Protocol of the Session on October 1, 2015

Meine Damen und Herren, die Leistungen des Landes außerhalb der Finanzausgleichsmasse wachsen ebenfalls. So erhöht sich die Summe zusätzlicher Landesmittel um 166 Millionen Euro und im Jahr 2017 kommen weitere 95 Millionen Euro dazu. In diesen Zahlen spiegeln sich auch die erhöhten Kosten bei der Flüchtlingsunterbringung wider. Das Land kommt seinen bestehenden Verpflichtungen voll nach, die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung zu tragen. Dies ist im Übrigen auch der Grund, weshalb die Flüchtlingskosten in Thüringen so hoch im Landeshaushalt zu Buche schlagen.

Die Finanzausstattung der Kommunen beinhaltet aber auch die zusätzlichen Bundesleistungen im Rahmen der Soforthilfe für Kommunen, die vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund und die eigenen Steuereinnahmen der Gemeinden. Die Steuereinnahmen steigen erfreulicherweise auch in den folgenden Jahren und werden vollständig bei den Kommunen verbleiben.

(Ministerin Taubert)

Gegenüber 2015 sind dies allein im Jahr 2016 rund 50 Millionen Euro und im Jahr 2017 ist eine weitere Steigerung um 75 Millionen Euro zu verzeichnen. Die Leistungen an die Kommunen bleiben damit stabil bzw. steigen, und das angesichts der großen Herausforderungen, die an diesen Landeshaushalt gestellt werden.

Meine Damen und Herren, blicken wir auf das Ressort Innen und Kommunales, dann stehen insgesamt in den kommenden Jahren jeweils mehr als 600 Millionen Euro zur Verfügung. Es wachsen die Ausgaben für den Bereich „Öffentliche Sicherheit und Ordnung“ um 10 Millionen auf knapp 477 Millionen Euro im Jahr 2016 und noch einmal um 11 Millionen im Jahr 2017 an. Dies zeigt, die Thüringer Landesregierung wird weiter die notwendigen Mittel für Ausrüstung und Einsatz der Thüringer Polizei bereitstellen. Thüringen ist eines der sichersten Länder der Bundesrepublik Deutschland und soll es auch bleiben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe zentrale Felder des Landeshaushalts skizziert. Diese Landesregierung ist überzeugt, Thüringen ist 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ein lebenswertes Land. Aber wir wissen auch, dass Thüringen seinen Weg weitergehen muss, wenn das so bleiben soll. Die Bürgerinnen und Bürger haben kraft ihrer Arbeit diesem Land eine eigene finanzielle Grundlage geschaffen. Thüringen ist mit Unterstützung der Europäischen Union, des Bundes und der alten Länder in stabilen Bahnen angekommen. Es muss unser Ziel sein, das Erreichte auszubauen, und dies zum Wohle aller Thüringerinnen und Thüringer, nämlich unter dem Vorzeichen „demokratisch, sozial und ökologisch“.

Einige Ausführungen möchte ich an dieser Stelle noch zum Haushaltsvolumen machen. Es gibt ja Kolleginnen und Kollegen aus den Reihen der Opposition, für die ist die Zahl das plakative Maß aller Dinge, um einen Haushalt und seine Qualität einzuordnen. Ich sage, auch das ist fachlich falsch.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Haushaltvolumina in den kommenden beiden Jahren steigen. Dies hat vielfältige Ursachen. Genannt werden müssen dabei vor allem die stark steigenden Ausgaben für Flüchtlinge, die wachsenden Personalausgaben. Es gibt zudem noch eine ganze Reihe anderer Haushaltsansätze, die Anstiege verzeichnen. Aber diese Landesregierung hat sich bewusst dafür entschieden, das Land angesichts großer Herausforderungen nicht mit einem Spardiktat zu überziehen, sondern weiter die notwendigen Impulse für die Menschen in Thüringen zu setzen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das noch mal einflechten: Wir haben vor vier Jahren über 7 Milliarden Euro Haushaltvolumen geredet, wenn Sie sich erinnern können. Wir waren aber Ende der Legislatur schon bei über 9 Milliarden Euro. Man muss einfach darauf schauen, was sind die Ausgaben und was sind die dazugehörigen Einnahmen, und nicht nur die Zahl bewerten.

Trotz alledem, in Bezug auf die Eckwerte des Haushalts Thüringen sehe ich insbesondere im Bereich des Personals weiteren dringlichen Handlungsbedarf. Ursachen des Ausgabenwachstums sind Tarifzuwächse und Besoldungsanpassungen bei gleichzeitig zu geringer Rückführung von Personalzahlen. Und wir müssen kritisch feststellen: Während in den Flächenländern West im Durchschnitt 21,4 Vollbeschäftigte auf 1.000 Einwohner kommen, sind es in Thüringen 23,7 Beschäftigte. Kein Land hat also mehr Bedienstete bezogen auf die Zahl der Einwohner als Thüringen. Diese Tatsache formuliert auch eine Zukunftsaufgabe für diese Landesregierung, den weiter notwendigen Personalabbau. Dabei ist unbestritten: Wir werden eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung erhalten. Die Verringerung der Zahl der Bediensteten lässt sich mit einem zukunftsweisenden Einstellungskorridor verbinden.

Meine Damen und Herren, wie ich bereits erwähnt habe, reiht sich Thüringen in eine Riege von Ländern ein, die Haushalte ohne Neuverschuldung in diesem Jahr vorlegen. Wir haben aber angesichts der besonderen Situation des Freistaats in diesem Jahr und im nächsten Jahr die Tilgung ausgesetzt. Ich halte daran fest, dass wir – wenn möglich – auch in Thüringen weiter Schulden tilgen sollten.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Rich- tig!)

Wir haben eine andere Situation, die uns ein Stück weit hilft. Für den aktuellen Haushalt gilt erfreulicherweise: Die Ausgaben für Zinsen sinken und entlasten den Haushalt. Mussten wir 2015 noch knapp 550 Millionen Euro zahlen, werden es im Jahre 2017 voraussichtlich noch 470 Millionen Euro sein. Entsprechend sinkt die Zinsausgabenquote von über 5 auf deutlich unter 5 Prozent im übernächsten Jahr.

Im Haushaltsplan, meine Damen und Herren, ist auch abzulesen, wo Ausgaben sinken. So gehen die Ausgaben für das Landeserziehungsgeld um etwa 14 Millionen im kommenden Jahr und für das Jahr 2017 nochmals um weitere Millionen zurück auf 5 Millionen Euro.

Aber es sind auch Sparanstrengungen der Ressorts notwendig. Dies wird deutlich in der Globalen Minderausgabe von 69 Millionen Euro für 2017.

(Ministerin Taubert)

Diese Globale Minderausgabe beinhaltet die Verpflichtung für alle Ressorts, im Haushaltsvollzug 2017 69 Millionen Euro weniger auszugeben, das heißt, zu sparen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe zentrale Eckpunkte des Haushaltsentwurf dargestellt und dabei Anliegen dieser Regierungskoalition herausgearbeitet. Wir loten in diesen beiden Jahren aus, was der Freistaat und seine Bürgerinnen und Bürger zu leisten vermögen. Wir gehen mit diesem Doppelhaushalt an unsere Grenzen, weil es notwendig ist. Dieser Doppelhaushalt bietet uns aber auch die Luft und die Zeit, uns über Dinge klar zu werden, die wir uns in Zukunft noch leisten können. Die Verwaltungs-, Gebiets- und Funktionalreform, die vor uns liegt, muss flankiert werden, verbunden mit einer Entscheidung, was wir uns in Zukunft noch leisten können, und natürlich auch mit einer deutlichen Aufgabenkritik.

Ins nächste Jahrzehnt Thüringer Nachwendepolitik muss der Freistaat dann mit einer klaren Priorisierung unseres Leistungsspektrums gehen. Und ich sage schon heute, dass dieses anders sein wird als das, was wir in den vergangenen 25 Jahren gekannt haben.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 2016 und 2017 gibt den Akteuren in diesem Land Planungssicherheit und eröffnet Wege für neue Projekte. Der Haushalt der Landesregierung ist 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ein klares Signal für den weiteren Aufbauprozess. Deshalb hoffe ich, dass viele Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in den kommenden beiden Jahren dieses Land mit Mut und Thüringer Erfindergeist weiter voranbringen. Wir Parlamentarier müssen die Thüringerinnen und Thüringer dabei unterstützen. In diesem Sinne wünsche ich uns konstruktive Beratungen des vorliegenden Haushaltsentwurfs.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung werden Beratungen im Zusammenhang mit Haushaltsberatungen grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Bei drei Tagesordnungspunkten bedeutet dies also die sechsfache Redezeit. Ich eröffne damit die gemeinsame Aussprache und rufe auf den Abgeordneten Mohring für die CDU-Fraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Doppelhaushalt für das Jahr 2016 und das Jahr 2017 ist so etwas wie eine erste Zäsur der im letzten Jahr ins Amt gekommenen Landesregie

rung. Viele Haushalte wird sie nicht mehr vorlegen. So gesehen ist die Debatte zu diesem Haushalt, der in der Mitte der Wahlperiode stehen wird, von besonderer Bedeutung. Dieser Haushalt ist, das kann man mit Fug und Recht vorweg sagen, ein haushalts- und finanzpolitischer Offenbarungseid.

(Beifall CDU)

Diese Links-Koalition ruiniert die Konsolidierungsarbeit der letzten beiden Wahlperioden in nicht einmal zwölf Monaten.

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Brauchen Sie ein Taschentuch?)

Rot-Rot-Grün kann es nicht.

(Unruhe DIE LINKE)

Ich will Ihnen gern elf Punkte Ihres haushalts- und finanzpolitischen Versagens erklären, woran man sehen kann, was Sie mit diesem Freistaat Thüringen durch diesen Landeshaushalt als Koalition anrichten. Wenn Sie in der Koalition den Schluss setzen und Ihrer eigenen Finanzministerin zugehört hätten und diese Worte auch verinnerlicht hätten, denn dort hat sie nämlich als Finanzministerin gesprochen, vornweg als Koalitionsministerin, dann hätten Sie genau gehört, was eigentlich ins Hausaufgabenheft Ihrer Koalition gehört. Sie wird es nur nicht erfüllen können, weil Sie nicht wollen. Das, was die Ministerin zum Schluss ihrer Rede gesagt hat, wird diese Regierung leider nicht mehr leisten. Es wird diesem Freistaat Thüringen schaden, weil Sie nicht die Kraft haben, Ihre Finanzministerin zu unterstützen.

(Beifall CDU)

Sie wollen mit dem Haushalt die Schuldentilgung aussetzen. Sie wollen mit diesem Haushalt die Rücklagen dieses Landes aufbrauchen. Sie wollen mit diesem Haushalt die Steuern erhöhen. Sie wollen mit diesem Haushalt die Abgaben erhöhen. Sie wollen mit diesem Haushalt ungedeckte Schecks bei den Steuereinnahmen verankern. Sie wollen mit diesem Haushalt Taschenspielertricks bei Globalen Mehreinnahmen und Globalen Minderausgaben veranschlagen. Sie wollen mit diesem Haushalt das Haushaltsvolumen aufblähen. Sie wollen mit diesem Haushalt das Personalentwicklungskonzept des Landes aussetzen. Sie wollen mit diesem Haushalt eben keine Funktionalreform vorlegen. Sie wollen mit diesem Haushalt die Kommunen austrocknen. Und Sie wollen mit diesem Haushalt Ihre Wahlversprechen nicht erfüllen. Elf Punkte Ihres haushaltspolitischen Versagens auf einen Punkt zusammengebracht.

(Beifall CDU)

(Ministerin Taubert)

Meine Damen und Herren, Sie geben den Konsolidierungskurs des vormaligen Finanzministers Wolfgang Voß und seiner dazugehörigen Landesregierung auf, unserer gemeinsamen Landesregierung mit Christine Lieberknecht an der Spitze. Sie treiben die Staatsausgaben in unverantwortlicher Weise in die Höhe. Die Ministerin sagt, der Zahlenfetischismus sei nicht angebracht. Ich aber sage, wer angesichts der drohenden Einnahmeentwicklung für diesen Freistaat Thüringen in dieser Wahlperiode weiß, dass wir bei 7,5 bis im besten Fall 8 Milliarden Euro eigenen Einnahmen liegen werden

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das behaupten Sie seit zehn Jahren und es tritt nicht ein. Seit zehn Jahren!)

und es wird so kommen –, der kann nicht im Jahr 2017 den Haushalt auf über 10 Milliarden Euro aufblähen. Das ist unverantwortlich. Das ist nicht generationengerecht und das ist – mit Verlaub an die Grünen in unserer Landesregierung – auch nicht nachhaltig. Das, was Sie tun, ist unverantwortlich für die Entwicklung dieses Freistaats Thüringen.

(Beifall CDU, AfD)

Sie tun das in einer Zeit, in der wir immer noch jedes Jahr sagen können, die Steuereinnahmen in diesem Freistaat sind so hoch wie noch nie zuvor in der Geschichte dieses Landes. Trotzdem müssen Sie die Rücklagen dieses Freistaats aufbrauchen. Wir von CDU und SPD haben diese Rücklagen in der gemeinsamen letzten Regierung erwirtschaftet,

(Heiterkeit DIE LINKE)

weil wir wissen, dass es schwierigere Jahre geben wird und dass wir in diesen Jahren dann auch ohne Neuverschuldung auskommen wollen, und weil wir wissen, dass wir, wenn wir Drittmittel zurückgeben, die vor allen Dingen Investitionsmittel sind, dann auch noch neue Investitionsschübe leisten können. Wenn Sie aber mit diesem Landeshaushalt nur in der Lage sind, 350 Millionen Euro Rücklagenkonten leer zu räumen, nur um Ihren Haushalt gerade noch so ausgleichen zu können, dann stellen Sie die falschen Weichen. Dann stellen Sie nicht die Weichen in die Zukunft, sondern dann stellen Sie den Rückwärtsgang ein und geben Vollgas dabei. Es ist der falsche Weg, die Rücklagen jetzt zu verbrauchen.

(Beifall CDU)

Und damit nicht genug: Sie bekommen es nur hin, Ihren Haushalt in diesem Milliardenaufwuchs insgesamt – man muss es den Menschen erklären, damit die wissen, was mit diesem Haushalt passiert, um 1,8 Milliarden Euro steigen die Ausgaben in den nächsten zwei Jahren in diesem Freistaat Thüringen an –, Sie bekommen den Ausgleich des Haushalts nur dadurch hin, indem Sie die Überschüsse

aus dem Jahr 2015 jetzt schon kalkulieren, mit verbrauchen und indem Sie Rückzahlungen von EUFördermitteln, die eigentlich für Investitionen eingesetzt werden sollen, mit in den Doppelhaushalt einbuchen. Sie machen alles falsch, was man haushaltspolitisch in diesen Tagen falsch machen kann! Sie können es nicht.

(Beifall CDU)

Ich will an dieser Stelle schon mal anmerken, ohne auf Debatten von morgen und von gestern noch mal tief einzugehen, denn mir fällt schon auf, dass es Die Linke in dieser Koalition ist, die ihre Koalitionspartner am langen Arm zappeln lässt. Ich will das in vier Punkten nennen. Sie lassen Ihre Finanzministerin nicht fachlich so arbeiten, wie sie es gern möchte, wenn Sie die Diskussion darüber führen, durch die Linke-Parteivorsitzende angeführt, dass sie die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung infrage stellt und die Schuldenaufnahme in den nächsten Jahren im Freistaat Thüringen wieder ins Auge fasst. Da kann der Regierungssprecher noch so heftig auf Twitter und Facebook dementieren, es ist gesagt, denn Die Linke will mit diesem Freistaat Thüringen den Weg zurück in die Schuldenkrise gehen. Sie wollen die Finanzministerin nicht unterstützen bei ihrem Kurs, die Landeshaushaltsordnung einzuhalten, sondern Sie machen genau das Gegenteil, Sie lassen Ihre Finanzministerin im Regen stehen.