Protocol of the Session on February 25, 2016

muss es auch immer abwägen. Es geht nicht alles, aber man muss es abwägen untereinander. Das ist leider nicht geglückt in den letzten Jahren. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass wir uns jetzt dem Hochwasserschutz widmen und auch ein Programm aufstellen, was unter Ihrer Regierung schon angefangen wurde. Nach dem Hochwasser 2013 ist es unter Minister Reinholz schon in Gang gesetzt worden, das ist wohl wahr. Aber es wird jetzt durch diese Landesregierung auch etwas anders weiterentwickelt und überarbeitet und nach vorn getrieben, das ist auch in Ordnung. Dafür brauchen wir Geld. Da gibt es jetzt Wege und ich bin gespannt, wie das Gesetz aussehen wird. Wir sind da zu jeder Diskussion bereit. Aber ich bin erst mal froh und glücklich, dass dieser Wassercent jetzt vom Tisch ist und dass es dadurch auch keine Belastungen für die Wirtschaft und für die Bürgerinnen und Bürger gibt.

Ich hätte das nämlich als Doppelbelastung für die Bürgerinnen und Bürger gesehen. Einmal der Wasserpreis, der enorm hoch ist, wo ich leider auch mit an dem Bau von Leibis beteiligt war. Das ist eines meiner Projekte, wie auch der Generalvertrag, auf die ich nicht stolz bin, muss ich so sagen, als Landtagsabgeordnete. Aber wir haben sie nun mal und wir haben viel zu viel Wasser in Thüringen und dieses Wasser ist viel zu teuer. Deshalb hat die SPDFraktion auch von Anfang an gesagt, wir haben Probleme mit dem Wassercent. Wir sehen den nicht als richtigen Weg, auch nicht als Steuerung. Wir haben auch keine Grundwasserkörper, die wirklich unter dem Mangel von Wasser leiden, sondern wir haben eher, was Herr Kummer schon gesagt hat, Verunreinigungen von Grundwasserkörpern – und da müssen wir einen Schutz einführen –, wir haben aber nicht zu wenig Wasser in Thüringen.

Das kann sich durch die Wetterkapriolen vielleicht ändern, aber im Moment gibt es keinen Bedarf, einen Wassercent einzuführen. Wir sind auf einem guten Weg und jeder kann sicher auch mal unterschiedlicher Meinung sein und einen Diskussionsprozess führen, wo nicht alle einer Meinung sind. Ich finde das in Ordnung und ich finde auch, wir haben das in der Koalition jetzt gelöst und es gibt neue Wege, um ans Ziel zu kommen, da sind wir im Diskussionsprozess. Ich glaube auch, dass der Diskussionsprozess tragen wird und dass wir eine Lösung finden werden. Ich bin da sehr optimistisch. Herr Tiefensee hatte ja auch Probleme mit dem Wassercent und Frau Keller hatte auch angeführt, dass sie Probleme mit dem Wassercent hat. Jetzt haben wir eine Lösung, wir sind auf einem guten Weg und ich glaube, wir können Ihren Antrag guten Mutes ablehnen – von der AfD will ich da gar nicht reden, das lohnt sich ja sowieso nicht. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Abgeordneter Kießling, Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauer auf den Tribünen! Es ist ja nett, dass Sie sagen, der AfD-Antrag lohnt sich überhaupt nicht, also erst mal pauschal abgelehnt, tolle Sache. So sieht die Diskussionsfreudigkeit aus, so wird das umgesetzt, was Herr Ramelow gesagt hat, man redet mit jeder Fraktion hier. Aber wir merken ja, Sie reden nicht mit jedem.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ja. Das ist auch gut so!)

Sie machen einfach Ihren Stil und gut ist.

Aber deswegen sind wir ja da, um Ihnen ein bisschen was zu sagen, nämlich: Das Schauspiel der Koalition um die Wasserentnahmeabgabe zeigt eine Verantwortungslosigkeit, die schon als grob fahrlässig bezeichnet werden muss. Es darf nicht sein, dass die SPD mit dem Leben der Menschen spielt und den Hochwasserschutz in Thüringen verhindert. Das Finanzministerium hat diesen Haushalt vorgelegt, die SPD hat für diesen Haushalt gestimmt, die SPD hat diesen Haushalt entsprechend so aufgestellt und den Hochwasserschutz an die Wasserentnahme gekoppelt. Wenn der Hochwasserschutz jetzt nicht verbessert wird, wenn jetzt nicht etwas passiert und die Menschen verletzt werden, dann muss sich die SPD auch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie selbst für diese Misere mitverantwortlich ist.

Zuerst schlägt die rot-rot-grüne Regierung fast das gesamte verfügbare Geld Thüringens in die Asylpolitik, zig Millionen fließen in den nächsten Jahren in Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern in den Einrichtungen des Landes, teilweise zwangsweise aufgrund der falschen Politik von der lieben Frau Angela Merkel.

(Beifall AfD)

Da werden zum Beispiel Standards und Pauschalen erhöht, wie gesagt, Sie stecken in den nächsten Jahren immer mehr Geld, nämlich zig Millionen, in die Asylpolitik, und nachdem Sie das wichtigste Politikziel hier in Thüringen umgesetzt haben, ist die Kasse leer. Für Staatsaufgaben wie den Hochwasserschutz steht dann natürlich nichts mehr zur Verfügung. Deshalb müssen Sie eine neue Einnahmequelle erschließen; an der erhöhten Grunderwerbssteuer und an den gekürzten Mittelzuweisungen für die Kommunen versuchen Sie, das Land gesundzustoßen.

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen für den Hochwasserschutz muss der Freistaat jetzt die Wasserentnahmeabgabe erheben oder was auch

immer, denn wir kriegen ja nur mit, dass man sich neue Wege suchen will. Aber wir werden vielleicht von der Landesregierung nachher hören, was da nun rauskommen soll. Weil nämlich die Kassen leer sind, weil für die Asylpolitik dort entsprechend geplündert wurde, muss nun zwangsweise neues, frisches Geld beschafft werden, um den Hochwasserschutz zu gewähren, was in Wirklichkeit eigentlich eine versteckte Asylsteuer ist.

Hätten Sie noch ein bisschen Geld für den Hochwasserschutz übrig gelassen, so wäre diese neue Abgabe nicht nötig gewesen. Das ist das erste Märchen, das sie den Menschen erzählen, mit dem Hochwassercent käme mehr Geld für den Hochwasserschutz in die Kassen. Diese Abgabe wäre aber nicht nötig, wenn Sie das Geld nicht für andere Dinge ausgegeben hätten oder ausgeben würden.

Es ist eine Unverantwortlichkeit dieser Koalition, den Hochwasserschutz von den Einnahmen aus dem Wassercent abhängig zu machen, aus dieser neuen Einnahmequelle, die nun kommen soll. Hochwasserschutz bedeutet den Schutz der Menschen, des Lebens und ihres Eigentums. Auf diesen Schutz haben Sie Ihren Amtseid geschworen. Aber was machen Sie? Sie stellen den Hochwasserschutz unter Vorbehalt. Wir können wirklich nur hoffen, dass Thüringen nicht von einem Hochwasser heimgesucht wird. Dieses Land steht völlig unvorbereitet da. Die Katastrophe des Jahres 2013 hat es gezeigt. Damals sind Schäden in Höhe von 430 Millionen Euro entstanden, aber Rot-Rot-Grün macht den Hochwasserschutz nicht zu einer der wichtigsten Aufgaben des Landes.

(Beifall AfD)

Sie ignorieren einfach Ihre Pflicht. Schon der Vorbehalt ist eine Fahrlässigkeit, die nicht zu dulden ist. Es darf einfach nicht sein, dass nicht ausreichend Geld aus dem vorhandenen Steueraufkommen bereitgestellt wird, um diese Staatsaufgabe zu finanzieren. Wir haben jetzt wieder neuerliche Steuereinnahmen. Eventuell könnte man auch etwas davon für den Hochwasserschutz mit verwenden. Aber das sei einmal dahingestellt. Die SPD blockiert den Hochwasserschutz. Das ist in unseren Augen ein gefährliches Spiel mit dem Leben der Menschen, die hier leben.

Frau Taubert und Herr Hey, Sie werden sich die Frage nach der Beantwortung gefallen lassen müssen, wenn Thüringen nicht auf das nächste Hochwasser vorbereitet ist. 90 Prozent der Hochwasserschutzanlagen entsprechen nicht dem erforderlichen Zustand. Sie betreiben hier Parteispielchen, wie wir mitbekommen. Zuerst verweigert Ministerin Taubert die Steuermittel für den Hochwasserschutz, statt genug Mittel bereitzustellen. Dann zwingt das Finanzministerium das Umweltministerium, den Wassercent zu erheben. Die SPD hat

diesem Haushalt und damit der Wasserentnahmegebühr zugestimmt. Und dann stellt sich die SPD hin und verweigert den Wassercent. Wir werden die Menschen im Land stets daran erinnern, wer den Hochwasserschutz verhindert hat. Wir fordern diese Landesregierung unverzüglich auf, sofort alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Mittel für den Hochwasserschutz zur Verfügung zu stellen.

(Beifall AfD)

Stellen Sie den Bürgern ihr Geld aus den Steuermitteln zur Verfügung, es ist Ihre Pflicht. Kommen Sie Ihrer Pflicht nach und spielen Sie nicht mit der Existenz der Menschen. Das Hochwasser aus dem Jahr 2013 sollte Ihnen eine Lehre sein. Der Antrag der CDU ist gut, geht aber in unseren Augen nicht weit genug. Wenn Sie nur feststellen lassen wollen, reicht das nicht. Daher haben wir einen Alternativantrag eingebracht. Wir fordern die Landesregierung damit zu konkreten Handlungen auf. Wir bitten Sie daher auch, liebe CDU, unserem Alternativantrag zuzustimmen, wenn auch Sie den Schutz der Bürger vor Hochwasser befürworten.

Dieser Schutz vor Hochwasser gilt auch für Asylbewerber und für Flüchtlinge – das nur mal am Rande bemerkt, liebe rot-rot-grüne Regierung. Nicht, dass Sie uns wieder vorwerfen, wir würden hier rassistische und populistische Anträge einbringen.

Nur zur Erinnerung: Es gibt mehr als 43 Fließgewässer in Thüringen mit mehr als 20 Kilometern Verlauf. Zusätzlich gibt es in Thüringen noch über 47 bedeutende Standgewässer. Hier wird immer von der Möglichkeit ausgegangen, dass entsprechend Hochwasser auftritt. Nach dem verheerenden Hochwasser von 2013 sind noch immer Anträge auf Fluthilfe offen. In der Zwischenzeit waren fast 90 Prozent der knapp 4.300 Anträge bearbeitet, teilte das Infrastrukturministerium in Erfurt mit, nachzulesen in der TA vom 26.01. dieses Jahres. Bis Ende des vergangenen Jahres seien allein aus dem Ausbauhilfefonds rund 170 Millionen Euro bewilligt worden. Mehr als 20.000 Haushalte waren damals direkt und auch indirekt von dieser Katastrophe betroffen. Damals ist der Bund bei den Kosten mit eingesprungen. Doch wie wird es beim nächsten Mal aussehen? Wird da der Bund auch einspringen? Das letzte Hochwasser hat sieben Menschenleben bundesweit gefordert. An der Weißen Elster und der Pleiße im Osten Thüringens richtete das Hochwasser sehr große Schäden an, wobei die Städte Greiz, Berga/Elster und Gera besonders betroffen waren, ebenso viele Dörfer in dem flachen Altenburger Land, in der Pleißenaue, wie Ponitz, Gößnitz, Großstöbnitz, Lehndorf, Mockern, Saara, Windischleuba, Treben und auch Serbitz, wo es zu Evakuierungen kam. In Gößnitz mussten zum Beispiel alle 650 Bewohner der Innenstadt und auch in Serbitz alle 150 Einwohner des Ortes in Sicherheit gebracht werden. Wollen

Sie das beim nächsten Mal wirklich verantworten, wenn sich hier nichts tut?

Wir fordern Sie daher auf, unserem Alternativantrag zuzustimmen und hier entsprechend schnellstmöglich den Hochwasserschutz für Thüringen zu gewährleisten. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordneter Kobelt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Rhetorik von der AfD ist für uns

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das war ei- ne Rede!)

nicht mehr zu ertragen. Nicht nur, dass Sie in der letzten Sitzung schon gefordert haben, den Rennsteig nicht mehr wirtschaftlich zu fördern, weil es die Fortsetzung der Balkanroute ist, kommen Sie heute wieder mit Ihren abstrusen Argumenten, dass die Flüchtlinge, die vor Krieg fliehen,

(Unruhe AfD)

verantwortlich für Hochwasserschäden sind, die in Thüringen auftreten. Das ist zynisch, menschenverachtend und heizt letztendlich auch Gewalt an

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ach, hören Sie doch auf!)

und das können wir nicht hinnehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Hören Sie doch mal richtig zu!)

Zur Sache: Hochwasserschutz ist natürlich für uns Grüne außerordentlich wichtig. Es steigen gerade in jüngster Vergangenheit Starkregen, Unwetter und die Hochwasserereignisse stetig an. Gleichzeitig sind Flüsse eingeengt, Auen bebaut oder mit landwirtschaftlichen Flächen belegt. Es sind sich alle Fachexperten einig: Um das zu verhindern, müssen wir Geld in die Hand nehmen, wir müssen Flüssen wieder mehr Raum geben. Hier haben wir auch eine Verantwortung für die Menschen, Unternehmen und Sachwerte, die ausreichend mit Vorsorge versorgt werden sollen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Machen Sie mal!)

Und was Hochwasser und seine Folgen bedeutet, kann das Beispiel 2013 zeigen. Allerdings gibt es

(Abg. Kießling)

so einen Begriff, der heißt Hochwasserdemenz. Das heißt, dass man immer nur von dem Problem aktuell berichtet oder daran denkt, wenn der Schaden unmittelbar aufgetreten ist. Ich denke aber, nachhaltige Politik schaut weiter, nimmt sich die Beispiele, die in der Vergangenheit aufgetreten sind, zum Anlass, um auch nachhaltig in die Zukunft zu schauen. Wenn wir das Ereignis von 2013 sehen, erinnern Sie sich vielleicht noch, was dort in dem Jahrhunderthochwasser an Schäden an Saale, Werra und Weißer Elster entstanden sind. Die haben sich immerhin auf 350 Millionen Euro summiert. Das zeigt: Wenn man zu wenig in den Hochwasserschutz investiert, werden die Kosten viel höher sein, die dann letztendlich auch der Steuerzahler zu tragen hat.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Dann stim- men Sie dem AfD-Antrag zu!)

Wer keine Vorsorge beim Hochwasserschutz trifft, handelt unserer Meinung nach nicht nur verantwortungslos, sondern stellt Bürger, Wirtschaft und Landwirtschaft im Schadensfall vor noch größere finanzielle Probleme, als sie die Investitionen jetzt wären. Deshalb brauchen wir Mittel, nicht nur für den Neubau von Hochwasserschutzmaßnahmen, sondern auch für die Gewässer- und Deichunterhaltung. Von 430 Deichkilometern in Thüringen sind 90 Prozent sanierungsbedürftig. So sind wir nicht gewappnet für die nächste Hochwasserwelle, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das habe ich gesagt!)

Liebe CDU, Sie haben uns in den letzten Jahren Zustände hinterlassen, unter denen das Land bei Hochwasserschäden leidet.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ach, Leute, jetzt übertreibt mal nicht!)

Uns fehlen flächendeckend Verbände und Geld, die sich systematisch um die Probleme des Hochwasserschutzes vor Ort kümmern und das müsste doch, Frau Tasch, eigentlich auch zur Stärkung des ländlichen Raums, zum Schutz der Bevölkerung im ländlichen Raum auch in Ihrem Interesse sein, dass dort viel mehr Geld investiert wird.

Wir als Grüne stehen für eine gute finanzielle Ausstattung für den Hochwasser- und den Gewässerschutz. Wir als Fraktion unterstützen eindeutig das Hochwasserschutzkonzept, was 280 Millionen Euro und immerhin über 3.200 Einzelmaßnahmen umsetzen möchte und dazu brauchen wir auch finanzielle Beteiligung. Jetzt können Sie natürlich sagen, die 10 Millionen Euro im Jahr, das hat keine großen Auswirkungen, das ist nur ein geringer Teil von dem Programm. Da möchte ich Ihnen kurz sagen, was es für Folgen an konkreten Projekten oder auch an Kofinanzierungen hat, wenn wir auf diese Einnahmen oder diese Gegenfinanzierung verzich

ten würden. Es besteht die Gefahr, dass wir circa 31 Millionen Euro EFRE-Mittel zurückzahlen müssen, weil einfach schon geplante Projekte dann infrage stehen. Es entfällt Hochwasserschutz an Weißer Elter, Pleiße in Gera und Greiz, zum Schutz der Stadt, aber auch zum Schutz von Opel in Eisenach. Die Deichrückverlegungen können zum Beispiel in der nördlichen Gera-Aue nicht umgesetzt werden. Die Kürzungen bei Instandsetzungen von Hochwasserschutzanlagen müssten durchgeführt werden. Wir könnten die Talsperren mit Hochwasserrückhaltefunktionen nicht an den Stand der Technik anpassen. Weiterhin würde Geld für Gewässerunterhaltung gerade in den Kommunen fehlen.