestens 20 Jahre soll das Ganze hier halten, was auf den Weg gebracht wird. Wir haben im Ausschuss mehrfach nachgefragt, dass das festgeschrieben wird für die Kommunen, die sich freiwillig in der letzten Legislatur, wo CDU und SPD das auch gemacht haben, zusammengeschlossen haben – die stehen jetzt auf der Rolle. Da haben die klipp und klar gesagt: Es wird jeder Einzelfall geprüft bzw. wir werden jeden Einzelfall prüfen. Das heißt, die Unsicherheit für die, die freiwillig fusioniert haben, wird bleiben. Man gibt Ihnen nicht die Möglichkeit, dass man Ihnen sagt: Ihr habt euch freiwillig gefunden, euch lassen wir. Nein, auch die werden auf die Rolle gesetzt, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Weiterhin: Vorlage einer Effizienzanalyse vor jeder gesetzlichen Neugliederung. Man hört nichts, man sagt nichts und das ist wirklich nicht in Ordnung. Freiwilligkeitsphase bis Ende 2018 auch für Landkreise – § 6. Warum soll das bei Landkreisen anders sein, dass hier auch die Freiwilligkeitsphase gilt? Das erschließt sich mir nicht.

Strukturbegleithilfen als Anspruch für Gemeinden und für Landkreise, aber zusätzlich muss da etwas gemacht werden. Ich meine, bei Asyl ist genügend übrig, wenn man das wirklich durchziehen wollte, dass man das Geld zumindest bereitstellt, wenn es so ist, und nicht erst in 2018 darüber redet.

Festlegung, dass alle Einwohnergrößen, und ich betone das noch einmal, jetzt und nicht erst 2035 gelten müssen. Wir gehen vom Ist-Stand aus, weil von vielen bezweifelt wird, dass die Zahlen überhaupt stimmen. In der Anhörung sind vom Gemeinde- und Städtebund und von anderen klare Zahlen genannt worden, wie sich innerhalb von fünf Jahren bestimmte Dinge komplett verschoben haben, komplett – ich will das nicht alles nennen, das würde zu lang.

Meine Damen und Herren, ich will nicht verschweigen, dass die Koalition auch einem kleinen Änderungsvorschlag der CDU in § 45 ThürKO gefolgt ist. Es war aber wirklich ein kleiner. Ich könnte ihn jetzt noch mal nennen: die Dynamisierung dieser 8 Euro usw.

Den Entschließungsantrag von Rot-Rot-Grün lehnen wir ab. Meine Fraktion begrüßt zwar den späten Willen, dass man noch was machen will, aber das reicht nicht aus, denn die Beteiligung der Bürger soll auf freiwilligen Gemeindeneugliederungen im Sinne des § 6 Vorschaltgesetz beschränkt sein und berücksichtigt damit nicht den Willen und die Interessenslagen der Bürger innerhalb anderer kommunaler Gebietskörperschaften. Überdies ist der Entschließungsantrag lediglich auf freiwillige Neustrukturierung begrenzt und lässt eine Bürgerbeteiligung – man höre! – im Vorfeld gesetzlicher Gebiets- und Bestandsänderungen, wie sie von Rot-Rot-Grün ebenfalls angestrebt wird, gänzlich unberücksichtigt.

Ich will an der Stelle auch noch mal auf Eisenach und den Wartburgkreis verweisen. Da liegt was auf dem Tisch nach gültiger Kommunalordnung und die Landesregierung sagt: Darum kümmern wir uns nicht. Ich kann den Kommunen nur empfehlen, dass sie klagen und sagen: Nach jetzigem Recht haben wir das und das eingereicht, wir erwarten, dass ihr das berücksichtigt. Ich würde klagen, wenn ich da zu entscheiden hätte.

Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir hier einen eigenen Entschließungsantrag eingereicht, damit das auch für Landkreise, kreisfreie Städte und Verwaltungsgemeinschaften gilt. Damit wollen wir sicherstellen, dass umfassende Beteiligung der Bürger bei Gebiets- und Bestandsänderungen zum Beispiel auch auf Landkreisebene usw. gilt. Nur auf diesem Weg wird man der von Rot-RotGrün angestrebten Bürgerbeteiligung gerecht und erhält ein möglichst breites Meinungsspektrum.

Insoweit fordern wir die Landesregierung auf, dem Landtag bis spätestens 15. September 2016 ein entsprechendes Beteiligungskonzept vorzulegen, welches im Anschluss dann noch im SeptemberPlenum beraten werden kann.

Meine Damen und Herren, ich glaube, ich habe die Dinge noch mal ausführlich dargelegt.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Sehr ausführlich!)

Ja, sehr ausführlich, weil das die größte Umkrempelung im Freistaat Thüringen nach der Wende ist, meine Damen und Herren,

(Beifall CDU, AfD)

die Sie einfach von oben aus entscheiden wollen vom grünen Tisch. So kann es nicht gehen!

Ich könnte jetzt noch auf die Gesetzentwürfe von der AfD eingehen. Einiges ist abgeschrieben, aber einiges ist auch nicht ganz verkehrt. Ich könnte auf den fraktionslosen Abgeordneten eingehen, aber das wird er selber noch mal machen. Unseres habe ich noch mal deutlich gemacht, meine Damen und Herren. Ich will es damit belassen,

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Ja, bitte!)

dass wir hier die Dinge so haben. Wir beraten doch den TOP 9 und 11 mit? Alles zusammen? Bis jetzt habe ich es noch von niemandem gehört.

Zum TOP 10 wird mein Kollege Kellner sprechen, damit ich das nicht vergesse. Und TOP 11, Neuzuschnitt der Wahlkreise, also ich glaube, wir sparen uns …

Herr Fiedler, 9, 10 und 25 beraten wir jetzt gemeinschaftlich. Die 11 nicht.

Ach, die 11 nicht? Dann können wir später sagen: Es lohnt sich nicht, darüber zu reden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, überlegen Sie, wie Sie dieses Land hier umkrempeln wollen und ob das die Bürger im Lande verdient haben!