c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Chancen, Nutzen und Perspektiven für den sozialen Wohnungsbau in Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2162
Das Wort erhält für die Fraktion Die Linke Frau Abgeordnete Lukasch. Bitte schön, Frau Abgeordnete Lukasch.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, als Erstes möchte ich die Chance nutzen, bevor ich zum sozialen Wohnungsbau komme, noch einmal ein Lob auszusprechen an alle kommunalen Unternehmen, waren es doch hauptsächlich die kommunalen Unternehmen, die in dem letzten Jahr bei der Unterbringung der Flüchtlinge eine hervorragende Leistung vollbracht und Zeltstädte hier in Thüringen verhindert haben. Gleichzeitig hat aber diese Situation gezeigt, dass der soziale Wohnungsbau dringender denn je nötig ist.
In Artikel 15 der Thüringer Verfassung steht: „Es ist ständige Aufgabe des Freistaats, darauf hinzuwirken, dass in ausreichendem Maße angemessener Wohnraum zur Verfügung steht. Zur Verwirklichung dieses Staatsziels fördern das Land und seine Gebietskörperschaften die Erhaltung, den Bau und die Bereitstellung von Wohnraum im sozialen, genossenschaftlichen und privaten Bereich.“
Ja, das Thema der Aktuellen Stunde ist ein großer Komplex, der nicht einfach zu erklären ist. Schon im Vorfeld der Veröffentlichung der neuen Richtlinie erhielten manche den Eindruck, dass hier zwei unversöhnliche Partner gegenüberstehen: der Verband der Wohnungswirtschaft, der hier hauptsächlich die kommunalen und genossenschaftlichen Unternehmen vertritt, und die Landesregierung. Das Thüringer Bauministerium ist hier neue Wege gegangen. Wir haben unzählige Diskussionsrunden mit dem Verband geführt. Das Ministerium hat sich strategisch neu ausgerichtet, um bezahlbaren Wohnraum für alle Thüringer und Thüringerinnen zu schaffen. Das Instrument der Richtlinien, so wie sie im Thüringer Staatsanzeiger veröffentlicht sind, ist das beste Instrument.
Dagegen behaupten die Immobilienverbände, die Richtlinien gingen an der Realität vorbei. So stand es auch erst letztens wieder in der TLZ. Manch einer mag sich fragen, was nun stimmt. Fakt ist, dass in den letzten Jahren, von 1991 bis 2014 Unmengen an Geld vom Freistaat und vom Bund für den Eigenheimbau und für den sozialen Mietwohnungsbau ausgegeben wurden. Der Streit um die neuen Richtlinien schwelt schon über ein Jahr. Es gab ge
nügend Mitsprachemöglichkeiten. Wir hatten sechs Runden mit dem Verband, wir waren beim Verband und der Verband war auch bei uns. Es gab immer Steuerungselemente. Begonnen hat der Verband mit einer Forderung von 6 Prozent Eigenkapitalverzinsung, was ich schon für den sozialen Wohnungsbau verwerflich finde. Heute sind die Richtlinien auf einem guten Niveau. Das Angebot an die Wohnungswirtschaft, sich dieser Richtlinien anzunehmen und Projekte vorzulegen, um zu beweisen, dass diese Richtlinien nicht stimmen, gab es nicht. Dennoch gab es einzelne Unternehmen, die Anträge gestellt haben. Also können wir doch mit den Richtlinien nicht so verkehrt liegen. Insgesamt gibt es 22 Anträge auf Neubau und vier Anträge auf Modernisierung. Ich nehme an, die Frau Ministerin wird nachher noch mal darauf eingehen.
Erst in der Debatte letzte Woche in Weimar, durchgeführt vom Institut für Europäische Urbanistik zum Thema „Wohnen für alle“, war es die Forderung, dass sozialer Wohnungsbau nicht renditeorientiert, sondern beleggebunden und mietpreisgebunden sein sollte. Nur dann ist es ein Garant für bezahlbares Wohnen. Mitgedacht wurden bei den Richtlinien – das muss auch sein – der Altersarmutsbericht und auch die zukünftige Rentenentwicklung muss in Augenschein genommen werden. Und was bei der Diskussion der Richtlinie vom Verband nie oder wenig zur Sprache kam: Die Stadtentwicklung. Ich gebe zu, mich ärgern manchmal die Meinungen des Verbands, dass das alles nicht ausreichend ist, und die Forderungen nach mehr Fördermitteln und Zuschüssen.
Sozialer Wohnungsbau – der Grund dafür sind natürlich die nicht marktfähigen Einkommen oder die marktfernen Einkommen und für die wollen wir diesen Wohnungsbau und
die Richtlinien machen. Es wird auch in Zukunft noch Beratungen in den Wohnungsunternehmen geben. Ich werde nicht müde, in die Wohnungsunternehmen zu fahren und die Richtlinien bekannt zu geben, denn überall dort, wo ich war, war die Folge, dass Anträge gestellt wurden. Bürokratie – das ist so ein Wort, das ärgert auch mich, aber Bürokratie ist manchmal unumgänglich, wenn man einen Bestand sichern will und das für unsere Bürgerinnen und Bürger. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste auf der Tribüne – wenn es auch wenige sind –, werte Gäste am Livestream! „Chancen, Nutzen und Perspektiven für den sozialen Wohnungsbau in Thüringen“ – dieser Titel der Aktuellen Stunde klingt vielversprechend. Doch ist er dies auch? Wo liegen die Chancen und der Nutzen oder auch die Perspektiven des sozialen Wohnungsbaus bzw. wie äußern sich diese? Eine ganze Reihe von Fragen, die das Thema aufwirft, denn die Herausforderungen an die Wohnungsmärkte in Thüringen sind sehr vielfältig. In den Städten Erfurt, Jena und Weimar ist die Perspektive des sozialen Wohnungsbaus sicherlich zweifellos die Schaffung, das heißt der Neubau von Mietwohnungen mit sozialverträglichen Mieten, auch barrierefreien und behindertengerechten Wohnungen. Das ist richtig. In anderen Wohnungsmarktregionen – zum Teil mit massiven Leerständen – sind die Perspektiven anders zu definieren. Hier liegen die Chancen zur Schaffung von ausreichend preiswertem Wohnraum nicht in erster Linie im Neubau, sondern es gilt, mithilfe entsprechender Maßnahmen den Erhalt und die Steigerung der Qualität von Wohnungen zu gewährleisten ebenso wie die Wohneigentumsbildung zu stärken, die Wohnfunktion von leer stehenden oder vom Leerstand bedrohten Immobilien zu erhalten.
Eine weitere Herausforderung an den Wohnungsmarkt stellt die demografische Entwicklung mit neuen Wohnangeboten und Wohnqualitäten für ältere Menschen dar. Durch Maßnahmen zur Barrierenreduzierung im Wohnbereich und dem Wohnumfeld müssen verstärkt generationsgerechte, bezahlbare Wohnangebote geschaffen bzw. erhalten werden.
Werte Damen und Herren, es stellt sich nun die Frage, wie all die Ziele erreicht und die Chancen genutzt werden sollen. Hier ist neben den Wohnungsunternehmen, die übrigens – meine Vorrednerin hat das auch schon gesagt – eine hervorragende Arbeit leisten – und an dieser Stelle geht auch ein großes Dankeschön an diese Unternehmen –, vor allem auch die Regierung gefragt. Schaffen Sie durch entsprechende Voraussetzungen die Grundlagen dafür, dass der soziale Wohnungsbau eine Chance hat. Die ersten Schritte sind nunmehr getan. Hier in Thüringen soll der soziale Wohnungsbau in diesem und im nächsten Jahr mit insgesamt 125 Millionen Euro gefördert werden, wobei das Ziel sein soll, auch in den oben genannten Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt eine ausreichende Anzahl von Sozialwohnungen mit Mieten von unter 5,50 Euro pro Quadratmeter zur Verfügung zu haben, wobei – fragt man die Wohnungsverbände – die durchschnittlichen Mieten bei circa drei Viertel der Wohnungen aktuell unter 5 Euro pro Quadratmeter liegen, und zwar im Durchschnitt des Jahres 2014 bei rund 4,65 Euro.
Allein für den Neubau von Mietwohnungen sollen in diesem Jahr 26 Millionen Euro anstatt bisher 15 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Damit sollen circa 245 bis 270 Wohnungen neu gebaut werden können. Für die Modernisierung stehen 16 Millionen bereit und 5 Millionen sollen in den altersund behindertengerechten Umbau von 500 Wohnungen fließen.
Um all diese Maßnahmen auch umsetzen zu können, wurden die Förderrichtlinien überarbeitet und dem vermeintlichen Bedarf angepasst – sicher auch als Reaktion darauf, dass die bisher vorhandenen Gelder kaum abgerufen wurden. Dies soll sich, wenn es nach der Landesregierung geht, nun ändern. Mit der erlassenen Richtlinie werden die Förderprogramme auf eine soziale Wohnraumförderung ausgerichtet. Die Finanzierung der Förderprogramme, meine Damen und Herren, soll zum einen über das Wohnungsbauvermögen entweder als zinsloses Darlehen oder als Zuschuss bzw. durch zinsverbilligte KfW-Kredite erfolgen. Um den Unternehmen und den Privaten die Förderprogramme – für meine Begriffe – schmackhaft zu machen, sollen freiwillige Tilgungszuschüsse unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden können, so zum Beispiel 15 Prozent, wenn die Belegungsbindung auf 20 Jahre festgelegt wird oder 10 Prozent, wenn die EnEff-Standards um – ich betone ausdrücklich – 40 Prozent unterschritten werden. Ich sage hier nur, die Baukosten lassen grüßen.
Meine Damen und Herren, nun liegt der Schluss nahe, das ist alles super, alles ist in Ordnung. Doch schaut man etwas tiefer und fragt die Wohnungsunternehmen, die von den Fördermöglichkeiten Gebrauch machen sollen, sieht das Ganze schon etwas anders aus. Die Thüringer Immobilienverbände erkennen das Bemühen der Regierung an, sie sehen die neuen Förderrichtlinien aber eher kritisch bzw. lehnen sie ab, da sie am Markt vorbeigehen. Vor allem die Mietpreisbindung von bis zu 15 Jahren bzw. bis zu 20 Jahren führt unweigerlich zur Unwirtschaftlichkeit, da die Mieten über diesen Zeitraum nicht an steigende Bewirtschaftungskosten angepasst werden können. Der VTW betont, dass die Förderrichtlinien an der Realität vorbeigehen, denn es werden nicht noch mehr Wohnungen für Wohnberechtigungsscheine, sondern für die breite Masse vor allem auch in den ländlichen Gebieten benötigt. Ein Großteil der Mieter hat gar keinen Anspruch auf Berechtigungsscheine, ist aber auch nicht der Großverdiener, der kostendeckende Mieten ab 10,50 Euro pro Quadratmeter zahlen kann. Auch für dieses Klientel muss etwas getan werden. Diese Möglichkeit hat man bisher vertan, genauso wie im Vorfeld konstruktive Beratungen mit allen Verbänden zu suchen.
Sieht so die Einbeziehung derjenigen aus, die im Endeffekt den sozialen Wohnungsbau umsetzen sollen, frage ich mich. Ich denke nicht. Nutzen Sie als Landesregierung die Chance und Perspektiven, die die starken Wohnungsunternehmen für einen stabilen und sozialen Wohnungsmarkt in Thüringen bieten. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Liebetrau. Als Nächster hat Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, welchen Wohnungsbau wollen wir als öffentliche Hand, als Land Thüringen fördern? Die alte Landesregierung mit dem CDU-Bauministerium hat sich dazu entschlossen, einen Großteil der Förderung in Förderung von Einfamilienhäusern auch im ländlichen Raum zu investieren. Das ist sicherlich eine Bauform, die man so machen kann, aber es geht unserer Meinung nach an dem Bedarf und an den Problemen, die wir in Thüringen haben, vorbei. Es hat sich gezeigt, dass es bei den Projekten, die dort größtenteils gefördert wurden, einen starken Mitnahmeeffekt gab und dass durch staatliche Lenkung, durch Subventionierung sogar ein Überangebot im ländlichen Raum entstanden ist, wo die demografische Entwicklung und die Marktprognosen sagen, dass genau diese Gebiete in den nächsten Jahrzehnten wirtschaftliche Schwierigkeiten haben werden, und dort ein erhöhter Leerstand, der dann mit öffentlichen Mitteln noch forciert wurde, zu erwarten ist. Das ist unserer Meinung nach der falsche Weg.
Wir als Grüne wollen an drei Punkten arbeiten. Zunächst erst einmal ist uns wichtig, dass in den Städten, wo es einen geringen Leerstand gibt, wo es eine hohe Nachfrage gibt, wieder mehr Wohnungen gebaut werden. In den Städten – zum Beispiel Erfurt, Weimar, Jena, auch zunehmend Gotha, Eisenach, Saalfeld, Rudolstadt –, wo der Leerstand immer geringer wird, haben wir das Problem, dass sich viele Menschen, viele Familien die Mieten nicht mehr leisten können und gerade mit geringem Einkommen keine Wohnung finden oder sich an Stadtrandlagen befinden und aus den Zentren gedrängt werden. Ich denke, eine Stadt sollte lebendig sein, sie sollte auch in den Innenstädten verschiedene
Angebote für alle Menschen haben. Das macht eine Gesellschaft und auch ein städtisches Leben aus. Deswegen finde ich es richtig, dass es ein spezielles Innenstadtstabilisierungsprogramm für Neubau gibt, bei dem gerade nicht in Randlagen gefördert wird, sondern gerade in der Innenstadt für Menschen Angebote unterbreitet werden, die geringe Einkommen haben. Das ist ein richtiges Programm, das unterstützen wir, und das wird damit auch forciert, dass es für diese Angebote Investitionszuschüsse gibt, also 30 Prozent Investitionszuschüsse, wenn es eine Mietpreisbindung für insgesamt 20 Jahre gibt und wenn die Baukosten höher als die zu erwartenden Einnahmen von circa 5,50 Euro in den Städten – es wurde schon gesagt – sind. Das trifft für viele Städte zu, die ich genannt habe. Das wird ein Programm sein, was durch diese 30 Prozent Zuschüsse erst mal attraktiv ist.
Das Zweite: Es ist so, Frau Liebetrau, es gibt aber nicht nur ein Neubauprogramm, sondern es gibt auch ein Sanierungsprogramm. Das ist gerade für die Städte, die nicht so einen hohen Leerstand haben, aber auch einen Bedarf an gut sanierten, an preisgünstigen Wohnungen, genau die richtige Maßnahme. Diese Baumaßnahmen in diesen Kommunen können auch von dem sozialen Wohnungsbauförderprogramm profitieren. Sie bekommen ebenfalls die Zuschüsse, die ich genannt habe, und werden sie aber nicht – logischerweise – für einen Neubau einsetzen, sondern für Sanierungsmaßnahmen. Das ist der zweite Punkt, der uns auch als Grüne wichtig wäre.
Der dritte Punkt ist, dass wir die wenigen Mittel, die wir haben, auch für Menschen einsetzen, die barrierefreien Wohnraum benötigen. Dies ist dadurch gewährleistet, dass es sowohl für das Sanierungsprogramm als auch das Neubauprogramm noch mal einen zehnprozentigen Zuschuss gibt, wenn man barrierefrei oder barrierearm baut. Das ist genau die Antwort, die wir in Zeiten des demografischen Wandels brauchen und die die Wohnungsbauunternehmen nutzen können, gerade für Mehrkosten, die sie haben, um für ältere Menschen oder auch für Menschen mit Behinderung, Wohnraum zu schaffen.
Der vierte Punkt, der uns wichtig war, ist, dass man nicht nur auf die Investitionskosten schaut, sondern auch auf die Kosten, wenn man in der Wohnung lebt, die Nebenkosten. Zunehmend erleben wir, dass diese Nebenkosten stetig steigen und einen zunehmend großen Anteil an den Gesamtmietkosten erreichen. Deswegen ist es uns wichtig, in dem Programm auch Anreize zu setzen, dass energiesparend gebaut wird und gerade diese Nebenkosten für die Bewohnerinnen und Bewohner, die ein geringes Einkommen haben, auch gesenkt werden. Nichts ist besser, als wenn man energiesparend baut und Energie gar nicht erst erzeugen muss, mit
Außerdem ermöglicht dieser Passus, dass wir Innovation anregen, dass zum Beispiel Solaranlagen gebaut werden und der Strom den Mietern auch zur Verfügung gestellt wird, damit immer mehr Menschen von der Energiewende profitieren. Insgesamt haben wir mit den Wohnungsverbänden, aber auch in der Koalition über mehrere Monate hart über diese Richtlinie diskutiert. Ich denke, die Förderrichtlinie, die jetzt vom Ministerium vorgestellt wurde, ist ein guter Schritt und ein guter Erfolg. Wir als Grüne unterstützen das. Wenn es noch ein paar bürokratische Punkte gibt, die gelöst werden sollen, dann werden wir uns dem nicht verwehren und dann muss auch noch das Gespräch mit der Wohnungswirtschaft gesucht werden, aber die Eckpfeiler sind richtig und ausdiskutiert
Sehr geehrter Herr Parlamentspräsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuhörer! Zur Einleitung müssen wir erst einmal klarstellen, wer denn überhaupt in sozialem Wohnraum wohnen darf.
Laut dem Wohnraumförderungsgesetz vom 13. September 2001 heißt es: „Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind.“ Dabei müssen wir beachten, dass wir in Thüringen einen enormen Leerstand haben. 2014 sollen es 80.000 Wohnungen gewesen sein. Das dürfte sich nicht stark geändert haben, es sind im Zweifel sogar noch mehr Wohnungen frei geworden. Dieser Leerstand wächst auch noch außerhalb der
großen Städte kontinuierlich. Der Markt in Thüringen ist also voller Wohnraum und dieser ist im Vergleich zum Rest in Deutschland günstig. Doch es ist nicht der richtige Weg, verzweifelt die Mietpreise in den Großstädten künstlich zu drücken und so noch für weitere Anreize für die Flucht aus dem ländlichen Raum zu sorgen. Wir fordern: Der ländliche Raum muss leben! Wir sehen die Thüringer Landesregierung in der Pflicht, gerade die Städte Erfurt und Jena so mit dem ländlichen Raum zu vernetzen, dass Pendler, Studenten und Berufsschüler den ländlichen Raum als tatsächliche Alternative zu den vergleichsweise hohen Mieten in diesen beiden Städten sehen. Es wäre ein Beitrag dazu, den ländlichen Raum zu stabilisieren und ihm eine Zukunft zu geben.
So würde auch der Druck auf Jena und Erfurt sinken. Die Leerstände sind da. Nicht jeder kann und muss in den Großstädten wohnen. Wenn wir in Thüringen von sozialem Wohnraum reden, dann reden wir meistens von Erfurt und Jena, wo die Mietpreise relativ hoch sind und die sich als einzige Städte auch für die Mietpreisbremse qualifiziert haben. Laut einer aktuellen Studie in der „Süddeutschen Zeitung“ funktioniert die Mietpreisbremse weder in Berlin noch in München und wird wohl auch voraussichtlich in Erfurt und Jena nicht funktionieren. Diese Mietpreisbremsen erweisen sich nur als Sand im Auge der Bürger – als Sandmännchenpolitik. Auch die neuen Förderbedingungen für sozialen Wohnraum der Landesregierung mit bis zu 15 Jahren Mietpreisbindung und dazu die Belegungsbindung führen zu keinem Erfolg bei einem sich schnell bewegenden Markt. Ihre Angebote sind nicht nur unflexibel, sondern auch höchst bürokratisch – kein Wunder, dass niemand Ihre Fördergelder will. Auf Kritik der Wohnbauindustrie gehen Sie meist gar nicht ein, lassen Sie also lieber die Unternehmer ihre Arbeit machen, Frau Keller. Wir wissen, dass Sie als Landesregierung am liebsten den Mietpreis überall selbst festlegen würden. Kommunismus hatten wir aber schon in diesem Land und auf dem Gebiet des heutigen Thüringen – dieser ist ordentlich schiefgelaufen.
Probieren Sie dies nicht noch einmal. Wir als AfD setzen auf die Selbstverantwortung der Bürger. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, heute debattieren wir auf Antrag der Linken über den sozialen Wohnungsbau in Thüringen. Beginnen möchte ich mit einer Vorbemerkung: Die Bundesregierung hat die Bundesmittel der Wohnraumförderung für die Jahre 2016 bis 2019 verdoppelt. Das heißt, dass Thüringen nicht 28 Millionen Euro, sondern 56 Millionen Euro pro Jahr vom Bund für Wohnraumförderung erhält. Das heißt, dass ausreichend Geld da ist, was nur klug investiert werden muss. In diesem Monat, Mai 2016, wurden die neuen Förderbaurichtlinien unter anderem auch für den sozialen Wohnungsbau in Thüringen veröffentlicht. Eigentlich ist es heute noch viel zu früh, um über diese Förderprogramme zu reden.
Vorab möchte ich der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass ein ganzes Bündel von Richtlinien veröffentlicht worden ist, heute jedoch in der Aktuellen Stunde leider nur diese eine Förderrichtlinie herausgegriffen wurde. Die Wohnungsunternehmen, besonders die Investoren, haben jetzt erst einmal die Möglichkeit, die Programme zu lesen, zu sichten, Überlegungen anzustellen, ob sie die Förderprogramme in Anspruch nehmen oder auch nicht. Allerdings liegen schon die ersten Rückmeldungen vor, und zwar eine gemeinsame Pressemitteilung von Haus & Grund Thüringen, Bund Freier Wohnungsunternehmen, Immobilienverband Deutschland sowie dem Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Ich möchte darauf hinweisen, das ist schon unsere Hauptzielgruppe, von der wir erwarten, hoffen und wünschen, dass sie die Förderprogramme in Anspruch nimmt, investiert und sozialen Wohnungsbau errichtet und bewirtschaftet. Die Diktion und Prononcierung der Pressemitteilung, die durchweg kritisch ist, lässt sich aus deren Enttäuschung ableiten, denn je größer die geweckten Erwartungen sind, desto größer sind dann auch die Enttäuschungen. Mit unserem rot-rot-grünen Koalitionsvertrag haben wir Erwartungen und Hoffnungen geweckt. Auch wenn ich nicht alle Punkte dieser harschen Kritik teile, dürfen wir diese Meinungsäußerung nicht ignorieren. Vielmehr sollte das gemeinsame Gespräch zwischen Interessenvertretern der organisierten Wohnungswirtschaft und dem Thüringer Infrastrukturministerium gesucht werden. Ich denke, nächste Woche bei den Tagen der Thüringer Wohnungswirtschaft in Suhl wäre dies eine gute Gelegenheit, ein guter Auftakt, um wieder in das gemeinsame Gespräch zu kommen.