Protocol of the Session on February 25, 2016

Das Letzte: Sie haben vorhin – ich weiß nicht, ob Sie das bemerkt haben –, Sie haben gesagt, nicht die Kriterien einer menschenwürdigen Unterbringung würden durch die Unterbringung in Turnhallen erfüllt werden, deswegen soll das nur ein Provisorium sein. Da sagen Sie doch ernsthaft, Sie finden es gut, dass die Landesregierung Leute in menschenunwürdigen Unterbringungssituationen unterbringt. Und Sie heißen das gut, weil es nur für kurze Zeit ist. Ich heiße das nicht gut.

(Beifall AfD)

Frau Abgeordnete Muhsal, Ihre Zeit ist um.

Menschen sind menschenwürdig unterzubringen, egal woher sie kommen und wer sie sind. Danke schön.

(Beifall AfD)

Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Klaubert das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Recht herzlichen Dank an die beiden Mitglieder des Landtags, Herrn Tischner und Herrn Wolf, die sowohl in der formalen als auch in der inhaltlich-fachlichen Bewertung dieses Antrags zahlreiche Dinge vorweggenommen haben, die ich in der Stellungnahme der Landesregierung bekannt geben könnte. Demzufolge die kurze Bewertung aus der Sicht der Landesregierung:

Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben soll die Möglichkeit, zu Schulzwecken genutzte Einrichtungen als Unterkunft für Flüchtlinge zu nutzen – jetzt hören Sie genau zu, weil es mehrfach wieder

holt worden ist – an das Vorliegen der Feststellung eines Katastrophenfalls geknüpft werden. Ausgangspunkt für das Gesetzesvorhaben ist insbesondere die Nutzung von Schulsporthallen zur Unterbringung von Asylbewerbern. Die derzeit der Landesregierung bekannte Sachlage erfordert keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Absicherung des Sportunterrichts im Falle der Belegung von zeitweilig als Sporteinrichtungen genutzten Objekten zur Unterbringung von Flüchtlingen. Es sind seit Monaten keine großflächigen Beeinträchtigungen des planmäßigen Sportunterrichts an den Schulen zu verzeichnen. Erkenntnisse über eine abweichende Entwicklung liegen der Landesregierung nicht vor. Aus rechtlicher Sicht bleibt anzumerken, dass bei der Auswahl von Objekten zur Unterbringung von Flüchtlingen seitens der Kommunen bei bisheriger anderweitiger Nutzung der Gebäude gegebenenfalls eine Güterabwägung erfolgen muss. Bei der Entscheidung für die Unterbringung von Asylbewerbern zum Beispiel in Sporthallen ist auch die Absicherung des in den Rahmenstundentafeln verpflichtend vorgesehenen Sportunterrichts mit einzubeziehen. Sollte für die Absicherung des Sportunterrichts in diesem Fall ein anderes Objekt ebenso gut geeignet sein, kann die Umwidmung einer Sporthalle erfolgen. Es stellt sich die Frage, warum der Gesetzentwurf in diesem Fall eine Nutzung der vorgesehenen Sporthalle als Unterbringungsmöglichkeit verhindern soll. Die Nutzung der Sportanlagen als eine Unterbringungsmöglichkeit für Flüchtlinge setzt rechtstechnisch eine Umwidmung der entsprechenden Einrichtungen gemäß § 14 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 1 Abs. 2 bis 4, 2 Abs. 1 und 2 und 1 bis 8 Satz 1 der Thüringer Kommunalordnung voraus. Damit also ist die Nutzung einer zu Schulzwecken genutzten Einrichtung, wie es Schulgebäude, Schulräume, Sporthallen usw. darstellen, als solche zum Zwecke der Unterbringung von Asylbewerbern ohne eine Umwidmung rechtlich nicht möglich. Insofern läuft der Gesetzentwurf an dieser Stelle ins Leere.

Insofern der Gesetzentwurf im Sinne einer beabsichtigten Einschränkung der Kommunen hinsichtlich der Widmungsmöglichkeiten kommunaler Einrichtungen ausgelegt werden soll, ist dies mit auf das Recht, auf kommunale Selbstverwaltung kritisch zu sehen. Der Gesetzentwurf kann im Übrigen nur für die Fälle gelten, in denen die genutzten Sporteinrichtungen im kommunalen Eigentum stehen. Somit greift der Entwurf in den Konstellationen nicht, in denen der Schulträger die Absicherung des Sportunterrichts durch eine Anmietung von Gebäuden Dritter sicherstellt. Aus den von mir genannten Gründen ist aus Sicht der Landesregierung der vorgeschlagene Gesetzentwurf abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Helmerich, fraktionslos)

(Abg. Muhsal)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beantragt. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Die Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der anderen Fraktionen und fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich schließe die heutige Beratung dieses Tagesordnungspunkts und rufe auf den Tagesordnungspunkt 11

Gesetz zur Verbesserung der Finanzkontrolle hinsichtlich Untreuehandlungen in Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/1758 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung?

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Ja!)

Herr Abgeordneter Höcke, Sie haben das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Besucher auf der Tribüne! Die Verschwendung von Steuermitteln ist ein bei Politikern unbeliebtes Thema. Es ist so unbeliebt, dass der Bundesgesetzgeber den Begriff der „Steuerverschwendung“ gar nicht verwendet. Auf die Frage nach den Maßnahmen gegen die Steuerverschwendung erfährt der überraschte Steuerzahler, dass dieser Begriff nur der Medienund Umgangssprache entlehnt sei. Zum Leidwesen des Steuerzahlers ist die Steuerverschwendung aber sehr real. Das zeigt auch der letzte Bericht des Thüringer Landesrechnungshofs, der Mehrkosten für das Land Thüringen in Höhe von zumindest 60 Millionen Euro aufgedeckt hat. Die Verwaltung – das wissen wir – ist zur sparsamen Verwendung von Steuergeldern angehalten und die wirksame Bekämpfung der Steuerverschwendung muss bei einem verantwortungsbewussten Gesetzgeber Priorität haben.

(Beifall AfD)

Nun wäre der Bund aufgrund der Kompetenzen im Strafrecht und der Bundeshaushaltsordnung prädestiniert, um gegen die Steuerverschwendung vorzugehen. Aber, wie gesagt, dieser Begriff gehört gar nicht zu seinem Sprachgebrauch. Seit fast zwei Jahrzehnten wurde deswegen in dieser Frage keine einzige Gesetzesinitiative mehr gestartet, weder auf

Bundes- noch auf Landesebene. Es lässt sich nicht anders sagen: Da hat die Politik eindeutig versagt.

(Beifall AfD)

Während die Steuerverschwendung die Altparteien nicht zu interessieren scheint, wurden im gleichen Zeitraum 20 Gesetze und Gesetzesänderungen erlassen, um die Steuerhinterziehung zu verhindern. Während der Gesetzgeber also das System der Kontrolle seiner Bürger immer weiter perfektioniert, gehört der Begriff der „Steuerverschwendung“ nicht zu seinem Sprachgebrauch. Das erinnert mich, das erinnert die AfD-Fraktion ein wenig an die Gutsherrenart in der Königsherrschaft, wo die Steuern nicht selten in nutzlose Großprojekte flossen. Das Parlament hat sich in den letzten Jahrhunderten nicht umsonst das sogenannte Königsrecht dagegen erstritten.

Also hier hält sich noch ein Restmuff des Obrigkeitsstaats in unseren Parlamenten. Reißen wir die Fenster auf und lüften wir kräftig durch, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete.

(Beifall AfD)

Schade, dass Frau Siegesmund jetzt nicht mehr hier ist. Frau Siegesmund, natürlich nur stoßlüften, alles andere wäre natürlich klimafeindlich.

Durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof und den Strafverfolgungsbehörden lassen sich Untreue und damit verbundene Steuerverschwendung logischerweise besser bekämpfen. Die im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit ausgeübten Pflichten und Kompetenzen des Rechnungshofs werden mit diesem Gesetz erweitert. Diese Gesetzgebung liegt in der Hand des Landes. Wir müssen also nicht den Bund ermuntern, wir müssen nicht auf den Bund warten oder etwa eine Bundesratsinitiative anstoßen.

Karl Dreßler prägte in seiner Ausführung zur Stellung und Aufgabe des Bundesrechnungshofs schon im Jahre 1964 das Bild vom Ritter ohne Schwert. Dabei ist es Thüringen trotz aller Lippenbekenntnisse auch geblieben.

Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Mir geht es jedenfalls so: Ein Ritter ohne Schwert ist in meinen Augen ein sehr trauriger Anblick und letztlich doch ein würdeloser Zustand. Die AfD-Fraktion setzt sich dafür ein, diesen Zustand zu beenden oder – um im Bild zu bleiben –: Geben wir unserem Ritter Rechnungshof endlich ein scharfes Schwert in die Hand! Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Kowalleck für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße an dieser Stelle natürlich auch den Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs Herrn Dr. Dette – herzlich willkommen.

(Beifall AfD)

Wir sehen anhand des Gesetzentwurfs, dass hier verschiedene Dinge miteinander vermischt werden. Aber ich denke, wir werden im Laufe der Debatte auch auf die einzelnen Punkte eingehen und entsprechend für Aufklärung sorgen. Eines steht fest: Der Thüringer Rechnungshof hat bereits die Möglichkeit, bei Verdacht auf strafbare Handlungen Anzeigen an die Staatsanwaltschaften zu richten. In der vorgeschlagenen Gesetzesänderung soll der Straftatbestand der Untreue nach § 266 Strafgesetzbuch in die Anzeigepflicht aufgenommen werden.

Da steht allerdings auch die Frage: Warum gehen Sie da nicht konsequent weiter vor und nehmen zum Beispiel auch Straftatbestände wie Betrug, Subventionsbetrug, Amtsstraftaten usw. auf. Da steht der Verdacht, dass diese demnach nicht verfolgt werden sollen. Aber wir sehen auch, dass hier an diesem Punkt die Gesetzesänderung systematisch an der falschen Stelle greift. Deswegen brauchen wir nicht weiter darauf einzugehen, was andere Straftatbestände in dieser Gesetzesänderung zu suchen haben.

Die Bemerkungen nach § 97 Thüringer Landeshaushaltsordnung sind Zusammenfassungen der Prüfungshandlungen für eine Unterrichtung des Landtags. Daher werden auch die Zusammenfassungen selbst keine Tatsachen ergeben können. Mögliche Tatsachen werden in den Prüfungshandlungen bzw. in den Prüfungsergebnissen nach den §§ 89 bis 96 Thüringer Landeshaushaltsordnung festgestellt.

Dass mit dem Bezug auf ein Dokument, das im Landtag und seinem Haushaltsausschuss beraten wird, nun eine Rechtsverbindlichkeit konstruiert werden soll, zeugt eher von einem Schaufenstergesetzentwurf mit der Kritik der Steuergeldverschwendung statt eines sachlich-fachlichen Verbesserungsvorschlags. Da werden eben verschiedene Themen hier zusammengeworfen. Das haben wir auch in der Einbringungsrede gehört.

Der Gesetzentwurf respektiert nicht die verfassungsrechtliche Stellung des Thüringer Rechnungshofs. Nach Artikel 103 Abs. 1 unserer Thüringer Verfassung ist der Landesrechnungshof eine selbstständige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde. Seine Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit. Dem steht wiederum eine Staatsanwaltschaft entgegen, die der parlamentarischen Kontrolle über das Justizministerium unterliegt. Diese Gewaltenteilung zwischen Gesetz

geber, Regierung und Justiz ist ein Garant für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Mit der durch den Gesetzentwurf geplanten Unterstützung der Strafverfolgungsbehörde rücken die Mitglieder des Rechnungshofs aber genau in eine Abhängigkeit von der Staatsanwaltschaft, ohne sich gegebenenfalls parlamentarisch verantworten zu müssen.

Der Sinn und Zweck des vorliegenden Gesetzentwurfs ist nicht klar, denn Prüfer sollen aufgrund ihrer Unabhängigkeit Kontrolle ausüben. Diese Unabhängigkeit soll nun aber nach der Gesetzesbegründung mit der Institutionalisierung, Ausweitung und Verpflichtung der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden eingeschränkt werden. Der Gesetzentwurf verschleiert ebenso die rechtlichen Probleme, die unter dem Begriff der Haushaltsuntreue zusammengefasst werden. Die Grundsatzdiskussion, die zu führen wäre, ist vielmehr eine europäische, denn die Rechnungshöfe zum Beispiel der südlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind durchaus mit Kompetenzen von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten ausgestattet. Bisher verfolgt die Bundesrepublik hier mit guten Ergebnissen eine andere Linie und es ist auch nicht erkennbar, dass eine Änderung notwendig ist. Die bisherige Linie hat sich dabei bewährt.

Was notwendig ist, ist der politische Wille, Ausgaben insgesamt einer konsequenten Kritik zu unterziehen und sie zu reduzieren. Der Staat hat angesichts der Rekordsteuereinnahmen nicht im Ansatz ein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Uns allen sind noch die Diskussionen zum Landeshaushalt in guter Erinnerung. Noch im April 2015 hat die Landesregierung mit der Vorlage der Mittelfristigen Finanzplanung 2014 bis 2018 für den Doppelhaushalt 2016/2017 mit einem Haushaltsvolumen von 9,159 bzw. 9,244 Milliarden Euro geplant. Beinhaltet waren dabei noch Schuldentilgung in Höhe von 49 bzw. 31 Millionen Euro. Die notwendige Deckung der Ausgaben durch die Einnahmen war jedoch in Höhe von 126,7 bzw. 164,4 Millionen Euro noch offen und als Konsolidierungsbedarf ausgewiesen.

Mit der Aufstellung des Haushaltsentwurfs im September 2015 wurden die Schuldentilgung ausgesetzt und insbesondere die zuvor ausgewiesenen Konsolidierungsbedarfe nicht mehr eingespart.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dieser Ausgabenorgie der rot-rot-grünen Landesregierung ist der vorliegende Gesetzentwurf keine wirkliche Hilfe. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Für die SPD-Fraktion hat Abgeordneter Dr. Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wie üblich unterstellt die AfD etwas. Sie behauptet, dass etwas nicht funktioniert, sie behauptet, dass etwas dringend geändert werden muss. Heute steht der Thüringer Rechnungshof auf ihrer Agenda. Dieser würde anscheinend nicht ordentlich arbeiten bzw. er kann nicht ordentlich arbeiten ohne die Änderung des Gesetzes. Die Finanzkontrolle in Thüringen müsse dringend verbessert werden. Im Grunde ist der vorgeschlagene Gesetzentwurf ein Misstrauensvotum gegenüber dem Thüringer Rechnungshof und seinem Kollegium.

Sie trauen dem Rechnungshofkollegium nicht zu, in Fällen, in denen ein Untreueverdacht aufkommt, sachgerecht zu handeln. Anders ist dieser Gesetzentwurf nicht zu deuten. Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass die bestehenden Instrumente der Finanzkontrolle in Thüringen sehr wohl gut funktionieren und dass die von Ihnen vorgeschlagene Gesetzesänderung deshalb überflüssig ist.

Der Rechnungshof ist ein unabhängiges Prüforgan; Herr Kowalleck hat es gerade dargestellt. Die Unabhängigkeit des Rechnungshofs ist ein hohes Gut und ein Wesensmerkmal der Demokratie. Wir sollten es dem Rechnungshof wie bisher selbst überlassen, zu entscheiden, wie er mit auffälligen Prüffeststellungen umgeht. Ich persönlich bin nun seit vielen Jahren Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags. So habe ich in zahlreichen Fällen erlebt, in denen der Rechnungshof auch staatsanwaltschaftliche Verfahren angeregt und auch selbst angestoßen hat. Einer Belehrung und Aufforderung dazu hat es zu keiner Zeit bedurft und bedarf es auch heute nicht.

Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich an dieser Stelle recht herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs für die geleistete Arbeit und die kritische Begleitung unserer Arbeit zu bedanken, und ich bitte den Präsidenten, das auch weiterzutragen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)