Herr Möller hat es gerade gesagt, weil 86 Prozent der Deutschen dumm sind, weil sie es nicht besser wissen, sie warten nur auf Ihre Wahrheiten. Das ist die Arroganz, die wir von der AfD gewohnt sind.
Aber dennoch, auch wenn die Menschen Ihrer Meinung nach nicht wissen oder dumm sind, trotzdem sind sie dafür, für erneuerbare Energien – 86 Prozent. Warum sind sie das? Zum einen wollen sie sich für sich und vor allen Dingen auch für die nächsten Generationen unabhängig machen von Uran, das zum großen Teil aus Russland, Niger, Namibia, Kasachstan oder Südafrika kommt, von Öl aus Krisengebieten, aus dem Nahen Osten, aber auch von Gas aus Russland. Sie wollen für sich und die nächsten Generationen sagen, eine Energiewende, die auf erneuerbare Energien setzt, macht uns unabhängig, wir können die Wertschöpfung in Deutschland, in unserer Region haben, wir brauchen keine Importe von fossilen Energien. Es ist für uns wichtig, dass wir in Deutschland 400.000 bis 500.000 Arbeitsplätze – und wenn wir das grüne Konzept von noch mehr erneuerbaren Energien in Bürgerenergie weiterverfolgen, sogar bis in Richtung 1 Million Arbeitsplätze – schaffen. Das sind Zukunftsinvestitionen, das wünschen sich die Menschen. Aber sie sehen auch, dass Gefahr droht, Gefahr durch Klimaveränderung. Der Wissenschaftler Nicholas Stern hat ausgerechnet, dass schon für Deutschland, das gar nicht so stark vom Klimawandel betroffen ist, immerhin bis 2050, wenn wir nichts tun, auch 800 Milliarden Euro an Kosten für die Schäden des Klimawandels anfallen. Das ist immer das Problem bei den großen Zahlen, man kann es sich nicht so richtig vorstellen. Deswegen haben wir es mal heruntergerechnet, was das für eine Person bedeutet. Das sind 12.500 Euro für jede Thüringerin und jeden Thüringer. Das sind bei einer Familie mit drei Kindern und neun Enkeln 175.000 Euro. Also jedes Jahr bis 2050 müsste so eine große Familie 5.000 Euro zurücklegen, damit die Folgen des Klimawandels bewerkstelligt werden können. Wir sagen, das ist verschwendetes Geld. Wir nehmen das Geld lieber jetzt in die Hand, investieren es in Innovation, in erneuerbare Energien und somit auch in den Wohlstand von uns und unseren Kindern.
Lassen Sie mich noch mal kurz zu den Kosten kommen. Natürlich ist das so, eine Anfangsinvestition kostet etwas. Das müssen wir gar nicht bestreiten. Es ist zu erwarten, das sieht man jetzt schon, dass sich die EEG-Umlage stabilisiert und wenn man die Ausnahmetatbestände herausnimmt, ist sie in den letzten Jahren sogar gesunken. Es ist zu
erwarten, dass die EEG-Umlage sich ungefähr bei 6 Cent einpegelt und in den nächsten fünf Jahren auch sinkt. Das entspricht natürlich auch Geld. Geld, was bezahlt werden muss. Das sind 60 Euro pro Person im Jahr.
Betrachtet man aber die alternativen Kosten, die entstehen, zum Beispiel für die Atomenergie, und rechnet alle Folgekosten – Entsorgung, staatliche Subventionen über Steuer – ein, dann kommen wir auf 30 Cent pro Kilowattstunde. Das entspricht dann schon 300 Euro pro Person und Jahr. Bei der Kohleenergie ist es durch Umweltschäden und Gesundheitskosten, die auch vom Steuerzahler getragen werden müssen, ähnlich. Dort sind wir bei 150 Euro pro Person und Jahr. Also die Energiewende kostet was. Wenn man was tut, kostet es immer was. Aber wenn wir nichts tun, kostet es ein Vielfaches. Das ist unserer Meinung nach der falsche Weg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen mit der EEG-Novelle vor einem Scheideweg in der Energiepolitik. Wollen wir zurück zu fossilen Energien, wollen wir erneuerbare Energien ausbremsen oder wollen wir den Weg gestalten zu 100 Prozent langfristig erneuerbaren Energien? Wollen wir 500.000 Arbeitsplätze gefährden oder wollen wir der Motor für den Mittelstand sein? Wollen wir den Schutz von wenigen Stromkonzernen mit Renditen von über 15 Prozent oder wollen wir eine Bürgerenergie von unten mit vielen Energiegewinnern mit einer Rendite von 3 bis 5 Prozent? Wollen wir auf der einen Seite Umwelt- und Gesundheitsschäden oder den Erhalt der Schöpfung und unserer Umwelt?
Lassen Sie mich jetzt zu den Grundzügen des EEG kommen und was die Grundprobleme sind. Der erste Punkt ist, dass die Ziele der Bundesregierung zu unambitioniert sind. Sie wollen bis 2025 40 bis 45 Prozent Erneuerbare-Energie-Strom. Das bedeutet ein jährliches Wachstum von 1,2 Prozent und bedeutet einen Markteinbruch von 60 Prozent. Wir sagen, auf dem langfristigen Weg hin zu erneuerbaren Energien brauchen wir mindestens das jetzige Durchschnittswachstum aus den letzten drei Jahren von 3 bis 4 Prozent. Das ist ein kontinuierlicher Ausbau und das sind die Ziele, dass wir langfristig hinkommen zu 100 Prozent erneuerbarer Energie. Ich freue mich sehr, dass wir uns in der Koalition unter SPD, Linken und Grünen in Thüringen einig geworden sind, dass dieses Ziel „100 Prozent erneuerbare Energien“ erreichbar ist, dass das unser politisches Ziel ist, nicht nur auf Thüringer Ebene, sondern auch was das EEG auf Bundesebene betrifft. Wir sind stolz darauf, dass zur letzten Demonstration hier vor dem Landtag unser Ministerpräsident Bodo Ramelow zusammen
mit der Umweltministerin Anja Siegesmund und auch einzelnen Abgeordneten vor dem Landtag ganz klar gesagt hat: SPD, Linke und Grüne und die Landesregierung stehen für die Energiewende mit Bürgerenergie,
Was bedeutet Bürgerenergie aber jetzt konkret? Wichtig ist uns bei den einzelnen Punkten des EEG-Gesetzes, dass Bürgerenergiegenossenschaften unterstützt werden. Sie brauchen hier auch keine Scheinbeteiligung, wie es teilweise in Ausnahmeregelungen angedeutet wird, auch in dem Änderungsantrag von der CDU, sondern wir brauchen ganz konkrete feste Vergütungen, zumindest für Bürgerenergiegenossenschaften, das heißt bei der Solarenergie, bei Anlagen bis 1 Megawatt und bei Wind bis 18 Megawatt. Eine andere Variante mit Beteiligung an Ausschreibungen wird für Bürgerenergiegenossenschaften nicht machbar sein und das wird der stille Tod der Bürgerenergiewende von unten sein. Das können wir nicht befürworten.
Zu den einzelnen Energieträgern wollen wir im Windbereich ein festes Ausbauziel von mindestens 2,5 Gigawatt netto, das heißt im Vergleich zum CDU-Antrag, dass dort nicht Repowering einberechnet ist, auch nicht Offshore-Anlagen, sondern dass das die Mindestmenge ist, die wir brauchen, die am Land auf neuen Flächen neu dazukommt. Zur Vermeidung von zusätzlichen Netzausbauten und größeren regionalen Ungleichgewichten ist es auch wichtig, dass die Windenergie flächig in Deutschland ausgebaut wird, eben nicht nur im Norden von Deutschland und mit riesengroßen Leitungen bis in den Süden transportiert werden muss, sondern dass wir es verteilt hinbekommen, dass sich die Verteilung in Deutschland über mehrere Bundesländer erstreckt.
Bei der Solarenergie ist uns insbesondere wichtig, dass das Ausbauziel, das die Bundesregierung prinzipiell auch hatte, von 2,5 Gigawatt auf 5 Gigawatt erzielt würde, wie es auch vor drei, vier Jahren schon erreicht wurde. Da muss man sagen: Die Bundesregierung hat bis jetzt noch nicht mal ihr Ausbauziel von 2,5 Gigawatt erreicht, sondern nur 1,5. Es ist zu erwarten, dass die Ziele, die sie sich auf dem Papier hier setzen mit den Maßnahmen, dann noch sogar unter diesen minimalen Punkt der Solarenergie zurückgeht und damit noch mehr Arbeitsplätze gefährdet werden.
Wir wollen im Solarbereich Eigenverbrauch stärken. Dazu gehört auch, dass wir die Sonnensteuer streichen. Es ist vollkommen abwegig, einen eigenverbrauchten Strom, den man mit seinen eigenen Anlagen erzeugt, noch mit einer Umlage zu bestrafen.
Das hat zum Ausbremsen von sehr wirtschaftlichen Leistungen geführt. Die Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert und investieren weniger in Solarstrom, und das, obwohl im Gebäudebereich die Erzeugungskosten in den letzten zehn Jahren mittlerweile um 80 Prozent gesunken sind von damals 50 Cent auf mittlerweile 10 Cent. Das ist etwas, wenn man das mal mit seinen Strompreisen vergleicht, was eine gute Investition für alle Häuslebauer ist,
aber auch für Mietpreismodelle für Wohngebäude. Das ermöglicht den Mietern auch eine Anteilhabe an der Energiewende.
Zur Bioenergie möchte ich nur ganz kurz sagen: Herr Gruhner hat das in dem Alternativantrag auch aufgeschrieben, aber hat eines vollkommen vergessen. Er schreibt zwar, dass er 100 Megawatt für Bioenergieanlagen neu errichten will, aber den Thüringer Bäuerinnen und Bauern, die hier vor dem Landtag demonstriert haben, geht es vor allen Dingen darum, dass sie Zukunftsvisionen für ihre bestehenden Anlagen haben, dass diese umgerüstet werden können in den nächsten Jahren und dort eine wirtschaftliche Perspektive haben mit mehr Flexibilisierung, mit Wärmenutzung, aber auch mit Verwendung von Reststoffen. Das ist ein Schwerpunkt, zu dem sich Bioenergie hinentwickeln soll und das wollen wir mit unserem Antrag stärken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben heute eine wichtige Entscheidung zu treffen. Wollen Sie einen Weg gehen, eine Politik für wenige Energiekonzerne der Kohle-, Atom- oder Erdöllobby oder wollen Sie mit uns zusammen für eine regionale Energiewende mit starker Bürgerbeteiligung zu 100 Prozent erneuerbaren Energien stimmen und mit unserem Antrag diesem zustimmen und der Landesregierung sagen und unterstützen,
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will zunächst zwei Vorbemerkungen machen. Zunächst zum Kollegen Harzer, der hier behauptet hat, wir hätten den Antrag der Koalitionsfraktionen abgeschrieben: Wissen Sie, mit dem Abschreiben ist das immer so eine Sache. Ich habe mich in der Schule eigentlich immer dann, wenn ich abschreiben wollte, neben jemanden gesetzt, wenn ich meinte, er sei der Klassenbeste, weil man da gute Ergebnisse bekommt, wenn man abschreibt.
Bei Ihnen ist es aber so, dass Sie eher den Sitzenbleiber in der letzten Reihe darstellen. Deswegen kann es sich gar nicht lohnen, bei Ihnen abzuschreiben.
Dann will ich eine zweite Vorbemerkung machen, weil ich gerade aktuell auf Twitter gelesen habe, dass sich der Ministerpräsident auch mal wieder via Twitter in unsere Debatte einschaltet. Er hat da geschrieben: „Eine unserer Stärken in Thüringen sind die ungenutzten Pumpspeicher.“ Unabhängig von der Tatsache, dass ich es gut finden würde, dass sich der Ministerpräsident mal hier im Parlament mitteilt, wenn er etwas zu diesem Thema zu sagen hat und nicht einfach nur im Internet,
kann ich ihn nur auffordern, dann soll er mal Ross und Reiter nennen. Dann soll er uns mal sagen, wo all die Becken hin sollen, dann soll er uns sagen, wo die Eingriffe in die Landschaft vorgenommen werden. All das macht er nämlich nicht. Aber ich kann es noch mal sagen: Es reicht nicht, immer nur auf Twitter irgendwelche schönen Bildchen zu verschicken, man muss auch mal die Debatte hier im Parlament führen. Der Ministerpräsident ist nicht da und deswegen sollte er sich bei diesen Themen auch eher ausschweigen. Das als Vorbemerkung.
Ich will aber – in der Tat, das Beste habe ich mir für den Schluss aufgehoben – zunächst noch mal sagen, dass es gut ist, dass wir heute zwei Anträge vorliegen haben – einen von Ihrer Seite, einen von uns –, weil es die Gelegenheit gibt, noch mal klar Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten, noch mal deutlich zu machen, wo die Alter
nativen sind. Einigkeit besteht in der Tat bei der Frage der Biomasse. Kollege Kobelt, selbstverständlich geht es auch darum, dass wir Bestandsanlagen sichern wollen und nicht nur über Zubau reden.
Weil es eben darum geht, dass wir Unterschiede und Gemeinsamkeiten, dass wir Alternativen deutlich machen wollen, will ich Sie noch einmal grundsätzlich nennen, bevor ich im Detail auf unseren Antrag eingehe. Erstens, ich habe es gestern schon mal ähnlich gesagt, Sie wollen Energiewende mit der Brechstange, wir wollen Energiewende mit Augenmaß. Sie wollen neue Subventionstatbestände für die Windenergie schaffen, wir wollen, dass sich Windenergie am Markt bewährt, und dass es keine neuen Subventionstatbestände an dieser Stelle gibt. Sie wollen ungebremsten Zubau, wir wollen Steuerung und Kosteneffizienz. Sie wollen die Ökostromlobby stärken, wir wollen Verbraucher und Mittelstand stärken, so wie es auch über unserem Antrag steht. Das sind die grundsätzlichen Alternativen und um die geht es in der Tat.
Nun haben Sie einen Antrag vorgelegt, in dem Sie in Ziffer I zunächst auf einen Appell abheben, den – ich glaube – gerade mal neun Bundestagsabgeordnete unterschrieben haben. Diesen Appell von neun Bundestagsabgeordneten soll sich jetzt auch dieses Haus zu eigen machen. Aber ich glaube, genau dieser Appell, auf den Sie abheben, hat drei Schwächen. Der erste Punkt ist, er hebt nur darauf ab, dass die Klimaziele nur dann erreichbar wären, wenn wir ausschließlich auf den Zubau von erneuerbaren Energien setzen. Aber richtig ist doch, dass wir eben auch auf die Frage von Energieeffizienz setzen müssen, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen. Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat erst in der letzten Woche eine große Energieeffizienzoffensive angekündigt – 17 Milliarden bis 2020. Es ist also falsch, wenn man sagt, wenn man Steuerung und Kosteneffizienz beim Ausbau der erneuerbaren Energien mitdenkt, dass man auf der anderen Seite die Klimaziele abwürgt. Das ist falsch, man muss alle Säulen mitdenken. Ich glaube, in diese Richtung wird auch gedacht.
Dann hebt der Appell, den Sie hier gern befürworten wollen, darauf ab, dass alle die, die für Kosteneffizienz werben, immer hingestellt werden, als würden sie die Energiewende abwürgen wollen. Richtig ist tatsächlich, dass es nicht darum geht, die Energiewende abzuwürgen, sondern richtig ist, dass wir mehr Steuerung, mehr Kosteneffizienz und mehr Augenmaß wollen. Wir wollen selbstverständlich, dass wir den eingeschlagenen Weg weitergehen, aber dass wir ihn mit Sinn und Verstand weitergehen und nicht einfach blind und aktionistisch, wie Sie es wollen.
Dann will ich drittens sagen, dass in diesem Appell auch noch mal auf die Frage der Strompreise abge
hoben wird. Die Debatte haben wir gestern hier schon geführt. Die Frage, wie teuer sind die Industriestrompreise, was haben wir für eine Situation mit Blick auf die Haushaltsstrompreise? Und da will ich noch einmal klar sagen: Wir haben im europäischen Vergleich mit die höchsten Industriestrompreise, nur Italien ist teurer als Deutschland. Mit Blick auf die Haushaltsstrompreise sagt Eurostat, dass auch da Deutschland einen Spitzenplatz einnimmt. Nur Dänemark ist da noch teurer. Im EUDurchschnitt sind wir bei 20 Cent pro Kilowattstunde, in Deutschland bei rund 30 Cent pro Kilowattstunde im Haushaltsstrombereich.
Das heißt doch, dass wir etwas tun müssen, wenn wir die Energiewende nicht zur sozialen Frage ausufern lassen wollen. Deswegen ist es auch eine Gerechtigkeitsfrage und deswegen kann ich überhaupt nicht verstehen, wie die Linke als selbsternannte Robin Hoods aller Menschen dieser Welt sich hier hinstellen kann und diese Frage einfach ignoriert. Nein, es geht hier auch zentral um die Gerechtigkeitsfrage und deswegen müssen wir – und zu der Verantwortung bekennen wir uns ja auch – die Entwicklung, die es in den letzten Jahren gab, an dieser Stelle abbremsen, wenn wir auf die Kostenentwicklung blicken.