Protocol of the Session on November 6, 2015

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt sich die Situation der nächtlichen Betreuung der Bewohner in Pflegeheimen in Thüringen dar?

2. Warum gibt es in Thüringen derzeit keinen verbindlichen Personalschlüssel für die nächtliche Betreuung?

3. Welche Gründe sprechen der Einschätzung der Landesregierung nach für bzw. gegen verbindliche Personalschlüssel in diesem Bereich?

4. Plant die Landesregierung entsprechende Initiativen zur Einführung eines verbindlichen Nachtwacheschlüssels in Thüringer Pflegeheimen?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Zippel, zu Ihrer Anfrage gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung. In der Einleitung formulieren Sie die Bewertung, dass die nächtliche Betreuung der Bewohner in Pflegeheimen einen Kernbereich stationärer Pflege darstellt. Ich würde das gern leicht modifizieren und sagen: Zwar findet Pflege in stationären Einrichtungen rund um die Uhr statt. Der Kernbereich ist jedoch die Betreuung am Tage, da hier auch die Aktivierung der Bewohnerinnen und Bewohner stattfindet, also die Gestaltung eines Lebens in der Einrichtung.

Die Fragen 1 bis 4 würde ich gern gemeinsam beantworten.

Am 24. Juni 2014 ist das Thüringer Gesetz über betreute Wohnformen und Teilhabe, das Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz, in Kraft getreten. Das hat das bis dahin geltende Heimgesetz des Bundes abgelöst. Gemäß § 27 Satz 1 Nr. 2 des Thüringer Wohn- und Teilhabegesetzes ist das für Altenwohnheime, Pflegeheime sowie Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung zuständige Ministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnungen Regelungen zu erlassen, die den Anteil der Fachkräfte an den in der Pflege und Betreuung tätigen Beschäftigten betreffen. Die Durchführungsverordnung zum Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz befindet sich derzeit in der Erarbeitung mit dem Ziel, eine nach Einrichtungsgröße gestaffelte Zahl an Fachkräften festzulegen, die für den Nachtdienst vorgehalten werden müssen. Die geplante Neuregelung orientiert sich an dem seit Jahren von der Heimaufsicht angewandten Prüfmaßstab von 1 : 50 bzw. 1 : 60, das heißt, das Verhältnis der Zahl der Fachkräfte zur Zahl der Bewohner. Bis zum Inkrafttreten der auf

(Staatssekretärin Ohler)

grund § 27 erlassenen Verordnung finden nach wie vor die zum Heimgesetz des Bundes erlassenen Verordnungen weiter Anwendung, also auch die Heimpersonalverordnung.

Dementsprechend gilt derzeit, dass in Heimen mit pflegebedürftigen Bewohnern auch bei Nachtwachen mindestens eine Fachkraft ständig anwesend sein muss. Das ist § 5 Abs. 1 Satz 3 Heimpersonalverordnung. Das gilt unabhängig von der Größe der Einrichtung. Ob einer Einrichtung mit örtlich oder räumlich getrennten Teileinrichtungen oder Außenstellen für die Nachtwache eine Fachkraft genügt, hängt davon ab, ob diese in der Lage ist, im Notfall sofort entsprechende Entscheidungen treffen und überwachen zu können. Soweit zum Ordnungsrecht.

Die von Ihnen, Herr Abgeordneter Zippel, angesprochenen Personalschlüssel sind Gegenstand des Leistungsrechts, also der individuellen Pflegesatzvereinbarung zwischen Einrichtung und Pflegekassen. Vertragspartner hierbei sind die Landesverbände der Pflegekassen, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung sowie der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., die Vereinigungen der Träger stationärer Pflegeeinrichtungen, der überörtliche Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe. Eine Festlegung von Personalwerten im Rahmenvertrag für stationäre Pflegeeinrichtungen nach § 75 SGB XI ist bislang in Thüringen nicht erfolgt; mit anderen Worten, es gab bisher keine Einigung der Rahmenvertragspartner. Allerdings will der Bundesgesetzgeber in Bezug auf das Thema Personalbemessung mit dem Pflegestärkungsgesetz II aktiv werden, das in Teilen bereits zum 1. Januar 2016 in Kraft treten soll. Hier spielt beispielsweise der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eine besondere Bedeutung bei der Personalbemessung. Auch in Thüringen erfolgen Rahmenvertragsverhandlungen für Personalrichtwerte, in die wir schon eingetreten sind.

Um es noch an den Daten festzumachen: Im Rahmen des Inkrafttretens des PSG II sind die Vertragspartner angehalten, in die Rahmenvertragsverhandlungen für die Personalrichtwerte einzusteigen, für den teilstationären Bereich gab es bereits am 2. November 2015 Rahmenvertragsverhandlungen, im ambulanten Sektor wurde ebenfalls mit den Verhandlungen begonnen und die Verhandlungen für den vollstationären Pflegebereich beginnen in Thüringen am 11. Februar 2016. Dort werden sie sich mit den Neuerungen des PSG II auseinandersetzen und das wird dann natürlich auch Auswirkungen auf die Personalrichtwerte haben.

Gibt es Nachfragen? Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Zippel.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Ausführungen. Ich habe es jetzt nicht gehört, Sie hatten gerade verschiedene Zeitvorgaben gemacht. Vielleicht können Sie noch einmal sagen, ob Sie einen Zeitplan für die geplante Neuregelung oder für die Durchführungsverordnung haben.

Wie gesagt, die Durchführungsverordnung befindet sich derzeit in der Erarbeitung. Das hängt immer von den Ressortabstimmungen ab, wie schnell das geht. Es hängt natürlich auch von dem PSG II ab, weil da die Verhandlungen auch laufen. Ich denke, wir müssen die beiden Dinge aufeinander abstimmen.

Okay, danke.

Ich kann keine weiteren Nachfragen erkennen. Ich rufe jetzt die Anfrage des Abgeordneten Tischner, CDU-Fraktion, in der Drucksache 6/1232 auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Entschuldigung, dass ich gerade nicht da war, ich hatte mit einer Schulklasse genau über das folgende Thema gesprochen.

Genehmigung von Klassenfahrten in Thüringen

Auf Antrag der Fraktion der CDU hat der Bildungsausschuss des Thüringer Landtags vor einigen Wochen Probleme bei der Durchführung von Klassenfahrten diskutiert. Bildungsministerin Dr. Klaubert hat daraufhin am 11. September 2015 in einer Medieninformation des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport erklärt, dass alle Klassenfahrten für 2015 gesichert seien. In Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern wird jedoch deutlich, dass seitens der staatlichen Schulämter nach wie vor nicht alle beantragten Klassenfahrten genehmigt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Können alle geplanten Fahrten der Schulen im Rahmen „Lernen am anderen Ort“ im Schuljahr 2015/2016, wie von der Ministerin angekündigt, stattfinden?

2. Wie viele Anträge für Maßnahmen von „Lernen am anderen Ort“ liegen derzeit in den staatlichen Schulämtern zur Genehmigung für das Haushaltsjahr 2015 und das Haushaltsjahr 2016 vor (bitte nach Schulämtern aufschlüsseln)?

(Ministerin Werner)

3. Entspricht es den Tatsachen, dass in den Staatlichen Schulämtern Nordthüringen, Südthüringen und Westthüringen Auslandsfahrten, die über 50 Prozent des Budgets der Schule von 2015 liegen, abgelehnt werden und wenn ja, warum?

4. Wie viele Anträge von Schulen zur Erhöhung des zugewiesenen Schulbudgets für das Schuljahr 2015/2016 liegen derzeit in den staatlichen Schulämtern vor?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Frau Staatssekretärin Ohler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Tischner, Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Alle geplanten Klassenfahrten können – soweit die Voraussetzungen für ihre Genehmigung erfüllt sind – stattfinden. Voraussetzungen sind hier besonders die fachlichen als auch die Voraussetzungen nach Thüringer Reisekostengesetz. Dazu gehört nicht nur, dass ausreichend Haushaltsmittel vorhanden sind, was derzeit kein Ablehnungsgrund ist. Voraussetzung ist insbesondere auch, dass die geplanten Maßnahmen dem Bildungs- und Erziehungsauftrag dienen sowie die erweiterten Kosten zum angestrebten Zweck in einem angemessenen Verhältnis stehen – siehe § 3 Abs. 1 Thüringer Reisekostengesetz.

Zu Frage 2: Bis zum 30. Oktober 2015 wurden im Zusammenhang mit „Lernen am anderen Ort“ Dienstreisen im Umfang von rund 776.000 Euro zulasten 2015 und im Umfang von rund 300.000 Euro zulasten 2016 genehmigt. Aussagen dazu, wie viele Anträge darüber hinaus bei den staatlichen Schulämtern noch zur Bearbeitung vorliegen, können derzeit nicht getroffen werden. Hierzu wäre eine umfassende Abfrage bei den staatlichen Schulämtern notwendig gewesen, die in der Bearbeitungszeit der Mündlichen Anfrage nicht machbar war.

Zu Frage 3: Nein, die zuständigen Bearbeiterinnen und Bearbeiter in den staatlichen Schulämtern sind wie die Schulen mit Schreiben vom 11. und 18. September informiert worden, dass unter den Maßgaben – wie in der Antwort zu Frage 1 dargestellt – Lernen-am-anderen-Ort-Maßnahmen stattfinden können. Es gibt keinerlei Festlegung und Umsetzung einer Begrenzung auf 50 Prozent des Budgets der Schulen von 2015.

Zu Frage 4: Mit Stand 30. September 2015 bestand bei 291 Schulen ein höherer Bedarf gegenüber

dem ursprünglich für das Kalenderjahr 2015 mitgeteilten Schulbudget.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Tischner.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Meine Nachfrage: Dürfen Lehrer vollständig auf die Reisekostenvergütung verzichten?

Sie wissen, das Urteil, das es dazu gab, lautet, dass sie vor Antritt der Reise nicht auf die Reisekosten verzichten dürfen. Das Budget muss da sein. Wenn sie anschließend die Reisekosten nicht in Anspruch nehmen, ist ihnen das überlassen. Aber zunächst muss es beantragt werden und es muss zur Verfügung stehen. Das heißt, das Budget muss im Grunde da sein. Wir arbeiten aber gerade an einer Rechtsverordnung, die diese Sachen neu klärt.

Eine weitere Nachfrage des Abgeordneten.

Plant die Landesregierung, die Dienstreiseanträge diesbezüglich zu ändern, wie Sie gerade ausgeführt haben? Denn da steht unter Nummer 15: „Auf die zustehende Reisekostenvergütung wird in folgendem Umfang verzichtet“. „Vollständig“ kann dort angekreuzt werden. Wenn das nicht rechtssicher ist, wie Sie gerade sagen, dann ist das im Grunde hier eine Sache, wo die Lehrer in die rechtliche Irre geführt werden.

Das wird dann im Zusammenhang mit der Verwaltungsvorschrift sicher angepasst werden müssen.

Es gibt eine weitere Nachfrage der Abgeordneten Schulze.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Sie hatten in der Beantwortung gesagt, die Reisen oder Wandertage müssen angemessen sein. In dem Haushaltstitel stehen unter „Lernen am anderen Ort“ nicht nur Exkursionen, sondern einbezogen sind auch die Wandertage. Was ist für das Ministerium „ange

(Abg. Tischner)

messen“, für eine Klasse im Schuljahr an Wandertagen zu veranstalten?

Ich glaube, die Angemessenheit bezieht sich nicht auf die Wandertage, es geht mehr um die Auslandsreisen und die Reisen, die besonders teuer sind. Wandertage sind das in der Regel nicht.

Es gibt eine weitere Nachfrage der Abgeordneten Schulze.

Die Haushaltsstelle weist das aber so aus. Im Jahr 2014 waren 1,4 Millionen eingestellt, im letzten Jahr hatten wir schon darauf hingewiesen, dass die 800.000 nicht ausreichen. Es sind wieder 800.000 Euro für alle Schulen in Thüringen eingestellt. Meine Frage: Schätzen Sie ein, dass Wandertage, Exkursionen, Auslandsreisen Dienstreisen für Lehrer sind oder sind das freiwillige Sachen, die sie in ihrer Freizeit machen?

Das sind Dienstreisen, wenn sie angemessen sind und dem Bildungsanspruch genügen. Wenn jetzt eine Klasse meint, sie müssten mit ihrem Sportlehrer in die Rocky Mountains zum Skifahren fliegen, dann ist das sicher eine freiwillige Leistung des Lehrers. Die Einschätzung, dass die 800.000 Euro nicht reichen, haben wir auch schon im Bildungsausschuss diskutiert. Da sind wir durchaus unterschiedlicher Meinung. In dem Jahr davor – 2014 – sind lediglich 560.000 Euro abgeflossen, das heißt, es kann nicht die Rede davon sein, dass die 800.000 Euro nicht gereicht hätten.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Weil die Lehrer „vollständig“ ankreuzen!)