Protocol of the Session on May 19, 2016

(Abg. Brandner)

Weg gebracht – für eine Verkleinerung des Landtags ausgesprochen. Das war unter dem Beschluss der Partei, wo drin stand: kümmern.de. Das ist der Hintergrund: kümmern.de – man muss sich um die Leute kümmern vor Ort, man muss mit den Leuten reden vor Ort, man muss ihnen die Dinge erklären vor Ort. Da haben wir damals vorgeschlagen, dass 44 Wahlkreise bleiben, damals 44, wie sie jetzt noch sind. Also 44 Abgeordnete sollten weiterhin zur Landtagswahl direkt gewählt werden, meine Damen und Herren, denn das sind diejenigen, die direkt vom Volk vor Ort gewählt sind und nicht die Listenkandidaten, die dann alle irgendwo von hinten reinrutschen.

(Beifall CDU)

Und das war ja das, was bei dem einen oder anderen natürlich dann zum Streit führte. Es gibt ja auch bei den Linken ein paar Listenkandidaten, nein, welche, die auch direkt gewonnen haben. Die gibt es im Übrigen auch bei der SPD, wenn ich an Kollegen Hey denke. Der hat 2014 gewonnen und 2009. Das ist anerkennenswert. Das muss man anerkennen. Das ist nun mal so.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, es ist klar, dass über die Listenplätze der Parteien – also mit der Zweitstimme der Wähler, vergeben wird. Und da kam natürlich damals die Diskussion dann so richtig auf. Die Grünen oder die Liberalen, die noch nie einen Direktkandidaten ins Parlament gebracht haben, die haben natürlich gesagt: Geht nicht, auf keinen Fall, dann wird es ja bei uns dünne. Das haben sie nicht gesagt, aber sie haben es gedacht, dass also damit dann bei den Kleineren oder denen, die keine Direktkandidaten haben, das Ganze aus ihrer Sicht ausgedünnt wird.

Meine Damen und Herren, wir können uns gut vorstellen, dass die direkt Gewählten vor Ort gestärkt werden. Darüber kann man sich durchaus unterhalten, denn das sind die, die direkt vor Ort vom Volk gewählt wurden, die sind in der Regel auch bekannt, die gehen zu den Leuten vor Ort und die wissen, wo es langgeht. Damit würde aus unserer Sicht auch die Bindung zum Bürger steigen. Die Bindung würde steigen, denn ein Listenkandidat, der wird irgendwo dann eingesetzt. Da gibt es welche von der SPD, die eröffnen dann ein Wahlkreisbüro irgendwo, wo sie meinen, mal dranzukommen oder so. Das ist einfach so. Deswegen, meine Damen und Herren, es hat keine Mehrheiten gegeben.

Ich will aber trotzdem noch mal auf einige Dinge eingehen, meine Damen und Herren. Auch die kleineren Fraktionen – ich meine, so groß ist ja die AfD-Fraktion nun auch nicht mehr. Also wenn man das kleine Häufchen sieht, so dicke ist es nun auch nicht. Es sind vielleicht ein paar zu viel, aber es ist jedenfalls so, dass die AfD nun nicht gerade zu den

großen zählt. Da können Sie nicht nach SachsenAnhalt gucken und neidisch werden – da ist es halt anders. Das schmerzt uns in Sachsen-Anhalt, aber in Thüringen ist es jetzt so, wie es ist. Deswegen, meine Damen und Herren, wenn Sie mal in die praktische Arbeit hineinschauen, dann haben Sie doch jetzt schon Probleme, wenn Sie überhaupt die Ausschüsse wahrnehmen wollen. Die kleinen sowieso, je kleiner sie werden, umso mehr Probleme haben sie. Wenn sie in allen Ausschüssen teilnehmen sollen, wenn sie in allen Ausschüssen Dinge beraten, vorbereiten usw. sollen. Dort gibt es doch wirklich echte Probleme. Wir merken es doch in der praktischen Arbeit. Da kann man immer sagen: Man kann ja noch mehr streichen und kürzen. Aber es wird immer schwerer in der Praxis. Wenn es denn dazu käme – ich habe dich gerade gelobt, dass du das Direktmandat zweimal gewonnen hast. Ich hoffe, du hast das gehört, das war anerkennenswert. Vielleicht wird es das nächste Mal anders, aber man weiß es nicht. Ich will noch mal darauf hinweisen: Selbst wenn wir das Parlament kürzen würden, dann müssten wir die Anzahl der Fraktionsmitarbeiter deutlich erhöhen, um die mit dem Mandat verbundenen Aufgaben insgesamt und verantwortungsvoll leisten zu können. Oder wie soll, wie ich gerade gesagt habe, die gesamte Bandbreite hier abgedeckt werden? Ich muss ehrlich sagen, ich kann mir das schlecht vorstellen.

(Beifall CDU, SPD)

Ich gucke mal zu den Grünen. Da muss ich anerkennenderweise sagen, wie viel da jeder in allen Dingen machen muss, ist nicht ganz ohne. Ich will das durchaus akzeptieren. Je kleiner die werden, umso mehr müssen die entsprechend auch erledigen. Wenn man über eine Verkleinerung nachdenkt, kann die nicht nur auf die Reduzierung der Abgeordneten beschränkt sein, sondern es erfordert zwingend ein ganzes Bündel an zusätzlichen Maßnahmen, Überlegungen und Regelungen. Andernfalls können wir das Parlament auch gleich abschaffen. Ich denke, wichtiger als vielleicht 2 Millionen im Jahr zu sparen, ist es doch, das Parlament zu stärken.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Da hat der Herr Fiedler recht!)

Das kann ich jetzt kaum annehmen.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Das fällt mir schwer nach dem Begriff vorhin mit dem Zentralismus. Aber das Parlament ist doch dafür da. Dann lieber am Ende einen Abgeordneten mehr als einen zu wenig. Man kann sich auch über Überhangmandate und die ganzen Dinge unterhalten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber besser ist es doch, die Abgeordneten nehmen ihre Aufgabe wahr und gehen raus und erklären den Leuten, was eigentlich los ist. Wir merken es doch, wenn wir draußen mit jemandem reden, ob das die Rente ist oder was weiß ich, was alles, innere Sicherheit, man muss es den Leuten erklären. Wir sitzen in unserer Glocke hier drin und meinen, dass die alle nur am Bildschirm sitzen und uns zuhören. Nein, wir müssen rausgehen, müssen es erläutern und erklären.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch hier oben den jungen Leuten. Wir müssen es erklären. Da lieber ein Abgeordneter mehr als einer zu wenig.

Jetzt auch mal in Richtung Exekutive. Meine Damen und Herren, es wird immer so getan, als ob der Landtag ein was weiß ich für großartiges Gremium ist. Überlegen Sie doch mal! Jedem Abgeordneten oder jedem Referenten, manchmal einem halben Referenten in den Fraktionen sitzt ein ganzes Ministerium gegenüber. Wollen wir uns nur noch zu Handhebern machen, dass uns die Exekutive vorschlägt, was richtig und gut ist?

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo sind wir denn eigentlich nur? Natürlich tragen wir auch die Fraktionen oder die Fraktionen tragen die Exekutive, aber wir sind doch dazu da, die zu kontrollieren, ob Opposition oder regierungstragende Fraktion. Das ist doch das Problem, das wir haben.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt muss ich erst mal einen Schluck nehmen.

(Heiterkeit im Hause)

Ich will nur daran erinnern, was ein Abgeordneter eigentlich ist. Wir stellen unser Licht manchmal selber unter den Scheffel. Die bringen viele Dinge, ob die Staatskanzlei, das Innenministerium, auch zu unseren Zeiten, wir haben immer nur die Hälfte geglaubt und haben natürlich versucht, dahinterzuschauen.

(Heiterkeit im Hause)

Das ist heute genau noch so richtig wie damals, Herr Professor. Das ist nun mal so. Die verselbstständigen sich und die haben ein Heer von Beamten, die ihnen Vorarbeiten leisten. Da gibt es die grüne Tinte und die rote Tinte. Wer da noch abzeichnet, das kennen wir alles, wie das geht. Aber demgegenüber sitzt teilweise ein halber Referent in einer Fraktion. Wir brauchen hier eigentlich eine Stärkung. Wir müssen den Landtag stärken, damit der Landtag sich noch mehr mit den Dingen intensiv befassen kann.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen ihn stärken und nicht kürzen. Dann höre ich schon wieder, wenn es – das hat ja die AfD jetzt wieder gebracht – um die Steigerung jedes Jahr geht. Das sind nicht nur die 3 Euro Diäten. Also ich bin der festen Überzeugung und sage auch von hier: Ich schäme mich für diese Diäten und das Geld überhaupt nicht. Wer ordentlich dafür arbeitet, der kann es auch nehmen. Wenn ein Bürgermeister von einer 5.000- oder 6.000-Seelen-Gemeinde das Gleiche kriegt, dann muss doch wohl ein Gesetzgeber auch einen Anspruch auf eine ordentliche Bezahlung haben – immer wieder diese Neiddebatte, die da aufgezogen wird.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Jetzt fängt die AfD – die Unberührten, die alle aus irgendeiner Partei kommen – Herr Brandner, Sie müssen ab und zu mal nachlesen, was Sie vielleicht früher gesagt haben, aber ich mache mir gar nicht erst die Mühe, das zu machen.

(Beifall CDU)

Als Parlamentarier sind Sie hier und als Parlamentarier müssen wir ein gewisses Rückgrat haben, müssen auch die guten oder weniger guten Vorschläge der Landesregierung prüfen, müssen gucken, was ist gut daran, was ist nicht so gut. Ich weiß, wenn man regiert, wird es noch etwas schwieriger, das will ich durchaus zugeben. Auch in Regierungszeiten war das nicht immer so einfach und manchmal haben wir auch die Faust in der Tasche gehabt und haben dann am Ende zugestimmt, damit die Landesregierung nicht gestürzt ist. Sie machen doch nichts anderes.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Was Kuschel immer versprochen hat, die Bürgerinitiative und was noch alles, was alles anders wird und was dort alles passieren soll. Er ist Schatzmeister, ich glaube in einem Verein, usw. Das hilft doch alles nichts, die Realitäten holen natürlich auch ab und zu alle mal wieder ein.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Blei- ben Sie mal ganz optimistisch!)

Es ist nicht alles, was wünschenswert wäre, umsetzbar. Deswegen ganz deutlich mein Plädoyer: Das ist und bleibt reiner Populismus, um Stimmung zu machen. Wir lehnen Ihren Antrag ab, aber wir sollten wirklich übergreifend mal darüber nachdenken, das Parlament insgesamt zu stärken, damit wir von der Landesregierung nicht so abhängig sind. Da wünsche ich uns viel Erfolg.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Blechschmidt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Wolfgang Fiedler, ich gehe davon aus: So engagiert werde ich meinen Beitrag nicht leisten können.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Kannst Dir ruhig Mühe geben!)

Der Inhalt wird sich gleichen.

In aller Deutlichkeit: Die Linke-Fraktion hat einer Verkleinerung des Landtags immer nicht zugestimmt, hat es abgelehnt und diese scheinbar unbequeme und scheinbar taktisch unkluge Position auch in den Wahlzeiten und bei Wahlprüfsteinen immer vertreten. Die Anzahl der Wahlkreise soll sich nicht nach relativ starrer Flächengröße richten oder aus Kostengründen gestaltet werden. Im Wissen eines verantwortungsvollen Umgangs mit öffentlichen Geldern lassen Sie mich sagen: Demokratie ist nicht nur anstrengend, sondern sollte uns auch einiges Finanzielles wert sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch andere Zahlenverhältnisse in anderen Bundesländern hinsichtlich Einwohnern zu Abgeordneten sollten aber immer auch im Blick zur Funktionsfähigkeit von Demokratie im Allgemeinen und Landtagen im Speziellen auf den Prüfstand gestellt werden. Entscheidend ist, ob ein besseres Zahlenverhältnis, so wie es in Thüringen besteht, mit Blick auf die Wirkung für die demokratische Gesellschaft und deren Abläufe im Land sinnvoll ist. Nach Ansicht der Linken-Fraktion ist es sinnvoll.

Wichtig für die Bestimmung der Größe des Landtags und der Anzahl der Abgeordneten sind unserer Auffassung eher folgende Gesichtspunkte:

Erstens: Die Mindestanzahl der Abgeordneten für die Bildung einer Landtagsfraktion sollte angesichts der auch noch zu berücksichtigenden 5-ProzentHürde nicht zu gering sein. Eine Fraktion muss auch in ihrer Mindestgröße von 5 Prozent der Gesamtabgeordneten von ihrer Abgeordnetenanzahl eine Größe erreichen, die dazu ausreicht, dass die Fraktion auch als Fraktionsstruktur handlungs- und arbeitsfähig ist, zum Beispiel – Kollege Fiedler hat es gesagt – hinsichtlich der Besetzung von Ausschusssitzen oder Betreuung von Wählerinnen und Wählern bzw. Regionen im Rahmen der Abgeordnetenarbeit vor Ort und – wie schon angedeutet – ihre innere Fraktionsstruktur. Zu bedenken ist dabei auch, dass Fraktionen als wichtiger Bestandteil des Landtags immer in der Lage sein sollten, in einigermaßen – Kollege Fiedler hat das auch angesprochen – gleicher Augenhöhe im Vergleich zu Regie

rung und Ministerialapparat agieren zu können. Wird die Mindeststärke der Fraktion zu klein, wird dies in der Praxis schwierig bzw. ausgeschlossen. Und wer das Beispiel 62 einmal durchrechnet mit 5 Prozent, dann bedeutet das de facto drei Abgeordnete. Und wie drei Abgeordnete hier im Thüringer Landtag eine Aufgabe wirklich umfassend als Gesetzgeber wahrnehmen sollen, das stellt sich für mich doch infrage.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Rechnen Sie doch mal – das sind vier! 5 Prozent von 62 sind aufgerundet?)

Aufgerundet? Wird da aufgerundet?