Protocol of the Session on January 28, 2016

Deshalb sollten wir im Ausschuss noch einmal darüber reden. Wir würden gern mit allen Fraktionen den Gesetzentwurf im Ausschuss besprechen. Da können wir noch einmal über das Pilotverfahren sprechen. Aber wenn man ein Abgeordneter wäre, der für die Gesetze seiner Regierung stimmt, da muss einen dieser Gesetzentwurf schon enttäuschen. Die AfD-Fraktion sieht in der richtigen Nutzung von Geodaten viel Potenzial. Wir haben vor einem Jahr einen ordentlichen Gesetzentwurf vorgelegt, von dem wir nun noch mal wesentliche Punkte aufgreifen können. Deshalb freuen wir uns auf die Ausschussarbeit und beantragen die Ausschussüberweisung. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Rudy, in welchen Ausschuss?

Landwirtschaft.

Gut. Das Wort hat Abgeordneter Kummer, Fraktion Die Linke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Geodateninfrastrukturgesetz vom 08.07.2009 ist die Basis für die Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie der Europäischen Union, die sich große Ziele gesetzt hat, die zu unterstützen sind und die dazu führen, dass europaweit Daten einheitlich bearbeitet werden können, dass europaweit Daten einheitlich zur Verfügung stehen können, dass sie öffentlich zur Verfügung stehen und dass wir quasi eine Basis haben, um in

(Staatssekretär Dr. Sühl)

nerhalb Europas wirklich auf der gleichen Grundlage an Daten arbeiten zu können.

Diese Grundsätze für die Bereitstellung von Geodaten, Metadaten und Geodatendiensten sind in dem entsprechenden Gesetz umgesetzt. Was allerdings nicht näher erfolgte, ist, die Frage zu klären, inwieweit Kommunen diese Umsetzung mit leisten müssen.

(Beifall Abg. Krumpe, fraktionslos)

Die INSPIRE-Richtlinie sieht Kommunen nicht unbedingt als diejenigen an, die hier die Geodaten nach dieser Richtlinie einpflegen müssen. Dementsprechend hat man die Wahl, ob die Kommunen dafür verantwortlich sind oder nicht. Nach dem bisherigen Gesetz haben Kommunen für diese Aufgabe keine Gelder bekommen. Sie haben zur Kenntnis nehmen müssen, dass dementsprechend Kommunen auch keine Geodaten nach der INSPIRERichtlinie eingepflegt haben.

Jetzt unternimmt die Landesregierung einen Vorstoß und ich denke, es ist ein guter Ansatz, wo – im Gegensatz zur Aussage vom Kollegen Rudy – eben auch gesagt wird, in welcher Größenordnung man Mittel bereitstellen will für das kommunale Handeln, nämlich etwa 200.000 Euro, um Geodaten der Kommunen, die notwendigerweise eingearbeitet werden müssen, auch einarbeiten zu können und den Kommunen damit den nötigen Aufwand zu entgelten. Natürlich ist es für die Kommunen ein großer Vorteil, über öffentliche Geodaten verfügen zu können, mit öffentlichen Geodaten arbeiten zu können – dieser Vorteil ergibt sich aus dem Gesetz –, aber selbstverständlich können damit nicht für alle Kommunen alle Kosten auch entgolten werden, dass man sagt, wir rechnen diesen Vorteil entgegen. Dementsprechend will unsere Landesregierung hier Geld in die Hand nehmen. Das ist der richtige Weg. Ich denke aber, dass es auch für die Ausschussbefassung wichtig wäre, noch einmal sehr genau darüber zu reden, welche Daten von Kommunen eingepflegt werden sollen, wo Kommunen bloß Metadaten erheben sollen und vor allem, wo Kommunen, also Gemeinden, handeln sollen und wo Kreise handeln sollen. Ich denke, die Differenzierung ist auch notwendig, weil auf den unterschiedlichen kommunalen Ebenen auch unterschiedliche Daten anfallen und wir klären müssen, welche Daten so wichtig sind, dass man hier wirklich die Einarbeitung in die Systeme durchführt und welche Daten als Metadaten ausreichend sind, damit insgesamt der Ansatz von 200.000 Euro, der nicht so riesig ist, dass sich die Gemeinde Eichenberg bei mir im Landkreis mit 150 Einwohnern, oder was sie hat, dann auch die entsprechende Infrastruktur kaufen kann, um das zu tun, was sie dort eventuell einpflegen wollte. Es ist klar, dass dieses Geld damit nicht zur Verfügung stehen kann.

Meine Damen und Herren, deshalb denke ich, werden wir uns im Ausschuss auch noch einmal intensiver mit diesen Fragen beschäftigen können. Ich beantrage die Überweisung federführend an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten und außerdem die Überweisung an den Innenausschuss und den Umweltausschuss. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Das Wort hat Abgeordneter Krumpe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete! Herr Innenminister Poppenhäger, wenn ich Sie jetzt fragen dürfte, ob der Aufgabenkritik zur Umsetzung der angestrebten Funktionalreform eine ganz besondere Rolle zukommt, dann würden Sie mir vermutlich antworten: Selbstverständlich, so steht es im Leitbild „Zukunftsfähiges Thüringen“. Wenn ich dann nachhaken würde, ob Sie den Inhalt des Leitbilds vertreten, dann würden Sie mir vermutlich entgegnen: Nicht nur ich, lieber Herr Krumpe, sondern alle meine Kabinettskollegen. Hier liegt der Widerspruch. Ihre Kabinettskollegin, Frau Ministerin Keller, öffnet zwar das Geodateninfrastrukturgesetz, aber sie ergreift nicht die Chance der obligatorischen Aufgabenkritik, sondern zementiert weiterhin einen hohen Standard, welcher aus Sicht des Landes und der Kommunen eine vermeidbare Belastung darstellt. Das möchte ich hier begründen. Bei der Aufgabenzweckkritik soll festgestellt werden, ob die Wahrnehmung bestimmter gesetzlicher Aufgaben überhaupt notwendig ist, mit dem Ziel, eine sachlich begründete Aufgabenkürzung herbeizuführen. In der INSPIRE-Richtlinie der EU, Artikel 4 Abs. 6 steht, dass die unterste Verwaltungsebene eines Mitgliedstaats nur dann von der Richtlinie betroffen ist, „wenn nach dem Recht des Mitgliedstaats ihre Sammlung oder Verbreitung vorgeschrieben ist“. In der Drucksache 6/1437 habe ich genau nach dieser Rechtsgrundlage gefragt – und Frau Ministerin Keller gab mir zur Antwort, dass es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, die eine Sammlung von Geodaten durch die Thüringer Kommunen vorsehen. Die Thüringer Kommunen sind also nicht von der INSPIRERichtlinie betroffen, aber die Kommunen sind vom Geodateninfrastrukturgesetz betroffen, weil im Jahr 2009 versäumt wurde, die Richtlinie ordnungsgemäß umzusetzen. Zu dieser Erkenntnis gelangte auch die EU-Kommission.

Liebe Kollegen Abgeordnete, um es Ihnen noch einmal zu verdeutlichen: Mit der INSPIRE-Richtlinie soll eine grenzübergreifende Nutzung von Geodaten für eine gemeinschaftliche Umweltpolitik in

(Abg. Kummer)

Europa erreicht werden. Es ist also wichtig, dass die Elbe von der Quelle in Tschechien bis zur Mündung in die Nordsee auch digital fließt, um im Katastrophenfall unterschiedliche Hochwasserszenarien virtuell durchzuspielen. Unwichtig im Kontext der INSPIRE-Richtlinie sind Daten, wenn sie nicht grenzüberschreitend verfügbar sind. Stellen Sie sich bitte eine weiße Landkarte vor mit den europäischen Außengrenzen und mitten darin sehen Sie kleine schwarze Punkte. Diese Punkte symbolisieren die Thüringer Kommunaldaten. Diese Daten haben null Relevanz für eine europäische Umweltpolitik. Dass die Landkarte so weißflächig ist, ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass andere Länder den Artikel 6 Abs. 4 der INSPIRE-Richtlinie kennen und auch umgesetzt haben. Nur Thüringen eben nicht. Die Aufgabenvollzugskritik reflektiert das Wie der Aufgabenwahrnehmung. In Bezug zum bisherigen Vollzug des Geodateninfrastrukturgesetzes muss konstatiert werden, dass der Vollzug mangelhaft war. Die EU-Kommission bemängelt aktuell die technische Umsetzung, nämlich, dass der TRIAS, bestehend aus Veröffentlichen, Finden und Nutzen von Geodaten, nur unzureichend umgesetzt worden ist. Es sollte Ihnen spätestens nach meinem Änderungsantrag zum Haushalt klar geworden sein, dass mit circa 200 Euro im Jahr keine Kommune in der Lage sein wird, die hohen technischen Anforderungen zu erfüllen. Mit 200 Euro kann noch nicht einmal...

(Zwischenruf Dr. Sühl, Staatssekretär: 200.000!)

Nein, 200.000 für alle Kommunen, geteilt durch 900 Kommunen plus die Kreise, da kommen Sie ungefähr auf 200 Euro pro Kommune.

Und mit den 200 Euro kann noch nicht einmal der Kaffeekonsum eines initialen und dezernatsübergreifenden Projekt-Kickoff in den betroffenen Kommunen gedeckt werden, falls es überhaupt einen Haushaltstitel für Kaffeepulver gibt. Wenn Sie also Geodaten der Kommunen in die landesweite Geodateninfrastruktur einbinden wollen, dann haben Sie die Möglichkeit, dies gesetzlich zu regeln, aber mit einem Standard, der angebotsorientiert ist, das heißt, der den Anforderungen der Bürger und der Wirtschaft nachkommt und nicht einem europäischen Koloss, einer Maximalforderung, die die Verwaltungseinheiten eher überlastet und mit Angebotsorientierung nichts zu tun.

Herr Abgeordneter Krumpe, Ihre Redezeit ist um.

Ich beende meine Rede mit den Sätzen: Beim Thema „Funktionalreform“ muss das Land mit einem guten Beispiel vorangehen und mit der Überarbei

tung des vorliegenden Gesetzentwurfs kann es das tun. Insofern bitte ich um die Überweisung an den zuständigen Ausschuss für Infrastruktur und den Kommunalausschuss. Herzlichen Dank.

(Beifall Abg. Kießling, AfD)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir haben eine Reihe Ausschussüberweisungen. Als Erstes wurde die Überweisung an den Ausschuss Wirtschaft und Wissenschaft beantragt. Wer der Ausschussüberweisung zustimmt –

(Unruhe im Hause)

Wirtschaft und Wissenschaft, das hatte der Abgeordnete Rudy von der AfD beantragt. Okay, das habe ich falsch verstanden. Er hat „Landwirtschaft“ gesagt, ich habe nur „Wirtschaft“ verstanden.

Dann kommen wir zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist bei einem eindeutigen Votum die Ausschussüberweisung beschlossen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung an den Innen- und Kommunalausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Auch das ist einstimmig in dem Haus beschlossen.

Wir kommen zur Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Auch das hat ein einstimmiges Votum.

Wir kommen zur Federführung. Da ist der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten angesagt. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Auch das ist einstimmig beschlossen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Mitwir- kung der Bevölkerung bei Ge- biets- und Bestandsänderun- gen) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/1633 ERSTE BERATUNG

(Abg. Krumpe)

Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter Kießling, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete, was ist wohl das Ziel der Gebiets- und Funktionalreform? Man munkelt, diese sogenannte Reform soll der SPD mehr Landräte bescheren. Eine ebenso traurige Wahrheit ist es, dass der Freistaat Thüringen aus seiner Verantwortung für die Kommunen entlassen werden soll. Mit dieser Reform hätte die Landesregierung dann einen Vorwand, um die Zuweisung an die Kommunen weiter zu kürzen. Es geht dieser Landesregierung leider nur ums Geld.

Das zeigt ihr sogenanntes Leitbild. Die Rahmenbedingungen drehen sich nur um Finanzfragen, um Bevölkerungsrückgang. Zur zukünftigen Verwaltung findet man so gut wie nichts. Kein Plan zur Funktion, das ist ziemlich dürftig, was schon mein Kollege Jörg Henke von der AfD-Fraktion gesagt hat. Die Gründe für die Notwendigkeit einer völligen Neugliederung Thüringens bleibt Rot-Rot-Grün nach wie vor schuldig. Es lässt sich nicht verbergen, dass Sie sich ihrer Verantwortung entledigen wollen. Diese Reform dient Ihnen zur Zerstörung der kommunalen Familie und gewachsenen Strukturen, freilich ohne dem etwas Vernünftiges entgegenzustellen. Es ist mehr als strittig, ob die Bevölkerung Ihren Plänen zustimmt.

(Beifall AfD)

Nicht einmal Herr Minister Poppenhäger glaubt an die Überzeugungskraft dieser sogenannten Reform. Ich zitiere: „Gebietsreformen funktionieren nicht mit Freiwilligkeit.“ Das lässt er verkünden.

Wir sehen das anders. Die AfD-Fraktion ist der Meinung, dass man in einem solchen sensiblen Bereich nicht mit einer Brechstange hantieren darf. Wer in die Lebenswelt der Bürger eingreift, der muss sich genau überlegen, was er tut. Sich hinzustellen und zu sagen:

(Beifall AfD)

Am Ende bestimmt der Landtag über diese wichtigen Fragen, das ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht Bürgerwille. Es wirkt wie die Politik aus den Neunzigern, als die CDU das alleinige Sagen hatte. Wir bieten Ihnen eine Alternative. Stellen Sie sich den Bürgern und stellen Sie sich Ihrer Verantwortung! Lassen Sie die Bürger abstimmen, so wie es das Grundgesetz fordert. Das Volk bestimmt in Wahlen und Abstimmungen.

Der Gesetzentwurf der AfD soll das ermöglichen. Dabei sind wir aber nicht nur so revolutionär, wie es scheint – nein. Wir möchten das Hohe Haus deswegen an die Worte der Linken erinnern. Herr

Blechschmidt, vielleicht hören Sie das noch. Er ist beschäftigt. Die waren – sinngemäß –: Bürger bestimmen auch den Verfassungsrahmen, innerhalb dessen Abgeordnete diese Gesetzgebungsarbeit dann zu leisten haben. Der Volksentscheid ist insofern eine Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit, dafür, dass die Macht vom Volke ausgeht. Hoffentlich erinnern Sie sich an diese Worte. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat Abgeordneter Fiedler, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den Gesetzentwurf der AfD vorliegen. Ich kann Ihnen nur sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen – mehr Populismus geht bald gar nicht. Was Sie hier heute

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

versuchen zu suggerieren, dass man das doch so einfach machen könnte. Sie müssten es wissen, Sie haben auch Juristen in Ihrer Fraktion. Eine Verfassung ändern – erstens einmal sollte man da sehr, sehr vorsichtig sein, an solche Dinge heranzugehen. Denn diese ist damals auch vom Volk mit großer Mehrheit beschlossen worden. Sie wissen natürlich, dass zwei Drittel Mehrheit notwendig sind, um überhaupt daran zu gehen. Die werden Sie – würde ich eine Wette wagen – in diesem Hohen Hause auf keinen Fall bekommen. Das wussten Sie natürlich. Deswegen haben Sie das Ganze hier eingebracht. Gestern ist mir bei einer wichtigen Sache von den Kollegen Klamauk nachgesagt worden. Ich gebe das heute zurück: Das ist echter Klamauk, der hier mit dieser ganzen Geschichte betrieben wird.