Protocol of the Session on January 27, 2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch feststellen, dass es in Thüringen keine rechtsfreien Räume gibt und sich die Rechtsanwendung in Thüringen auf alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrer Nationalität erstreckt. Straftäter müssen in Thüringen ebenfalls unabhängig von ihrer Herkunft mit konsequenter Strafverfolgung, Haft und gegebenenfalls je nach Schwere der Taten danach auch mit Abschiebung rechnen. Die Sicherheitsbehörden des Freistaats Thüringen sind auf die bevorstehenden Herausforderungen vorbereitet und werden ihre Aufgaben mit Entschlossenheit und auch mit hoher Qualität erfüllen. Die politische Führung des Innenministeriums wird sie dabei nach Kräften unterstützen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe den dritten Teil und rufe auf den vierten Teil

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Ökologische Altlasten: Zukunft für Rositz-Schelditz gestalten“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1664

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, warum beschäftigen wir uns heute mit den Umweltproblemen in Rositz? Die Schäden in Rositz sind aufgrund der Folgen eines der größten Braunkohletagebaugebiete der DDR aufgetreten. Hier wurde in der Region Braunkohle abgebaut, es wurde aus der Braunkohle Öl hergestellt und die Abfallprodukte, wie Teere und Aschen, wurden mit wenig Verantwortung in die Tagebaurestlöcher gefüllt und sollten in der Natur entsorgt werden. Leider sehen sich die Menschen auch 25 Jahre nach der Wende noch mit den Auswirkungen dieser Umweltkatastrophe auseinandergesetzt. Die CDU hat es in den letzten Regierungen leider nicht geschafft, die Probleme zu lösen, die Menschen fühlten sich in den Jahren alleingelassen.

(Minister Dr. Poppenhäger)

Die Probleme der Bewohnerinnen und Bewohner sind zum Teil immer noch dramatisch: Die Keller müssen ausgepumpt werden, in verschiedene Keller sind verunreinigte, ölhaltige oder teerhaltige Abwässer eingedrungen. Die Außengelände stehen teilweise unter Wasser.

Daher begrüßen wir als Fraktion ausdrücklich, dass unsere Umweltministerin Frau Siegesmund RositzSchelditz zur Chefsache gemacht hat. Es folgten Gespräche mit den Anwohnern, um in einem transparenten Verfahren auch individuelle Lösungen zu finden. Es wird nicht diese eine große Lösung geben, die alle Probleme mit einem Mal beseitigt, sondern es werden Bausteine sein, zum Beispiel die Straße anzuheben, die Keller abzudichten, Keller zu füllen. Aber es gilt auch, ganz offen und transparent mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zu sprechen, in Bereichen, wo das technisch oder finanziell nicht möglich ist, auch Gebäude abzureißen – auch wenn das unangenehm klingt – und einen Umzug zu finanzieren und da eine faire Entschädigung zu bezahlen. Das ist der richtige Weg. Die ersten Reflektionen von den Anwohnern, die wir aus diesen Gesprächen haben, sagen: So weit war man in Bezug auf die Lösung der Probleme vor Ort für die Menschen in Schelditz noch nie.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine sehr gute Nachricht.

Aber wir müssen auch sagen: Die CDU ist weiterhin in Verantwortung, und zwar im Bund. Sie muss unbedingt über die Lausitzer Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft erreichen, dass diese sich an den Kosten beteiligt. Natürlich könnten sie auch den Grundwasserspiegel niedrighalten, dass das Grundwasser gar nicht erst in die Keller kommt. Aber das wird so umfangreich sein, dass ich vermute, dass sie das nicht tun werden. Deswegen ist es fair, wenn sie sich als Folge für den Braunkohletageabbau an den Kosten beteiligen. Hier ist die CDU auch im Bund in Verantwortung, um den Menschen vor Ort zu helfen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Lassen Sie mich noch mal kurz darauf eingehen, warum diese Probleme überhaupt entstanden sind. Wir sagen ganz klar: Rositz ist auch ein Ergebnis verfehlter Energiepolitik, die auf fossile Energien gesetzt hat, die auf Braunkohle gesetzt hat und all die umweltschädlichen Folgen, die die Allgemeinheit tragen muss. Denn betrachten wir uns mal die Kosten, dann ist es doch nicht so, dass die Großkonzerne die Kosten übernehmen, sondern wir als Steuerzahler und Steuerzahlerinnen müssen wieder in die Tasche greifen und es muss mit öffentlichen Geldern finanziert werden.

Bisher galt in diesen Energiebereichen und leider auch bei der CDU das Motto „Gewinne privatisieren

und Umweltkosten durch Bürgerinnen und Bürger finanzieren“. Damit muss, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt auch mal Schluss sein.

Daher sagen wir als Grüne ganz eindeutig: Wir müssen aus der Situation lernen. Unser Schwerpunkt liegt auf erneuerbaren Energien. Stellen Sie sich vor: ein Photovoltaikpark oder eine Photovoltaikanlage oder ein Windrad, das kann man in zwei Wochen abbauen und kann es zum Großteil recyceln, da bleiben keine Umweltschäden übrig.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Was ist mit dem Beton?)

Das haben wir von erneuerbaren Energien nichts zu erwarten. Auch Beton kann man in der Baubranche recyceln.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Ja, was ist mit Kosten? Sie haben uns doch gerade was vorgeworfen?)

Die Kosten – das ist ein guter Punkt. Die Kosten werden nämlich zurückgelegt von den Anlagenbetreibern, die müssen dafür Rückstellungen machen und das werden sie auch.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist der blanke Hohn!)

Das ist überhaupt kein Hohn, das ist Tatsache, gucken Sie da rein. Das ist ja gerade der große Unterschied: Bei der Braunkohle dürfen wir als Steuerzahler im Nachhinein die unkalkulierbaren Kosten bezahlen. Das kann nicht so weitergehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sehr popu- listisch, was Sie da gerade sagen!)

Liebe CDU, ich habe noch Hoffnung – bei der AfD im Energiebereich besteht die nicht mehr, denn da gab es noch keine konstruktiven Bereiche. Aber bei Ihnen habe ich Hoffnung, dass Sie auch von den fossilen Energien Abstand gewinnen, denn Rositz ist ein gutes Beispiel dafür, was da an Folgekosten entsteht. Unterstützen Sie uns bei den erneuerbaren Energien, dann werden wir auch Thüringen voranbringen! Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat die Abgeordnete Schulze das Wort.

Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne!

(Abg. Kobelt)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ein bisschen mehr Dynamik bitte, sonst schlafe ich ein!)

Soll ich Sie persönlich begrüßen?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das wäre mal ein Anfang!)

Sehr schön. Herr Kuschel, ich begrüße Sie im Thüringer Landtag. Schön, dass Sie an dieser Sitzung teilnehmen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber jetzt geht’s los! – Ich schlafe ein!)

Gehen wir mal zum Ernst der ganzen Angelegenheit. Wir haben hier ein ernstes Problem. Lassen Sie mich im Vorfeld sagen, das ist ein Problem, was wir alle haben, über die Fraktionen hinweg, alle Bürger im Altenburger Land. Wir haben im Altenburger Land den Riesenteersee „Neue Sorge“. Mit vielen Millionen Euro ist der in den letzten Jahren saniert worden. Wir haben die Aschehalde Fichtenhainichen, wir haben eine Schadstoffdeponie in Wintersdorf.

Liebe Kollegen und liebe Zuschauer, vergessen Sie bitte nicht, das Altenburger Land liegt nahe der Halden in Beerwalde mit dieser radioaktiven Belastung. Auch diese Sanierung hat lange gedauert und gibt noch Probleme. Da sind wir im Bund dabei, ja. Aber trotzdem betrifft das die Bürger. Die Bürger in Rositz und Schelditz hatten sich große Hoffnungen gemacht. Aus diesem Grund hatten sie wohl 2014 sogar Rot oder Grün gewählt. Die heutige Umweltministerin hatte im Wahlkampf viel versprochen. Sofort nach der Regierungsübernahme wollte sie mit Schwung an die Beseitigung der stinkenden Altlasten in Rositz gehen. Große Worte, die von der Realität eingeholt bald verhallten. Erst Petitionen der betroffenen Bürger bewegten etwas. Trotzdem sehen sich die Bürger vor Ort enttäuscht wie bei so vielen grünen Prestigeprojekten in Thüringen. Das grüne Umweltministerium hat über ein Jahr gebraucht, um nun endlich Vorplanungen für erste Sicherungsmaßnahmen vorstellen zu lassen. Aber das ist nun wirklich kein Grund, in Euphorie auszubrechen. Erste praktische Schritte sollen auch erst 2018 oder noch später folgen. Konkrete und schnelle Hilfe hatten sich die Bürger gewünscht. Aber Rot-Rot-Grün verstolpert auch dieses Vorhaben.

Sehr geehrte Damen und Herren, Dreh- und Angelpunkt der Sanierung ist die Finanzierung. Schon im November 2014 ging das Landratsamt Altenburger Land von circa 10 Millionen Euro Anfangskosten aus. Weder im Landeshaushalt 2015 noch im aktuellen Doppelhaushalt ist diese Summe untersetzt. Es bleibt also nur die Möglichkeit, dies im Haushalt 2018/2019 zu tun. Schon Ende 2014 wurde

von der LMBV ein Finanzvolumen für die ersten Arbeiten an den betroffenen Gebäuden in Schelditz in Höhe von 168.000 Euro veranschlagt. Die Planungen für den Ausbau des Gerstenbachs sollen sich auf 67.000 Euro belaufen. Die finanzielle Beteiligung der LMBV ist nach wie vor unklar. Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Thüringer Landtag erwägt, den Betreiber des ehemaligen Teerverarbeitungswerks, die Deutsche Erdöl AG, an den Kosten der Sanierung zu beteiligen. Die durch die beiden beauftragten Büros ab 22. Januar 2016 vorgestellten Planungen beziehen sich in der Hauptsache auf oberirdische Maßnahmen wie den Abriss der acht Häuser, eine Kanalsanierung, die Anhebung der Talstraße, die Umverlegung des Gerstenbachs sowie den Bau von Bodenfiltern und Flächendrainagen. Die enorm teure eigentliche Grundwassersanierung ist auf längere Sicht nicht vorgesehen.

Durch zahlreiche Pegel der LMBV ist zumindest die ständige Beobachtung der Bewegung der Ölfraktion in den Grundwasserleitern abgesichert. Darüber sollte in regelmäßigen Abständen durch die LMBV an das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz, den Landtag und auch die örtliche Bürgerinitiative berichtet werden, um die Transparenz der Maßnahmen zu erhöhen. Den Bürgern in den betroffenen Gemeinden muss endlich durch die Landesregierung reiner Wein eingeschenkt werden. Eine schnelle Lösung der drängenden Umweltprobleme wird es hier nicht geben. Dazu muss das Umweltministerium auch einen Finanzplan erarbeiten, der in den kommenden Jahren auskömmlich genug ist, um die noch immer unklaren Kosten stemmen zu können. Die Bürger in Rositz und Schelditz haben ein Recht darauf.

Frau Kollegin Schulze, schauen Sie mal bitte auf Ihre Uhr!

Vielen Dank. Vielen Dank, ich bin auch zum Ende gekommen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Vor- bei, es ist vorbei!)

(Beifall CDU)

Danke schön, Frau Abgeordnete Schulze. Als Nächste hat das Wort Frau Abgeordnete Becker, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, das Thema Rositz hat uns hier im Hohen Hause schon

(Abg. Schulze)

öfter ereilt und wir haben schon öfter über das Problem in der Region gesprochen. 1872 eröffnete in Rositz die erste Thüringer Brikettfabrik und seit 1917 wurde dort Braunkohle umgewandelt. Ich will nur mal sagen, es ist natürlich auch eine DDR-Altlast geworden, aber bestanden hat sie schon viel früher. Das muss man so sagen.

(Beifall DIE LINKE, AfD)

Die Umweltschäden sind auch dadurch gekommen, dass der Teersee und die Anlagen im Krieg so stark bombardiert wurden. Deshalb konnte sich das auch alles ausweiten. Ich will da nichts schönreden, aber nur DDR-Altlast ist zu kurz. Das muss man einfach so sagen. Es ist ein bisschen mehr.

(Beifall AfD)