Wir gehen den sogenannten Maulkorberlass jetzt Schritt für Schritt durch und Sie sagen mir dann bitte: Wo ist der Maulkorb und wo ist die Drohung, wo ist die Einschüchterung und wo ist die Unterstellung, irgendjemand würde hier was falsch gemacht haben. Das Schreiben lautet: „In Abstimmung mit dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales wird auf Folgendes hingewiesen: Ein Bürgermeister darf sich in amtlicher Eigenschaft grundsätzlich zu Angelegenheiten, die die Gemeinde betreffen, öffentlich äußern. Bei amtlichen Äußerungen kann er sich aber – anders als bei Äußerungen als Privatperson – nicht auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen. Dieses Grundrecht steht einer Gemeinde und ihren Amtsträgern in amtlicher Eigenschaft nicht zu.“
Machen wir weiter: „Ob eine Äußerung eine Äußerung in amtlicher Eigenschaft (amtliche Äußerung) oder eine Äußerung als Privatperson (private Äuße- rung) ist,
richtet sich danach, wie sich die Äußerung aus Sicht eines mündigen, verständigen Bürgers darstellt. So sind insbesondere Äußerungen eines Bür
germeisters im Amtsblatt oder auf der Internetseite der Gemeinde in aller Regel als Äußerungen in amtlicher Eigenschaft (amtliche Äußerungen) zu bewerten (Äußerungen als Privatperson/private Äu- ßerungen unter Einsatz von gemeindlichen Sach- und Finanzmitteln wären unzulässig).“
Der nächste Absatz: „Amtliche Äußerungen haben den gemeindlichen Kompetenzrahmen zu wahren und müssen dem Sachlichkeitsgebot als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips gerecht werden. Von der Rechtsprechung wird dabei verlangt, dass die jeweilige Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer gemeindlichen Aufgabe steht, Tatsachen korrekt wiedergegeben werden, Wertungen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und die Äußerungen insgesamt in sachlicher Form erfolgen.“
Und jetzt kommt: „Wird dagegen verstoßen, kann dies ein Dienstvergehen darstellen (Verstoß gegen die beamtenrechtlichen Pflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG und zur unparteiischen Amtsführung ge- mäß § 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG) und disziplinarrechtliche Folgen haben.“
Damit gibt es auch kein Problem. „Die vorstehenden Ausführungen gelten für amtliche Äußerungen eines Landrats und eines Gemeinschaftsvorsitzenden entsprechend. Die unteren Rechtsaufsichtsbehörden werden gebeten, das Rundschreiben an die Bürgermeister und Gemeinschaftsvorsitzenden der ihrer Aufsicht unterstehenden Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften weiterzuleiten.“ Was ist jetzt bitte hieran ein Maulkorberlass? Es wird die Rechtslage dargestellt.
Wenn Sie sagen, der Hinweis auf die Rechtslage ist eine Zumutung, dann möchte ich mal wissen, warum.
(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da muss es doch einen Anlass gegeben haben, um so et- was zu schreiben! Mein Gott!)
Es ist auf die Nachfrage des Gemeinde- und Städtebunds erklärt worden, dass dieses Schreiben schon länger in der Pipeline lag und dass der Anlass war,
dass politische Äußerungen in Amtsblättern gemacht worden sind. Der Kollege Adams hat ausführlich geschildert, dass alle anderen Äußerungen aller unserer Landrätinnen und Landräte und aller unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister jederzeit und überall hier im Landtag, draußen, wo auch immer, immer gemacht und vollkommen uneingeschränkt geäußert werden dürfen, aber nicht im Internet und nicht im Amtsblatt. Das ist alles. Deswegen ist diese Skandalisierung so schlimm und, Kollege Fiedler, auch nicht zielführend, wenn Sie dann heftigen Beifall hier von – ganz rechts gesehen – dieser Seite bekommen. Dann sollten Sie sich schon Gedanken machen, was Sie eigentlich damit anrichten, einen Verwaltungsvorgang hier zu skandalisieren.
Es gibt noch eine Reihe von Wortmeldungen. Als Nächster hat Abgeordneter Dittes für die Fraktion Die Linke das Wort.
Herr Fiedler, wenn ich Ihrem Redebeitrag so zuhöre, dann fühle ich mich in die 90er-Jahre zurückversetzt. Das muss nichts Schlechtes sein, was die parlamentarische Debatte anbetrifft, aber – ohne mir den Vorwurf einhandeln zu wollen, oberlehrerhaft zu sein – Sie haben schon mal bessere Beiträge hier im Plenum gehalten. Der gehört jedenfalls nicht zu der Kategorie.
Was ich Ihnen mittlerweile tatsächlich am meisten vorwerfe – vergessen Sie die Kritikpunkte auch aus meinem ersten Beitrag nicht –, ist, dass Sie dafür Sorge getragen haben, dass wir uns dieses AfDParteitagsstakkato hier anhören müssen von einem Abgeordneten, der glaubt, seinen Fraktionsführer nicht nur inhaltlich kopieren zu müssen, sondern sich auch phonetisch annähern zu wollen.
Das ist, glaube ich, auch etwas, was man mit Ihnen wirklich mal diskutieren muss. Sie reagieren einfach
darauf, ohne es inhaltlich in irgendeinen Kontext zu stellen, dass ich das Wort „Rechtspopulismus“ verwendet habe. Wissen Sie, was ein Sidekick ist? Das ist ein ständiger Begleiter in einer Nebenrolle neben der Hauptrolle. Sie haben heute hier einen Sidekick Ihrer Politik erlebt. Einen anderen Sidekick haben Sie in Wien am Ende des Wahlkampfabschlusses erlebt. Es bleibt nicht umhin, zu sagen, dort ist ein Rechtspopulist aufgetreten, heute hier auch, aber in Wien mit HC Strache.
Das, wovor wir in dieser Debatte warnen, ist doch, dass Sie nicht dafür Sorge tragen mit Ihrer unsachlichen und wahrheitswidrigen Kritik, die Sie hier vortragen, dass aus dem Sidekick irgendwann mal jemand wird, der eine Hauptrolle in diesem Land spielt. Das ist das, wovor ich Sie wirklich warnen möchte.
Herr Fiedler, Sie sagen, wir möchten, dass alles in diesem Land vernünftig über die Bühne geht. Ich sage: Ja, das möchte ich auch, weil die Herausforderung, Menschen in diesem Land humanitär aufzunehmen und unterzubringen, eine sehr große ist. Sie nennen es „Schlamassel“, ich nenne es „humanitäre Herausforderung“, der wir uns stellen wollen.
Sie unternehmen gleichzeitig den Versuch, dass es bei dieser Arbeit im Zusammenhang mit der Polizei oder mit Bürgermeistern und Landräten Besonderheiten gibt, die Sie glauben, skandalisieren zu müssen. Darauf will ich tatsächlich auch hinweisen. Sie stellen das einfach so in den Raum: Es wäre etwas Besonderes, dass die Polizei Feuerwehraufnahmen konfisziert und praktisch zur Ermittlungstätigkeit in ihren Besitz nimmt. Das ist, wie Sie aus dem Untersuchungsausschuss wissen dürften, ein ganz normaler Vorgang, aber damit, dass Sie es hier als etwas Besonderes im Zusammenhang mit der Flüchtlingsaufnahme darstellen, provozieren Sie in der Öffentlichkeit Bilder, die genau das befördern, was Herr Henke hier versucht hat, darzustellen, nämlich der Landesregierung vorzuwerfen, wir würden nicht ehrlich mit diesem Land umgehen und es würden Gefahren auf uns zukommen. Das ist ein Spiel mit dem Feuer. Das will ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen.
Das betrifft im Übrigen auch das Rundschreiben des Landesverwaltungsamts. Sie sagen, dieser Maulkorberlass wäre ein besonderer Vorgang. Ich will mich zum rechtlichen Inhalt nicht noch mal äußern, auch nicht zu meiner Kritik an der – wie ich
gesagt habe – B-Note, was Zeitpunkt und offener Umgang mit dem eigentlichen Anlass anbetrifft. Aber das ist doch ein ganz normaler Vorgang.
Wenn Sie sich hier so hinstellen, dass Bürgermeister und Landräte einfach sakrosankt sind, von jeder Kritik befreit, dann ist dem mitnichten so – weder politisch und auch nicht rechtlich. Allein in der letzten Legislaturperiode haben die Kommunalaufsichten den Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft Großbreitenbach reglementiert, weil er sein Amt missbraucht hat, um auf ein Bürgerentscheidverfahren Einfluss zu nehmen, nämlich das zur Abfallwirtschaft im Ilm-Kreis.
Die Kommunalaufsicht hat den Bürgermeister in Leutenberg daran gehindert, einen allgemeinen Wahlaufruf im Amtsblatt zu veröffentlichen. Die Kommunalaufsicht und auch Gerichte haben sich damit befasst, dass Bürgermeister im Unstrut-Hainich-Kreis dazu aufgerufen haben, den Landrat Zanker zu wählen. Das sind doch genau diese Kontinuitäten, die es gibt, die sich auf das Beamtengesetz und auf das Beamtenstatusgesetz gründen. Wer versucht, das hier hoch zu skandalisieren, spielt tatsächlich mit dem Feuer und versucht, ein politisches Geschäft zu machen. Aber ich sage Ihnen, das geht an der Realität dermaßen vorbei und ist politisch verantwortungslos.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Adams, das ist eine emotionale Debatte, die wir hier führen. Ich bin zurzeit auch emotional, ich muss mich wirklich beherrschen, dass ich hier den Ton wahre. Herr Staatssekretär Götze, ich hätte von Ihnen heute erwartet, dass Sie einen Sofortbericht geben, die Sache hier klarstellen,