Die Bereiche der Daseinsvorsorge und der regionalen Spezialitäten gilt es in den Verhandlungen zu schützen. Aus aktueller Perspektive erscheinen mir die Sorgen hier aber unbegründet. Dies mache ich an folgenden Ausführungen fest. Zum einen: Die Verhandlungen zum TTIP befinden sich in einem relativ frühen Stadium. Die achte Verhandlungsrunde beginnt am 3. Februar in Brüssel. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine Verhandlungsergebnisse zu geografischen Herkunftsbezeichnungen vor. Klar ist, dass ein Absenken der europäischen Standards im Rahmen von TTIP nicht zur Debatte steht. Es ist zentrales Anliegen der EU-Kommission und der Bundesregierung, geografische Herkunftsangaben für Lebensmittel aus Europa in den Verhandlungen mit den USA zu schützen und auf eine deutliche Verbesserung des Schutzes hinzuwirken. Das Ziel der EU-Kommission ist es, den USA zu untersagen, europäische Regionalbezeichnungen zu verwenden.
Ein Blick auf bisher ausgehandelte Abkommen wie zum Beispiel das Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA zwischen Kanada und der EU zeigt, welch hohes Schutzniveau dort erreicht werden konnte. Die EU konnte ein Großteil ihrer Forderungen zum Schutz geografischer Herkunftsangaben durchsetzen. Produkte wie die Thüringer Bratwurst, Schwarzwälder Schinken, Aachener Printen und Spreewälder Gurken sind im Rahmen von CETA geschützt worden.
Zur öffentlichen Daseinsvorsorge ist zu sagen, dass diese durch TTIP nicht angetastet wird. Das hohe Schutzniveau für bestimmte grundlegende Dienstleistungen auf lokaler Ebene in Bezug auf Wasser, Gesundheit und Bildung steht laut Bundeswirtschaftsministerium nicht zur Debatte. Im Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission zu TTIP ist verankert, dass die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge in der EU zu erhalten ist und erhalten bleiben soll. Damit kann die EUKommission in diesem Bereich keine Zusagen gegenüber den USA machen.
Zusammengefasst ist gerade die Sorge um den Schutz unserer regionalen Marken und auch der öffentlichen Daseinsvorsorge zum aktuellen sehr frühen Verhandlungsstand unbegründet. Ein gemeinsamer Markt mit 800 Millionen Konsumenten birgt für die Thüringer Wirtschaft Entwicklungspotenziale, die wir vor allen Dingen nicht als Gefahr, sondern als Chance begreifen sollten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen hier im Raum, sehr geehrte Damen und Herren, die uns hier persönlich verfolgen oder am Livestream! Lieber Herr Bühl, lassen Sie mich von Ilm-Kreis zu Ilm-Kreis sagen: Die Worte hörte ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Wenn alles so wunderbar wäre, wie Sie es heute geschildert haben, dann wären wir – glaube ich – hier frei von jeder Sorge. Lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen zu Ihrer Rede: Wirtschaft, Wirtschaft, Wachstum – ist das das Allheilmittel dieser Welt? Leben wir in einer Welt des stetigen Wachstums auf Kosten… Jetzt lassen Sie mich eine Anmerkung machen – Sie erlauben, werte Frau Präsidentin–: Ich habe ein bisschen in der Presse recherchiert, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Herr Hoffmann: „Kein Investorenschutz bei CETA und TTIP“. Deutscher Gewerkschaftsbund, weitere Pressemitteilung: „Schutzrechte verteidigen“. Lassen Sie mich bitte aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Januar dieses Jahres zitieren: „Es sind Verhandlungen, die über normale Handelsfragen wie Marktzugang für Waren und für Dienstleistungen weit hinaus gehen“, sagte EU-Kommissarin Malmström. Die Dame ist unverdächtig, dass sie einer linken Fraktion angehört.
Sorgen sind berechtigt. Lassen Sie mich deutlich sagen – Frau Scheringer-Wright hat das ja ganz bewusst heute hier in ihrer Fraktion mit angeregt: Frau Scheringer-Wright, nicht alles, was aus Bayern kommt, hat Ihren Reiz und Ihre Qualität. Ich darf dieses kleine Foto hier heute mal mit beifügen. Ich sage hier als ehemalige landwirtschaftspolitische Sprecherin: Ich bin Greußener Salami. Ich hätte mir eigentlich von unserem Bundeslandwirtschaftsminister gewünscht, dass er klar erkennt, in Zeiten rückgehender EU-Zuschüsse, gerade was Märkte anbelangt, ist die Regionalität und die Qualität, die wir damit verbinden, die Chance, wo wir hier – Kollege Primas hat mich hier fünf Jahre unterstützt – Seite an Seite gekämpft haben, gestritten haben, um hier mehr zu erreichen.
Ja, wir sind hier in Thüringen auf dem richtigen Weg. Ja, wir haben hier geschützte Produkte der Ursprungsbezeichnung. Eines meiner Lieblingsprodukte – ich möchte es hier noch mal erwähnen, Frau Scheringer hat es schon erwähnt – ist der Altenburger Ziegenkäse. Altenburger Ziegenkäse, diese Ursprungsbezeichnung dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Mit der Qualität und mit dem Produkt werden wir auch weiter Erfolg haben.
Ich sage auch so deutlich und ich habe mit dem Bauernverband telefoniert, der Kollege wird es auch gemacht haben: Der Bauernverband war entsetzt, nicht nur der Bundesbauernverband, sondern
auch unser Landesbauernverband, mit welchem Eindruck, mit welcher Intention der Bundeslandwirtschaftsminister gerade mit unseren guten Produkten, unserer Qualität umgeht. Da müssen wir geschlossen dagegen halten, weil das nicht der richtige Weg ist. Das ist nicht die Variante.
Ich darf hier bitte noch mal, Frau Präsidentin, aus der Stellungnahme unseres Landesbauernverbandes zitieren, wo ich mich an dieser Stelle herzlichst noch mal beim Geschäftsführer, Herrn Baldus, bedanken möchte, mit dem ich mich intensiv in Vorbereitung auf diese Aktuelle Stunde unterhalten habe: Die dargestellten Handelsströme können sich erheblich verändern. Ja, wir sehen eine Chance in der Liberalisierung von Agrarprodukten, berücksichtigen Sie aber bitte, dass es sich hier um sensible Märkte handelt. Insbesondere die Märkte Rind, Geflügel und Schwein können unter Absenkung unseres Standards zu zusätzlichen Wettbewerbseinschränkungen und Wettbewerbsnachteilen für unsere Landwirtschaft führen. „Die Chancen“ – hier Zitat vom Bauernverband – „von TTIP liegen im Agrarbereich vor allem im Export“ – lassen Sie mich das sagen – „von hochwertigen, verarbeiteten landwirtschaftlichen Produkten“ mit deren Bezeichnung und Identifikation. Das muss der richtige Weg sein, dahin müssen wir verhandeln. Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg.
Ich denke, Frau Scheringer-Wright, wir haben da gleich die Differenz – ich denke, wir können auch damit leben, wir sind ja Demokraten und im Diskurs müssen wir auch gewisse Dinge ausdiskutieren. Regionalität, Ursprungsprinzip – ja, aber wir müssen natürlich auch gerade in unserem ländlichen Bereich, landwirtschaftlich dominiert, die Märkte nicht an uns vorbeigehen lassen und mit unseren hohen Standards – gentechnikfrei etc. – diesen Bereich erschließen, um mit guten Qualitäten gute Löhne zu bezahlen in unserem Freistaat Thüringen. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, nur einer von drei Befragten kennt nach einer INSA-Umfrage das TTIP in groben Zügen. Wundern muss einen das nicht. Als ich mich auf das Thema vorbereitet habe, habe ich zunächst erst einmal nach dem Begriff „TTIP“ gegoogelt. Die erste gelistete Seite, die ich gefunden habe, war „stop-ttip.org/de“.
Das ist eine Kampagnenseite, die in tendenziöser Weise gegen den Abschluss des Handelsabkommens gerichtet ist.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, auch aus der Sicht der AfD-Fraktion sind viele Aspekte des TTIP kritisch zu hinterfragen. Doch notwendig ist unseres Erachtens ein sachlicher Diskurs, und zwar unter nüchterner Betrachtung der Vor- und Nachteile für den Freistaat Thüringen und seine Wirtschaft, und keine ideologisch aufgeladene Propagandaschlacht.
Das gilt gerade auch für den Bereich der Schutzstandards. Was haben wir uns da nicht alles schon für Geschichten anhören müssen, zum Beispiel die über das Chlorhühnchen. Das Chlorhühnchen ist sozusagen die Ikone der unsachlichen Gegner des TTIP. Es könnte auch ihr Wappentier sein.
Für die Gegner des TTIP ist das Chlorhühnchen deswegen so hervorragend geeignet, weil, wenn es ums Essen geht, wird es schnell emotional und Emotionen lassen sich prima für und gegen etwas instrumentalisieren. Natürlich ist das vermeintliche Schauerprodukt Chlorhühnchen bei Licht betrachtet gar keines und Sie wissen das wahrscheinlich ganz genau. Wissenschaftliche Argumente gegen das Chlorhühnchen findet man in den Kampagnen nicht. Wir hatten es vorhin gerade von antibiotikaverseuchtem Tierfleisch …
Mir ist ein im Chlorbad desinfiziertes Chlorhühnchen allemal viel lieber, Frau Kollegin, als ein antibiotika- und salmonellenverseuchter Broiler.
Sie können das gern anders handhaben, aber ich bin mir sicher, in manchen Altersheimen sieht man das ganz genauso.
wegzukommen, ist dagegen die Frage der Aufweichung des Schutzes geografischer Herkunftsbezeichnungen. Das darf es aus Thüringer Sicht tatsächlich nicht geben.
Und wenn aus der Sicht eines Bayern, zum Beispiel des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt, wenn der meint, es mag nicht darauf ankommen, ob das eine oder andere regionale Erzeugnis seinen Schutz verliert, dann mag das für Bayern aufgrund seiner Wirtschaftsstärke stimmen. Bei uns in Thüringen zählt jeder regionale Hersteller. Wir können es deswegen nicht akzeptieren, wenn regionale Hersteller aus Thüringen aufgrund der Absenkung von Schutzstandards auf dem dann globalisierten Markt den Kürzeren ziehen.
Aus dem Grund unterstützen wir selbstverständlich die Landesregierung, wenn sie entsprechenden Relativierungen entgegentritt. Ansonsten empfehlen wir, dass man bei der Diskussion zum Thema TTIP immer die Position des Freistaats im Auge behält, statt sich mit emotionalen Blendgranaten von Kampagnen-Organisatoren wie Campact zu befassen.
Man kann sich durchaus die Frage stellen, ob die mit Handelsabkommen wie TTIP verbundene weitergehende Globalisierung aus Thüringer Sicht die richtige Antwort für die vergleichsweise fehlende bzw. geringe Internationalisierung unseres Mittelstandes ist. Dringend notwendig wäre so eine Internationalisierung nämlich. Denn bei aller berechtigten Kritik an der Wachstumsspirale, die sich immer schneller dreht, für uns, für unsere Demografie und natürlich auch für unsere Wirtschaft sind auskömmliche und familienfreundliche Beschäftigungsverhältnisse wichtig und die bekommen wir nur mit einer Internationalisierung unserer Wirtschaft hin. Die Jobs, die wir gern haben wollen, diese auskömmlichen, familienfreundlichen Beschäftigungsverhältnisse, die kann man nicht par ordre du mufti verordnen, wie Sie das gerne machen,
und man kann es auch nicht durch den Ausbau der Sozialwirtschaft hinbekommen, denn deren Leistungen müssen im Wesentlichen auch über den Staat finanziert werden und damit sind sie auch wieder von der Umverteilung der Finanzmittel abhängig, die die private Wirtschaft erstmal erwirtschaften muss.
Gerade die Koalition sollte sich daher im Klaren sein, dass ohne eine weitere Internationalisierung unserer Wirtschaft viele Versprechen aus Ihrem Koalitionsvertrag unfinanzierbar bleiben. Das ist be