Protocol of the Session on September 30, 2015

(Beifall CDU)

Die deutschen Ministerpräsidenten haben sich in der gemeinsamen Besprechung mit der Bundeskanzlerin am 24. September mit einem Beschluss dazu bekannt, dieses Gesetzespaket zu unterstützen, bis auf Thüringen, das als einziges Bundesland mit einer Protokollerklärung klargestellt hat, dass das Bekenntnis mit diesem Beschluss zu dem Gesetzesvorhaben keine zwingende Folgewirkung für das Abstimmungsverhalten im Bundesrat haben wird.

(Beifall DIE LINKE)

Das, meine Damen und Herren, ist mehr als schizophren. Die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen ruft auf der einen Seite unablässig nach dem Bund, er möge mehr Geld bereitstellen, auf der anderen Seite sind Teile der Landesregierung nicht bereit, im Gegenzug auch nur den kleinsten Kompromiss im Bundesrat mitzutragen und den vorab beschlossenen Regelungen hier auch zuzustimmen. Ein solches Handeln ist weder redlich noch weitsichtig oder gar verantwortungsvoll.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Maßnahmen dieses Gesetzespakets werden nicht das Ende sein, bei dem wir uns beruhigt zurücklehnen und die Situation entspannt wegverwalten können. An dieser Stelle will ich Ihnen mal eine Zahl nennen, die ich vor wenigen Tagen bekommen habe. Der Stab des Bundesinnenministeriums vermeldet für den Zeitraum vom 5. bis 27. September dieses Jahres einen Neuzugang von bundesweit 228.132 Personen – 228.000 Personen in 24 Tagen, nicht einmal ein Monat, meine Damen und Herren. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir über weitere Gesetzes- und Rechtsänderungen auf Landes- und Bundesebene reden müssen. Ich prophezeie Ihnen, dass sich hier alle werden bewegen müssen, wenn wir unser Land und unsere Bürger nicht vollends überfordern wollen.

(Beifall CDU, AfD)

Das Bild, das die Vertreter der Parteien der Regierungskoalition in den letzten Tagen in der Frage der Zustimmung, Enthaltung oder Ablehnung abgeben, ist wahrlich ein Bild der Geschlossenheit. Herr Ministerpräsident Ramelow und Frau Hennig-Wellsow lehnen den Kompromiss ab. Da ist man sich zumindest in der Partei einig.

(Unruhe DIE LINKE)

Herr Bausewein – immerhin SPD-Landesvorsitzender – wirbt für eine Zustimmung und warnt vor der Isolierung Thüringens. Recht hat er!

(Beifall CDU)

Frau Rothe-Beinlich ist dagegen, Frau Siegesmund ist dafür. Wer gibt an dieser Stelle nun bei den Grü

(Präsident Carius)

nen den Ton an? Fachsprecherin oder Ministerin? Geschlossenheit und stringente Argumentation zu diesem Thema sehen anders aus. Oder ist Ihnen die Frage nicht wichtig genug, um hier wenigstens innerhalb der Regierungskoalition eine einheitliche Meinung herzustellen

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Doch!)

und sich nicht mit einer Enthaltung billig davonzustehlen, weil es auf die Thüringer Stimmen im Bundesrat bei dieser Entscheidung ohnehin nicht ankommt?

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Verfassungsrecht und Humanität sind eben nicht veräußerlich!)

Wenn Sie so denken, haben Sie bei diesem Thema Ihre Verantwortung längst aufgegeben, Herr Ramelow!

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wir geben dieses Thema nicht auf. Aber ich sage auch sehr klar: Die Zeit der ideologischen Träumereien ist mit 200.000 Personen in weniger als einem Monat vorbei.

(Beifall CDU)

Wachen Sie auf und packen Sie konstruktiv mit an. Eine Thüringer Zustimmung zum vorgelegten Gesetzespaket im Bundesrat wäre zumindest ein Zeichen der Vernunft.

(Beifall CDU)

Alles andere ist nur ein Zeichen der Realitätsverleugnung, ein Zeichen der Feigheit vor notwendigen Entscheidungen. Seien Sie nicht feige. Stehen Sie zu Ihrer Verantwortung und stimmen Sie im Bundesrat dem Gesetzespaket zu. Und formieren Sie vielleicht vorher eine einheitliche Meinung in der Regierungskoalition. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Herrgott. Das Wort hat nun Abgeordnete Berninger für die Fraktion Die Linke.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, ich beginne mit einigen Zitaten. Das wichtigste zuerst, nämlich Artikel 14 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen“.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das nächste Zitat: „Wird im Kabinett zwischen den Koalitionspartnern keine Übereinkunft über das Abstimmverhalten erzielt, so enthält sich der Freistaat im Bundesrat.“ Zitat Nummer 3: „Im Kabinett wird in Fragen, die für einen Koalitionspartner von grundsätzlicher Bedeutung sind, keine Seite überstimmt.“ Zitat 4, das ist das aktuellste vom 04.12.2014 aus dem Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün in Thüringen: „Es werden nur solche Fragen als strittig gestellt, die nach Auffassung eines Koalitionspartners von grundsätzlicher Bedeutung sind. Kommt eine Einigung nicht zustande, enthält sich das Land der Stimme.“

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das heißt Stillstand!)

Eines der davor genannten Zitate stammt aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD im Bund,

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und das andere aus dem Jahr 2009 aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU in Thüringen, meine Damen und Herren.

(Unruhe SPD)

Meine Damen und Herren, das ist keine Neuigkeit, denn die regierungstragenden Fraktionen bzw. Parteien sind bezüglich des Gesetzentwurfs verschiedener Auffassung. Das ist aber nicht eine Aktuelle Stunde im Thüringer Landtag wert, denn wer des Lesens mächtig ist oder tatsächlich inhaltlich und sachlich, Herr Herrgott, debattieren will, der muss eine solche Aktuelle Stunde im Thüringer Landtag nicht beantragen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die CDU verlangt in der Aktuellen Stunde eine Positionierung der Thüringer Landesregierung

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wenn das nicht aktuell ist, dann hören Sie sich die Bür- ger von Thüringen mal an!)

regen Sie sich doch nicht so auf – zu der von der Bundesregierung vorgelegten umfassenden Reform des Asylrechts. Sie benennen das als Reform des Asylrechts. Wir sehen das anders. Diese Positionierung konnte mitbekommen, wer des Lesens mächtig ist – das habe ich schon gesagt –, nämlich in Pressemitteilungen unserer Fraktionen, der Landesregierung etc. oder in den Thüringer Zeitungen, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Im Thüringer Landtag gibt es keine Analphabeten!)

Was Fazit ist: Die Landesregierung stimmt dieser Reform, sagen Sie, des Asylrechts nicht zu. Wir als

(Abg. Herrgott)

Linke nennen es Asylrechtsverschärfung, wir nennen es Aushöhlung des Asylrechts, wir nennen es Schleifung des Grundrechts auf Asyl und damit habe ich schon drei inhaltliche Punkte gesagt, warum wir nicht zustimmen können.

Aber, meine Damen und Herren, eine inhaltliche Debatte wollten Sie von der CDU ja nicht. Das Einzige, woran Ihnen gelegen war, war Ihr Ziel, die Koalitionspartner gegeneinander auszuspielen, die Koalition zu spalten und in den Raum zu stellen, wir hätten verschiedene Meinungen und würden uns streiten.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ma- chen Sie doch allein, das müssen wir nicht machen!)

(Unruhe CDU)

Zu verschiedenen Meinungen möchte ich mal sagen – das habe ich gerade dargestellt, dass wir verschiedener Meinungen sind –: Sie bemängeln hier, wir seien drei Parteien mit drei Meinungen, und ich finde es ein bisschen peinlich, Sie sind eine Partei, die in einer Pressemitteilung erst von gestern eine Person mit zwei Meinungen zitiert. Vielleicht sollten Sie erst einmal Ordnung in Ihre eigenen Reihen bzw. in die Meinungsfindung Ihres Fraktionsvorsitzenden bringen, der sich in der Pressemitteilung erst mal zitieren lässt, er wurde in der „Huffington Post“ zitiert. Also wir beziehen uns in Pressemitteilungen immer auf Zitate anderer, wenn wir eine Pressemitteilung machen. Sie müssen selber sagen: „Oh, ich wurde in der ‚Huffington Post‘“ veröffentlicht.

(Unruhe CDU)

Dann bringen Sie es fertig, Herr Mohring, in einem Absatz zu einem Thema zwei unterschiedliche Meinungen zu bringen, nämlich einmal, dass Sie es gut finden, wenn Religionen getrennt werden, und zwei Sätze später sagen Sie, dass es eigentlich gar nicht geht, Religionen und Ethnien zu trennen, weil das der Integration abträglich sei. Vielleicht sollten Sie sich erst mal über Ihre eigene Meinungsbildung Gedanken machen.