Jetzt sind wir bei Ziffer IV des CDU-Antrags angelangt. Wer dieser die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das sind die Stimmen aus der CDU-Fraktion. Dann die Gegenstimmen. Gegenstimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? Enthaltungen aus den Reihen der AfD-Fraktion und vom Abgeordneten Gentele.
Und last, but not least die Abstimmung über die Ziffer V des CDU-Antrags. Wer dieser zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Die Zustimmung aus den Reihen der CDU-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen und der AfD. Die Enthaltungen bitte. Enthaltung vom Abgeordneten Gentele.
Damit haben wir die einzelnen Punkte abgelehnt. Da alles insgesamt abgelehnt ist, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung. Der Antrag in Drucksache 6/2002 ist in Gänze abgelehnt.
Asylverfahrensberatung in Landesaufnahmestellen Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/1767 - Neufassung
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Wieder beginne ich mit einem Zitat: „Am Umgang mit Flüchtlingen […] bemisst sich die Humanität einer Gesellschaft. Die Achtung der Grund- und Menschenrechte jedes und jeder Einzelnen ist Grundlage der Thüringer Flüchtlingspolitik. Allen, egal ob sie als Asylsuchende, Bürgerkriegsflüchtlinge oder aus anderen Gründen nach Thüringen geflüchtet
sind, soll mit Respekt und Würde begegnet werden. Dieser Anspruch soll sich im konkreten Verwaltungshandeln widerspiegeln.“ Meine Damen und Herren, ein Zitat aus dem Koalitionsvertrag der rotrot-grünen Koalition. Dieser Antrag „Asylverfahrensberatung in Landesaufnahmestellen“ soll ein kleiner Schritt dahin sein, dass sich der menschenrechtsorientierte Anspruch im konkreten Verwaltungshandeln widerspiegelt.
Das Grundrecht auf Asyl, meine Damen und Herren, beinhaltet das Recht auf sorgfältige Prüfung jedes Einzelfalls, auch der Einzelfälle der Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen und für die eine nur geringe Bleibeperspektive unterstellt wird. Das Asylverfahrensrecht und das Aufenthaltsrecht sind mit den verschiedenen Gesetzänderungen in den letzten Monaten eingeschränkt worden. Wir wollen für alle geflüchteten Menschen die Möglichkeit schaffen, bereits ab Ankunftsort in den Erstaufnahmestellen über ihre Rechte, das Verfahren und mögliche Rechtsmittel beraten zu werden. Das gehört für uns zur Umsetzung des Anspruchs auf sorgfältige Prüfung jedes Einzelfalls, gerade wenn die Rechtsansprüche durch Bundesgesetzgebung eingeschränkt worden sind, Fristen verkürzt worden sind, beispielsweise Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern gar nicht mehr aus den Erstaufnahmestellen raus sollen.
Unser Ziel ist, in allen Landeserstaufnahmeeinrichtungen – nicht nur in denen, die jetzt, wo weniger Flüchtlinge ankommen, bestehen, sondern auch in künftigen, wenn möglicherweise die Zahlen wieder steigen werden – Beratungsangebote zu machen. Da geht es uns nicht darum, in jeder Erstaufnahmestelle muss ein Büro mit Schreibtisch, Computer etc. vorhanden sein, sondern darum, dass Beraterinnen und Berater möglicherweise einmal die Woche ein Angebot machen, damit es Beratungsstunden beispielsweise auch in kleineren Erstaufnahmeeinrichtungen gibt. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache und erteile als Erstem Abgeordneten Herrgott, CDU-Fraktion, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihr Antrag, den Sie hier gestellt haben,
Sonst habe ich es heute nur zur AfD bemerken können, aber auch bei Ihrem Antrag muss ich leider bemerken, er ist überflüssig. Einerseits wird nach Auskunft des zuständigen Ministeriums in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen bereits über das Asylverfahren informiert. Andererseits werden Rechtsmittelfristen erst in Gang gesetzt, wenn der rechtsmittelfähige Bescheid mit einer ordnungsgemäßen Belehrung über den Rechtsbehelf über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, eingeht, und die einzuhaltende Frist wird insgesamt erst rechtskräftig. Daher besteht die Gefahr, welche Sie hier in Ihrem Antrag formulieren, tatsächlich nicht.
Ferner ist Rechtsberatung, meine Damen und Herren, keine originär staatliche Aufgabe. Pro Asyl – Frau Berninger, das wissen Sie selbst sehr gut – begleitet im Asylverfahren sehr viele Flüchtlinge, Geflüchtete, auch abgelehnte Asylbewerber. Über den Internetauftritt des Thüringer Flüchtlingsrats können Formblätter, Arbeits- und Beratungshilfen in sieben Sprachen abgerufen werden. Und wie hier in der Begründung angeführt wurde, hat das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz lediglich die Rechtsmittelfrist für die Befristung von Einreiseund Aufenthaltsverboten auf eine Woche verkürzt. Damit gelten für die Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung zum Einreise- und Aufenthaltsverbot die gleichen Regeln wie für die Rechtsbehelfe gegen die asylrechtliche Entscheidung. Alle anderen Fristen sind in den Verfahren unverändert.
Konsens ist, meine Damen und Herren, dass Asylverfahren zügig durchgeführt werden sollen, die belastende Schwebesituation während des Asylverfahrens soll so kurz wie möglich gehalten werden, damit zeitnah Klarheit über Bleiberecht geschaffen wird.
Ein Baustein im zügigen Verfahren sind daher die kurzen Fristen zur Rechtsmitteleinlegung und das ist auch wichtig. Besser, meine Damen und Herren, wäre es, statt die Asylverfahrensberatung mit Personal und Ressourcen auszudehnen, diese Ressourcen in die Aufstockung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu stecken, meine Damen und Herren. 60 Prozent der abgelehnten Asylbewerber ziehen vor Gericht. Beispielsweise das Verwaltungsgericht Gera, hier sind die Zahlen 2014 auf 2015 entgegen den Erwartungen des dortigen Gerichtspräsidenten zwar von 836 auf 695 gesunken. Das liegt aber lediglich daran, dass sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2015 vornehmlich auf die einfachen Entscheidungen konzentriert hat, beispielsweise auf die Entscheidung von Syrern. 2016, wenn wir zu einer beschleunigten Abarbeitung der Altfälle kommen, sind für Gera, das für verschiedene Länder in Thüringen zuständig ist – das ist in
einzelne Verwaltungsgerichte aufgeteilt, welche Länder dort zuständig sind – noch 2.500 offene Anträge zu erwarten. Wenn wir nur damit rechnen, dass mit den beschleunigten Verfahren, mit der beschleunigten Abarbeitung 75 Prozent dieser Anträge entschieden werden und in 60 Prozent dieser voraussichtlichen Ablehnungen, weil es sich um sichere Herkunftsstaaten handelt, geklagt wird, reden wir von 1.125 Fällen. Seit Jahresbeginn deutet sich hier auch ein klarer Trend an, meine Damen und Herren. Allein beim Verwaltungsgericht Gera sind im Januar und Februar bereits 244 Verfahren anhängig geworden. Im Vergleich dazu waren es im gleichen Zeitraum des letzten Jahres nur 96. Das bedeutet eine Steigerung in den ersten beiden Monaten dieses Jahres um 250 Prozent. Wenn wir weiter rechnen, dass das im restlichen Jahr so bleibt, weil die Verfahren beschleunigt und auch Altfälle abgearbeitet werden, reden wir über 1.464 Fälle. Diese Verfahren – und die Gerichte sprechen von einer regelrechten Bugwelle, die dort kommen wird, was Sie in verschiedenen in der Presse veröffentlichten Äußerungen nachlesen können –, werden unsere Gerichte beschäftigen, denn es sind Verfahren, die Entscheidungen von Asylbewerbern und Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive betreffen, die bereits hier in Thüringen sind, meine Damen und Herren, völlig unabhängig davon, wie viele neue Antragsteller in diesem Jahr noch dazukommen sollen. Wir werden daher diesen Antrag von den regierungstragenden Fraktionen ablehnen und fordern Sie – gerade Sie von den regierungstragenden Fraktionen – auf, sich gemeinsam mit uns für die notwendige Aufstockung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Thüringen einzusetzen, um hier die Verfahren entsprechend zu beschleunigen und den Menschen auch Sicherheit über ihren Status zu geben. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Herrgott, wir können gern auch mal über die Frage der Aufstockung der Verwaltungsgerichtsbarkeit sprechen. Bringen Sie einfach einen entsprechenden Antrag hier ins Plenum ein, dann werden wir das natürlich auch beraten. Heute geht es aber um die Frage …
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nicht bera- ten! Ihr regiert doch! Dann könnt ihr das doch einfach machen!)
Ja, aber wenn Herr Herrgott dazu Gesprächsbedarf hat, hält ihn ja niemand davon ab, hier einen Antrag einzubringen.
Heute sprechen wir über die Frage der Asylverfahrensberatung. Der Grund, aus dem wir diesen Antrag eingebracht haben, ist, dass wir gesagt haben, Integration ist die zentrale gesellschaftspolitische Herausforderung der kommenden Jahre für uns als Landespolitikerinnen, insbesondere in Abstimmung natürlich auch mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern vor Ort.
Es gibt viele Anforderungen, die wir brauchen, damit Integration vor Ort gelingt. Da geht es um Sprachkurse, um Integrationskurse, es geht um Integration in Regelsysteme wie Schulen und Kindertagesstätten, aber eben auch um Beratungs- und Betreuungsangebote. Ein Aspekt von Beratung und Betreuung ist die Frage der Asylverfahrensberatung, weil es wichtig ist, zu wissen, welche Verfahren bevorstehen, welche Schritte als Nächstes kommen, um sich auf ein Leben hier in dem neuen Land einlassen zu können.
Genau das will der Antrag, eine Asylverfahrensberatung in allen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes, und zwar eine unabhängige Verfahrensberatung, unabhängig vom Land – ganz genau – bei einem freien Träger, wie das bei anderen Beratungsstellen der Fall ist, die zum Beispiel darüber informiert, wie die Abläufe des Asylverfahrens sind, aber auch, welche Rechtsmittel möglich sind. Das wird momentan punktuell schon von Trägern wie zum Beispiel der evangelischen Kirche oder dem Flüchtlingsrat gemacht, aber wir wollen eben nicht, dass das punktuell und zufällig passiert, sondern wir wollen, dass prinzipiell jeder Geflüchtete die Möglichkeit und den Zugang dazu hat.
Jetzt könnte man sagen, dass es vor dem Hintergrund der sinkenden Zahlen vermeintlich auch einen geringeren Bedarf gibt, aber wir wissen, dass es aus den vergangenen Jahren momentan noch 12.000 nicht abgeschlossene Verfahren hier in Thüringen gibt und auch zehntausend Personen, die bislang gar keinen Antrag gestellt haben, weil sie noch keinen Termin beim BAMF hatten. All diese Personen müssen wir also im kommenden Jahr betreuen. Darüber hinaus führt natürlich auch die Einführung des Heidelberger Modells in Thüringen dazu, dass Verfahren beschleunigt werden. Auch das führt dazu, dass es intensiveren Beratungsbedarf vor Ort gibt. Ich glaube, dass wir die Zeit, die wir jetzt haben, nutzen sollten. Herr Herrgott hat, glaube ich, eine Zwischenfrage.
Frau Abgeordnete Lehmann, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Abgeordneten Herrgott. Bitte schön.
Frau Kollegin Lehmann, stimmen Sie mir zu, dass von den erwähnten über 10.000 nicht abgeschlossenen Verfahren sich nur noch wenige, also unter 1.000, in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes befinden und somit dem Ansinnen Ihres Antrags nach gar nicht mehr diese Genugtuung erfahren?
Trotzdem laufen die Verfahren noch in den Erstaufnahmeeinrichtungen, nämlich bei den BAMF-Stellen, und dementsprechend sollten auch dort die Asylverfahrensberatungen angesiedelt werden,
zumal es eben für die Menschen, die jetzt nach Deutschland oder nach Thüringen kommen, die Möglichkeit wäre, das auch miteinander zu verbinden.
Darüber hinaus ist es, wie gesagt, jetzt einfach ein günstiger Zeitpunkt. Im vergangenen Jahr waren wir sehr stark mit der Frage beschäftigt, wie ermöglichen und wie realisieren wir Unterbringung. Wir können die Zeit, die wir jetzt haben, nutzen, in Ruhe Strukturen aufzubauen, die eben auch dann belastbar sind, wenn wir wieder steigende Flüchtlingszahlen haben, um eben hier ein funktionierendes Netz aufzubauen. Das bedeutet nicht, dass es rund um die Uhr in jeder Erstaufnahmeeinrichtung jeden Tag eine Sprechzeit geben muss, aber dass eben die Möglichkeit besteht, den Bedarf nach Beratung zu decken mit Präsenzzeiten in allen Erstaufnahmeeinrichtungen. Das wollen wir mit diesem Antrag erreichen. Ich bitte deswegen um Zustimmung zum Antrag.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Möller, AfD-Fraktion, zu Wort gemeldet.
muss man zumindest schon mal anerkennen, dass sie ihren Antrag zur Asylverfahrensberatung in Landeserstaufnahmestellen erfreulich kurz gehalten haben. Hinter den überlangen Anträgen der Regierungskoalition verbirgt sich doch zumeist ein recht kurzer Sinn, aber wer nun darauf hofft, dass dies hier andersrum ist, den müssen wir natürlich schwer enttäuschen.
Der Antrag ist in der Tat überflüssig. Das ist mir ja fast peinlich, dass ich da mit dem Kollegen Herrgott von der CDU übereinstimmen muss. Aber so ist das halt manchmal im Leben, man kann es sich nicht aussuchen, vor allem wenn die Regierungsfraktionen ihre Anträge formulieren. Der Antrag macht überhaupt keinen Sinn. Es macht natürlich einerseits keinen Sinn, Leute in der Erstaufnahmeeinrichtung beraten zu wollen, die da schon gar nicht mehr sind. Aber es macht eben auch keinen Sinn, weil es ein typisches Beispiel linker Steuergeldverschwendung ist, und strenggenommen, sollte dieser Antrag so umgesetzt werden, wäre er wohl ein Fall für den Rechnungshof.